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29.06.08

Ischtar-Tor

Das blaue Herz von Babylon

Das Herz der aufwendigen Babylon-Schau mit rund 800 Exponaten aus den großen Universalmuseen von London, Paris und Berlin ist das Ischtar-Tor. Es ist der Eingang in eine fremde, weit zurückliegende Welt.

Von Peter Dittmar

Die gerade eröffnete, große Babylon-Ausstellung auf der Museumsinsel präsentiert unter dem Titel "Babylon. Mythos und Wahrheit" babylonische Schätze und Dokumente zur Geschichte der frühen Hochkultur an Euphrat und Tigris aus den großen Universalmuseen von London, Paris und Berlin erstmals gemeinsam. Das Herz der aufwendigen Schau mit rund 800 Exponaten aber ist das Ischtar-Tor.

Es ist der Eingang in eine fremde, weit zurückliegende Welt. Wer dieses Tor wachen Sinnes durchschreitet, spürt die Gegenwart der Vergangenheit. Sein Weg führt ihn durch die Passage mit den fast lebensgroßen Löwen zum mit Stieren und Drachen geschmückten Ischtar-Tor. Seit 1930 ist es im Vorderasiatischen Museum zu bestaunen.

In den unteren Zonen der Prozessionsstraße mit den Löwenfriesen und auf den Wänden des Vorturmes, rekonstruiert aus den Scherben, die Robert Koldewey seit 1902 in Babylon ausgegraben hatte. Denn nachdem 1898 die Deutsche Orient-Gesellschaft gegründet worden war, war die Hauptstadt des babylonischen Reiches an den Ufern des Euphrat einer der Schwerpunkte deutscher Archäologen.

Erbaut wurde es unter Nebukadnezar II.

Was im Museum wieder erstand, beeindruckt durch seine Größe. Und doch sind die 30 Meter des Prozessionsweges, die zum Ischtar-Tor führen, nur ein Achtel der ursprünglichen Anlage mit einem Drittel der Breite. Rund 250 Meter war er lang, mehr als zwanzig Meter breit. Und die letzten 180 Meter schmückten die Löwen. Auch das Tor mit den Stieren und Drachen, das im Museum zu sehen ist, war nur das Vortor eines doppelten Stadtmauerrings. Vortor, Zwischenplatz und Haupttor hatten eine Tiefe von 48 Metern.

Erbaut wurde das Tor unter Nebukadnezar II. (605-562 v. Chr.) als Babylon seine letzte Blüte erlebte. Der Herrscher ist dem Bibelkundigen vertraut, weil ihm im Buch Daniel bei der Deutung eines Traumes der Untergang vorausgesagt wird: "Von Gras wirst Du dich nähren wie das Vieh". Außerdem verbindet sich mit ihm nach der Eroberung Jerusalems 597 v. Chr. die erste babylonische Gefangenschaft der Juden, und nach der Niederschlagung des Aufstandes von 586 v. Chr. die zweite.

Das Tor, eines der sieben der Stadt, ersetzte eine ältere Befestigung aus ungebrannten Ziegeln. Durch Aufschüttungen erhob es sich etwa 15 Meter über das Stadtniveau. Den Verlauf der Prozessionsstraße hatte Nebukadnezar nicht geändert, weil auf diesem Weg der Hauptgott Marduk und die anderen Landesgötter beim elftägigen Neujahrsfest aus dem Festhaus in den Haupttempel zurückkehrten. In einer Gründungsinschrift des Tores, auf einer Tafel überliefert, verkündet Nebukadnezar: "Gewaltige Zedern legte ich zur Bedachung der Länge nach hin. Türflügel aus Zedernholz, mit Bronze bekleidet, eine Schwelle und Angeln, aus Erz gegossen, befestigte ich an den Türöffnungen. Unbändige Stiere und ergrimmte Drachen stellte ich im Torraum auf." Die berühmten "Zedern des Libanon" als Dachgebälk wie als Tor haben die Zeiten nicht überstanden. Auch die Verzierungen an den Toren und die Stiere und Drachen aus Bronze, die wahrscheinlich im Zwischenhof standen, wurden bei den Ausgrabungen nicht mehr gefunden. Erhalten blieben jedoch die Tier-Friese. Heute sind es im Museum 42 Stiere und Drachen - von wahrscheinlich 575 vor zweieinhalb Tausend Jahren.

