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Erinnerungen an das Jahr 1978: "Celler Loch" wieder aufgestellt

Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz sowie der aktuelle und damalige Anstaltsleiter Werner Cordes (links)… Foto: Benjamin Westhoff

Als "Celler Loch" ging der dilettantische Versuch des niedersächsischen Verfassungsschutzes, mit einem fingierten Befreiungsversuch V-Leute in die RAF einzuschleusen, in die Geschichte ein. 37 Jahre nach der "Aktion Feuerzauber" wurde am Freitag das wiederhergestellte Relikt offiziell vor dem Eingang der Celler JVA aufgestellt.

CELLE. Es gibt Termine, die lässt sich Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) nicht entgehen. Und dazu zählt nach ihren eigenen Angaben der gestrige Besuch der Celler Justizvollzugsanstalt in der Trift. Niewisch-Lennartz hatte sofort zugesagt, als sie zur "Wiederaufstellung des Celler Lochs" eingeladen wurde, wohl wissend, welche Bedeutung diese unrühmliche Episode in der Geschichte der Bundesrepublik spielt.

"Dieses Loch ist natürlich nicht baulich interessant, sondern es ist ein Stück der Celler und der niedersächsischen und auch der Geschichte der Bundesrepublik. Es kann auch heute noch als Beispiel dafür angesehen werden, dass der Zweck nicht alle Mittel heiligt", sagte Niewisch-Lennartz in Hinblick darauf, dass der Staat vor 37 Jahren die Öffentlichkeit und Teile der Strafverfolgungsbehörden über die Wahrheit hinter dem vermeintlichen Anschlag getäuscht hatte.

Doch aus dem acht Jahre später aufgedeckten Skandal hätten sich auch positive Dinge entwickelt. "Viele Menschen sind damals politisiert worden, haben sich gefragt, wie das passieren konnte. Mit der heutigen Informationskultur hat das nichts mehr zu tun. Heute wäre so etwas nicht mehr denkbar", ist Niewisch-Lennartz überzeugt.

Dass er immer noch wenig erbaut darüber ist, Teil dieser unrühmlichen Geschichte zu sein, merkte man dem damaligen Anstaltsleiter Paul Kühling, der seinerzeit in die Aktion eingeweiht gewesen ist, an. "Ich musste das falsche Spiel mitspielen, auch vor meinen Beamten und meiner Familie", hatte Kühling schon vor Jahren der Celleschen Zeitung gesagt. Seine Hauptsorge habe der Frage gegolten, ob seine Beamten gefährdet sein könnten.

Der heutige Anstaltsleiter Werner Cordes fand launige Worte für die damalige Aktion des Verfassungsschutzes, die auch noch nicht gerade sehr professionell ausgeführt wurde. "Durch das Loch hätte maximal ein Hase gepasst", witzelte er und ging auf die weitere Geschichte des Stücks der Celler JVA-Geschichte ein. Das "Loch" war seinerzeit herausgeschnitten und wieder aufbereitet worden. Ein paar Jahre lang habe es im Südhof des Gefängnisses gestanden.

2004 war der Betonklotz wegen umfangreicher Modernisierungsarbeiten entfernt worden. "Dabei fiel das Celler Loch dem Baggerführer von der Schaufel und zerbrach", berichtete Cordes. Für die Wiederherstellung fehlte das Geld, bis die JVA Mittel aus dem eigenen Etat abzweigte. Nun steht das "Relikt der Celler Justizgeschichte" in einen Edelstahlrahmen eingefasst vor dem Eingang des Gefängnisses. "Gefangene haben es hergerichtet. Das ist bemerkenswert", so Cordes.

Gunther Meinrenken Autor: Gunther Meinrenken, am 24.07.2015 um 18:33 Uhr
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"Aktion Feuerzauber"

Am 25. Juli 1978 gegen 3 Uhr wurde ein Loch in die Außenmauer der Celler Justizvollzugsanstalt in der Trift gesprengt. Der vermeintliche Befreiungsversuch für den dort inhaftierten mutmaßlichen Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF), Sigurd Debus, war allerdings fingiert. Acht Jahre später stellte sich durch Recherchen von Journalisten heraus, dass hinter der "Aktion Feuerzauber" der niedersächsische Verfassungsschutz stand. Mit dem vorgetäuschten Befreiungsversuch für Debus sollten V-Männer in die RAF eingeschleust werden. In das geheime Vorhaben waren unter anderem die damalige Landesregierung unter Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU), die Bundesregierung sowie der Anstaltsleiter Paul Kühlung eingeweiht. Die Öffentlichkeit und Strafverfolgungsbehörden wurden jahrelang hinters Licht geführt. Die gesamte Aktion ging als "Celler Loch" in die Geschichte ein. Ein paar Jahre lang gab es sogar eine gleichnamige Kneipe in der Residenzstadt. (gu)

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