Die Wurzeln

Der Deutsche Orden ist durch seine Staatsgründung in Preußen, dem an der Nordflanke das nicht ganz so fest gefügte Livland sich anschloß, in die Weltgeschichte eingegangen.

   Marienburg an der Nogat

 

Marienburg an der Nogat

An Preußen denken viele, wenn sie vom Deutschen Orden sprechen. Aber an seiner Wiege hat nicht die Ostsee, sondern das Mittelmeer gerauscht. Er ist als Kind der Kreuzzüge im Heiligen Land entstanden. Dort hat er Fuß gefaßt und sich ausgebreitet, bevor er nach Europa kam.

Geschichtlicher Hintergrund

Das Land, in dem Christus geboren wurde und wo er starb, fiel im Jahre 638 in die Hände des Islam und blieb bis zum ersten Kreuzzug in dessen Besitz. Obwohl der Islam das Heilige Land beherrschte, waren die heiligen Stätten Palästinas für Christen doch zugänglich. Viele individuelle und organisierte Gruppenpilgerreisen zum Heiligen Grab in Jerusalem fanden statt. Nicht nur Pilger, auch Kaufleute aus fast allen christlichen Ländern des Westens kamen vor den Kreuzzügen nach Palästina, um mit Kaufleuten des Ostens Handel zu treiben.

Ein dringliches Problem für Pilger und Kaufleute war die Unterkunft in Jerusalem, vor allem für jene, die krank wurden. Daher wurden Hospitäler für deren Unterkunft errichtet. Im Stadtviertel Jerusalems, wo sich das Heilige Grab befindet, wurde ein Komplex religiöser Hospize errichtet. Diesem Hospitaldienst widmete sich vor allem der 1099 gegründete Johanniterorden. Mit der Errichtung des lateinischen Königreiches Jerusalem im Jahr 1099 mußten die Christen zudem die Pilgerscharen, die ins Heilige Land kamen, beschützen. Zu diesem Zweck entstand vor allem auch der Templerorden.
Nach der Eroberung Jerusalems 1099 kamen auch viele deutschsprachige Pilger und Kaufleute in die Heilige Stadt, nur wenige von ihnen konnten Lateinisch oder Arabisch. Daher baute ein deutsches Ehepaar, wohl Kaufleute, im Jahre 1118 mit eigenen Mitteln ein Hospital, in dem Pilger aus dem deutschen Sprachraum Unterkunft fanden, sowie eine Kapelle, die der Gottesmutter Maria geweiht wurde. Mit dem Verlust von Jerusalem 1187 ging dieses Hospital unter.

Gründung der Hospitalsbruderschaft

Nach dem Fall Jerusalems rüsteten die europäischen Herrscher zum dritten Kreuzzug. Mit dem 1. September 1189 kam ein Kontingent von deutschen Kreuzfahrern auf 55 Schiffen im Hafen von Akkon, der Hafenstadt westlich vom See Genezareth, an und bereitete sich darauf vor, dem König von Jerusalem bei der Belagerung der Stadt zu helfen.

     Lazarett   
  Lazarett  

Unter ihnen waren auch Männer aus Bremen und Lübeck, die unter der Leitung eines gewissen Sibrand in der Nähe des St. Nikolaus-Friedhofes zwischen einem Hügel und dem Fluß ein Hospital für die Verwundeten errichteten, indem sie ein Schiffssegel als Obdach benutzten. Über einen Monat führten sie ihre Arbeit als gute Samariter aus, bis Friedrich, Herzog von Schwaben und Elsaß, kam, um den Oberbefehl über die Reste von Friedrich Barbarossas Heer zu übernehmen.Bald danach kehrten die Kreuzfahrer aus Bremen und Lübeck nach Deutschland zurück. Auf Drängen Herzog Friedrichs und anderer Adeliger des deutschen Heeres übergaben sie jedoch vor ihrer Abreise das Hospital Friedrichs Kaplan Konrad und seinem Kämmerer Burkhard.

