Jugendgewalt – Gewaltpotential im islamischen Bereich höher als bei Deutschen

Posted on 14/03/2013

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Interview zum Thema Jugendgewalt von RADIO BREMEN:

Diskussion um Jugendgewalt

“Die Jugend wird keinesfalls gewalttätiger”

Mitten in Berlin haben junge Männer einen 20-Jährigen totgeprügelt. In Kirchweyhe im Landkeis Diepholz stirbt ein 25 Jahre alter Mann nach einem Angriff. Die Gewalt unter Jugendlichen eskaliert. So zumindest fühlt es sich an. Ist das tatsächlich so? Schlagen Jugendliche schneller zu? Sind die Strafen für Gewalttäter zu lasch? Dirk Baier vom Kriminologischen Institut Niedersachsen hat überraschende Antworten. Wir haben mit ihm nach der tödlichen Attacke in Kirchwehye gesprochen.

Radio Bremen: Tödliche Prügelattacken in Berlin, S-Bahn-Schläger in München, jetzt ein tödlicher Gewaltausbruch in Weyhe. Gefühlt eskaliert Jugendgewalt. Ist das so?

Dirk Baier: Seit 2007 bis heute gilt, Jugendgewalt nimmt ab. Wir haben einen Rückgang von ungefähr 20 Prozent in diesem Bereich. Die Jugend wird keinesfalls gewalttätiger.

Radio Bremen: Betrifft das auch Gewalttaten mit tödlichem Ausgang?

Dirk Baier: Der Bereich von Tötungsdelikten beziehungsweise versuchten Tötungsdelikten unter Jugendlichen ist in den letzten 15 Jahren weitestgehend konstant geblieben. Wir haben hier aber sehr, sehr wenige Fälle. Das sind pro Jahr circa 200 Personen, die wegen eines Verdachts auf Mord oder Totschlags von der Polizei registriert werden.

Radio Bremen: Bei dem Fall in Kirchweyhe wollte das Opfer nur einen Streit schlichten. Sinkt die Hemmschwelle, zuzuschlagen?

Dirk Baier: Wir können auch aus den Statistiken folgern, dass es so etwas wie Brutalisierung der Jugendgewalt nicht gegeben hat. Brutalere Taten wie zum Beispiel Raubtaten sinken in Deutschland. Wir haben Statistiken zu Raufunfällen an Schulen, die zu Frakturen, also zu Brüchen, geführt haben und damit schwere Körperverletzung nach sich gezogen haben. Diese sinken. Von einer Brutalisierung können wir eigentlich nicht ausgehen.

Radio Bremen: Wie kommt es zu so einer heftigen Reaktion?

Dirk Baier: Das lässt sich von Außen nur schwer beurteilen. Ich denke aber, es kommen da einige Aspekte zusammen. Der erste ist, es wird sich um Gruppen gehandelt haben. Da werden mehrere Jugendliche oder Heranwachsende aufeinander getroffen sein. In solchen Gruppen gibt es eigene Dynamiken. Es wird möglicherweise der Aspekt des Alkoholkonsums eine Rolle gespielt haben, und es wird der Aspekt von Ehre, von Ehrverletzung, ich werde als Mann von jemand anderem in meiner Ehre angeggriffen. In solchen Momenten gibt es dann solche Eskalationsprozesse. Dann hat der Täter einen Tunnelblick und schlägt im Zweifelsfall zu. Der Täter muss aber auch eine gewisse Gewaltneigung besitzen. Die Situation Gruppe ist auf jeden Fall eskalierend.

Radio Bremen: Der mutmaßliche Schläger ist der Polizei bekannt. Aufgefallen durch Gewalt. Gibt es keine Möglichkeit, früher einzugreifen?

Dirk Baier: Bei den meisten Personen, die später auch schwere Gewalttaten begehen, wird das schon im Kindesalter, spätestens aber im frühen Jugendalter offensichtlich, dass diese Jugendlichen ein Gewaltproblem haben. Bei vielen passiert eine ganze Weile nichts. Keine Sanktionen durch die Eltern, auch nicht von der Schule, später noch von Seiten des Gerichtes. Der Täter wird immer wieder bestärkt, dass er mit Gewalt das erreichen kann, was er sich vornimmt. Es gibt defintiv Möglichkeiten, früher anzusetzen, weil man diese Personen identifizieren kann.

Radio Bremen: Was für welche?

Dirk Baier: Wichtig ist eine gewaltfreie Erziehung. Das können Familien leisten. Von vielen Gewalttätern wissen wir, dass sie schon in der Familie daraufhin sozialisiert worden sind, dass man Gewalt einsetzen darf. Später spielt dann intensive sozialarbeiterische Betreuung eine Rolle. Es können auch Anti-Aggressivitätskurse angeboten werden. Es ist meistens eine intensive Arbeit mit den einzelnen Menschen notwendig, um ihn von der Gewalt abzubringen und zum Teil aus seinem gewohnten Lebensumfeld, seiner Freundesclique rauszuholen.

Radio Bremen: Sie kommen in einer ihrer Studien zu dem Ergebnis, dass junge Muslime eher zu Gewalt tendieren. Gibt es unter Jugendlichen Gruppen, die eher zu Brutalität neigen?

Dirk Baier: Wir stellen tatsächlich fest, dass Jugendliche mit muslimischem Hintergrund, insbesondere türkisch-stämmige Jugendliche, Jugendliche aus nordafrikanischen oder arabischen Ländern, aber auch Jugendliche aus dem ehemaligen Jugoslawien, die zum Teil muslimischen Hintergrund haben, eine bis zu drei Mal höhere Gewaltrate haben als die einheimischen deutschen Jugendlichen. Grund ist aber nicht der Umstand Türke oder Muslim zu sein, sondern die damit verbundenen Schwierigkeiten im Leben. Dazu gehört beispielsweise die familiäre Situation und oft auch eine problematische Bildungssituation.

Radio Bremen: Ein viel diskutiertes Thema sind die Strafen für jugendliche Gewalttäter. In Berlin wurde ein 18-Jähriger U-Bahn-Schläger wieder frei gelassen. Kritiker sprechen von Kuscheljustiz. Sie halten nichts von härteren Bestrafungen. Was schlagen Sie vor?

Dirk Baier: Häreter Strafen dienen nicht dem Ziel der Resozialisierung des Täters. Die Rückfallquoten sind sehr hoch. Bis zu 60, 70 Prozent der Jugendlichen, die Haftstrafen erhalten, kommen zurück, werden rückfällig. Wir wissen auch, dass wir die Jugendlichen nicht ewig wegsperren können. Das Höchstmaß ist zehn Jahre und höhere Strafen sind keinesfalls abschreckend für potenzielle Täter. Es gibt keinen vernünftigen Grund für härtere Strafen. Was wir brauchen, ist, dass wir die Problemjugendlichen früher identifizieren und ihnen entsprechende Hilfe anbieten, um deren soziale Kompetenz zu stärken. Das ist immer nur durch intensive Arbeit von Menschen mit Menschen möglich, nicht aber durch harte Strafen.

Radio Bremen: Menschen sterben, weil sie mutig sind. Zum Beispiel Dominik Brunner, der zum Opfer von S-Bahn-Schlägern wurde. Jetzt stirbt ein junger Mann, offenbar weil er schlichten wollte. Ist das das Ende der Zivilcourage?

Dirk Baier: Ich hoffe nicht. Ich hoffe, dass wir diejenigen, die in solchen Situationen ihr Leben verlieren, Wert schätzen. Dass wir möglicherweise Erinnerungsaktionen machen, Straßen oder Plätze nach diesen Personen benennen und damit an sie erinnern. Zweitens hoffe ich, dass diejenigen, die später in solche Situationen geraten, die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Man kann sich zivilcouragiert verhalten, ohne sein eigenes Lebens zu riskieren. man kann beispielsweise die Polizei rufen. Man kann Umstehende auffordern, dass man gemeinsam gegen diese Schläger vorgeht. Man kann viele Dinge tun, um sein eigenes Leben nicht zu gefährden.

14. März 2013

http://www.radiobremen.de/politik/themen/jugendgewalt102.html

Siehe auch:

Berlin – 90 Prozent der Haftinsassen Moslems

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