Einige Male falsch oder schlecht gelüftet und schon hat sich Schimmel gebildet. Die Schimmelpilze sind nicht nur unschön anzusehen, sie können sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken. Neben Allergien und Atemwegserkrankungen sollen sie auch chronische Gelenkschmerzen begünstigen.
In winzigen Mengen kommen Schimmelpilze in jeder Wohnung vor, genauso wie auch in der Außenluft. Bedenklich wird es aber, wenn eine gewisse Konzentration überschritten wird.
Denn hat ein Schimmelpilz in einer Wohnung erst mal ideale Bedingungen gefunden, vermehrt er sich. Dabei bilden die Schimmelpilze Sporen aus, die überall durch die Luft schwirren. So gelangen die Pilze über die Atemluft in den menschlichen Körper. Vor allem Allergiker, Asthmatiker und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind anfällig. Besonders problematisch ist es, wenn der Schimmelpilzbefall nicht zu sehen ist, sondern sich unter Fliesen, Böden oder Tapeten versteckt.
Schimmelpilzbefall in Wohnräumen kann zu unspezifischen Symptomen führen, daher ist die Diagnose eher schwierig. Ärzte und Patienten denken häufig nicht an einen Zusammenhang. Frau Özkan hatte drei Jahre lang massive gesundheitliche Probleme. Dass diese mit Schimmelbefall in ihrer Wohnung zusammenhängen könnten, war lange nicht klar. Denn in der Wohnung war kein Schimmel zu sehen. Im August 2014 ging es ihr gesundheitlich besonders schlecht.
"Hauptsächlich war es die Gesichtshaut und die Haut an den Armen und Händen. Ich hatte die Haut aufgerissen, das Gesicht war angeschwollen, ich hatte Augenjucken, die Wimpern und Augenbrauen sind ausgefallen. Es waren Schmerzen, sodass ich nachts nicht schlafen konnte, weil alles offen war. Und ich habe mich müde gefühlt und sehr erschöpft."
Frau Özkan
Sie geht von Arzt zu Arzt, doch erst der Umweltmediziner Dr. Frank Bartram hat einen Verdacht. Eine Blutuntersuchung soll Klarheit bringen. Denn Schimmelpilze hinterlassen sozusagen einen Immunabdruck im Blut. Schimmelpilzsporen provozieren das Immunsystem, die Antikörper können im Blut gemessen werden. Verglichen werden diese Ergebnisse mit Referenzwerten. Dabei handelt es sich um Normalwerte von Menschen, die nachweislich in schimmelunbelasteten Wohnungen gewohnt haben.
"Die Immunantworten auf fünf von sechs untersuchten Innenraumschimmeln bei der Patientin zeigten zum Teil massive Überhöhungen. Das heißt, dass zunächst klar war, in den letzten zwei bis drei Wochen, also nicht später zurückliegend, war die Patientin in Innenräumen exponiert."
Dr. med. Frank Bartram, Umwelt- und Allgemeinmediziner
Doch das allein ist noch kein ausreichender Nachweis. Zusätzlich werden Luftproben in der Wohnung der Patientin genommen und mit der Blutuntersuchung abgeglichen. Im Immunlabor wird untersucht, ob die Blutprobe allergisch toxisch auf Schimmelpilze reagiert und zwar auf die aus dem eigenen Wohnumfeld.
"Damit konnten wir dann beweisen, dass bei der Patientin zwei unterschiedliche Allergien in intensivster Form auf diese Schimmelpräparation nachzuweisen waren. Eine sogenannte Typ-1-Reaktion mit Histamin, auch Sofortallergie genannt, aber auch eine sogenannte Typ-4-Reaktion, das ist eine Entzündungsreaktion der weißen Blutkörperchen."
Dr. med. Frank Bartram, Umwelt- und Allgemeinmediziner, Weißenburg in Bayern
Das heißt auch, bei Frau Özkan ist die Ausscheidung von Schimmelpilzgiften genetisch bedingt verlangsamt. Sie wirken im Körper entsprechend länger. Deswegen kam es wohl auch zu den heftigen körperlichen Reaktionen.
Allergiker, Asthmatiker und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind besonders anfällig. Aber auch Menschen ohne Vorbelastung können Symptome wie Augenbrennen, Atemprobleme, Schleimhautreizungen, Kratzen im Rachen, Kopfweh, Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Hautentzündungen und sogar Neurodermitis bekommen.
"Selbst sehr robuste und widerständige Menschen werden, wenn sie wirklich ständig in einem schimmelbelasteten Innenraum sind, langfristig auch irgendwo ihre Symptome bekommen."
Dr. med. Frank Bartram, Umwelt- und Allgemeinmediziner, Weißenburg in Bayern
Schimmelpilzbefall soll aber auch Gelenkschmerzen verursachen. Prof. Dr. med. Mehdi Skakibaei und sein Team von der LMU München erforschen den Zusammenhang. Beobachtungen haben gezeigt, dass feuchte Wohnungen oft mit Gelenkschmerzen der Bewohner einhergehen. Deshalb behandelten die Forscher Knorpelzellen mit sogenannten Endotoxinen, Abbauprodukte von schimmelpilzbefallenen Baumaterialien. Die Folge: Es kam zu Entzündungen und Schäden im Knorpel und einer Aktivierung des Immunsystems.
