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Eisenkunstguss

Der »Eisenkunstguss« umschreibt die kunsthandwerkliche Herstellung von verschiedenen Plastiken aus Eisen, die bereits im ausgehenden Mittelalter begann. Im 20. Jahrhundert wurde teilweise auch Stahl anstelle des Eisens in entsprechend vorbereitete feinkörnige Sandformen gegossen. Weitere Bezeichnungen sind »Eisenplastik« oder »Bildguss«, wobei aus dem letzteren Begriff bereits hervorgeht, dass das flüssige Eisen in präparierte Sandteilformen gegossen wurde. Im 18. Jahrhundert erfolgte die Formgebung vielfach auch in Lehmteilformen.

Waren die hergestellten Gegenstände zu Beginn des Eisenkunstgusses wegen der dickflüssigen Eisenschmelze noch relativ grob geformt, wurden durch die Verbesserung der Gusstechniken und der Sandteilformen die in diesem Verfahren hergestellten Eisengussformen zunehmend feinteiliger und kunstvoller. Zahlreiche Kamin- und Ofenplatten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert zeugen vom Geschick der künstlerisch begabten Handwerker, die aber noch weitere Gegenstände wie z.B. Treppenstufen oder Treppengeländer, Erinnerungstafeln, Reliefs usw. mit der Technik des Eisenkunstgusses herstellten.

In China wurde die Technik des Eisenkunstgusses schon sehr viel früher angewandt, überliefert sind Eisenkessel mit Inschriften aus der Zeit um das 5. Jahrhundert v. Chr. und eine Buddhafigur aus der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Chr., die etwa 20 m hoch ist. Seit dem Spätmittelalter wurden in Mitteleuropa größere Gegenstände wie Haushaltsgeräte (Waffeleisen, Töpfe, Pfannen), aber auch Wasserrohre, Glocken oder Kanonenrohre, zunehmend aus gegossenem Eisen hergestellt. Um 1790 wird im sächsischen Eisenwerk Lauchhammer das Gießen von Geschirr in Sandformen und das Emaillieren eingeführt. Im Bauwesen führt das Gusseisen bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts nur ein Schattendasein, wird es bis dahin doch fast ausschließlich für Beschläge, Klammern, Ankerketten oder auch als Zugstangen für Gewölbe oder Kuppeln eingesetzt.

1794 erfand der Engländer John Wilkinson (1727-1808) den Kupolofen, der den Eisenkunstguss vom viel größeren Hochofen unabhängig machte, da damit das Eisenschmelzen ermöglicht wurde, ohne die viel höheren Temperaturen eines Hochofens (zur Erschmelzung des Eisenerzes) zu benötigen. Kupolofen leitet sich dabei von der Kuppel ab, in der der lange Ofenschacht noch aus dem Fabrikdach herausragte. Einen weiteren Hinweis auf die besondere Funktion des Kupolofens liefert die in Fachkreisen ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung »Gießereischachtofen«. Mit dem Kupolofen war ein Umschmelzverfahren möglich geworden, das dünnflüssigere Eisen konnte dann in besonders feinem und trockenem Sand geformt werden. Bis zum heutigen Tage stellt der Eisenkunstguss keine Massenproduktion dar, vielmehr handelt es sich um eine überwiegend handwerkliche Tätigkeit, die in so genannten Manufakturen (Betrieben im Übergangsstadium vom Handwerk zur Fabrik) ausgeübt wird.

Die erste gusseiserne Brücke wurde bereits 1779 im englischen Coalbrookdale errichtet, sie überspannt dort den Fluss Severn und existiert heute noch. Diese erste eiserne Brücke ist folgerichtig auch unter den Begriffen »Ironbridge« oder »Severn Bridge« in die Geschichte der Bautechnik eingegangen. Die erste gusseiserne Brücke auf dem europäischen Kontinent entstand 1796 bei Laasan in Niederschlesien, die das Striegauer Wasser überquerte, heute aber durch kriegsbedingte Zerstörungen nicht mehr existiert.

Ab der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts mehren sich Berichte über das Eisenschmelzen, wobei das Saargebiet und das Siegerland Schwerpunkte bildeten. Doch bereits um 1500 entstanden künstlerisch gestaltete Eisenkunstgusswaren wie Ofenplatten, Grabdenkmäler, -platten und -kreuze. Ofenplatten wurden besonders für Schlösser, Rathäuser und großbürgerliche bzw. andere öffentliche Bauten bestellt. Als kostspielige Neuheit galten Öfen auch als wertvolles Geschenk und wichtiger Exportartikel der damals führenden Hütten. Die Hochzeit des Eisenkunstgusses wird auf das 16./17. Jahrhundert datiert, führend war hier Deutschland (Hauptzentrum Siegen und Umgebung, Luxemburg, Saargebiet, Eifel- und Moselgegend in der Pfalz, aber auch in Württemberg und Tirol) und teilweise auch Holland.

Auch im Barock blühte der Eisenkunstguss weiter. Zu den bereits bekannten Gegenständen kamen noch Gitter, Brunnen und plastisch verzierte eiserne Türen (ab dem 16. Jahrhundert) hinzu. Die Ofenplatten wurden zunehmend aufwändiger verziert, beispielsweise mit Heiligenfiguren, allegorischen Personifikationen, Motiven aus der römischen oder griechischen Geschichte. Im 18. Jahrhundert herrschten dann Ornamente vor. Die Adelshäuser dieser Zeit verlangten nach Motiven, die einen Bezug zu den Herrscherhäusern herstellten. Der Formen- und Motivvielfalt waren praktisch keine Grenzen gesetzt.

Produkte aus Eisenkunstguss werden nicht nach ihrem Materialwert beurteilt, sondern nach der künstlerischen Gestaltung des Motivs bzw. der Form und der Perfektion der Gießtechnik. Ein besonders gelungenes Beispiel für den Eisenkunstguss findet sich im Jagdschloss Granitz (Rügen), dessen gewendelte Innentreppe komplett in dieser Technik hergestellt wurde. Die Treppe, die mit ihren 154 Stufen nach einem Baukastensystem zusammengesetzt ist, gilt als konstruktive und ästhetische Meisterleistung des Berliner Eisenkunstgusses. Sie wurde in der Berliner Eisengießerei von Franz Anton Egells gefertigt und im Jahre 1845 eingebaut. Prägend für die Treppe sind die filigran durchbrochenen Tritt- und Setzstufen mit ihrer Blüten- und Rankenornamentik. Sie verleihen der Treppe optische Leichtigkeit, die dadurch jedoch bei Menschen mit Höhenangst entsprechende Gefühle auslösen kann. Bis heute ist diese architektonisch wirklich ansprechend gestaltete Wendeltreppe, die sich an der Innenseite des Mittelturms empor windet, der Hauptanziehungspunkt des insgesamt sehenswerten Jagdschlosses. Von der Aussichtsplattform bietet sich 144 Meter über dem Meeresspiegel ein malerischer Rundblick über die reizvolle Küstenlandschaft der Insel Rügen.

siehe auch:
- Betonstahl
- Corten-Stahl
- Drahtseil
- Eisen
- Firth of Forth
- Golden Gate Bridge
- Grauguss
- Puddelstahl
- Severn Bridge
- SML-Rohr
- Stahl
- Stahl- und Eisenbau
- Tay Bridge