Väter der Botanik

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Otto Brunfels (1488-1534)
Hieronymus Bock (1498-1554)
Leonhart Fuchs (1501-1566)

Als „Väter der Botanik“ im engeren Sinn werden die Ärzte und Botaniker Otto Brunfels, Hieronymus Bock und Leonhart Fuchs bezeichnet.

Namensherkunft[Bearbeiten]

Die Wortwahl geht auf Kurt Sprengel zurück, der sie in seiner dissertatio de Germanis, rei herbariae patribus („Abhandlung über die deutschen Väter der Botanik“), die 1810 vorgestellt wurde[1] und 1812 im Druck erschien,[2] einführte. Im Vergleich zu den bereits zuvor als „Väter der Botanik“ bezeichneten antiken Autoren hob er die Rolle der Mediziner der Renaissance hervor, die sich durch zahlreiche Erstbeschreibungen der Flora Mitteleuropas verdient gemacht hätten. Erneut würdigte er die „Väter der deutschen Pflanzenkunde“ 1817 in einer Monographie[3] und 1827 im dritten Band der dritten Auflage seines Werkes Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzneykunde.[4] [5] Zahl und Namen der mit diesem Epitheton Geehrten schwanken allerdings; häufig verwendet wird es vor allem für die genannten drei, die durch ihre Kräuterbücher bekannt wurden, die sich u. a. durch bestechend naturgetreue Abbildungen der dargestellten Pflanzenarten auszeichneten.[6]

Gemeinsamkeiten[Bearbeiten]

Brunfels, Bock und Fuchs wirkten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und wandten sich nach der Reformation der protestantischen Lehre zu. Alle hatten Medizin studiert oder waren als Arzt tätig. Ihre Bücher ließen sie in bedeutenden Druckorten des frühen 16. Jahrhunderts, Straßburg und Basel, anfertigen.[5] In ihren lateinischen und deutschen Ausgaben verfolgten Brunfels, Bock und Fuchs das Ziel, eine Pflanzenkunde unter humanistischen Gesichtspunkten zu schaffen.[5]

Otto Brunfels ließ 1532 Texte von Hieronymus Bock[7] und von Leonhard Fuchs[8] im Anhang des 2. Bandes seines lateinischen Kräuterbuchs abdrucken. Im Spätsommer 1533 lief Brunfels von Straßburg nach Hornbach (90-100 km), um den dort wohnenden Hieronymus Bock zu überreden, die Aufzeichnungen über seine botanischen Beobachtungen zu veröffentlichen.[9] In ihren Kräuterbüchern zitierten Brunfels und Bock sich gegenseitig. Leonhart Fuchs hingegen erwähnte weder Brunfels noch Bock. Mit Bock hatte er keinerlei Verkehr.[10]

Vorläufer[Bearbeiten]

Die Väter der Botanik betraten kein absolutes Neuland. Ein erster Schritt zur systematischen Bestimmung der in den Quellen überlieferten Heilpflanzen war im deutschen Sprachraum bereits ansatzweise

geleistet worden. Brunschwigs Vorarbeit wurde von Brunfels und von Bock geachtet und genutzt. Dazu schrieb Hieronymus Bock im Vorwort zur Ausgabe 1551 seines Kräuterbuchs (Kapitel 10): „Aber so vil die Einfache Artzney der Kreutter belanget / hat Gott den frommen vnd gelehrten Ottonem Brunfelsium / nach dem fleissigen Hieronymo Braunschweig im Teutschen lande erweckt / welche die Kreutter zů beschreiben sich vnderzogen.“ Brunfels ließ Brunschwigs Pflanzenbeschreibungen im Wortlaut abdrucken[16].

Ausgaben der Kräuterbücher von Brunfels, Bock und Fuchs (Auswahl 1530–1551)[Bearbeiten]

