Transportmedien

Ausgabe 03/2008 00:01 Alter: 8 yrs
Kategorie: Transportmedien

Kreativität contra Norm

Mit zwei Pilotprojekten für Totalbranding erringen Vermarkter von Taxiwerbung einen weiteren Sieg bei der Entwicklung gestalterischer Freiräume für ihr Medium.


Ausnahmeerscheinung: Totalbranding sorgt für starke Eyecatcher im Straßenbild, ist aber bisher nur in wenigen Bundesländern generell möglich.

Erfolg macht einsam, heißt es, aber das kann auch ausgesprochen positive Seiten haben. In der Taxiwerbung führt jedes den Behörden erfolgreich abgerungene Zugeständnis für eine neue Werbeform zunächst zu Einzelexemplaren, die umso größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit genießen. Zuletzt zum Beispiel in Hamburg: Eine komplett folierte Mercedes E-Klasse in hanseblau war Flaggschiff einer Taxi-Werbeflotte, die die Holsten AG als Exklusiv-Partner des Hamburger Sport-Vereins (HSV) im Mai mit Dachwerbung auf die Straßen schickte. Die Brauerei nahm dabei das "Nordderby" zwischen HSV und Werder Bremen zum Anlass, um "frische Formen des Sportsponsorings" zu erproben, und konnte sich über eine enorme Resonanz freuen. "Das Feedback besonders für das Totalbranding hat uns selbst überrascht, und das bei nur einem Fahrzeug für kurze Zeit", berichtet Ralf Johansson vom Vermarkter Taxi-AD, der die Aktion im Auftrag von Holsten realisierte.

Geduldiges Ringen  mit Behörden
Vor einem Jahr war Totalbranding, das heißt die komplette Gestaltung des Fahrzeugs inklusive des Dachwerbeträgers in der Taxiwerbung noch ein Wunschtraum, lediglich am PC zum Leben zu erwecken. Inzwischen hat es immerhin zwei Pilotprojekte gegeben. Vor der Holsten-Kampagne hatte Taxi-AD bereits im Dezember 2007 für die Mercure-Hotels das erste Totalbrandings eines Taxis in Deutschland durchgesetzt. Einmal mehr zeigte sich hier Baden-Württemberg als besonders aufgeschlossen, wenn es um innovative Taxiwerbung geht. Denn grundsätzlich entscheiden Länder, Städte und Kommunen selbst, welche Werbeformen sie generell oder ausnahmsweise, im Allgemeinen oder als Einzelfall zulassen. Schleswig-Holstein hat die Farbwahl von Taxen in Form einer Allgemeinverfügung freigegeben, hier ist also – ebenso wie im Saarland und in Baden-Württemberg – erlaubt, was gefällt. Die Anbieter hoffen, dass dadurch bundesweit mehr Bewegung in diesen Prozess kommt, nicht zuletzt dank der aktiven Unterstützung durch die Taxiunternehmen, die ihrerseits auf zusätzliche Werbefläche und freie Farbwahl drängen. Jede bundesweit verfügbare Taxi-Werbemöglichkeit, ob innen oder außen, hat ihren eigenen, oft langen und gewundenen Entstehungsweg durch deutsche Amtsstuben. So trat beispielsweise im Jahr 2000 das Unternehmen Taxi-AD mit der Idee auf den Markt, Werbeflächen auf Dachträgern zu vermarkten, und brauchte anschließend Jahre, um den heutigen bundesweiten Bestand mit Zugriff auf
15.000 Fahrzeuge in 36 deutschen
Städten aufzubauen. Vergleichsweise jung ist auch die Möglichkeit, vom ehemals gesetzlich vorgeschriebenen Standardwerbeformat auf den Fahrzeugseiten abzuweichen; das Format DoorCover bietet nun die fast vier Mal größere Werbefläche inklusive Seitenscheibenbeklebung. 2007 konnten WindowAds erstmals eingesetzt werden, um das von Bussen und Bahnen bekannte Verfahren zur Einbeziehung von Fensterflächen auch auf Taxen umzusetzen.

Jubiläum für CreaCar und PT Werbung
Angesichts dieser Entwicklung lohnt es sich zu besonderen Anlässen zurückzublicken und sich zu seiner Leistung im jahrelangen Genehmigungsmarathon gratulieren zu lassen. Ein solcher Anlass bietet sich in diesen Tagen: Innerhalb weniger Wochen feiern gleich zwei führende Unternehmen der Taxiwerbung ihr 20jähriges Bestehen. Am 18. Juli 1988 gründeten Wichard Florijn und Horst Menden die Creative Car Gesellschaft für Werbeflächenvermittlung, am 8. August desselben Jahres riefen Nordika und Detlef Zeich die Spezialagentur PT Werbung in Essen ins Leben. Den einen wie den anderen ist es gelungen, die Taxiwerbung aus der lokalen beziehungsweise regionalen Vermarktung herauszuführen und sich als bundesweite,
inzwischen auch internationale Anbieter zu etablieren.

Neue Herausforderungen
Auf die "Jubilare" warten bereits wieder neue Herausforderungen. PT Werbung / Taxi Media wird in diesen Tagen eine elektronische Variante der Kopfstützenwerbung mit interaktivem Touchscreen in Deutschland auf den Markt bringen. Dazu hat die Agentur vor etwa einem Jahr ihre Zurückhaltung gegenüber der Dachwerbung aufgegeben und verbreitet nun ihrerseits ein entsprechendes System "nach Bedarf des Marktes" und als Ergänzung zu den anderen Produkten der Taxiwerbung. CreaCar und Kooperationspartner Taxi-AD arbeiten zur Zeit an der Möglichkeit zur Beleuchtung der Dachwerbeträger, um deren Einsatzmöglichkeiten weiter zu vergrößern. Mit einer wissenschaftlichen Studie der Universität Karlsruhe konnten sie den Einwand einer möglichen Verkehrsgefährdung durch die Beleuchtung bereits entkräften, dennoch liegt bisher innerhalb Deutschlands keine Genehmigung zum Betrieb eines solchen Werbeträgers vor. Komplettfolierung und Totalbranding bleiben ein wichtiges Thema, über kurz oder lang soll diese Werbeform als Standard-Angebot in ganz Deutschland etabliert werden. Darüber hinaus baut Taxi-AD sein internationales Partnernetzwerk weiter aus und will nicht nur die Präsenz im Ausland vergrößern, sondern auch das Angebot der dort jeweils möglichen Werbeformen.
Karin Winter

SCHON GEWUSST?
In Deutschland gibt es fast 60.000 Taxen, davon stehen rund 20.000 für die Belegung mit verschiedenen Werbeformen auf der Außenfläche und im Innenraum zur Verfügung.