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TV-Kritik: "Matthiesens Töchter": Liebevoll gemacht

Von Die witzige Familiengeschichte aus Ostdeutschland spielt passioniert mit Versatzstücken klassischer Wildwestfilme.
Mit Matthiesen (Matthias Habich, li.) ist nicht gut Kirschen essen. Das bekommt der neue Bankdirektor (Martin Brambach) schnell zu spüren. Foto: ARD Degeto/Nicolas Maack Mit Matthiesen (Matthias Habich, li.) ist nicht gut Kirschen essen. Das bekommt der neue Bankdirektor (Martin Brambach) schnell zu spüren.
Schon ein Clan für sich, diese Matthiesens: Der Vater (Matthias Habich) ein heruntergekommener Alkoholiker. Seine Frau hat ihn längst verlassen und seine Töchter Esther (Julia Jäger), Rahel (Ulrike C. Tscharre) und Thirza (Anja Antonowicz) haben das Verlieren ebenfalls im Blut. Esther befindet sich mit ihrem polizeilich gesuchten Sohn, dem 105-Kilo-Wonneproppen David (Rouven David Israel), auf der Flucht. Rahel hat ihr Modelabel mit Volldampf - und, wie ihr erster Auftritt nach einer wilden Party nahelegt, ebenfalls unter Alkoholeinfluss - gegen die Wand gefahren.
 
Und Thirza, die Jüngste, fühlt sich als Schriftstellerin berufen, hat bisher aber auch noch nichts erreicht. Völlig abgebrannt kehren die drei unabhängig voneinander auf den väterlichen Hof zurück, der schwer in der Bredouille steckt: Er ist hoffnungslos überschuldet und der Bankdirektor (Martin Brambach) möchte "dieses latrinöse Stück Land" pfänden lassen. Matthiesens Freund Gernot Rantzer (Thomas Neumann) kann ihm auch nicht mehr helfen. Das lässt die schräge Sippschaft zusammenrücken.

Dorfkneipe trägt berühmten Namen

Wildwest in Deutschlands Osten: Drehbuch und Regie haben Hollywoods klassische Pferdeopern lustvoll aufs Korn genommen. Da jagen die Töchter auf Rössern über die Heide hinter dem Haus zu der prächtigen Musik von Dominik Giesriegl, da trägt die Dorfkneipe den Namen "Zum alten Sturges". US-Regisseur John Sturges drehte solche Klassiker wie "Verrat in Fort Bravo", "Zwei rechnen ab" und "Die glorreichen Sieben". Auch mit John Wayne arbeitete er zusammen: Ironischerweise nicht in einem Western, sondern dem Polizeifilm "McQ schlägt zu".
Auch die Situation der Familie lässt an einen Klassiker denken: In "Die vier Söhne der Katja Elder" geht es darum, den Verlust einer Ranch abzuwenden. Das Spiel mit den Versatzstücken des Genres geht auf: Der Spaß ist den Schauspielern deutlich anzumerken und überträgt sich auch schnell auf den Zuschauer. Es ist schon sehr lange her, dass an einem Freitagabend auf diesem Sendeplatz ein Western lief. Dazu fallen außerdem die Anspielungen auf die Bibel auf: Alle Töchter Matthiesens sowie Enkel David tragen Namen aus dem Alten Testament.

Altes Testament und Wilder Westen

In der Figur der Thirza, einer Tochter des Zelofhad, geht es auch um das Erbrecht der Töchter. Überhaupt könnte man die Entstehung des antiken Israels auch mit der Eroberung des Wilden Westens vergleichen. Die Geschichte von "Matthiesens Töchter" mischt Wortwitz, Situationskomik und eine leise Prise Melancholie insgesamt in recht gelungener Weise. Nur manche Szenen hätte man sich noch ein wenig ausgefeilter und präziser in den Handlungsverlauf eingepasst gewünscht.
 
Die Schlägerei in der Dorfkneipe etwa ist ebenso ein schöner Verweis auf die Vorbilder, kommt aber doch ein wenig zu plötzlich. Aufgewogen wird das aber durch das Ende, wo der Plot noch eine ganz nette kleine Pointe aus dem Hut zieht. Bei allem Humor geht es auch um solche Themen wie (künstlerische) Selbstverwirklichung und Durchhaltevermögen. Ein  gelungenes Stück Unterhaltung präsentiert die ARD hier, einen Film, der die ganze Familie vor der Mattscheibe versammelt - wie es einst auch John Wayne und Co. getan haben.
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