Autor Titel Drucker Ort Jahr
Otto Brunfels Herbarum vivae eicones ad naturae imitationem, summa cum diligentia et artificio effigiatae, vna cum effectibus earundem, in gratiam veteris illius, & iamiam renascentis herbariae medicinae. … (Der Natur nachgeahmte Bilder lebendiger Pflanzen. Mit größter Gewissenhaftigkeit und Kunstfertigkeit ausgeführt. Dazu deren Wirkung nach der alten und nach der jetzt wieder entstehenden Kräuter-Medizin. …) Johann Schott Straßburg 1530 [17]
Otto Brunfels Herbarum vivae eicones … (Band II) Johann Schott Straßburg 1532 [18]
Otto Brunfels Contrafayt Kreüterbůch nach rechter vollkommener art, vnd Beschreibung der Alten, bestberümpten ärztz, vormals in Teütscher sprach der masszen nye gesehen … Johann Schott Straßburg 1532 [19]
Otto Brunfels Tomus Herbarii Othonis Brunfelsii III (Herbarum vivae eicones III) … Johann Schott Straßburg 1536 [20]
Otto Brunfels Ander Teyl des Teütschen Contrafayten Kreüterbůchs. Johann Schott Straßburg 1537 [21]
Hieronymus Bock New Kreütter Bůch von vnderscheydt, würckung vnd namen der kreütter so in Teütschen landen wachsen. Auch der selbigen eygentlichem und wolgegründtem gebrauch in der Artznei, zů behalten vnd zů fürdern leibs gesuntheyt fast nutz vnd tröstlichen, vorab gemeynem verstand. … Wendel Rihel Straßburg 1539 [22]
Leonhart Fuchs De historia stirpium … Michael Isingrin Basel 1542 [23]
Leonhart Fuchs New Kreütterbuch … Michael Isingrin Basel 1543 [24]
Hieronymus Bock Kreüter Bůch. Darin Vnderscheid / Würckung vnd Namen der Kreüter so in Deutschen Landen wachsen / Auch der selbigen eigentlicher vnd wolgegründter gebrauch inn der Artznei fleissig dargeben / Leibs gesundheit zů behalten und zů fürderen seer nutzlich vnd tröstlich / Vorab dem gemeinen einfaltigen man. Durch H. Hieronymum Bock aus langwiriger vnd gewisser erfahrung beschriben / Vnnd jetzund von newem fleissig übersehen / gebessert vnd gemehret / Darzů mit hüpschen artigen Figuren allenthalben gezieret. … Wendel Rihel Straßburg 1546 [25]
Hieronymus Bock Kreüter Bůch. Darinn Vnderscheidt / Nammen vnnd Würckung und der Kreüter / Stauden / Hecken vnnd Beumen / sampt ihren Früchten / so inn Deütschen Landen wachsen … Wendel Rihel Straßburg 1551 [26]

Simplicia statt Composita[Bearbeiten]

1532 stellte Otto Brunfels im Vorwort seines deutschen Kräuterbuchs fest, dass „die Alten“ allein einzelne Kräuter (Simplicia) und keine zusammengesetzten Arzneien (Composita) gebraucht hätten. Die zeitgenössischen Ärzte jedoch seinen von „Avicenna und seines gleichen“ dahin geführt worden, diesen Weg zu verlassen (Kap. 12). Von „Galen bis auf Avicenna und seines gleichen Arabier“ habe der „Plunder überhandgenommen“ und derjenige sei als der beste Arzt angesehen worden, der die kompliziertesten Rezepte mit Zutaten aus Arabien und Indien verschrieb. Brunfels forderte, dass die Composita aus maximal vier oder fünf möglichst einheimischen Einzelsubstanzen zusammengesetzt sein sollten (Kap. 15).

Humanisten gegen „Arabisten“[Bearbeiten]

Als Humanisten bekämpften die Väter der Botanik die als „Arabismus“ bezeichnete arabisch-lateinische Tradition griechischer Werke.[27][28] Stattdessen beriefen sie sich auf die Vorarbeiten italienischer und französischer Humanisten, die an der Wende vom 15. zum 16. Jh. die pharmakologischen Werke des Dioskurides, des Plinius und des Galen neu bewertet hatten. Bock bezeichnet im Vorwort zur Auflage 1551 seines Kräuterbuchs (Kapitel 10) Hermolaus Barbarus[29], Jean Ruel[30], Johannes Manardus[31] und Marcellus Vergilius (1461-1521)[32] als „new Kreutter Artzet“ die - aus griechisch-byzantinischen und langobardischen Quellen schöpfend - „den alten thewren Dioscoridem von newem auß der äschen herfür gezogen / vnnd den selben recht Lateinisch zů reden gelehrnet vnnd kandtbar gemachet“. Im zweiten Band seines lateinischen Kräuterbuchs ließ Brunfels Textpassagen der Werke von Niccolò Leoniceno[33] und der Werke von Pandolfo Collenuccio (1444-1504)[34] abdrucken. Brunfels wählte nur die Passagen aus, in welchen die Arzneimittellehre behandelt wurde.

