Von den Neandertalern zu den Langobarden
Altsteinzeit     Jungsteinzeit    Bronzezeit    Eisenzeit

Die Bronzezeit (1800 - 800 v. Chr.)

Bereits in der älteren Lüneburger Bronzezeit kommt es im Ilmenaugebiet zur Herausbildung einer eigenen Gruppe, die sich in Tracht und Bewaffnung deutlich von anderen Regionen abhebt.

Der bekannteste Fund der bronzezeitlichen Lüneburger Gruppe stammt jedoch aus der mittleren Bronzezeit.

Die Schmucktracht der sog. "Dame von Deutsch Evern" wurde in Grabhügel Nr. 17 der ehemals aus über 50 Hügeln bestehenden Gräbergruppe auf dem Wandelfeld in Deutsch Evern entdeckt. Die Belegung dieser Nekropole dauert von der mittleren Bronzezeit bis in die frühe Eisenzeit hinein an.

Das Inventar aus Bestattung IV des Grabhügels 17 von Deutsch Evern steht bis heute - neben einer 1991 entdeckten, nur wenige Kilometer von Deutsch Evern entfernt ausgegrabenen Frauenbestattung in der Gemarkung Heiligenthal (Assendorp 1992, S. 51f.) - eine der vollständigsten Schmucktrachten der mittleren Bronzezeit dar. Haarknotenfibel

Zur Grabausstattung der "Dame von Deutsch Evern" gehört eine Haarknotenfibel der Ostgruppe mit breitem ovalem Bügel, ein Satz von Halsringen mit schrägem Leiterbandmuster, eine große Spiralplattenfibel mit Kreuzbalkenkopfnadel, paarweise getragenem Armschmuck und vier Beinringe mit einem dreifachen Spitzovalbogenmuster. Die Frauentrachten vom Typ Deutsch Evern bieten insgesamt einen recht uniformen Eindruck.

 Halskragen aus der Bronzezeit
Halskragen aus der Bronzezeit
Da der Arm- und Beinschmuck seinen Trägerinnen zu Lebzeiten bereits angeschmiedet worden war, lassen sich anhand seines Verbreitungsbildes auch verwandtschaftliche Beziehungen (etwa durch Heirat) nachweisen, da dieser Schmuck nur am Körper der Trägerinnen in entlegene Gebiete gelangen konnte. Eine zusätzliche Stütze erfährt diese These durch die deutlich sichtbaren Abschleifspuren auf der Innenseite dieser Schmuckstücke, was darauf hindeutet, daß sie lange am Körper getragen wurden.

Zuvorderst im Grabhügel 17 wurde die Bestattung eines Mannes angetroffen. Unterhalb dieser Bestattung lagen zwei Frauengräber, die nun ihrerseits von zwei Männerbestattungen eingerahmt wurden. Der Ausgräber Gerhard Körner hielt es für möglich, daß es sich bei dem geschilderten Befund um einen Beleg für den Brauch einer Totenfolge handelt, d. h., daß alle übrigen Toten der ersten Leiche in das Grab zu folgen hatten und bei deren Beisetzung getötet wurden (Körner 1959, S. 3ff.).

Neue Befunde haben an dieser Interpretation jedoch Zweifel aufkommen lassen. So konnte bei der Ausgrabung eines Grabhügels bei Vierde, Ldkr. Soltau-Fallingbostel, mit mehreren Bestattungen gezeigt werden, daß diese erst nach der Beisetzung des Zentralgrabes und der Aufschüttung des Grabhügels bestattet wurden. Daß es sich bei diesen Gräbern um Nachbestattungen handelte, belegen die Spuren der nachträglichen Eingrabung, die sich noch im Befund dokumentieren ließ (Assendorp 1984, S. 71ff.).

In Grabhügel 5 aus Buendorf bei Dahlenburg fanden sich die Überreste zweier Bestattungen. Da eine sorgfältige Grabungsdokumentation fehlt, läßt sich heute nicht mehr entscheiden, ob das vorzeitige Ableben der beiden hier beigesetzten Personen auf denselben Schicksalsschlag zurückzuführen ist.