   Akkon
  Akkon

Aus dem Feldlazarett sollte eine bleibende Einrichtung, ein Hospital, werden. Konrad und Burkhard entsagten der Welt und widmeten sich dem Hospital, indem sie die evangelischen Räte Keuschheit, Gehorsam und Armut gelobten. Idealgesinnte schlossen sich ihnen an. Nach der Eroberung der Stadt Akkon kauften sie einen Garten vor dem Nikolaustor innerhalb der Stadtmauern. Hier erbauten sie ein Hospital mit einer Marienkirche. Nach der Wiedereroberung des Heiligen Landes hofften sie wohl, das Hospital nach Jerusalem verlegen zu können. Die neue Hospitalsbruderschaft nannte sich daher "Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem" (fratres domus hospitalis sanctae Mariae Teutonicorum in Jerusalem). Noch im Herbst 1190 wurde das Hospital von König Guido reich beschenkt.

Kirchliche Anerkennung

     Papst Cölestin III. und das schwarze Kreuz   
  Papst Cölestin III. und das schwarze Kreuz  

Herzog Friedrich, Barbarossas Sohn und Nachfolger in der Führung des deutschen Ritterheeres, bemühte sich, für das Hospital die päpstliche Bestätigung zu erwirken. Bereits am 6. Februar 1191 gewährte Papst Clemens III. dem Akkoner Feldspital mit der Hospitalbruderschaft und allen Gütern den päpstlichen Schutz. Mit dieser päpstlichen Bestätigung kann der eigentliche Gründungsvorgang der deutschen Hospitalgemeinschaft von Akkon als abgeschlossen betrachtet werden. Das Ideal der Bruderschaft war, den hilfsbedürftigen Menschen um Christi willen in selbstloser Liebe zu dienen. Als Lebensregel dienten ihnen die Ordenssatzungen der Johanniter. Papst Cölestin III. bestätigte am 21. Dezember 1196 dem Akkoner Hospital seine gegenwärtigen und zukünftigen Besitzungen und gewährte wesentliche Ordensprivilegien, wodurch die Hospitalgemeinschaft in vielen Punkten den übrigen Orden gleichgestellt wurde; die Exemption erfolgte jedoch erst später.

Erhebung zum Ritterorden

Im Jahre 1197 sollte ein großer Kreuzzug unter Kaiser Heinrich VI. stattfinden. Mehr als 20 geistliche und weltliche Fürsten des Kaiserreiches eilten dem Monarchen voraus. Als dieser im September 1197 starb, löste sich das Kreuzheer auf. Die deutschen Fürsten beschlossen aber vor ihrer Abreise aus Palästina, die deutsche Bruderschaft vom Hospital in Akkon in einen Ritterorden zu verwandeln zum Schutz der Pilger im Heiligen Land. Das geschah im Frühjahr 1198 in einer großen Versammlung in Akkon.

Die deutschen Fürsten sowie die Prälaten und Barone von Palästina entschieden einstimmig, daß das deutsche Hospital in der Pflege der Armen und Kranken nach der Regel der Johanniter leben sollte; die priesterliche, ritterliche und übrige Tätigkeit hingegen sollte nach der Regel der Templer ausgerichtet werden. Papst Innozenz III. bestätigte am 19. Februar 1199 die Umwandlung in einen Ritterorden und die Verleihung der Johanniter und Templerregel für die Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, gewöhnlich in Kurzform "Deutscher Orden" genannt. Die Ritter- und Priesterbrüder bekamen den weißen Mantel mit dem schwarzen Kreuz.

Durch die Erhebung zum Ritterorden erfuhr die Pflege der Armen und Kranken keine Minderung; in der übermächtig werdenden Not der Zeit wurde ihm zusätzlich die Aufgabe zugewiesen, den christlichen Glauben gegen die Feinde Christi zu schirmen. Papst Honorius III. gewährte am 1. Oktober 1218 den Brüdern des Hospitals St. Mariens in Jerusalem die Exemption von der Gerichtsbarkeit der Ortsbischöfe. Durch diese Freiheit erfolgte für den Deutschen Orden der letzte Schritt zu einem Orden im Vollsinn des Wortes. Mit 9. Januar 1221 wurde der Deutsche Orden durch Papst Honorius III. mit den beiden älteren Ritterorden der Johanniter und Templer rechtlich gleichgestellt.