Bedingt durch dem Zusammenbruch des Byzantinischen Reiches nach der Eroberung von Konstantinopel (1453) und durch die weitere Ausdehnung des Osmanischen Reiches nach der Schlacht bei Mohács (1526) war zu Beginn des 16. Jh. im europäischen Westen der Boden fruchtbar für Araberfeindlichkeit. Auch die Väter der Botanik wurden von dieser Stimmungslage erfasst.[35] Das Ausmaß der Araberfeindlichkeit jedoch war bei ihnen sehr verschieden. Im Vorwort zur Ausgabe 1532 (Kapitel 22) seines Kräuterbuchs empfahl Otto Brunfels dem Leser zum Studium der Theorie: „… so liße do von das erst bůch / Doctor Lorentzen Fryeßen / genant den Spiegel der artzeney / von vns jüngst gebessert vnd überleßen / darinn würstu alles finden / so vil dir not ist zů dißem handel. …“[36] Die im „Spiegel“ vorgestellte Theorie stützte sich vor allem auf die entsprechenden Passagen im Kanon der Medizin des Avicenna. 1530 hatte Fries in Straßburg eine Verteidigungsschrift für Avicenna herausgegeben.[37] Leonhard Fuchs hingegen hatte sich 1530 mit der Schrift Errata recentiorum medicorum als militanter Antiarabist zu erkennen gegeben.[38] 1534 wurde er nach Tübingen berufen, um die dortige Universität vom Arabismus zu befreien.[39][40][41][42]

  • Obwohl er in den Vorwörtern seiner Kräuterbücher zeitgenössische antiarabische Vorurteile äußerte, zitierte Otto Brunfels arabische Autoren ausführlich und ohne Polemik.
  • Ähnlich bei Hieronymus Bock. Wenn er einmal am arabischen Autor Serapion Kritik übte, so griff er ihn nicht als Vertreter arabischer Medizin an, sondern, weil dieser seiner Ansicht nach das Naturstudium vernachlässigte (Teil I, Kap. 126), weshalb an einer anderen Stelle auch Plinius getadelt wurde (Teil I, Kapitel 142).[43]
  • Leonhart Fuchs ignorierte arabische Quellen in seinen Kräuterbüchern.[44]


Pflanzen. Abbildung – Beschreibung – Klassifizierung.[Bearbeiten]

Vorläufer[Bearbeiten]

Vitus Auslasser[Bearbeiten]

  • Die Pflanzenabbildungen im 1479 vollendeten Manuskript des Vitus Auslasser sind ein frühes Zeugnis dafür, dass ab der 2. Hälfte des 15. Jh. das Bemühen einsetzte,
  1. die bekannten Heilpflanzen in der heimischen Flora nachzuweisen und
  2. darüber hinaus auch medizinisch nicht verwendete Pflanzen botanisch zu beschreiben.

Der zweite Punkt wurde erst im Kleinen Destillierbuch des Hieronymus Brunschwig und in den Kräuterbüchern der Väter der Botanik wieder aufgegriffen.

  • Auslasser fügte seinen Abbildungen keine Pflanzenbeschreibungen bei.

Herbarius moguntinus (Mainz 1484)[Bearbeiten]

  • Im Hauptteil des „Herbarius moguntinus“ (1484) wurden nur einheimische Heilpflanzen behandelt. Jedem Kapitel war eine Abbildung beigegeben, in der die Pflanze weitgehend abstrahiert, meist aber schon mit ihren typischen Merkmalen skizziert wurde.
  • Pflanzenbeschreibungen fehlten. Eine Zuordnung der beschriebenen Art zu einheimischen Pflanzen wurde aber ansatzweise durch die Abbildungen und durch die aufgeführten deutschen Namen möglich.
  • Die Monographien waren im „Herbarius moguntinus“ nach dem A.B.C. geordnet.

Es wurden nur solche Pflanzen erwähnt, die auch medizinisch genutzt wurden.

Gart der Gesundheit (Mainz 1485)[Bearbeiten]

  • Die Abbildungen der einheimischen Heilpflanzen im Gart der Gesundheit (1485) wurden durch den Straßburger Maler Erhard Reuwich ausgeführt. Diese Abbildungen hatten noch viel von der Kraft der Abstraktion bewahrt, mit der in der Malerei der Gotik Pflanzen in ihren wesentlichen Merkmalen dargestellt wurden.
Dazu bemerkte Arnold Carl Klebs (1925, S. IX):
„We who today in our aesthetic demands are drawing away more and more from the slavish copying of nature and demand that a work of art expresses type and character, can better appreciate the didactic value of these simple drawings than the previous generation to whom the photographic appealed as the highest form of truthful representation.“ („Wir, die wir uns heute in unseren ästhetischen Ansprüchen mehr und mehr vom sklavischen Kopieren der Natur entfernen, können den didaktischen Wert dieser einfachen Zeichnungen besser schätzen als die vorhergehende Generation, für welche die Photographie die höchste Form wahrhafter Abbildung darstellte.“)
Andererseits waren diese Abbildungen so detailgetreu ausgeführt, dass die jeweils dargestellte Art sicher erkannt werden konnte. In den Kapiteln mit ausländischen Heilpflanzen waren die Abbildungen dagegen sehr nachlässig ausgeführt und zeigten nur selten ein Mindestmaß an Ähnlichkeit mit der behandelten Art.
  • Einige einheimische Kräuter wurden ansatzweise beschrieben. Beispiel: Cap. 190, „Frage ertbern. … Diß krut hait subtyel stengel vnd kortz vnd glichet der odermynge alleyn ertbern krut größer vnd breyter bletter hait. …“
  • Die Pflanzenmonographien waren im „Gart der Gesundheit“ nach dem A.B.C. geordnet.

Es wurden nur solche Pflanzen erwähnt, die auch medizinisch genutzt wurden.

Hortus sanitatis (Mainz 1491)[Bearbeiten]

  • Für den „Hortus sanitatis“ (1491) wurden die Abbildungen des Gart der Gesundheit kopiert, verkleinert und abstrahiert.
  • Im Hortus sanitatis setzten sich die spärlichen Pflanzenbeschreibungen aus den Angaben in antiken und mittelalterlichen Quellen zusammen.
  • Die Pflanzenmonographien waren im „Hortus sanitatis“ nach dem A.B.C. geordnet.

Es wurden nur solche Pflanzen erwähnt, die auch medizinisch genutzt wurden.

Hieronymus Brunschwig (Straßburg 1500)[Bearbeiten]

Brunschwig vermehrte die Anzahl der zu seiner Zeit bekannten einheimischen Pflanzen indem er auch solche erfasste, die medizinisch nicht genutzt wurden. Beispiele: Anemone nemorosa, Helichrysum arenarium, Orthilia secunda, Sambucus racemosa, diverse Wolfsmilchgewächse, diverse Weidenarten, diverse Lindenarten.

Väter der Botanik[Bearbeiten]

Otto Brunfels[Bearbeiten]

  • Otto Brunfels‘ Kräuterbücher wurden ab 1530 durch Holzschnitte des Straßburger Malers Hans Weiditz illustriert.[45] An Detailtreue und Naturnähe konnten sich Weidnitz‘ Abbildungen mit den Pflanzenabbildungen da Vincis und Dürers sowie mit den Pflanzenabbildungen auf den Tafelbildern Lucas Cranachs messen.[46] In bewundernswerter Sicherheit wurden komplizierte Blüten und Blütenstände dargestellt, deren Aufbau erst zweihundert Jahre später von den Botanikern erkannt wurde. Auch die Stellung der Deck- und Vorblätter, die Blütenhüllen der Compositenköpfchen, die in späteren Werken vielfach übersehene Drehung des Orchideen-Fruchtknotens u. v. a. waren fehlerfrei wiedergegeben. Walther Rytz bemerkte dazu (1936, S. 17):
„Wären der systematisch-botanischen Wissenschaft schon damals alle Einzelheiten, die Weidnitz mit verblüffender Sicherheit erkannte und im Bilde festhielt, bewusst geworden, sie hätte gleich zwei Jahrhunderte überspringen können.“
  • Brunfels verfasste seine Kräuterbücher zunächst in lateinischer Sprache („Herbarum vivae eicones“ 1530-1536) als Sammlungen von antiken und mittelalterlichen Quellen der Botanik und der Pflanzenheilkunde.[47] Dabei machte er den Versuch, die von den „Alten“ beschriebenen Pflanzen zu identifizieren und Ordnung in die Nomenklatur zu bringen. Brunfels‘ Pflanzenbeschreibungen orientierten sich zunächst an den Angaben der „Alten“, berücksichtigten aber auch eigene Beobachtungen und die Beobachtungen des Hieronymus Brunschwig aus dessen Kleinem Destillierbuch.
Dass die in den alten Quellen beschriebenen Pflanzen aus der mediterranen Flora mit den Pflanzen der nordeuropäischen Flora meist nicht identisch sind, war Brunfels wohl bewusst:

„So wachßent auch nit alle kreüter in allen landen / sonder in einem dißes / im anderen das. Es hat auch Dioscorides nit vff alle landt geschriben / sonder vff Kriechen landt / Galenus des gleichen sein kreüter gradiert vff Kriechen landt / vnnd zům theyl Italien / nicht vff Teütsch landt. Item wachßent auch die kreüter einander nit gleich in einem landt wie in dem anderen / sonder in einem feyßter grösszer / höher / wolryechender / basszgefärbter / in einem anderen / gelegenheyt halb des hymmels / zärter / magerer / mynder / vnkrefftiger / vnd soll wol einer ein kraut wol kennen in Teütschlandt / in Italien vnnd Grecia nit / darumb das yne die obgenanten vmbstend betriegen. Vnd thůt auch vil darzů die anzeygung deren die soliche kennen vnnd erfaren / welche dieweil sye von tag zů tag ab gat / vnd wenig seind die die kreüter recht kennen / mögen wirs nit alles erradten vsser der bücheren / vnd nemlich so die ersten abconterfeyten bücher nit meer vorhenden.[48][49]

Otto Brunfels: Contrafayt Kreüterbůch, Straßburg 1532, Vorwort, Kapitel 19.
  • Brunfels ordnete seine Pflanzenkapitel nicht wie seine Vorgänger nach dem A.B.C. Eine systematische Klassifikation wie im Kräuterbuch von Hieronymus Bock ist bei ihm aber erst ansatzweise zu erkennen.

Er vermehrte die Anzahl der zu seiner Zeit bekannten einheimischen Pflanzen indem er auch solche erfasste, die medizinisch nicht genutzt wurden.

Hieronymus Bock[Bearbeiten]

  • Hieronymus Bock verzichtete in der ersten Ausgabe 1539 seines Kräuterbuches auf Abbildungen. Er vertraute darauf, dass seine ausführlichen Pflanzenbeschreibungen Abbildungen überflüssig machten. Erst ab der Ausgabe 1546 wurde sein Kräuterbuch durch den jungen Autodidakten David Kandel illustriert.[50] Etwa die Hälfte der Holzschnitte Kandels waren stark an die Abbildungen im Kräuterbuch des Leonhart Fuchs angelehnt.
  • Bock widmete sein „New Kreütter Bůch“ „vorab gemeynem verstand“ (1539) bzw. „vorab dem gemeinen einfaltigen man“ (1546). Er schrieb in der Landessprache. In seinen Pflanzenbeschreibungen schuf Bock in Worte gefasste Bilder nicht nur eines einzigen Lebenszustandes, etwa der blühenden oder der fruchttragenden Pflanze, sondern er ließ gleichsam die Bildfolge der vollständigen Lebensgeschichte einer Pflanze vor uns abrollen.[51] Morphologische Einzelteile beschrieb er genau und er entdeckte viele übereinstimmende Formen, deren Vertreter er durch Vergleiche oder gleiche Benennungen zusammenfügte oder in seiner systematischen Anordnung zu Gruppen vereinigte.[52]
  • Er bemühte sich um eine natürliche Anordnung. Manche auffällige Gruppen, wie Hülsenfrüchtler, Lippenblütler, Doldenblütler, Kreuzblütler, Korbblütler, Gräser, treten bei ihm bereits klar hervor. [53][54]

„Vnd hab inn gedachten [Kräuter-]Büchern gemeinlich disen Proceß vnd Ordnung gehalten / Nemlich das ich alle Gewächs / so einander verwandt vnnd zů gethon / oder sonst einander etwas ähnlich sein vnd vergleichen / zůsamen / doch vnderschiedlich gesetzt. Vnd den vorigen alten brauch oder Ordnung mit dem A. B. C. wie das inn den alten Kreutterbüchern zů ersehen / hindan gestellt.“

Hieronymus Bock: Kräuterbuch 1551. Vorwort, Kapitel 14.
Bei Bock finden sich auch eingehende Angaben über Vorkommen und Fundorte. Botanische Beobachtungen hatte er im heutigen Gebiet von Rheinland-Pfalz sowie im Schweizerischen Graubünden gesammelt. Er behandelte nur Pflanzen, die er selbst gesehen hatte. Viele Gewächse hatte er in seinem Garten kultiviert und beobachtet. Mit dem Nürnberger Apotheker Georg Öllinger (1487-1557) und mit dem Zürcher Arzt Conrad Gesner tauschte er Pflanzen.[55]

Er vermehrte die Anzahl der zu seiner Zeit bekannten einheimischen Pflanzen indem er auch solche erfasste, die medizinisch nicht genutzt wurden.

Leonhard Fuchs[Bearbeiten]

  • Die Kräuterbücher des Leonhard Fuchs - „De historia stirpium“ (1542) und „New Kreuterbuch“ (1543) – zeichnen sich durch ihre naturgetreuen Pflanzenabbildungen aus, die von H. Füllmaurer und A. Meyer gezeichnet und von V. R. Speckle in Holz geschnitten wurden. Nach dem Urteil von Agnes Arber (1912, S. 175) erreichte die Pflanzenzeichnung als Kunst im Werk des Leonhart Fuchs ihren Höhepunkt. Zwar wurden in späterer Zeit, als die botanische Bedeutung der genauen Struktur der Blüten und Früchte erkannt wurde, Abbildungen hergestellt, die genauere und weiterreichende Informationen zu diesem Punkt lieferten als die Abbildungen in Fuchs Werken. Dennoch stellen nach Arbers Einschätzung die Abbildungen in Fuchs „De historia stirpium“ (1542) und „New Kreüterbuch“ (1543) den Scheitelpunkt der Art von botanischer Zeichnungen dar, welche die Pflanze umfassend als Ganzes behandeln und dabei nicht die vegetativen Organe zugunsten der reproduktiven Organe vernachlässigen.
  • Fuchs Pflanzenbeschreibungen und -klassifizierungen gehen wenig über diejenigen in Brunfels und Bocks Kräuterbüchern hinaus. Die Pflanzenbeschreibungen im „New Kreuterbuch“ sind – teils wörtlich – aus Bocks Arbeit entlehnt.[56][57]
  • Fuchs ordnete seine Pflanzenkapitel nach dem Alphabet der griechischen Pflanzennamen.[58]

Literatur[Bearbeiten]

  • Agnes Arber. Herbals. Their origin and evolution. A chapter in the history of botany 1470–1670. University Press, Cambridge 1912.
  • Brigitte Baumann, Helmut Baumann und Susanne Baumann-Schleihauf. Die Kräuterbuchhandschrift des Leonhart Fuchs. Ulmer, Stuttgart 2001.
  • Lottlisa Behling.
    • Der Hausbuchmeister – Ehrhard Rewich. In: Ztschr. F. Kunstwissenschaft, 5/1951 (3/4), S. 179-180.
    • Die Pflanze in der mittelalterlichen Tafelmalerei. Böhlaus Nachfolger, Weimar 1957.
    • Die Pflanzenwelt der mittelalterlichen Kathedralen. Böhlau, Köln / Graz 1964.
  • Johann Heinrich Dierbach (1788-1845). Beiträge zu Deutschlands Flora, gesammelt aus den Werken der ältesten deutschen Pflanzenforscher. Heidelberg 1825-1833. (Dierbach entschlüsselt die von Bock beschriebenen Pflanzen nach der modernen Taxonomie.)
  • Peter Dilg. Die Pflanzenkunde im Humanismus – Der Humanismus in der Pflanzenkunde. In: Beiträge zur Humanismusforschung. Boldt, Boppard. Bd. VI (1980), S. 113-134.
  • Hermann Fischer. Mittelalterliche Pflanzenkunde. Verlag der Münchner Drucke, München 1929.
  • Mechtild Habermann. Deutsche Fachtexte der frühen Neuzeit. Naturkundlich-medizinische Wissensvermittlung im Spannungsfeld von Latein und Volkssprache. W. de Gruyter, Berlin / N.Y. 2001.
  • Brigitte Hoppe.
    • Das Kräuterbuch des Hieronymus Bock. Wissenschaftshistorische Untersuchung. Mit einem Verzeichnis sämtlicher Pflanzen des Werkes, der literarischen Quellen der Heilanzeigen und der Anwendungen der Pflanzen. Hiersemann, Stuttgart 1969. (Grundlegende Arbeit.)
    • Naturkundliche Klassifikation in der frühen Neuzeit – Tradition und Wandlung. In: Antike Naturwissenschaft und ihre Rezeption. Colibri, Bamberg. Bd. IV (1994), S. 95-112.
    • Physiognomie der Naturgegenstände, insbesondere der Pflanzen, in der Antike und ihre Wirkung. In: Antike Naturwissenschaft und ihre Rezeption. Colibri, Bamberg. Bd. VIII (1998), S. 43-59.
  • Arnold Carl Klebs. Herbals facts and thouths. Reprint of an introduction to the Catalogue of Early Herbals from the Library of Dr. Karl Becher, Karlsbad. L'Art Ancien S.A., 7, Piazza A. Manzoni, Lugano, Switzerland. Bulletin XII. 1925.
  • Karl Mägdefrau. Geschichte der Botanik. Leben und Leistung großer Forscher. G. Fischer, Stuttgart 1973.
  • Ferdinand Wilhelm Emil Roth.
    • Otto Brunfels 1489-1534. Ein deutscher Botaniker. In: Botanische Zeitung, 58 (1900), S. 191-232. Digitalisat
    • Hieronymus Bock, genannt Tragus, (1498-1554). In: Botanisches Centralblatt 74 (1898), S. 265-271, S. 313-318 und S. 344-347 Digitalisat
    • Leonhard Fuchs, ein deutscher Botaniker, 1501-1566. In: Beihefte zum Botanischen Centralblatt 8 (1898/99). S. 161-191 Digitalisat
  • Walther Rytz. Pflanzenaquarelle des Hans Weiditz aus dem Jahre 1529. Die Originale zu den Holzschnitten im Brunfels’schen Kräuterbuch. Haupt, Bern 1936.
  • Wilhelm Ludwig Schreiber. Die Kräuterbücher des XV. und XVI. Jahrhunderts. Kommentar zum Reprint des Hortus sanitatis. Verlag der Münchner Drucke, München 1924. (S. XXX-XLII Brunfels, Bock, Fuchs)
  • Alexander Tschirch. Handbuch der Pharmakognosie. Chr. Herm. Tauchnitz, Leipzig 1910. 1. Band 2. Abteilung.(S. 835–845: Die Väter der Botanik und ihre Beziehung zur Heilpflanzenkunde.)

