Themenüberblick

Durch Altstadt gerast

Am Dienstag hat am Grazer Landesgericht der Prozess gegen den Amokfahrer, der im Juni 2015 mit dem Auto durch die Grazer Innenstadt gefahren ist und drei Menschen getötet und über hundert zum Teil schwer verletzt hat, begonnen. Alen R. raste am 20. Juni 2015 am Vormittag mit seinem Geländewagen durch die Innenstadt, bevor er bei der Polizeiinspektion in der Schmiedgasse anhielt und festgenommen wurde.

Als Opfer werden auch Menschen geführt, die sich durch einen Sprung auf die Seite gerade noch retten konnten oder dabei leicht verletzt wurden. Dass keine Anklage erhoben, sondern nur ein Antrag auf Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingebracht wurde, liegt am Ergebnis der Gutachten. Zwei psychiatrische Sachverständige wurden bestellt, wovon einer, Manfred Walzl, den Verdächtigen als zurechnungsfähig einstufte. Sein Kollege Peter Hofmann kam aber zu der Ansicht, R. sei nicht zurechnungsfähig gewesen.

Ein Lichtermeer vor einer Kirche

APA/Erwin Scheriau

Gedenken der Opfer in der Grazer Innestadt nach der Amokfahrt

Also wurde ein dritter Gutachter zugezogen: Jürgen L. Müller bescheinigte dem 27-Jährigen ebenfalls Zurechnungsunfähigkeit. Sollten die Geschworenen dieser Sichtweise zustimmen, kann R. nicht verurteilt, sondern nur in eine Anstalt eingewiesen werden.

Verhandlungsfähigkeit attestiert

Das Grazer Gericht hatte von Walzl vor rund einer Woche auch klären lassen, ob R. verhandlungsfähig sei. Die medizinische Betreuung in der Haftanstalt Göllersdorf, wo er untergebracht war, hatte diesbezüglich Zweifel geäußert. Insgesamt befanden zwei Sachverständige den Verdächtigen für verhandlungsfähig. Auch Hofmann hatte in einer Stellungnahme vom 8. September festgestellt, dass es „derzeit keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass beim Betroffenen Verhandlungsunfähigkeit besteht“.

Strecke der Amokfahrt

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Das Ermittlungsverfahren war Anfang Juli abgeschlossen worden. Der Beschuldigte selbst war Anfang Juni von der Justizanstalt Jakomini erst in die Landesnervenklinik in Graz-Puntigam überstellt und danach in der Justizsonderanstalt Göllersdorf in Niederösterreich untergebracht worden.

Vierjähriger unter Toten

136 Zeugen sollen gehört werden, dazu kommen noch mehrere Sachverständige. Prominentester Zeuge ist der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP), der damals mit seinem Motorroller unterwegs war und im letzten Moment ausweichen konnte, als R. mit seinem Auto auf ihn zusteuerte. Unmittelbar vorher war der Mann direkt in ein junges Paar hineingefahren, der Mann war auf der Stelle tot. Ein vierjähriger Bub, der in der Fußgängerzone spielte, wurde ebenfalls frontal erfasst und starb. Das dritte Todesopfer war eine Frau, die am Rücken erfasst und tödlich verletzt wurde.

Ein Lichtermeer vor einer Kirche

APA/Elmar Gubisch

Die Polizei ermittelte

Strenge Sicherheitsmaßnahmen

Vor dem Prozess hatte das Landesgericht noch umfangreiche Maßnahmen umzusetzen: Der Schwurgerichtssaal musste teilweise umgebaut werden, denn eine Rampe für Rollstuhlfahrer wurde installiert. Das Verfahren wird in einen weiteren Saal übertragen, damit mehr Plätze zur Verfügung stehen.

Die Verlegung des Publikums in einen anderen Saal hat aber nicht nur infrastrukturelle Gründe: Es gibt Sorge um die Einhaltung von Ruhe und Ordnung bei Gericht, denn seit der Amokfahrt im Juni 2015 gingen schon mehrmals vor allem in Sozialen Netzwerken die Emotionen hoch. Der Amokfahrer und im Besonderen die Begutachtung seiner Zurechnungsfähigkeit sorgte im Vorfeld für Wirbel, weshalb das Gericht strengere Sicherheitsvorkehrungen traf.

Kein Mobiltelefon, keine Taschen

Das Konzept, das bei den Grazer Dschihadistenprozessen zum Einsatz kam, sei für die Verhandlung gegen R. adaptiert worden, sagte Gerichtssprecherin Barbara Schwarz. Besucher müssen sich ab 7.30 Uhr eine Gratiszutrittskarte für jenen Saal holen, in den die Verhandlung übertragen wird. Die Karte gilt nur für einen Tag. Plätze können nicht reserviert werden. Mobiltelefone sind im Übertragungssaal nicht erlaubt, da verbotenerweise Fotos und Videoaufnahmen gemacht werden könnten. Auch die Mitnahme von Taschen und Rucksäcken ist nicht erlaubt.

Link: