Kenntnis der wichtigsten Giftpilze

Pilzkontrolle
Eine verlässliche Pilzbestimmung für Speisezwecke kann nur durch eine erfahrene Fachperson durchgeführt werden. Ihre nächste Kontrollstele in der Schweiz finden Sie unter www.vapko.ch.
Neben der Kenntnis der möglichen essbaren Arten ist ein sicheres Erkennen der gefährlichsten Arten unabdingbar. Anschliessend findet sich eine Liste von diesbezüglich wichtigen Arten oder Gruppen von Arten bezogen auf das Vorkommen in der Schweiz. Die genannten Arten oder Artengruppen sollten von jeder Fachperson erkannt werden.

Grundlagen der Liste
Die unverbindliche Liste entstand aus der Auseinandersetzung des Autors mit den Speisewerten der Pilze im Rahmen der Arbeiten am Buch 2000 Pilze einfach bestimmen (AT Verlag, 1996) und dem Bestimmungsprogramm 2000Pilze auf CD. Sie basiert auf den als zur Kenntnis unerlässlich eingestuften Giftpilze der Kontrolleure der Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane in der Schweiz (VAPKO), der Liste der Giftpilze der Französischen Mykologischen Gesellschaft, der gängigen Literatur und insbesondere dem Buch "Giftpilze-Pilzgifte" von R. Flammer und E. Horak (Schwabe, 2003).

