Stoerer
Start » - Hintergrund » „Zeichen der Zeit“ – Franziskaner geben Kloster in Reutte auf

„Zeichen der Zeit“ – Franziskaner geben Kloster in Reutte auf

Franziskaner haben Kloster Reutte aufgelassen

Franziskaner haben Kloster Reutte aufgelassen

(Innsbruck) Und wieder ein Kloster weniger. Die letzten vier Brüder des Franziskanerklosters im Tiroler Reutte haben ihr Kloster verlassen. Nach 386 Jahren wurde das Kloster des Franziskanerordens in der Marktgemeinde am Lech aufgelassen. Der Provinzial der österreichischen Franziskanerprovinz, Pater Oliver Ruggenthaler begründete die Auflassung gegenüber dem ORF mit den Worten: Die geringe Zahl der Brüder sei ein „Zeichen der Zeit“.

Mit Sicherheit ist sie ein „Zeichen“ für den fortgesetzten Niedergang eines glorreichen, 800 Jahre alten Ordens. Die Bevölkerung von Reutte wollte den Orden durch eine Unterschriftensammlung zum Bleiben bitten. Ein Ausdruck der Verbundenheit und des Gefühls, durch den Weggang einen Teil der eigenen Identität zu verlieren. Neben einem Stück Ordensgeschichte, geht auch ein Stück Kirchengeschichte zu Ende. Doch mit Unterschriftenlisten läßt sich der Mangel an Ordensnachwuchs nicht beheben. Ebenso wenig kann das Fehlen von Priestern durch „aktive Mitarbeit der Laien im Seelsorgeraum“ (Bürgermeister Alois Oberer) ersetzt werden.

Die Franziskaner waren 1628 nach Reutte gekommen, wohin sie der damalige Tiroler Landesfürst, Erzherzog Leopold V. von Österreich berufen hatte. Die ursprünglich fünfzehn Franziskanerklöster Tirols samt zwei kleineren Niederlassungen zeugen von der tiefen Verwurzelung des Ordens in diesem Gebiet. Das älteste Kloster des Ordens in Bozen entstand mit größter Wahrscheinlichkeit 1221 noch zu Lebzeiten des Heiligen Franz von Assisi. Ihren höchsten Stand erreichte die Provinz Mitte des 18. Jahrhunderts mit etwa 500 Brüdern. Damals gehörte auch das bayerische Kloster Füssen und Klöster in Vorderösterreich (Vorarlberg, Baden, Württemberg, Elsaß) zur Tiroler Provinz. Die 1927 wegen der Annexion Südtirols durch Italien erfolgten Teilung konnte 2001 durch die Wiedervereinigung in einer einzigen Tiroler Ordensprovinz überwunden werden, den weiteren Niedergang des Ordens aber nicht aufhalten. 2007 erfolgte der Zusammenschluß mit der österreichischen Ordensprovinz.

Heute bestehen noch acht Tiroler Klöster. Die Niederlassungen von Kufstein, Klobenstein, Hinterriß, Obermais und zuletzt Innichen (2012) und Reutte (2014) mußten wegen Nachwuchsmangels aufgegeben werden. Das Kloster von Cortina d’Ampezzo besteht noch, gehört aber seit der Zwischenkriegszeit zur Venezianischen Ordensprovinz.

Von 1977-2000 befand sich im Kloster Reutte das Noviziat der Tiroler Ordensprovinz. Das leerstehende Kloster wird von der Gemeinde Reutte übernommen und soll in eine Einrichtung für betreutes Wohnen umgewandelt werden.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: Franziskanerprovinz

  

  1. Dieter Schmitz sagt:

    Das Aufblühen der Kirche und der Berufungen in Folge des 2. Vatikanums ist förmlich mit den Händen zu greifen…

  2. defendor sagt:

    Die „Zeichen der Zeit“, die zur Auflösung der Ordensgemeinschaften führt, ist denn oft „hausgemacht“. So war in einer Franziskaner(!)-Homepage folgenden unfassbaren Satz bez. der dort angebotenen „Zen-Meditation“ zu lesen:
    -
    „Wir Christen lernen am anderen d.h., die Wahrheit, die sich im Glauben des anderen findet, kann die Wahrheit unseres eigenen Glaubens bestätigen, bereichern und womöglich auch korrigieren bzw. modifizieren, was bei einem echten dialogischen Lernprozess möglich sein sollte.“
    -
    „Zeichen der Zeit“: Verdunstung des wahren Glaubens in Richtung „Einheitsreligion“ ?!

