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Mai

Ein Heuriger mit Geschichte Der Steinfeldhof in Weikersdorf

Steinfeldhof, Erker mit Sgraffitogliederung (Foto: BDA)

Steinfeldhof, historische Aufnahme (Foto: BDA)

Steinfeldhof, Fassade (Foto: BDA)

Steinfeldhof, Innenhof (Foto: BDA)

Steinfeldhof, Baualtersplan (Foto: BDA)

Steinfeldhof, Saal im Obergeschoß (Foto: BDA)

Steinfeldhof, Innenraum (Foto: BDA)

Im südlichen Niederösterreich, westlich von Wiener Neustadt, liegt der Steinfeldhof in Weikersdorf, dessen Fassadenrestaurierung kürzlich abgeschlossen wurde.

Die Restaurierung der Fassade des straßenseitigen Traktes umfasste die Erneuerung des salzbelasteten Sockels sowie die Färbelung, die nach Befund und in Sumpfkalktechnik durchgeführt wurde. Die Holzkastenfenster mussten nur oberflächlich behandelt werden, indem man sie mit einem neuen Anstrich versah. 
Diesen Maßnahmen ging, wie es der Idealfall einer Restaurierung ist, auch eine bauhistorische Forschung voraus, die nun einerseits das Bauwerk für künftige Umbauvorhaben exakt dokumentieren hilft, und die andererseits den geschichtsträchtigen Steinfeldhof auf wissenschaftlicher Basis würdigt.

Erstmals erwähnt wird der Hof als fromme Stiftung: In einer angeblich 1146 ausgestellten Urkunde schenkte Markgraf Heinrich von Dunkelstein dem Altar der hl. Gottesmutter im Zisterzienserstift Rein zum Seelenheil seiner Familie unter anderem seine Höfe in Weikersdorf, mit dem Vorbehalt der Nutznießung für seine Nichte Gertrud auf Lebenszeit.
Spätestens ab 1164 lässt sich der Ausbau des Steinfeldhofs zu einem klassischen Wirtschaftshof der Zisterzienser, zu einer so genannten Grangie, nachvollziehen. Die von Laienbrüdern verwalteten Grangien dienten nach dem Prinzip der Eigenbewirtschaftung als Basis für das Leben des Stammklosters; gleichzeitig ermöglichten sie auch die nachhaltige Urbarmachung von meist abgeschiedenen Gebieten. Der „Mönchshof“ in Weikersdorf wurde bald zu einer wesentlichen Stütze der klösterlichen Weinproduktion, war die Region der Thermenlinie bis ins Steinfeld im Mittelalter doch ein Zentrum des österreichischen Weinbaus. 1217 gingen lokale Weinzehentrechte des Erzbistums Salzburg an das Stift Rein, das also einen sehr großen Wirtschaftshof betrieben haben dürfte.
Im Jahr 1311 wurde die Grangie an Private verpachtet. Nach der Gründung eines Zisterzienserklosters in Wiener Neustadt 1444 durch König Friedrich IV. und dessen Besiedlung durch Mönche aus dem Stift Rein kam die Grangie an dieses „Neukloster“. 1558 wurde der Gutshof gemeinsam mit 7 Dorfhäusern an Johann Ernst Graf von Hoyos verkauft.

Der weithin sichtbare Hof liegt im Ortszentrum, nahe dem Beginn des Dreiecksangers, dessen Gegenpol die Pfarrkirche bildet, benachbart der alten Durchfahrtsstraße von Wien in die Steiermark. Aufgrund späterer Parzellierungen lässt sich die einstige Ausdehnung des klösterlichen Wirtschaftsareals nicht mehr erschließen. Ein Vergleich mit der großflächig erhaltenen Grangie des Stifts Lilienfeld in Pfaffstätten deutet jedoch auf eine einst weitläufige Anlage, wohl mit zentralem Sakralbau, hin.
Der im Jahr 2008 restaurierte Straßentrakt enthält sehr alte Bausubstanz, wobei  die Baugeschichte im Spätmittelalter unklar ist. Es kann sein, dass es nach der Übernahme durch das Wiener Neustädter Neukloster 1444 zu größeren Adaptierungsarbeiten kam. Das heutige Aussehen geht jedoch auf einen umfangreichen Ausbau nach der Übernahme durch die Grafen Hoyos im Jahr 1558 zurück. Offenbar entkernte man den Baukörper komplett, um ihn in Raum- und Geschoßeinteilung völlig neu zu strukturieren.

Das Hauptgebäude erstreckt sich mit seiner Längsseite parallel zur Straße. Östlich schließt stark zurück springend die hohe Hofmauer mit breitem, gefastem Rundbogenportal sowie kleiner Fußgängerpforte an. Aus dem 15. Jahrhundert datieren die zwei rahmenden Stufengiebel, die auf kleinen gefasten Konsolsteinen ansetzen. Farblich dekoriert wurden die Giebel erst später. Die Fassade geht wohl auf mehrere Gestaltungsphasen vom 16. bis ins 18. Jahrhundert zurück. Dominant sind die beiden Flacherker, die, auf hölzernen Konsolen sitzend, durch Stuckbänder und Fensterbänke strukturiert sind. Am straßenseitigen Erker wurde 1971 eine reiche Sgraffitogliederung befundet und rekonstruiert. Der zweite Erker zeigt analog zum Hauptbau eine gräulich aufgesetzte Eckquaderung. Weiters wird die Fassade neben der sandfarbenen Nullfläche durch dreifärbig bunt aufgesetzte Bänder, Eckquaderungen und Fensterrahmen gegliedert, wobei die dunkelorangen Teile analog zu den veränderten Kastenfenstern wohl erst aus später Zeit stammen.

Der Steinfeldhof zeigt eine komplexe Baugeschichte vom großformatigen Haupthaus einer hochmittelalterlichen Zisterziensergrangie über einen spätgotischen Wirtschaftsbetrieb bis hin zum renaissancezeitlichen Herrenhaus eines überregional bedeutenden Adelsgeschlechts. Das seit 1628 Steinfeldhof genannte Gut befindet sich seit diesem Jahr in Familienbesitz. Seitdem führt die Familie Kogelbauer/Laferl in der historische Bausubstanz auch die Tradition des Weinbaus und des Heurigenbetriebs weiter.


Literatur:
Peter Csendes, Die Straßen Niederösterreichs im Früh- und Hochmittelalter, Wien 1969.
Dehio Niederösterreich südlich der Donau, Horn-Wien 2003.
Patrick Schicht, Der Steinfeldhof in Weikersdorf, ein Heuriger mit Geschichte, Bauforschung 2009, in Druck.
Maximilian Weltin, Geschichte von Dunkelstein, in: Karin und Thomas Kühtreiber, Christian Mochty, Maximilian Weltin, Wehrbauten und Adelssitze Niederösterreichs, Bd. 1 – Das Viertel unter dem Wienerwald, St. Pölten 1998, S. 58f.

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