Liste wichtiger Giftpilze
Gattung Art, Artengruppe deutscher Name Anmerkung
Amanita phalloides Grüner Knollenblätterpilz Die drei äusserst giftigen Knollenblätterpilzarten entfalten in allen vorkommenden Farbvarianten tödliche Wirkung. Brechdurchfälle treten nach ca. 8-12 Stunden auf (seltener auch schon nach 4 oder erst nach 24 Stunden). Nach einer vorübergehenden Besserung zeigen sich Leber- und allenfalls Nierenschädigungen, welche in schweren Fällen zum Tod führen.
phalloides var. verna Weisser Knollenblätterpilz
virosa Spitzhütiger Knollenblätterpilz
muscaria Fliegenpilz Die giftig wirkenden Stoffen Ibotensäure und Muscimol dieser Arten verursachen innerhalb 15 Minuten bis 2 Stunden (seltener bis 4 Stunden) Symptome wie Schwindel, Schläfrigkeit oder Erregung sowie erweiterte Pupillen, rascher Puls, seltener auch das Gegenteil mit langsamem Puls und engen Pupillen.
regalis Brauner Fliegenpilz
pantherina Pantherpilz
gemmata Narzissengelber Wulstling
Cortinarius ganze Gattung Schleierlinge Die Untergattung Rauhköpfe (Leprocybe), wie auch die Untergattung Schleimköpfe (Phlegmacium) enthalten tödlich giftige Arten. Das Pilzgift Orellanin verursacht meist erst nach mehreren Tagen Durst, verminderte Urinproduktion, Nieren- und Kopfschmerzen und häufig auch Brechdurchfälle, welche ausnahmsweise auch schon nach wenigen Stunden bis zu einem Tag auftreten können. In schweren Fällen sind irreversible Nierenschädigungen möglich. Zur Sicherheit müssen Schleierlinge und Hautköpfe unbedingt erkannt und gemieden werden. Nur für sichere Kenner ist die Unterscheidung essbarer Schleierlinge zu empfehlen, wie z.B. der beliebten Schleiereule (Cortinarius praestans).
Dermocybe ganze Gattung Hautköpfe
Galerina ganze Gattung Häublinge Neben dem bekannten Gifthäubling (Galerina marginata) gibt es verschiedene andere giftige Häublingsarten, welche nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. Sie enthalten die selben tödlich giftigen Amatoxine wie die gefährlichen Knollenblätterpilze, so dass bei einer Vergiftung der gleiche, meist erst nach 8 Stunden oder später einsetzende Verlauf auftritt.
Lepiota ganze Gattung Schirmlinge In mehreren Schirmlingsarten sind die gleichen Amatoxine wie in den gefährlichen Knollenblätterpilzen nachgewiesen. Bei einer Vergiftung treten deshalb die gleichen, meist erst nach 8 Stunden oder später einsetzenden Symptome auf.
Paxillus involutus Kahler Krempling In rohem oder schlecht gekochtem Zustand verursacht der Kahle Krempling nach kurzer Zeit starke Brechdurchfälle. Auch gut gekocht kann jedoch nach mehrmaligen Genuss der Pilzart eine lebensgefährliche Immunhämolyse folgen. Die Vergiftung äussert sich kurz nach der Mahlzeit (weniger als zwei Stunden) mit Symptomen wie Bauchkoliken, Brechdurchfällen, Kollaps und rotem Urin.
Gyromitra ganze Gattung (Gift) -Lorcheln Die Frühjahrsgiftlorchel (Gyromitra esculenta) wurde und wird von vielen Leuten geschätzt und gegessen. Das enthaltene Gyromitrin verflüchtigt sich grossenteils beim Kochen. Durch Abkochen und Wegschütten des Kochwasser kann der Anteil an Giftstoffen zusätzlich verkleinert werden. Trotzdem verbleibt oft zuviel Wirkstoff in einer Mahlzeit und nach etwa ca. 6-8 Stunden bis innerhalb eines Tages äussert sich die Vergiftung durch Brechdurchfälle, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Bauchkoliken. Dazu kommen neurologische Probleme wie Zittern, Delirium, Gehstörungen - allenfalls bis zu Bewusstlosigkeit. In schweren Fällen kann eine Vergiftung nach wenigen Tagen zum Tod führen.
Inocybe ganze Gattung Risspilze Viele Risspilzarten und einige blass gefärbte Trichterlingsarten enthalten Muscarin. Ein Giftstoff, welcher nach kurzer Zeit von wenigen Minuten bis ca. 2 Stunden zu Brechdurchfällen, Schweissausbrüchen, Pupillenverengung, langsamem Puls und Blutdruckabfall führen kann. In schweren Fällen drohen Kreislaufkollaps und Lungenödem. Einige Risspilze enthalten Psilocybin, welches zu Rauschzuständen führt.
Clitocybe phyllophila Streuliebender Trichterling
Sektion candicantes Kleine weisse Trichterlingsarten
Pleurocybella porrigens Ohrförmiger Seitling Unter der Bezeichnung Sugihiratake in Japan seit Langem als Speisepilz bekannt, während die Art in der europäischen Literatur teils als Speisepilz, teils als ungeniessbare Art betitelt wird. Im Herbst 2004 wurden in Japan nach dem Verzehr (bis drei Wochen später) Störungen der Hirnfunktionen beobachtet, welche sich in Form von Zittern, Sprachstörungen sowie Muskelschwächen oder -krämpfen äusserten. Mehrere Personen sollen in der Folge daran gestorben sein, während andere sich wieder ganz oder teilweise erholten. Verwechslungen dieses relativ kleinen, rein weissen Seitlings mit essbaren Seitlingsarten müssen deshalb ausgeschlossen werden können.
Tricholoma equestre Grünling Bis vor wenigen Jahren galt auch der Grünling als beliebter Speisepilz. Der mehrfache Konsum (kurz aufeinander folgende Mahlzeiten) kann jedoch eine Rhabdomyolyse verursachen, welche sich in Müdigkeit und Muskelschmerzen äussert und in schweren Fällen tödlich wirken kann. Deshalb ist diese Pilzart nicht mehr zu empfehlen.
pardalotum Tiger-Ritterling Sehr viele verschiedene Arten von Pilzen können mehr oder weniger starke Verdauungsbeschwerden verursachen,. Meistens sind es Brechdurchfälle, die kurz nach der Mahlzeit oder bis ca. 4 Stunden danach einsetzen. Vergiftungen dieser Art verlaufen kaum tödlich. Es können aber sehr ernste Beschwerden auftreten, welche eine Hospitalisation notwendig machen. Durch anhaltende Brechdurchfälle kann insbesondere der Flüssigkeitsverlust bedrohlich werden. Die hier erwähnten Arten Tigerritterling, Riesenrötling und Karbolchampignon sind - wohl aufgrund der Verwechslungsgefahr - häufige Verursacher von Komplikaktionen. Egerlingsschirmpilze können Vergiftungen verursachen und einige Arten könnten leicht mit weissen Knollenblätterpilzen verwechselt werden. Der erwähnte Satansröhrling gibt sich zwar durch üblen Geruch zu erkennen, ist aber im Geschmack mild und kann ernste Beschwerden verursachen. Der Ölbaumpilz tritt nördlich der Alpen nur selten auf. Wegen der gelben, eierschwammähnlichen Farbe sollte er aber erkannt werden.
Entoloma sinuatum Riesenrötling
Agaricus xanthoderma Karbolchampignon
Boletus satanas Satansröhrling
Leucoagaricus ganze Gattung Egerlingsschirmpilze
Omphalotus illudens Leuchtender Ölbaumpilz



