Ein Flüchtling steht am Grenzzaun zwischen Serbien und Ungarn bei Horgos in Serbien
Der Grenzzaun zwischen Serbien und Ungarn bei Horgos Bildrechte: dpa

Streit um EU-Flüchtlingspolitik Referendum in Ungarn am 2. Oktober

Es sollte Solidarität in der Europäischen Union demonstrieren: Zehntausende Flüchtlinge sollten auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden, um die Hauptankunftsländer Griechenland und Italien, aber auch die Hauptzielländer Deutschland, Großbritannien und Schweden zu entlasten. Doch viel Solidarität ist nicht zu spüren: Ungarn klagt gegen die Verteilung und hat für Oktober ein Referendum angesetzt.

Ein Flüchtling steht am Grenzzaun zwischen Serbien und Ungarn bei Horgos in Serbien
Der Grenzzaun zwischen Serbien und Ungarn bei Horgos Bildrechte: dpa

In Ungarn wird am 2. Oktober in einem Referendum über die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union abgestimmt. Präsident Janos Ader gab dieses Datum am Dienstag in Budapest bekannt. Die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban lehnt die von der EU beschlossene Verteilung von Flüchtlingen auf alle Mitgliedstaaten ab und hatte im Februar einen Volksentscheid darüber angekündigt. Das Verfassungsgericht hat dafür grünes Licht gegeben.

Streitpunkt: 2.300 Flüchtlinge

Der ungarische Ministerpräsidenten Viktor Orbán.
Ungarns Premier Viktor Orbán lehnt die von der EU geplante Aufteilung von Flüchtlingen ab Bildrechte: dpa

Die EU hatte im vergangenen September beschlossen, insgesamt 160.000 Flüchtlinge aus den überlasteten Hauptankunftsländern Italien und Griechenland auf alle anderen Mitgliedstaaten umzuverteilen. Auch Staaten wie Deutschland, wo viele Migranten hinwollen, erhoffen sich von der EU-Regelung eine Entlastung. Ungarn sollte 2.300 Flüchtlinge aufnehmen. Die Regierung in Budapest sträubt sich dagegen. Im Dezember reichte Ungarn deshalb eine Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die Flüchtlingskontingente ein. Zuvor hatte bereits die Slowakei geklagt.

Wollen Sie, dass die Europäische Union ohne Zustimmung des [ungarischen] Parlaments die Ansiedlung nicht-ungarischer Staatsbürger in Ungarn vorschreiben kann?

Abstimmungsfrage zum Referendum am 2. Oktober

Im Februar hatte Orban dann die Volksabstimmung angesetzt. Die Ungarn sollten die Frage vorgelegt bekommen, ob sie "wollen, dass die Europäische Union ohne Zustimmung des ungarischen Parlaments die verpflichtende Ansiedlung von nicht-ungarischen Bürgern in Ungarn anordnet", kündigte der Ministerpräsident an. Damit die Abstimmung gültig ist, ist eine Wahlbeteiligung von mindestens 50 Prozent notwendig.

Opposition spricht von "wildesten Lügen"

Orbans Regierung hatte bereits im April ihre Kampagne für ein "Nein" beim Referendum gestartet. Auf großen Plakaten fordert sie: "Lasst uns Brüssel so Bescheid geben, dass sie es auch verstehen!". Die Regierung verweist unter anderem darauf, dass mit den Flüchtlingen auch "Terroristen" nach Ungarn kommen könnten. Die oppositionellen Sozialisten werfen Orban vor, nach dem Brexit-Votum der Briten nun ebenfalls den Austritt aus der EU anzustreben - und den Wählern dafür "die wildesten Lügen" aufzutischen.

Merkel reagiert gelassen

Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte gelassen auf die Ansetzung des ungarischen Referendums. Sie erwarte von der Abstimmung keine Veränderung der augenblicklichen Situation, erklärte Merkel am Montag. Kritischer äußerte sich die die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt. Vermutlich werde das Votum nicht dazu beitragen, dass die Solidarität in der europäischen Flüchtlingspolitik größer werde: "Meine Skepsis gegenüber Volksabstimmungen ist noch größer geworden."

Zuletzt aktualisiert: 05. Juli 2016, 20:33 Uhr

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4 Kommentare

06.07.2016 19:11 Krause - "ich bin ja ein Nazi, aber" 4

Wer die europäische Solidarität nicht praktizieren will, der kann gern aus der EU austreten. Das wird die Effizienz derer, die diese Solidarität leben wollen, stärken.

06.07.2016 18:54 Elsner 3

Begrüße dieses Referendum. Auch in Deutschland sollte man ein ähnliche Referendum abhalten, das würde auch die Demokratie stärken.

06.07.2016 17:19 Neuer 2

Wo bleibt denn die konkrete Aufzählung und Benennung der "wildesten Lügen". Auch hier in Budapest wird gegenwärtig keine einzige "Lüge" von der "sozialistischen" Opposition dem Volk vorgestellt.

06.07.2016 03:39 O-Perler 1

Das zu erwartende Ergebnis kann man sich an seinen fünf Fingern abzählen. Wirklich interessant wird es, die Reaktion der EU-Machthaber darauf zu erleben.

Polizei und Militär in Ungarn
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