GIESSEN - (tt). Der Mann hat fraglos Geschmack und ein Händchen: Bewiesen hat er das bei der Nutzung der Gail’schen Villa in Biebertal und zuletzt vor allem bei der Restaurierung des Heyligenstaedt-Ensembles am Aulweg in Gießen. Vor geraumer Zeit hat Dr. Wolfgang Lust ein neues Objekt ins Auge gefasst, über dessen Stand er am Mittwoch informierte: den Umbau des unter Denkmalschutz stehenden alten Schlachthofs. Zehn Loftwohnungen gehobenen Standards, von denen jede eine Größe von circa 200 Quadratmetern aufweist, sowie ein Café und eine Bar umfasst das Projekt, das es in dieser Form in Gießen bislang so noch nicht gibt. Der gestrige Termin war nicht zufällig gewählt, war er doch mit dem Antrittsbesuch des neuen Präsidenten des Landesamtes für Denkmalpflege und Unesco-Weltkulturbeauftragten des Landes Hessen, Dr. Markus Harzenetter, verbunden.
Und dieser zeigte sich nach dem Rundgang sichtlich beeindruckt von dem Vorhaben. „Eine so groß angelegte Nutzung ist etwas ganz Besonderes und versprüht einen speziellen Charme.“ Harzenetter diagnostizierte einen „leichten Historismus“. Dem Bauherrn bescheinigte er ein „großes Engagement, das zu erhalten, was überliefert ist“.
- SCHLACHTHOF
Der Gießener Schlachthof besteht primär aus einem Gebäudekomplex, das sich um das ursprüngliche Schlachthofgebäude seit den 50er Jahren gebildet hat. Der Zentralbau des Schlachthofes wurde in den Jahren 1908 bis 1913 im Jugendstil erbaut und steht unter Denkmalschutz. Hauptmerkmal des verschachtelten, lachs- und cremefarbenen verklinkerten Bauwerks ist der massive Uhrenturm. Er wurde überwiegend als Schlacht- und Durchfahrtshalle genutzt. Weitere bauliche Elemente des Geländes sind die Maschinenhalle, das Kesselhaus und die verschiedenen Verbindungsbauten. (red)
Zuvor hatte Lust Gießens Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz, Dezernentin Astrid Eibelshäuser (beide SPD), Bezirkskonservatorin Dr. Katharina Benak sowie Joachim Rauch, Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt, und Birger Rohrbach vom Architekturbüro Rohrbach & Schmees über das Gelände geführt.
Der Erwerb des Schlachthofs, den der in Lahnau ansässige Unternehmer Gerhard Helm 2008 gekauft hatte, ist nach Angaben von Lust gänzlich unspektakulär gelaufen. „Ich habe ihn gefragt, ob er mir den alten Teil nicht übergeben möchte.“ Helm, dessen Unternehmen – die Helm-Holding – einen Wohnpark um das historische Gebäude errichten will, habe sich schnell zu einem Verkauf bereit erklärt. „Das Ganze war eine wirtschaftliche Sache“, so Lust. Eine der ersten Fragen der Käufer zielte auf die alten Gemäuer, zu dessen Erhalt der Bauherr sich beim Kauf verpflichtet hat. Da es sich um ein Mischgebiet handele, habe eine weitere Auflage gelautet, den Gewerbeanteil abzudecken. Mit der Einrichtung eines Cafés, einer Bar sowie von Büroräumen im Erdgeschoss komme er dieser klaren Anforderung nach. Zehn Mal im Jahr will Lust die große Halle des ehemaligen Zerlegebetriebs für die Bevölkerung öffnen. Vorstellbar sei zum Beispiel ein Weihnachtsmarkt. Als ein besonderes Nutzungsthema habe sich der 21,90 Meter hohe Turm herauskristallisiert, bis die Entscheidung festgestanden habe, in diesem eine Wohneinheit unterzubringen. Nach den Vorstellungen des künftigen Eigentümers wird das nach oben offene Bauwerk in mehrere Ebenen für Wohn- und Essbereich, Kinderzimmer, Arbeitszimmer sowie einer Lounge unterteilt. Ähnliches ist im alten Maschinenraum geplant.
Wolfgang Lust hofft auf einen Baubeginn Anfang nächsten Jahres, abhängig davon, wann die Baugenehmigung vorliegt. Überaus positiv äußerte er sich über die Zusammenarbeit mit der Stadt. So stoße er immer auf offene Ohren und es gehe auch immer „alles ganz schnell“. Über die Kaufsumme des Backsteingebäudes machte Lust lediglich vage Angaben und nannte einen „zweistelligen Millionenbetrag“. Großer Werbung für das Projekt bedarf es nicht: Nahezu alle Einheiten seien verkauft („in erster Linie an Bekannte“), und das zu einem Quadratmeterpreis von 3000 bis 3500 Euro.
Bitte loggen Sie sich ein, um einen Kommentar zu diesem Artikel zu verfassen. Debatten auf unseren Zeitungsportalen werden bewusst geführt. Kommentare, die Sie zur Veröffentlichung einstellen, werden daher unter ihrem Klarnamen (Vor- und Nachname) veröffentlicht. Bitte prüfen Sie daher, ob die von Ihnen bei ihrer Registrierung angegebenen Personalien zutreffend sind.
Die Zeichenzahl ist auf 1700 begrenzt. Die Redaktion behält sich vor, den Kommentar zu sichten und zu entscheiden, ob er freigeschaltet wird. Kommentare mit rechts- oder sittenwidrigen Inhalten, insbesondere Beleidigungen, nicht nachprüfbare Behauptungen, erkennbare Unwahrheiten und rassistische Andeutungen führen dazu, dass der Kommentar im Falle der Sichtung nicht freigeschaltet, ansonsten sofort gelöscht wird. Wir weisen darauf hin, dass alle Kommentare nach einigen Wochen automatisch wieder gelöscht werden.
Die Kommentare sind Meinungen der Verfasser.