Rasche Ausbreitung

Der selbstlose Einsatz der Mitglieder der jungen Ordensgemeinschaft für die leidenden und bedürftigen Menschen und ihre Tapferkeit im Schutz des christlichen Glaubens lösten bald eine Fülle von Schenkungen an sie aus und damit die rasche Ausdehnung des Ordens über den Mittelmeerraum und die benachbarten Länder. Das erste Haus wurde in Akkon errichtet wenige Wochen nach der Eroberung der Stadt.

   Akkon
  Akkon

Bis 1196 entstanden fünf weitere Häuser im Heiligen Land: in Gaza und Jaffa, Ascalon, Rama und Zamsi.
1197 zogen die Ordensbrüder in Barletta und Palermo ein, den wichtigen Kreuzfahrerhäfen in Süditalien und Sizilien. Der Deutsche Orden begann sich erstaunlich rasch auszubreiten, im Orient wie im Abendland. Von 1200 bis 1300 entstand fast jährlich eine Kommende - so hießen die Häuser des Ordens -‚ öfters zwei, ja sogar auch drei bis vier. Es entstanden Kommenden und Hospitäler im Heiligen Land und in Zypern, Griechenland und Italien, Spanien und in den Niederlanden, im Römisch-Deutschen Reich und im baltischen Raum. So zählte der Orden um 1300 rund 300 Kommenden von der Düna bis fast zum Atlantischen Ozean, von Schweden bis zur Südspitze Europas.
Die Ausbreitung des Ordens kann hier nur kurz skizziert werden. 1199 wurde der Grund zur Kommende Sonntag in der Steiermark gelegt, 1200 das Spital zu Halle an der Saale in Thüringen erbaut, 1202 das zu Bozen, 1204 entstand die Kommende in Prag und wohl auch in Wien. 1206 wurde das zweite Haus in Sizilien, in Polizzi, 1207 das in Reichenbach in Hessen errichtet; 1209 erfolgte der Einzug in Griechenland, im selben Jahr in Nürnberg in Franken, 1210 in Bayern mit den Häusern zu Aichach und Regensburg und 1211 ins Burzenland in Ungarn. 1218 entstanden die ersten Häuser im heutigen Belgien und Holland, um 1225 in der heutigen Schweiz und 1228 in Frankreich, 1230 endlich hielt der Orden seinen Einzug in Preußen und 1237 in Livland.

Im Heiligen Land arbeitete Hermann von Salza auf Eroberung großer, geschlossener Komplexe hin, weil solche allein die wirtschaftlichen Mittel und auch die Mannschaften für den fast pausenlosen Kampf mit dem Islam liefern konnten. 1200 gewann er das Hinterland von Akkon und errichtete hier wenig später die Burg Montfort (Starkenberg).

     Montfort   
  Montfort

 

Ein noch größeres Gebiet wurde hinter Tyrus gewonnen ein drittes in Armenien, wo 1212 die Burg Amuda, 1236 die Stadt Harunia mit vier Abteien und 19 großen Landgütern an den Orden kamen. Der Ordensbesitz hinter Tyrus zählte 42 Ortschaften, jener bei Montfort 50 große Landgüter. Als 1229 Jerusalem den Christen zurückgegeben wurde, erhielten die Brüder das alte deutsche Hospital in Jerusalem geschenkt, das sie 1244 wieder verlassen mußten, als die Stadt verlorenging. Nur 15 Jahre war der Orden in Jerusalem seßhaft. 1271 mußten die Brüder Montfort vor einem Minenangriff räumen. Im Jahre 1291 ging auch Akkon, das letzte Bollwerk verloren und wie der Rest der Kreuzfahrer verließen auch die Ritter des Deutschen Orden das Heilige Land. Die Zukunft des Ordens, lag nunmehr endgültig im Ostseegebiet - außerhalb des Landes, in dem er ein Jahrhundert zuvor gegründet worden war.

nach oben

<  zurück
 
 
Marienburg