Weblinks[Bearbeiten]

 Wikisource: Kräuterbücher – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Bericht über die Arbeiten der Mathematisch-Physikalischen Classe der Königl. Bayrischen Akademie der Wissenschaften, Band 3, München 1810, S. 137f. Online
  2. Kurt Sprengel: Dissertatio de Germanis, rei herbariae patribus. In: Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München für die Jahre 1811 und 1812, Band 3, München 1812, S. 185–216. Online
  3. Kurt Sprengel: Geschichte der Botanik. Band 1, Brockhaus, Altenburg/Leipzig 1817, S. 258. Online
  4. Kurt Sprengel: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzneykunde. Band 3, Halle 1827, S. 45. Online
  5. a b c Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Der Apotheker als Botaniker in der Frühen Neuzeit oder: Reichtum fördert eine junge Wissenschaft. In: Sabine Anagnostou, Florike Egmond und Christoph Friedrich (Eds.): A passion for plants: materia medica and botany in scientific networks from the 16th to 18th centuries. (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Bd. 95). Stuttgart 2011. ISBN 978-3-8047-3016-8 S. 7f.
  6. Murray W. Nabors: Botanik. Pearson Studium, ISBN 978-3-8273-7231-4, S. 413.
  7. Otto Brunfels. Herbarum vivae eicones. 1532, Bd. II, De vera herbarum cognitione appendix. S. 156-165: Hieronymi Tragi Medici, Herbarum aliquot dissertationes & censurae. (Des Arztes Hieronymus Tragus [Bock] Erörterungen und Untersuchungen über Kräuter.).
  8. Otto Brunfels. Herbarum vivae eicones. 1532, Bd. II, De vera herbarum cognitione appendix. S. 129-155: Leonhardi Fuchsii annotationes aliquot Herbarum & Simplicium, a Medicis hactenus non recte intellectorum. (Leonhard Fuchs Anmerkungen über Kräuter und einfache Medikamente die von früheren Ärzten nicht richtig erkannt wurden.).
  9. F. W. E. Roth. Hieronymus Bock. 1898: S. 269.
  10. F. W. E. Roth. Leonhard Fuchs. 1898/99 S. 175.
  11. Vitus Auslasser. Herbarius depictus. 1479 Digitalisat
  12. Herbarius Moguntinus. Mainz 1484. Digitalisat
  13. Gart der Gesundheit. (Mainz 1485). Ausgabe Augsburg (Schönsperger) 1485. Digitalisat
  14. Hortus sanitatis. (Mainz 1591). Ausgabe Straßburg (Grüninger) 1497. Digitalisat
  15. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500. Digitalisat
  16. Otto Brunfels. Herbarum vivae eicones. 1532, Bd. II, De vera herbarum cognitione appendix. S.183-201: Hieronymi herbarii Argentorat. Apodixis Germanica, ex qua facile vulgares herbas omnes licebit perdiscere, coacta in seriem Alphabeticam. (Des Straßburger Kräuterkundigen Hieronymus [Brunschwig] deutsche Beweisführung, aus der die gemeinen Pflanzen leicht erkannt werden können. In alphabetischer Reihenfolge.)Digitalisat
  17. Otto Brunfels. Herbarum vivae eicones I 1530. Digitalisat
  18. Otto Brunfels. Herbarum vivae eicones II 1532. Digitalisat
  19. Otto Brunfels. Contrafeyt Kreüterbuch 1532. Digitalisat
  20. Otto Brunfels. Herbarum vivae eicones III 1536. Digitalisat
  21. Otto Brunfels. Kreüterbuch 1537. Digitalisat
  22. Hieronymus Bock. Kräuterbuch 1539. Digitalisat
  23. Leonhart Fuchs. De historia stirpium (1542) Ausgabe Lyon 1549. Digitalisat
  24. Leonhardt Fuchs. New Kreütterbuch 1543. Digitalisat
  25. Hieronymus Bock. Kräuterbuch 1546. doi:10.5962/bhl.title.8043
  26. Hieronymus Bock. Kräuterbuch 1551. Digitalisat
  27. Felix Klein-Franke. Die klassische Antike in der Tradition des Islam. Darmstadt 1980 (Erträge der Forschung, Bd. 136.), S. 9.
  28. Otto Brunfels. Kräuterbuch. Straßburg 1532, Vorwort, Kapitel 18.
  29. Castigationes Plinij Hermolai Barbari. Rom 1493 - Venedig 1493/94 – Cremona 1495, Band I.Cremona 1495, Band II.
  30. Pedanii Dioscoridis Anazarbei de medicinali materia libri quinque …, Paris 1516.
  31. Galeni librum commentaria. Basel 1536.
  32. Dioscurides-Ausgabe, Florenz 1518, nach dem „langobardischen Dioscurides“ (9. Jh., BSB cml 337 Digitalisat), zitiert nach Fischer 1929, S. 63.
  33. De Plinii et aliorum in medicina erroribus. Ferrara 1492.Brunfels 1532, Bd. II, S. 44-89.
  34. Pliniana defensio adv. Leonicenum accusationem. Ferrara 1493.Brunfels 1532, Bd. II, S. 89-116.
  35. Heinrich Schipperges. Ideologie und Historiographie des Arabismus. In: Sudhoffs Archiv, Beiheft 1, 1961, S. 4-5.
  36. Der „Spiegel der Arznei„ des Elsässer Arztes Lorenz Fries wurde von der 4. Aufl. 1529 bis zur 6. Aufl. 1532 durch Brunfels bearbeitet.
  37. Defensio medicorum princeps Auicennae, ad Germaniae Medicos. Straßburg 1530. Teilübersetzung bei: Felix Klein-Franke. Die klassische Antike in der Tradition des Islam. Darmstadt 1980 (Erträge der Forschung, Bd. 136.), S. 24-28.
  38. Leonhard Fuchs. Errata recentiorum medicorum, LX. Numero adiectis eorundem confutationibus. Hagenau 1530.
  39. Heinrich Schipperges. Ideologie und Historiographie des Arabismus. 1961, S. 22.
  40. Gerhard Baader. Mittelalter und Neuzeit im Werk von Otto Brunfels. In: Medizinhistorisches Journal, Band 13 (1978), S. 186 – 203.
  41. Gerhard Baader. Medizinisches Reformdenken und Antiarabismus im Deutschland des 16. Jahrhunderts. In: Sudhoffs Archiv, Band 63, Heft 3 (1979), S. 261 – 296.
  42. Felix Klein-Franke. Die klassische Antike in der Tradition des Islam. 1980, S. 32-43.
  43. Brigitte Hoppe. Das Kräuterbuch des Hieronymus Bock., Stuttgart 1969, S. 84-85.
  44. Eberhard Stübler. Leonhard Fuchs. München 1928, S. 76.
  45. 1930 entdeckte Walther Rytz unter aufgestapelten Herbarien des Berner Botanischen Instituts ein Herbar Felix Platters und in ihm aquarellierte Zeichnungen, die sich als Originalvorlagen des Brunfelsschen Kräuterbuchs nachweisen ließen und aus dem Jahre 1529 stammten.
  46. Behling 1957, S. 101-131; 157-163.
  47. Ab 1532 übertrug Brunfels die in seinen lateinischen Büchern dargelegten Erkenntnisse in gestraffter Form in sein deutschsprachiges „Contrafeyt Kreüterbuch“ (1532-1537).
  48. Brunfels bezieht sich hier auf Plinius, Naturalis historia, Bd. XXV, § 8, wo berichtet wird, dass der griechische Arzt Krateuas Pflanzen „in Bildern dargestellt habe.“
  49. Siehe dazu auch: Charles Singer. The herbal in antiquity. In: The journal of hellenistic studies. 47 (1927), S. 5-18.
  50. Eine 1552 unter dem Titel „De stirpium“ von David Kyber besorgte lateinische Übersetzung blieb weitgehend unbeachtet.
  51. Brigitte Hoppe. Das Kräuterbuch des Hieronymus Bock. 1969, S. 9.
  52. Brigitte Hoppe. Das Kräuterbuch des Hieronymus Bock. 1969, S. 87.
  53. Roth 1898, S. 267-269.
  54. Karl Mägdefrau. Geschichte der Botanik. 1973, S. 25.
  55. Hieronymus Bock. Kräuterbuch 1546. Buch I, Cap. 7: Dictam … Den selbigen Dictam haben Herr Georg Ollinger von Nürnberg / und D. Conrad Geßner von Zürich / denen ich höchlich dancksage … mir zugeschickt …Digitalisat
  56. Agnes Arber. Herbals. 1912, S. 124.
  57. Karl Mägdefrau. Geschichte der Botanik. 1973, S. 27.
  58. Brigitte Baumann, Helmut Baumann und Susanne Baumann-Schleihauf. Die Kräuterbuchhandschrift des Leonhart Fuchs. Ulmer, Stuttgart 2001, S. 25.