Der Stier verkörperte, bereits lange vor der dieser Zeit, die Fruchtbarkeit. Im Mittelpunkt des Mithras-Kultes, der um 1400 v. Chr. in Mesopotamien entstand, steht das Stieropfer als Gleichnis für Fruchtbarkeit, Tod und Wiederauferstehung. Allerdings durften bei diesem Opfer keine Frauen zugegen sein. In Babylon wurde der Stier mit dem Wettergott Adad verbunden. Und nicht zufällig entführt Zeus Europa in der Gestalt eines Stieres. Im Christentum erscheint der Stier, oft sogar geflügelt, als Symbol des Evangelisten Lukas. Allerdings entwickelte er sich zu einem zwiespältigen Symbol. Denn dem Gehorsam, dessen Sinnbild der Ochse (mit dem Esel) an der Krippe bei der Geburt Jesu ist, stehen im 16./17. Jahrhundert Lasterhaftigkeit und Unkeuschheit als Eigenschaften des Stieres gegenüber.

Das Symbol für Furcht und Ehrfurcht

Das zweite Tier (Muschku oder Bel genannt), ein Mischwesen, das gewöhnlich als Drache gesehen wird, war das Symboltier Marduks, des babylonischen Hauptgottes. Dieser Drache entspricht weder der uns vertrauten Vorstellung des bösen, Jungfrauen verschlingenden Lindwurms, der vom heiligen Georg überwunden wird. Noch ist er mit dem Drachen in China zu vergleichen, der als gutartiges Tier Sinnbild der männlichen, zeugenden Naturkraft (yang) ist, glückbringend und die Dämonen abweisend. Marduks Drache steht für die Ehrfurcht und die Furcht, die gegenüber dem Herrscher angemessen ist. Außerdem ist er ein Sinnbild des ewigen Lebens.

Die Löwen, die den Weg zum Tor säumen, symbolisieren die kriegerische Stärke und die Zeugungskraft der Göttin Ischtar. Sie hatte bereits unter den Sumerern als Göttin der sinnlichen Liebe, der Fruchtbarkeit und als Geburtshelferin ihr Heiligtum in Uruk, während die Assyrer ihr als Kriegsgöttin huldigten. Von der Existenz eines Ischtar-Tempels in Assur wusste man durch eine Inschrift des assyrischen Königs Tiglatpilesars I. (1117-1077 v.Chr.) lange bevor man archäologische Belege dafür fand.

Ischtar war die Tochter des Himmelsgottes Anu und die Schwester des Sonnengotts Utu. Eine andere Überlieferung betrachtet sie als Anus Frau wie auch als Frau des Mondgottes Nanna. In vielerlei Varianten verkörpert sie den Jahreszyklus von Vergehen und erneutem Blühen. In der babylonischen Überlieferung wird sie als "sonderbare Frau" bezeichnet: "Sie kam und sie ging, und keiner wusste, wo sie zum Schlafe ihr Haupt niederlegte; und keiner wusste, von wannen sie oft an diesem Ort war und bald am nächsten, denn Ischtar kam und ging zwischen den Welten" - jener uns fremden und zugleich gegenwärtigen Welten, denen wir vor dem Ischtar-Tor gegenüberstehen.

Die über eine Million Euro teure Ausstellung ist eine Zusammenarbeit der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz mit dem Pariser Louvre und dem British Museum London. Sie ist bis zum 5. Oktober zu sehen.

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