    • Wolfram Schrems sagt:

      Ich lese gelegentlich die in den Franziskanerkirchen aufliegende ordenseigene Zeitschrift „Antonius“ zum Zweck der Erforschung der innerkirchlichen Wirklichkeit.

      Sie ist inhaltlich langweilig und irgendwie irrelevant.
      Sie ist sehr nahe am Zeitgeist, untertänigst gegenüber den Regierenden und freundlich gegenüber anderen „Religionen“ (das mit dem „Zen“ wundert mich nicht) und zeigt dadurch, daß Ordensleben eigentlich eh sinnlos ist.

      Daß sich hier kein Nachwuchs einstellt, darf niemanden wundern.
      Vor zwei Jahren hätte man Reutte noch den Franziskanern der Immaculata anbieten können (in Oberösterreich war vor wenigen Jahren ein aussterbendes Kloster der Franziskaner oder Kapuziner in Ried/Innkreis für eine derartige Neubesiedelung im Gespräch – das wurde aber von der Diözese sabotiert). Aber die hat man vatikanischerseits selbst vernichtet.

      Jetzt wird es halt eine Einrichtung für „betreutes Wohnen“…

  3. Adrien Antoine sagt:

    Bei dem 2. Vatikanischem Konzil wurden relativ rasch und ohne viel Debatte die 2 Texte „Perfectae caritatis“ und „Optatam totius“ betr. das Ordensleben und der ordensspezifische Spiritualität publiziert.
    Wenn man jetzt die total unterschiedliche Evolutionen vieler Orden in den letzten 50 Jahren sieht und dabei besonders auf die zunehmende Verälterung und Verkleinerung vieler Orden betrachtet, fragt man sich doch ab was hier schiefgelaufen ist und wo die „Früchte“ jetzt sind.
    Und weiter: warum die Ordensberufung in einigen Orden so wenig attraktiv ist und anderseits warum die Franziskaner und die Franziskanerinnen der Immaculata eine so schöne Blüte erreichten (mit natürlich Neid und Mißgunst und Liquidierungsgelüste bei der Konkurrenz in der Folge).
    Bei der FSSPX ist Abbé de Cacqueray, langjähriger Verantwortlicher für den französischen Distrikt, bei den dortigen Kapuzinern eingetreten- komisch: daß in dder Konzilskirche ein Bischof sich zurückzieht ins Ordensleben, kommt so gut wie nie vor (das war im Mittelalter doch anders).

  4. michael sagt:

    „Wird der Menschensohn wenn er wiederkommt noch Glauben finden ?“
    Nicht mehr in der Vat II Kirche, dort regiert „Fussball-Papst“ Franz, nein wenn dort sog.hl. Messen stattfinden ist das ehestens noch Folklore, aber keine Glaubensfestigung mehr, denn die katholischen Grundwerte sind abgeschafft bzw. totgeschwiegen worden.
    Die Radikalität vieler Evangelikaler bzw. auch der FSSPX mutet zuweilen etwas weltfremd an, aber WIR ALLE sollten uns fragen ob es nicht WIR SELBST sind die durch unsere Gottesferne viel viel fremder geworden sind.
    Christus hat von einer kleinen Herde gesprochen, ja die Herde ist klein, sehr klein sogar, tun wir alles um dazuzugehören, Rom ist es definitiv NICHT mehr, wenn es dort auch sicherlich löbliche Ausnahmen gibt.

    • Austria sagt:

      @Michael:
      Ich teile Ihre Meinung in Bezug auf die FSSPX: Das abnormale wurde normal und das normale abnormal.

      Das Phänomen „Wurst“ illustriert das ganze anschaulich.

  5. dhmg sagt:

    Ich verstehe nicht, P. Ruggenthaler entscheidet selbst die Auflassung des Klosters, nennt als Grund aber es sei ein ‚Zeichen der Zeit‘. Irgendwie erscheint es mir nicht recht logisch in meinen Augen. Andere Franziskanerklöster wo noch weniger als 4 Brüder ansässig waren wurden in der Vergangenheit nicht aufgelassen, der Betrieb dürfte anscheinend trotzdem funktioniert haben.
    Ich habe von außerhalb den Eindruck, dass der Orden in Österreich bereits zu liberal geworden ist, worin mir der einzig logische Grund dafür erscheint, dass es zu wenige Berufungen gibt. Wer würde schon gerne in einen Orden eintreten, der sich immer mehr von sich selbst entfernt?
    Dasselbe gilt auch für Weltpriester-Berufungen in Österreich, auch da wurde dafür gesorgt, dass Priestermangel herrscht, indem man Seminare schlicht verweltlicht und liberalisiert hat.