"Überraschenderweise haben wir festgestellt, dass die Toxine, die von Bakterien und Schimmelpilzen abgegeben werden, diese entzündlichen Prozesse verursachen. Die Gesamtheit Knorpelschaden und entzündliche Prozesse sehen so aus wie eine rheumatoide Arthritis."
Prof. Dr. med. Mehdi Shakibaei, Anatom, Institut für Anatomie, LMU München
Gelangen die Endotoxine in den Knorpel, kann es dort zu einem Zellschaden bis hin zum Zelltod kommen. Der Knorpel wird zerstört, es kommt zu der chronischen Gelenkerkrankung mit rheumaähnlichen Symptomen. Da der Knorpel nicht durchblutet ist, ist er besonders anfällig.
In vielen Wohnungen herrschen für Schimmelpilze überaus günstige Temperaturen und genügend Feuchtigkeit, gefördert durch mangelnde Belüftung, ungünstige Möblierung, Kondenswasser oder Feuchtigkeitsschäden. Auch Familie Höflmaier hat einen leichten Schimmelbefall in mehreren Ecken im Haus.
"Es war halt immer sehr unsicher, wie gefährlich ist es, wie schnell muss man was machen und unsere Kinder sind auch anfällig für Atemwegserkrankungen. Der mittlere Sohn hat eben Asthma."
Michael Höflmaier
Baubiologe Stephan Streil untersucht die Ursachen von Schimmel. Als erstes misst er die Wandtemperatur bei den Höflmaiers und hier liegt das Problem, denn bei der Stelle handelt sich um eine klassische Wärmebrücke.
"Mit der kalten Ecke, die wir gesehen haben, es sind keine 10 Grad, das heißt eben, ich kann mir jetzt im Raum keine hohe Luftfeuchtigkeit leisten und hoch ist jetzt nur relativ. Es sind nur 50 Prozent, aber sie können sich hier wahrscheinlich nicht mal 30 Prozent Luftfeuchte leisten, ohne dass sie in der Ecke ein Schimmelproblem haben."
Stephan Streil, Baubiologe, Eichenau
Das heißt, regelmäßiges Lüften reicht hier nicht aus. Heizleisten müssen angebracht werden, um den Temperaturunterschied auszugleichen. Sonst kommt es wohl immer wieder zu Schimmelbefall.
Frau Özkans Hautentzündungen werden im Krankenhaus mit Kortison behandelt. Für vier Monate zieht sie aus ihrer Wohnung aus, die durch Bodenproben nachgewiesen, schimmelbelastet ist. Die Wohnung wird saniert und im Januar 2015 kehrt sie zurück. Doch wieder entwickelt sie Symptome. Helfen soll der Baubiologe Johannes May. Ihm gehört Schäferhündin Sally, eine speziell ausgebildete Schimmelspürhündin. Sally riecht Schimmel dort, wo absolut nichts zu sehen ist. Dabei hilft der anerzogene Spiel- und Beutetrieb des Hundes. Findet Sally eine Stelle, kratzt sie dort, schlägt sozusagen an. Und tatsächlich, Sally findet in der bereits sanierten Wohnung mehrere Stellen, vor allem in Küche und Bad. Johannes May vermutet einen verdeckten Wasserschaden, der bei der Sanierung nicht gefunden wurde. Offenbar wurde nicht ausreichend saniert.
"Für mich ist klar, dass Schimmel vorhanden sein muss. Sallys Verhalten, ihre Anzeige waren eindeutig. Was für mich auffallend war: Sie musste sich nicht mal anstrengen, musste nicht mit der Nase ran. Sie hat das mehr oder weniger im Vorbeigehen gerochen. Das ist Indiz für viel Schimmel."
Baubiologe Johannes May, Baubiologe und Besitzer von Schimmelspürhund Sally
Frau Özkan wird aus der Wohnung wohl ausziehen.
"Für mich ist definitiv klar, dass ich hier ausziehen muss, allein, um nicht wieder in diesen Zustand zurückzufallen. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens und das möchte ich nicht noch mal erleben."
Frau Özkan
Grundsätzlich ist für Betroffene die einzige Möglichkeit ihre Situation zu verändern, den Innenraumschimmel zu meiden. Das heißt, entweder muss
- ordentlich saniert werden oder es bleibt nur
- ein Auszug.
Wer nicht allergisch auf Schimmelpilze reagiert, an chronischen Erkrankungen der Atemwege leidet oder ein geschwächtes Immunsystem hat, kann kleineren Schimmelbefall (weniger als einen halben Quadratmeter) selbst beseitigen.
Allerdings sollte zuerst die Ursache gefunden werden, sonst kommt der Schimmel immer wieder zurück. Helfen können hier Fachleute, wie zum Beispiel Baubiologen.
Der größte Fehler, den Betroffene machen können, ist, die Schimmelstelle einfach zu überstreichen.
Um Schimmelpilzbefall zu vermeiden, sind folgende Maßnahmen hilfreich: