Herkunft und Name

Wer waren die befremdlichen Zopfträger aus der Steppe, die mit dem alternden Kaiser Justinian ins Geschäft kommen wollten?
Das erste Auftreten in Byzanz im Jahre 558 n.Chr. verursachte auf jeden Fall soviel Aufsehen, dass Theopanes darüber berichtete:

Die ganze Stadt lief zusammen, um sie zu betrachten, da man ein solches Volk noch nie gesehen hatte.
Denn sie trugen die Haare hinten ganz lang, gebunden mit Bändern und geflochten, während die übrige Tracht
den anderen Hunnen ähnlich war.

Gesichert ist auf jeden Fall, dass der Name „Awaren“ nicht die ursprüngliche Bezeichnung dieses steppennomadischen Volkes war.
Dass die „echten“Awaren im Bericht von Theophylakt für die Juan-juan stehen ist relativ unbestritten.
Erschwert wird die Suche nach den Stammesvätern der europäischen Awaren dadurch, dass der Name in der
Steppenzone in verschiedenen Varianten recht verbreitet war.
Zudem scheint es sich um einen sehr alten Namen mit verzweigter Tradition zu handeln.

Dass die Awaren auch Warchoniten hiessen belegt schon Menander mehrmals und Theophylakt ergänzt noch:

…bis in unsere Zeit… (das 7. Jahrhundert) würden die europäischen Awaren …nach den Geschlechtern der
Herrscher unterteilt und die einen in altehrwürdiger Weise War genannt, die anderen als Chunni bezeichnet.

Dass die nach Europa gekommenen Awaren nicht aus einem einzigen Gebiet stammten legen archäologische Befunde nahe.
Bálint verweist auf zentralasiatische und innerasiatische Wurzeln – also Traditionen aus dem ehemaligen Gebiet der
Juan-juan wie der Hephtaliten – sowie Spuren aus dem Kaukasusgebiet. Noch für den zeitgenössischen byzantinischen
Beobachter bis hin zu Theophylakt, war die bruchstückhafte Grundlage der awarischen Ethnogenese sichtbar.

 

Quelle: Walter Pohl – Die Awaren.