Andlauerhof, Arlesheim

Arlesheim

Herrliberger 18e

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Der Andlauerhof, einst Adelssitz der bischöflichen Lehensträger, liegt am Ostrand des Dorfes am Fusse des Rebberges. Das langgestreckte Herrschaftshaus stösst gegen Westen an die Abschlussmauer und bildet zugleich die Nordfront des gegen Osten sich in den Garten öffnenden Hofes. Parallel dazu liegen auf der Südseite des Hofes niedere Remisengebäude, fortgesetzt durch die grosse Scheune des Hofgutes. Die sich gegen Osten ausweitende Gartenanlage ist mit einer Baumallee und einer gusseisernen Brücke mit der Ermitage verbunden.

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Der auf dem Birseckplan von Jakob Meyer um 1665 als "Flachsländisch Schlösslin" bezeichnete Adelssitz steht wahrscheinlich an der Stelle des vom Bischof im 13. Jahrhundert den Reich von Reichenstein übergebenen Dinghofs von Arlesheim, später "grosses Lehen" genannt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts ging er an Johann Wilhelm Reutner von Weyl, den bischöflichen Hofmeister, über und wurde von diesem 1616 neu erbaut. Die älteste Ansicht des Adelssitzes von J. Meyer, 1665, gibt die summarische Darstellung eines längsrechteckigen Gebäudes mit Satteldach und Rundturm an einer Schmalseite, umgeben von einer Mauer mit zwei Toren wieder. Das um 1616 erbaute Haus umfasste den heutigen Hauptbau ohne Ostflügel und Treppenhaus. Vom ehemaligen Haupteingang im Osten führte der noch bestehende Längsgang zum Treppenturm an der Stelle des heutigen Treppenhauses. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, sicher erst nach 1665, gelangte der Hof an die Familie von Roggenbach und blieb in deren Besitz, bis ihn 1743 der Domdekan Beat Anton Münch von Münchenstein erwarb und vollständig umbaute. Die grosszügige Umwandlung in ein Barockpalais mit Hauskapelle, Flügelanbau im Osten und Treppenhaus anstelle des Treppenturms, muss vor 1754 erfolgt sein, da Emanuel Büchel den Hof damals im erneuerten Zustand festhielt.

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Wappen der Andlau-Schakmin

Nach dem Tode des Domdekans im Jahre 1759 ging der Hof teils durch Erbschaft, teils durch Kauf an einen Herrn von Goullon und dessen Gemahlin über, und wurde bereits 1762/63 an den Landvogt Franz Carl von Andlau weiterverkauft. Dieser verlegte daraufhin den Landvogteisitz vom baufälligen Schloss Birseck in den Herrschaftssitz, der von diesem Zeitpunkt an "Andlauerhof" genannt wird. Unter dem neuen Besitzer entstand der niedere Pavillon auf der Südseite des Hofs parallel zum Hauptbau. Die grossartigste Leistung aber vollbrachte seine Gattin Balbina, geb. von Staal, zusammen mit dem Domherrn Heinrich von Ligertz, indem sie das ausgedehnte Gebiet um den Schlosshügel in eine Gartenanlage im landschaftlichen Stil umwandelte und so die heute "Ermitage" genannte Anlage schuf.

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Der Sohn des Landvogts, der Freiherr Conrad von Andlau, kehrte nach der Revolution nach Arlesheim zurück und verwaltete als Generalgouverneur der Alliierten vom Andlauerhof aus das Bistum Basel bis zu dessen Auflösung am 20. März 1815. Zwischen 1808 und 1839 erwarb er sich in Arlesheim einen ausgedehnten Grundbesitz, kaufte das Schloss Birseck zurück und stellte die Gartenanlage im Sinne der Romantik des 19. Jahrhunderts wieder her. Den Herrschaftssitz veränderte er innen und aussen im Stil des Empire, erhöhte den Giebel der Hoffassade und bemalte ihn mit dem Wappen der Andlau-Schakmin. 1815 baute er in Fortsetzung zum Pächterwohnhaus ein neues Stallgebäude. 1818 liess er das im rechten Winkel an den Ostflügel des Herrschaftshauses stossende Ökonomiegebäude niederreissen, erbaute 1822 die grosse Scheune mit dem geschweiften Dach und trennte damit das Herrschaftshaus und dessen Hof von den Ökonomiegebäuden des Hofguts. Wahrscheinlich liess er auch die niederen Remisen östlich der grossen Scheune und 1821 das Hofgut Ränggersmatt erbauen.

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Schloss Birseck

Sein Sohn Franz von Andlau verkaufte am 22. Februar 1844 den gesamten Grundbesitz den beiden Basler Spekulanten Achilles Bischoff und Joh. Jak. Bachofen-Merian. Von diesen erwarb es Vicomte Théodore Renouard de Bussière aus Strassburg, der 1846 einen Teil der Grundstücke der Gemeinde, das Gut selbst an Joh. Siegmund Alioth-Hornung weiterveräusserte. Unter ihm entstand möglicherweise der Torabschluss gegen das Dorf. Von 1858 an bewohnte dessen jüngster Sohn Achilles Alioth-Franck den Andlauerhof, errichtete 1860/70 in der Südostecke zwischen Haupttrakt und Flügelbau über dem Kellereingang einen zweiten Giebelbau mit Treppenhaus und das gusseiserne Vordach über dem Haupteingang. Er veränderte die Gartenanlage und das Innere des Hauses im Stil des Neubarocks. Nach dem Tode von Lucie Alioth-Franck kam das Gut 1907 an Emil Kern-Alioth, unter dem die Veranda an der Nordfassade entstand. Nach dessen Tod blieb das Gut im Besitz seiner Nachkommen.