weitere Giftpilze
Es gibt viele weitere Pilzarten, die Vergiftungen hervorrufen. Stattliche Milchlinge wie z.B: der Grubige Milchling (Lactarius scrobiculatus), der Rotbraune Milchling (Lactarius rufus) und der in Gärten und Parks häufige Birkenreizker (Lactarius torminosus) führen zu gastrointestinalen Beschwerden.
Ebenso verschiedene scharf schmeckende Täublingsarten (Russula), der Porphyrwulstling (Amanita porphyria), einige Fälblinge (Hebeloma), der Kegelige Saftling (Hygrocybe conica), der Grünblättrige und der Ziegelrote Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare, Hypholoma sublateritium), der Rettichhelmling (Mycena pura) und einige weitere Arten. Eine bekannte Giftpilzartart, die aber im Zusammenhang mit dem Sammeln von Speisepilzen kaum eine Rolle spielt, ist der Purpurbraune Mutterkornpilz (Mutterkorn, Calviceps purpurea).

Interaktion mit Alkohol
Der Faltentintling (Coprinus atramentarius) ist essbar, führt aber zusammen mit Alkohol zu sehr unangenehmen Vergiftungssymptomen. Wenige Minuten bis ca. 1 Stunde nach der Pilzmahlzeit bewirkt das enthaltene Coprin zusammen mit dem Alkohol Herzklopfen, Schwindelgefühle, Atemnot und Hitzeschübe. In schweren Fällen kann ein Kollaps auftreten. Auch der Ochsenröhrling (Boletus torosus) und weitere Tintlingsarten enthalten Coprin. Im gleichen Ruf steht der Netzstielige Hexenröhrling (Boletus luridus), allerdings konnte in dieser Art kein Coprin nachgewiesen werden, so dass Berichte über Beschwerden mit dieser Pilzart vielleicht auf Verwechslungen basieren. Das Coprin verweilt recht lange im Körper, so dass noch 2-3 Tage nach einer coprinhaltigen Mahlzeit, Alkoholgenuss die beschriebenen Beschwerden hervorrufen kann.

Pilzfunde aus Südeuropa, Frankreich, Nordamerika
Neben dem bereits aufgeführten Ölbaumtrichterling (Omphalotus illudens) müssen bei Funden oder Importen aus südlichen Gegenden weitere Giftarten in Betracht gezogen werden. Der Wohlriechende Trichterling (Clitocybe amoenolens), kann durch den Giftstoff Acromelsäure über Tage und Wochen wiederkehrende, intensive Schmerzattacken sowie Brennen und Hautrötungen an Händen und Füssen verursachen. Diese Art kann leicht mit blass gefärbten Trichterlingen wie z.B. dem Buckeltrichterling (Clitocybe gibba) oder auch dem Fuchsigen Trichterling (Lepista flaccida) verwechselt werden. Der Ockerschneidige Eierwulstling (Amanita proxima) welcher mit dem Eierwulstling (Amanita ovoidea) verwechselt werden könnte, verursacht nach 8-24 Stunden Brechdurchfälle und kann nach einigen Tagen zu Leber- und Nierenschäden führen.
Amanita smithiana, eine dem Fransigen Wulstling (Amanita strobiliformis) ähnliche Art aus Nordamerika verursacht gastrointestinale Beschwerden innerhalb weniger bis ca. 12 Stunden und in schweren Fällen allenfalls auch Nierenversagen.

Halluzinogene Arten
Von in unseren Breiten vorkommenden Pilzen wurde in mehreren Kahlköpfen (Psilocybe), Düngerlingen (Panaeolous), Risspilzen (Inocybe), Flämmlingen (Gymnopilus) und in einer Dachpilzart (Pluteus salicinus) der Wirkstoff Psilocybin oder Psilocin nachgewiesen. Im Zeitraum von wenigen Minuten bis ca. 4 Stunden nach dem Konsum tritt eine ähnliche Wirkung wie beim Konsum von LSD auf.

 

© 08. 2013 · R.Winkler · Emailemail senden