Bestattung 1 enthielt Bruchstücke einer Haarknotenfibel der Ostgruppe (3014/15), zwei Halsringe mit ovalem Stabquerschnitt und schrägem Leiterbandmuster (3005/06), zwei längsgerippte Manschettenarmbänder (3003-04), und vier Lüneburger Beinringe (3007-10) mit dreifachem Spitzovalbogenmuster. Da die Schmuckstücke der Schmuckausstattungen vom Typ Deutsch-Evern in der Mädchentracht der Lüneburger Heide unbekannt sind, liegt es nahe, an die Tracht einer verheirateten Frau zu denken.

Die zweite Bestattung aus diesem Grabhügel, ein Kindergrab, enthielt nur das Bruchstück eines Armringes (3013) und zwei Lüneburger Armringe (3011/3012), die in diesem Fall als Beinringe benutzt wurden. Es handelt sich hier um eine Mädchentracht. Man wird nicht fehlgehen, die zweite Bestattung dieses Hügels als ihr Kind anzusehen.

Aus dem Raume Dahlenburg liegen bis dato eine ganze Reihe von Bronzefunden vor, bei denen die genauen Fundorte nicht exakt lokalisierbar sind.

Sog. geflügelte Pfeilspitzen, die aus Feuerstein hergestellt worden sind.
Sog. geflügelte Pfeilspitzen, die aus Feuerstein hergestellt worden sind.
Diese kamen durchaus noch in der Bronzezeit vor.

Ganz offensichtlich war der Besitz von Bronzeschmuck und -waffen auch eine Statusfrage. In der Lüneburger Gegend waren die zur Herstellung von Bronze benötigten Materialen Kupfer und Zinn Importwaren, die von weither beschafft werden mußten. Innerhalb der bronzezeitlichen Lüneburger Gruppe lag ein Kunststil vor, der bei der Schmuckherstellung einen Bronzereichtum vortäuschte, der tatsächlich nicht vorhanden war. So trug man hier mit Rippen geschmückte, aus einem Stück gefertigte Halskragen, die den Eindruck erweckten, die Trägerin trüge mehrere Ringe übereinander am Hals (Laux 1971, S. 153).

Spiralplattenfibel mit Kreuzbalkenkopf aus Grabhügel 17
der Gräbergruppe aus Deutsch Evern.

Spiralplattenfibel mit Kreuzbalkenkopf aus Grabhügel 17 der Gräbergruppe aus Deutsch Evern

In dem mehrperiodigen Grabhügel 17 aus Deutsch Evern fand sich eine Männerbestattung in einer lockeren Steinsetzung, die ehedem einen Baumsarg verkeilen sollte. Neben einer Nadel vom Typ Deutsch Evern wurde auch eine herzförmige Pfeilspitze aus Flint gefunden.

In Hügel 20 derselben Gräbergruppe auf dem Wandelfeld wurde sowohl im Neolithikum als auch in der mittleren Bronzezeit bestattet. Im Zentrum von Hügel 20 fand sich die Bestattung IV, ein West-Ost ausgerichtetes Grab, das noch 1,5 m in den gewachsenen Boden eingetieft worden war. Die Grabbeigaben lagen auf einer pflasterartig gelegten Plattenschicht. Gefunden wurde eine kleinköpfige Nadel vom Typ Deutsch Evern und zwei herzförmige Pfeilspitzen (162/63:67). Die Bestattung datiert in die mittlere Bronzezeit. Bedeckt war das Grab von einer Steinpackung aus größeren Feldsteinen. Zwischen den Steinen dieser Packung wurde ein tönerner Spinnwirtel angetroffen.

Da in der Lüneburger Gruppe Pfeilspitzen aus Feuerstein nicht zu den üblichen Beigabenausstattungen der Männer in der mittleren Bronzezeit gehören, fallen die Funde aus Deutsch Evern besonders ins Auge. Offensichtlich werden hier Verbindungen zu den Waffenausstattungen der westmecklenburgischen Bronzezeitgruppe faßbar. In der mittleren Bronzezeit gehört zur Waffenausstattung eines Mannes der Lüneburger Gruppe entweder eine Lüneburger Stoßlanze oder ein Speer sowie ein Kurzschwert.

Goldfunde sind in den bronzezeitlichen Frauengräbern der Lüneburger Heide relativ selten anzutreffen. Das für ihre Herstellung verwendete Gold ist - so gering die Menge auch sein mag - leider z. T. dafür verantwortlich zu machen, daß viele bronzezeitliche Grabhügel das Opfer von Raubgräbern wurden.

D. Gehrke M.A.

[nach oben]    [Literaturliste]    [weiter: Eisenzeit]