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Gericht: Techniker für Unfall nicht verantwortlich: Bordingenieur der Interflug freigesprochen

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Der ehemalige Bordingenieur der verunglückten Interflugmaschine, Manfred S., ist gestern vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Bei der Katastrophe auf dem Flughafen Schönefeld waren am 17. Juni 1989 21 Menschen getötet und 29 schwer verletzt worden. Nach Ansicht der Strafkammer 16a des Berliner Landgerichts kann dem 54jährigen Techniker eine objektive Sorgfaltspflichtsverletzung nicht vorgeworfen werden. Die Iljuschin 62 hatte bereits die Abhebegeschwindigkeit von über 220 km/h erreicht, als der Pilot den Startabbruch kommandierte. Erst kurz zuvor hatte er bemerkt, daß das Höhenruder blockiert war. Doch statt die Spoiler auszufahren und die Triebwerke auf Umkehrschub zu stellen, um das Flugzeug stark abbremsen zu können, schaltete Bordingenieur Manfred S. die Triebwerke aus. Die IL 62 raste über die Startbahn hinaus, kam erst in einem Maisfeld zum Stehen, zerbrach dort und fing Feuer. Es habe sich um eine "komplizierte und nicht mehr zu bewältigende Konfliktsituation gehandelt", sagte der Vorsitzende Richter Peter Faust. Für eine richtige Handlungskette hätte es in dieser Situation "übermenschlicher Fähigkeiten" bedurft. Die Strafkammer stützte sich dabei auf Luftfahrtgutachter, die den Vorfall als völlig "abnorm" bezeichneten. Bei jener Geschwindigkeit sei der Startabbruch kein Thema mehr, dann müsse die Maschine fliegen, hieß es. Die Pilotenanweisung habe daher ein "großes Chaos" im Kopf des Angeklagten bewirkt, so ein Mediziner. Die "Ur-Ursache" des Unfalls, so die Richter, sei der Konstruktionsfehler des Höhenruders, zudem seien Warnsignale im Cockpit nicht angegangen. Mitursache waren laut Gericht auch das für solche Notfälle unzureichend ausbildete Flugpersonal. In der mit 103 Passagieren besetzten Linienmaschine, die nach Moskau fliegen sollte, seien außerdem die Notausgänge mit Sitzen zugestellt gewesen. Eine Mitschuld wies die Kammer auch dem Flughafen zu. Entgegen internationalen Standards hatten tonnenschwere Betonklötze und Wassertanks auf der Freifläche hinter der Startbahn gestanden. Dadurch wurde eine Tragfläche der Maschine abgerissen, und Kerosin lief aus. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von 15 Monaten gefordert. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.

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