Wie schon Mitte letzten Jahres angekündigt, lief im Oktober die Fernsehserie zu
TAKAHASHI Rumikos aktuellem Manga Inu-Yasha an. Nachdem nun einige Folgen
ins Land gegangen sind, ist es Zeit für eine genauere Betrachtung.
Inu-Yasha
TV-Serie, ©2000, Sunrise, Yomiuri TV, Nihon TV
Produktion: TOMIOKA Hideyuki, IWATA Mikihiro
Regie: IKEDA Masashi
Charakterdesign: HISHINUMA Yoshihito
Künstlerische Leitung: IKEDA Shigemi
Schnitt: TSURUBUCHI Tomoaki
Vertonung: TSURUOKA Youta
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Was die Handlung angeht, so gibt es, zu Anfang jedenfalls, nicht viele Überraschungen: Man
hält sich eng an die Vorlage, es werde nur einige Dinge ausführlicher behandelt als im Manga,
andere dafür kürzer. Was aber nach einigen Folgen sehr deutlich auffällt: Inu-Yasha ist
insgesamt wesentlich kompakter als man es von Fernsehserien, erst recht von Umsetzungen
eines Takahashi-Mangas, gewohnt ist. Damit meine ich folgendes: Die Fernsehserie hat nach
acht Folgen schon die Handlung von mehr als zwei Tankoubon abgehandelt, während man z.B. bei
der Animefassung von Maison Ikkoku aus 15 Tankoubon knapp 100 Fernsehfolgen fabrizierte, also
fast doppelt so viele Folgen pro Mangaband! Dies ist offensichtlich ein Aspekt des schon seit
einiger Zeit andauernden Trends zu kürzeren Fernsehserien: Früher betrug die absolute
Mindestlänge einer Anime-Fernsehserie 26 Folgen, inzwischen gibt es immer mehr Serien mit
nur 13 Folgen, denn eine kürzere Serie bedeutet für das Produktionsstudio ein geringeres
finanzielles Risiko im Falle eines Flops. Bei Inu-Yasha äußert sich dies in einem auch beim
Ansehen spürbar höheren Tempo der Geschichte: Ruhige Momente gibt es selten, und die sonst
so berüchtigten zeitschindenden Füllepisoden, in denen unbedeutende Nebenhandlungen langwierig
ausgewälzt werden, überhaupt nicht. Ersteres bedeutet aber nicht, daß der Anime hektisch oder
oberflächlich wäre, und letzteres fällt (mir zumindest) ausgesprochen positiv auf.
Etwas, das nur bei genauerem Hinsehen auffällt: Die im Manga nicht gerade seltenen Gewaltszenen
wurden etwas entschärft. Als z.B. der von einem Krähendämon gesteuerte Banditenführer aus
Ungeschicklichkeit seine eigenen Leute tötet, ist die "Kameraperspektive" so gewählt, daß
Blut und rollende Köpfe nicht direkt zu sehen sind - vermutlich eine Reaktion auf die in
jüngster Zeit stark zunehmende Zahl an jugendlichen Gewalttätern in Japan, die eine lebhafte
Diskusssion über die Rolle der Medien in dieser Entwicklung hervorgerufen hat. Kennen wir
das nicht irgendwo her?
Und noch etwas ist unübersehbar: Der Einsatz von Computergrafik zur Unterstützung traditionell
gezeichneter Animation ist alltäglich geworden, und man beherrscht dieses Werkzeug inzwischen
gut genug, um es auch unauffällig einsetzen zu können. In Inu-Yasha, so wie auch in anderen
aktuellen Serien, wird die Computergrafik hauptsächlich für Dinge wie Lensflares (Reflexion
des Sonnenlichts im Kameraobjektiv, die im Bild helle, sternförmige Strahlen und Flecken
erzeugt) und Bewegungsunschärfe verwendet, die wenig Arbeitsaufwand erfordern. Die Animation
an sich ist hingegen eher durchschnittlich. Zu Anfang gab es zwar einige durchaus spektakuläre
Kampfszenen, doch nach einigen Folgen scheinen mir diese verschwunden zu sein, wohl aus
Budgetgründen. So bewegt sich die Animation nur auf leicht überdurchschnittlichem Fernsehniveau,
wobei es aber zumindest keine Ausreißer nach unten gibt. Die Charakterdesigns von Inu-Yasha
weichen etwas von den traditionellen Takahashi-Designs ab, sind weniger rund, doch die
Unterschiede sind (wie Ihr selbst sehen könnt) wirklich nicht groß.
Eine durchgehend gute Leistung bieten die Synchronsprecher, allen voran natürlich YAMAGUCHI
Kappei, der auch den männlichen Ranma spricht: Seine rauhe Stimme bringt den aufbrausenden
Charakter des Hundedämons ausgezeichnet zur Geltung. Kagome wird von YUKINO Satsuki (u.a.
Sylia in Bubblegum Crisis 2040) gesprochen, die ebenfalls keine Schwächen zeigt. Die
musikalische Untermalung des Anime ist gelungen. Vor- und Abspannmusik stammen von Popbands
("V6", bzw. "dream") und sind eher Durchschnittsware.
Alles in allem ist die Inu-Yasha Fernsehserie eine gelungene, weitgehend originalgetreue
Umsetzung des Manga, die auch die eher düstere Atmosphäre der Vorlage recht gut herüberbringt;
wer keine überzogenen Erwartungen hat, dürfte nicht enttäuscht werden.
Abschließend sollte man vielleicht noch eine interessante Entwicklung erwähnen, die durch
diesen Anime erstmals deutlich sichtbar wurde: Das Internet ist dabei, auch die Fansub-Szene
zu revolutionieren. So standen die einzelnen Folgen der Serie teilweise binnen zwei Wochen
nach ihrer erstmaligen Ausstrahlung in Japan schon fertig untertitelt zum Download bereit.
Für Normalsterbliche mit ISDN oder gar Analogmodem natürlich nicht wirklich nutzbar, aber
es reicht ja, wenn der Freund eines Freundes einen schnellen Zugang und einen CD-Brenner
hat. Hier liegt zweifelsohne die Zukunft.
Michael B.
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