Den Keller im Nordostteil des Haupttrakts überspannen sechs Kreuzgewölbe auf zwei runden Mittelstützen mit einfachen Sockel- und Kämpferplatten, wovon eine die Inschrift trägt: "CONSTR. 1616 / RENOV. 1857". Im Gewölbescheitel des südlichen Jochs steht die Jahreszahl 1616 mit Steinmetzzeichen. Daneben liegt der Keller des Ostflügels mit gratigem, auf vier quadratischen Pfeilern ruhendem Gewölbe. Der ursprüngliche Grundriss des Erdgeschosses und des Obergeschosses des Hauptbaues lässt sich der Veränderungen wegen schwer rekonstruieren. Das ganze Hauptgebäude durchzieht ein Längskorridor, der den Eingang mit dem Treppenhaus am Westende verbindet. Der Korridor im Obergeschoss stammt aus einer späteren Bauphase, da er an der Decke noch zum Deckenstuck der Südzimmer gehörende Dekorationen aufweist. In der Rekonstruktion ergeben sich somit in beiden Geschossen je eine Zimmerflucht auf der Süd- und auf der Nordseite. Ob der Längskorridor bereits im 18. Jahrhundert oder erst 1857 des Ostflügels wegen entstand, kann nicht mehr festgestellt werden. Der vom Haupteingang auf den Längsgang stossende Quergang führt direkt in den grossen, später in zwei Räume unterteilten Salon. Die zweiläufige Treppe im Westteil des Haupttrakts wirkt auf die hochrechteckigen Fenster störend ein. Die beidseits davon liegenden Räume besitzen keine Tragwände, so dass hier ein breiteres Sommer- und Treppenhaus mit Seitenbelichtung rekonstruierbar wäre. Es entstand an der Stelle des ehemaligen Treppenturms aus dem 17. Jahrhundert.

Die feste Wohnausstattung stammt aus dem 18. und 19. Jahrhundert und gehört zu den kostbarsten Kunstwerken auf Kantonsgebiet. Gemäss Aussagen der Besitzer stammt diese teilweise aus dem Basler Stadtpalais "zum mittleren Ulm" und aus dem Weiherschloss Inzlingen. Besonders hervorzuheben sind die beiden Strassburger Zimmeröfen, der eine von Paul Hannong 1759 signiert, sowie ein Biedermeierofen von J. Hugelin, ein klassizistischer, weissglasierter Ofen von Bodmer aus Zürich sowie ein Turmofen mit durchbrochenen Kranzkacheln. Zahlreiche Supraporten mit Darstellung von Themen aus der antiken Mythologie zieren die Räume. Die Decken des Eingangskorridors, des Längsganges im Obergeschoss, der Treppenläufe und der beiden Schlafzimmer auf der Nordseite des Obergeschosses zieren reiche, symmetrisch angeordnete Stuckaturen mit Bandelwerk, rocailleartigen und naturalistischen Motiven aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Hauskapelle im ersten Nordzimmer des Ostflügels dagegen schmückt eine reiche Rokokostuckdecke, deren Mitte ein grosses Medaillon mit dem von Strahlen umgebenen gemalten Auge Gottes einnimmt. Das Kapellenfenster umrahmt freiplastischer Stuckdekor, den über dem Stichbogen eine Krone zusammenfasst und die Hohlkehle der Decke überspielen lässt. Diese bewegte und sehr plastische Stuckdekoration ist ein Werk des berühmten Stuckateurs Andreas Moosbrugger aus der Zeit um 1754.

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Das Erdgeschosszimmer neben dem grossen Salon liess Conrad von Andlau nach der Überlieferung mit Dekorationsmalereien nach pompejanischem Muster von einem Cremonenser Maler im Sinne des Empire um 1808 ausmalen. Die Rückwand des mit Vorhängen, Säulenarchitektur und Gebälk ausgemalten Raumes öffnet sich hinter einer gemalten Balustrade auf eine illusionistisch und perspektivisch gemalte Brückenarchitektur in gelbgrüner Camaieumalerei. Das Bildmotiv geht auf eine Vorlage von Piranesi zurück. Die Decke zieren Friese mit pompejanischen Motiven, Masken, Vögeln, Blattranken und eckigen Medaillons mit antiken Szenen. Der grosse Salon ist mit Grisaillemalereien nach Schablonen der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgemalt.

Im Garten auf der Nordseite des Hauses steht ein Springbrunnen mit einer Venusstatue dahinter und drei Gartenkabinetten aus der Zeit um 1860/1870. Die vier Hermen stellen die vier Jahreszeiten dar und stammen aus dem "Mittleren Ulm".

Der Andlauerhof mit seiner Ausstattung ist in einem ausgezeichneten Zustand und ist eines der wertvollsten Kulturdenkmäler des Kantons. Der einstige Adelssitz ist aufgrund seiner grossen Bedeutung für die Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Basel und aufgrund seiner vollständig und gut erhaltenen Gesamtanlage und der äusserst wertvollen Ausstattung in das kantonale Inventar der geschützten Kulturdenkmäler aufzunehmen.

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©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles