Jungsteinzeit

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Steinzeit

Die Jungsteinzeit (fachsprachlich das Neolithikum, aus altgriech. νέος neos ,neu, jung‘ und λίθος lithos ,Stein‘) ist eine Epoche der Menschheitsgeschichte, deren Beginn wir in Mittel- und Westeuropa mit dem Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Bauern mit domestizierten Tieren und Pflanzen definieren. Im Einflussbereich der ehemaligen Sowjetunion wurde und wird das Neolithikum durch die Gegenwart von Keramik und die Abwesenheit von Metallen definiert, was insbesondere bei Zitaten, z. B. aus David. W. Anthony, der dieser Praxis für die osteuropäischen Gebiete folgt, zu erheblichen Missverständnissen führt, da es sowohl „unser“ Mesolithikum, als auch „unser“ keramisches Neolithikum bedeuten kann [1].

Der Übergang zur neolithischen Wirtschaftsweise (fachsprachlich Neolithische Revolution oder Neolithisierung) vollzog sich weltweit unterschiedlich. Nomadische Lebensweise wurde im Zuge von Ackerbau und Viehhaltung gegen Sesshaftigkeit in Dorfgemeinschaften eingetauscht. Der Ackerbau schuf die Grundlage zu einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Nahrungsproduktion und Vorratshaltung führten zu einer größeren Unabhängigkeit von der natürlichen Umwelt und bilden die Basis für Bevölkerungswachstum. Dieser Prozess vollzog sich vor etwa 12.000 Jahren erstmals im Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds, vor allem an den Südrändern von Taurus- und Zagrosgebirge. Noch bevor der dörfliche Hausbau aus Holz oder Stein archäologisch belegt ist, gab es in dieser Region bereits monumentale Tempelanlagen, wie auf dem Göbekli Tepe oder in Nevalı Çori (Südosttürkei).[2][3]

Das Ende der Jungsteinzeit wurde mit der regional einsetzenden Verarbeitung von Kupfer eingeleitet (Kupfersteinzeit), aber erst durch die Bronzezeit abgelöst. In Afrika folgte auf die Jungsteinzeit direkt die Eisenzeit.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Sichel aus Holz mit eingeklebten Feuersteinklingen

Der britische Anthropologe Sir John Lubbock teilte in seinem 1865 erschienenen Werk Prehistoric Times die Steinzeit in die „Periode des geschlagenen Steins“ (Old Stone Age ,Altsteinzeit‘) sowie die „Periode des geschliffenen Steins“, die er New Stone Age ,Jungsteinzeit‘ nannte.[4] Heute wird der Beginn der Jungsteinzeit mit dem Übergang von der aneignenden (Jäger und Sammler) zur produzierenden Wirtschaftsweise (Ackerbau, Viehzucht) in Verbindung gebracht. Da dies im archäologischen Kontext weitere Merkmale mit sich bringt, werden diese auch als Neolithisches Bündel (engl.: Neolithic package) bezeichnet:

Dass das Neolithische Bündel innerhalb von etwa zwei Jahrhunderten aufgetreten ist, trifft nur auf die frühesten neolithischen Kulturen Mitteleuropas zu. Daher wird der von Gordon Childe postulierte Begriff Neolithische Revolution[5] im Allgemeinen heute kritisch gesehen. Nach neuen Ergebnissen der Paläogenetik verdrängten die Bauern aus dem Karpatenbecken die Mesolithiker Mitteleuropas im Laufe des 6. vorchristlichen Jahrtausends jedoch nicht nur kulturell, sondern auch genetisch.[6]

Zeitliche Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ausbreitung der Neolithischen Kulturen ausgehend vom südöstlichen Mittelmeerraum in den Nordosten Europas.
  • 11.000 bis 9500 v.Chr.
  • 9500 bis 8000 v. Chr.
  • 8000 bis 6400 v. Chr.
  • 6400 bis 5000 v. Chr
  • 5000 bis 3500 v. Chr.
Die Jäger- und Sammler- und Fischerkultur, die in der Levante und am mittleren Euphrat auftrat, war zumindest saisonal sesshaft, kannte allerdings weder Viehzucht noch Getreideanbau. Die Wohnplätze bestanden aus Rundhütten (Mallha/Eynan). Feuersteinwerkzeuge wurden noch nicht geschliffen, sondern in die gewünschte Form geschlagen.
Wichtige Fundorte: Jericho und Mureybet I A
In dieser Zeit bestanden erste Siedlungen aus Rundhäusern (Trockenmauerwerk). Manche der Siedlungen liegen in der untersten Schicht späterer Tells. Die Kunst dieser Zeit beschränkte sich hauptsächlich auf Idole, kleine Steinskulpturen, die hauptsächlich Frauen, seltener Männer oder Tiere darstellten. Getreideanbau war zu dieser Zeit wohl schon bekannt, bildete aber noch nicht die Grundlage der Ernährung. Die Viehzucht lässt sich in diesem Frühstadium osteologisch noch nicht belegen, es wurden weiter Gazellen gejagt.
Wichtige Fundorte: Mureybet I B, II, III, Tell es-Sultan (Jericho), Göbekli Tepe III
Die Häuser waren rechteckig oder quadratisch. Die Domestikation von Tieren ist festgestellt, eine Ausbreitung nach Westen fand statt, mit Floß und Einbaum auch übers Meer (Zypern). Meist weibliche Idole aus Stein oder Ton mit nur angedeuteten Gesichtern aber deutlich ausgeprägten Geschlechtsteilen traten nun auf. Werkzeugherstellung durch geschliffene Steinindustrie und erste ungebrannte Keramik ist bekannt.
Wichtige Fundorte: Nevali Cori, Göbekli Tepe II, ʿAin Ghazal
  • 6500 bis 5500 v. Chr.: Keramisches Neolithikum im Vorderen Orient (Pottery Neolithic, PN), ab etwa 6200 v. Chr. auch im östlichen Mittelmeergebiet
Totenbestattungen erfolgten nun außerhalb der Siedlung. Neben dem Getreideanbau waren auch Nutztiere bekannt, die Jagd war nicht mehr der Hauptfleischlieferant. Die Keramikherstellung verbreitete sich weiter. Archäologisch wird das Keramische Neolithikum in drei Phasen unterteilt:
  • monochrome Phase
  • bemalte Phase
  • klassische Phase
Die Grabungen in Jericho und Mureybet wurden von Jean Cauvin, Kathleen Kenyon und John Garstang durchgeführt. Auf sie geht die wissenschaftliche Systematik zurück.
Die Unterstufen Frühneolithikum, Mittelneolithikum, Jungneolithikum, Spätneolithikum, Endneolithikum sind in einzelnen Regionen unterschiedlich definiert. Im südlichen Mitteleuropa werden die Stufen Jung-, Spät- und Endneolithikum synonym auch als Kupfersteinzeit (kurz auch genannt: Kupferzeit) bezeichnet. In einigen Regionen (zum Beispiel Mähren, Ungarn, Norditalien) wird das Neolithikum enger gefasst und die Kupferzeit mit dem „Äneolithikum“ gleichgesetzt.
Phase bäuerlicher Kulturen: Metall spielte noch keine große wirtschaftliche Rolle.
Beginn der Metallverarbeitung im Schmelzverfahren. Nun bildeten sich auch gesellschaftliche Oberschichten, Fernhandel und stärker befestigte Siedlungen heraus.
  • 4500/4000–2200 v. Chr.: Kupfersteinzeit in Mitteleuropa
Im südlichen Mitteleuropa wird zwischen Jungneolithikum, Spätneolithikum und Endneolithikum unterschieden.
Früheste Kupferverarbeitung in Mitteleuropa (Jordansmühler Kultur, Lengyel-Kultur). Nachgewiesen ist eigener Erzabbau und Verhüttung (Mondsee-Gruppe) erst im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte. Einfluss westlicher Megalithkultur (z. B. Michelsberger Kultur, nordische Trichterbecherkultur).
Karte der europäischen Jungsteinzeit,
um 4500–4000 v. Chr.

Neolithische Revolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Palästina entstanden einige dauerhafte Siedlungen bereits vor der Entwicklung der Landwirtschaft. Die Umgebung dieser Siedlungen bot den Bewohnern aber nur zeitweise genügend Ressourcen (Fisch, Fleisch oder Pflanzen). Der Kultivierung und dem Anbau von Getreide ging eine jahrtausendelange Nutzung entsprechender Wildvorkommen voraus, in der Levante seit 21.000 v. Chr. nachweisbar (Ohalo II). Diese Vorstufe zur produzierenden Landwirtschaft wird als proto-neolithisch bezeichnet.

Entstehung der Landwirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Entstehung der Landwirtschaft beginnt etwa 10.000 v. Chr. mit dem Ende der letzten Eiszeit, was gleichzeitig der Beginn der jetzigen Zwischeneiszeit, des Holozäns, war. Die genauen Ursachen sind noch strittig. Es konkurrieren zwei gegensätzliche Hypothesen miteinander. Bisher allgemein akzeptiert war die Mangelhypothese. Nach ihr hat der Mangel an jagbaren Wildtieren, in Verbindung mit der Klimaänderung im Holozän, die Entstehung der Landwirtschaft gefördert. Ihr steht die inzwischen auch vor allem von Josef H. Reichholf[7] favorisierte Überflusshypothese gegenüber. Sie verweist darauf, dass ein durch Überjagung entstandener Mangel archäologisch nicht nachweisbar ist. Vielmehr sei über mehrere Jahrtausende Getreide als Grundlage alkoholischer Getränke (vor allem Bier) genutzt worden, noch bevor es zur eigentlichen Nutzung für die Herstellung von Brot kam. Seinen einheitlichen Ursprung habe dies bei den uralaltaischen Völkern Zentralasiens. Die Domestizierung von Pflanzen, vor allem die der wegen der größeren Samen einzig nutzbaren einjährigen Körnerfrüchte, müsse eine sehr große Zeitspanne in Anspruch genommen haben. Überdies seien aus den Wildformen nur mühsam sehr geringe Mengen zu gewinnen gewesen. Schon rein rechnerisch konnten diese Mengen auch nicht annähernd die vorwiegend auf dieser Basis beruhende Ernährung kalorisch sichern.[8] Selbst hinreichend sichere Lagermöglichkeiten, die Korn und Mehl vor Tierfraß, Pilzbefall etc. hätten schützen können, standen in den ersten Jahrtausenden der Jungsteinzeit offenbar nicht zur Verfügung.[9] Die archäologisch gefundenen Keramiken seien für diesen Zweck viel zu klein gewesen und deuten nach Reichholf viel eher auf die Erzeugung von Alkoholika hin, wie sie schon in frühen sumerischen Darstellungen bezeugt sind.[10]

Der Übergang zur bäuerlichen Lebensweise, also der Wandel hin zur Kultivierung geeigneter Arten, vollzog sich nach der herrschenden Meinung allerdings eher entsprechend der Mangelhypothese unabhängig voneinander, aber nicht gleichzeitig an mindestens drei, wahrscheinlich sogar an fünf oder mehr Orten:

Naher Osten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Funde aus Ohalo II. am See Genezareth in Israel zeigen, dass bereits vor 20.000 bis 22.000 Jahren Jäger und Sammler große Mengen unterschiedlichster Gräser, darunter wilder Weizen und wilde Gerste, als Nahrung nutzten. Darunter waren auch sehr kleinsamige Gräser, die vermutlich mit Schwingkörben geerntet wurden.

Der Übergang zur Landwirtschaft war – zumindest in der Levante – weniger eine „freiwillige“ Entwicklung als vielmehr eine aus der Veränderung der Umwelt resultierende Notwendigkeit zum Überleben. Die Großtierfauna (insbesondere die Gazelle) hatte diese Region schon sehr früh verlassen, weshalb in der Region zwischen oberem Euphrat und Mittelmeer vermehrt Wildgetreide auf Reibsteinen (Handmühlen) verarbeitet wurde. Die bislang ältesten Spuren von möglicherweise domestiziertem Getreide (in diesem Fall Roggen) fand man in Tell Abu Hureyra am syrischen Euphrat; sie werden auf ein Alter von 13.000 Jahren geschätzt. In dieser Zeit, dem Jüngeren-Dryas-Stadial, ließ eine langanhaltende Dürre einen Großteil der wilden Getreidearten abwandern, weshalb die Menschen gezielt die dürreresistentesten züchteten. Zu den wichtigsten in dieser Gegend domestizierten Getreidearten gehörten Gerste und vor allem Weizen.

Fruchtbarer Halbmond um 7500 v. Chr.

In den trockeneren Gebieten von Judäa und im Sinai ging man nach dem Verschwinden der Gazellen dazu über, Wildziegen und Wildschafe in Herden zu halten. Eine Domestikation der Tiere lässt sich in Beidha bereits um 11.000 v. Chr. ableiten und ab 8300 v. Chr. belegen, da zu diesem Zeitpunkt Caproviden und Boviden aber auch Cervinalen (Damtiere) mit den Menschen nach Zypern gelangten. Sie muss daher weitaus früher erfolgt sein. Anfangs wurden Schafe und Ziegen ausschließlich als Fleisch- und Felllieferanten gehalten; um 7500 v. Chr. lässt sich die Nutzung des Sekundärproduktes Milch, später auch Wolle archäologisch belegen. Genetisch (Untersuchung Peltonen) weist der Beginn des Abbaus der Laktoseintoleranz, die bei allen Menschen zunächst uneingeschränkt vorlag, auf einen frühen Genuss von Tiermilch. Dieser Erbfortschritt, Milchzucker (Laktose) verdauen zu können (Laktoseintoleranz), wurde dabei, anders als die Fortschritte im Landbau, nicht im Nahen Osten, sondern einmal (etwa 3500 v. Chr.) südlich von Dänemark und später noch dreimal in Ostafrika gemacht (Massai) und ist noch heute nur in der einheimischen Bevölkerung von Nordeuropa allgemein vorhanden. Der Einsatz von Rindern als Zugtier vor dem Pflug ermöglichte schließlich den Übergang vom jungsteinzeitlichen Hackbau zu einer höheren Ackerbaukultur. Siehe dazu auch die Geschichte des Transportwesens im Altertum.

China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Seengebiet am Mittellauf des Jangtsekiang wurde in etwa zur gleichen Zeit wie in der Levante dazu übergegangen, den bisher nur gesammelten wilden Reis nach und nach zu kultivieren. Weiter flussabwärts wird in einem Gebiet mit damals feuchtwarmem, subtropischem Klima von der chinesischen Forschung das Zentrum der Nassreis-Kultivierung gesehen. Im deutlich kühleren und trockeneren Norden Chinas, nördlich und südlich des Gelben Flusses, wurde einige Jahrtausende später (wahrscheinlich zwischen 5500 und 5300 v. Chr.) erstmals Hirse, vermutlich Kolbenhirse, angebaut.

Zur Fleischgewinnung wurden in China Schweine, Hunde und Bankivahühner domestiziert. Wo der Wasserbüffel domestiziert wurde, ist unklar, vermutlich aber ebenfalls in Südchina um 4000 v. Chr. Wie der Auerochse im Nahen Osten sollte auch er insbesondere als Zugtier Bedeutung erlangen.

Mittelamerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mais gehört zu den ältesten Kulturpflanzen Amerikas

Der Beginn der Landwirtschaft in Mittelamerika hatte (anders als in der Levante und in China) praktische Gründe. So züchteten die Bewohner des Oaxacatals im Süden Mexikos bereits um 8000 v. Chr. Gartenkürbisse, um darin Wasser von den Flussläufen zu ihren bewohnten Höhlen in den Bergen zu transportieren. Ihre Nahrung beschafften sie sich dagegen weiterhin als Jäger und Sammler. Erst um 5100 v. Chr. begann im nahegelegenen Grijalvadelta die Kultivierung einer als Nahrungsmittel bestimmten Nutzpflanze: die Teosinte, die wilde Form des Maises. Knapp tausend Jahre später, 4200 v. Chr., wurde die kultivierte Teosinte auch im Oaxacatal angebaut. Im Laufe der Zeit kamen Paprika, Sonnenblumen und Gartenbohnen hinzu.

Da es in der amerikanischen Fauna an Wildtieren fehlte, die eine biologische Disposition zur Domestikation hatten, wurden außer Lama, Hund und Truthahn keine Tiere als Fleischlieferanten oder Arbeitstiere domestiziert.

Verbreitung der Landwirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jungsteinzeitliche Essensreste und Geschirr: Mahlsteine, verkohltes Brot, verkohlte Getreidekörner und Äpfelchen, Kochtopf aus Ton, Trinkgefäße aus Hirschgeweih und Holz

Anderswo wurde der Ackerbau aus einer der Ursprungsregionen importiert. In erster Linie liegt das am Fehlen geeigneter Wildpflanzen- und Tierarten in diesen Regionen. So kamen die Wildformen von heute weltweit verbreiteten Nutzpflanzen wie Weizen und Gerste ursprünglich nur in Kleinasien und Syrien vor, weshalb sie nur dort domestiziert und von dort verbreitet wurden.

Naher Osten und Mittelmeerraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ackerbauern der Levante hatten sich um 8000 v. Chr. etwa im Gebiet des südlichen Kleinasien (inklusive Zypern) bis zur persischen Golfküste ausgebreitet. Es begann eine konzentrische Expansion der Landwirtschaft, und zwar vermutlich durch Migration der Bauern mit den von ihnen domestizierten Pflanzen und Tieren aus der Levante sowie dem Wissen um deren Pflege, Aufzucht und Vermehrung im Gepäck. So zeigen Vergleiche der mitochondrialen DNA (mtDNA), dass die frühen indischen Bauern näher mit den Bauern der Levante verwandt waren als mit den Jägern und Sammlern in ihrer Nachbarschaft. Ähnliches gilt für Europa, welches die Ackerbauern vor etwa 9000 Jahren über die noch existierende Landbrücke am Bosporus kultivierten. Von Südosteuropa verbreiteten sie sich zunächst entlang der Mittelmeerküste sowie entlang der großen Flussläufe nach Ost- und Mitteleuropa. Neuere genetische Analysen von Y-Chromosomen europäischer Männer und Mitochondriale DNA (mtDNA) aus neolithischen Skeletten lassen keine Verwandtschaft der heutigen Mitteleuropäischen Bevölkerung mit den neolithischen Bauern erkennen.

Auf Zypern züchtete man Katzen und in Sumer und Ägypten Esel zu Haustieren und fügte die Erdmandel und die Maulbeer-Feige zu den Anbaupflanzen hinzu. Die Bewohner des Indus-Tals domestizierten Sesam, die Osteuropäer dagegen Hafer und die Westeuropäer Schlafmohn. Auf der arabischen Halbinsel wurde das Dromedar und in Kasachstan das Pferd domestiziert.

Afrika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Afrika, wo sich das Neolithikum wesentlich langsamer und anders entwickelte, ist ein Sonderfall. Teilweise liegen zwischen den einzelnen Merkmalen mehrere Jahrtausende, zum Beispiel zwischen der Domestizierung des Rindes und der ersten Kulturpflanzen. Der Prozess der Neolithisierung verlief hier über mehrere Tausend Jahre, so dass er als Epochengrenze „Neolithikum“ seine Gültigkeit verliert. Aus diesem Grund wird der Begriff des „Neolithikums“ im Zusammenhang mit Afrika eher vermieden, im Gegensatz zu Mitteleuropa, wo das gesamte „Bündel“ vor etwa 7500 Jahren komplett in Erscheinung trat und deswegen als Neolithische Revolution bezeichnet wurde.

In Afrika gab es bereits um 4900 v. Chr. Hirtengemeinschaften, die zunächst mit Schafen und Ziegen und später mit Rindern weitgehend nomadisch lebten. Im Afrika südlich der Sahara traten erst Anfang des zweiten vorchristlichen Jahrtausends Kulturpflanzen in Form von Perlhirse und Augenbohne auf. Es gibt Hinweise, dass die Neolithisierung Afrikas vielfach eigene Wege gegangen ist und sich zumindest teilweise autochthon vollzog. Die Keramik ist beispielsweise älter als im Vorderen Orient.

Inwieweit bei den domestizierten Tieren afrikanische Vorfahren beteiligt waren, ist nicht vollkommen geklärt. Nach molekularbiologischen Untersuchungen ist auch die indigene Domestikation zumindest einiger Haustiere nicht auszuschließen. Dies gilt jedoch nicht für die Ziege, die vom vorderen Orient eingeführt wurde. Im südlichen Afrika können die ältesten Schafe und Ziegen nicht vor die Jahrtausendwende datiert werden. Dies und vorwiegend linguistische Argumente sind die Grundlage für die Annahme einer „Bantu-Wanderung“. Dafür fehlen bisher aber archäologische Belege.

In Äthiopien wurden (möglicherweise sogar vor dem Eintreffen der vorderasiatischen Kulturpflanzen) Teff und Kaffee domestiziert.

Ostasien und Polynesien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der um ebenfalls 3000 v. Chr. einsetzenden austronesischen Expansion verbreitete sich die Landwirtschaft mit den in Südchina kultivierten Pflanzen in Südostasien und dem pazifischen Raum. Da es von der Forschung als unwahrscheinlich erachtet wird, dass es ein weiteres Domestikationszentrum zwischen Indien und Südchina gegeben hat, ist folglich China auch Ursprungsort des indischen Reises. In Neuguinea dagegen waren unter Umständen bereits vor dem Eintreffen der südchinesischen Kulturpflanzen die einheimischen Jäger und Sammler dazu übergegangen, Bananen und Zuckerrohr zu nutzen. Von Nordchina aus, wo Reis ab 3000 v. Chr. angebaut wurde, verbreitete sich die Landwirtschaft binnen eintausend Jahren nach Korea und schließlich sehr spät nach Japan.

Amerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der mesoamerikanische Ackerbau breitete sich nordwärts aus, wo er jedoch in den Wüstengebieten des heutigen Texas ein Hindernis fand. Womöglich fand die Domestizierung von Sonnenblumen, Gänsefüßen, Maygrass (Phalaris caroliniana) und Topinambur im Osten der heutigen Vereinigten Staaten daher unbeeinflusst statt. Der Kürbis, so bewiesen Gentests, wurde in insgesamt sechs verschiedenen Regionen domestiziert. Ebenso wurden zahlreiche andere Pflanzenarten mehrfach in unterschiedlichen Regionen kultiviert. In den peruanischen Anden und dem angrenzenden Amazonasbecken wurden daher vermutlich eigenständig Maniok und Kartoffeln domestiziert und erst später durch Mais ergänzt.

Ebenso wie in Mittelamerika mangelte es in Südamerika an geeigneten großen Säugetieren zur Domestikation. Einzig das Lama wurde für den Lastentransport genutzt. Zur Fleischversorgung diente Charque, getrocknetes, in Streifen geschnittenes Lamafleisch, und es wurden Meerschweinchen gehalten.

Sonstige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einigen Regionen der Erde hielt die Landwirtschaft – und damit die Jungsteinzeit – nie (d. h. mindestens bis zur europäischen Kolonialzeit) Einzug. Zum einen sind dies Wüsten- und Polar-Regionen, die sich grundsätzlich nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung eignen. Zum anderen sind es Regionen, die erstens keine zur Domestikation geeigneten Arten in ihrer Flora und Fauna boten sowie zweitens durch Wüsten oder ähnliche unwegsame Gebiete von den Entwicklungszentren der Landwirtschaft getrennt waren und daher nicht in Besitz geeigneter kultivierter Pflanzen und Tiere kamen (wie Australien). Heute stehen nur noch wenige Naturvölker auf einer Entwicklungsstufe vor der Jungsteinzeit.

Technologie und Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rekonstruktion Steinzeithaus Schussenried (Pfahlbaumuseum Unteruhldingen)

Die meisten Werkzeuge aus Holz, Tierknochen oder Feuerstein waren denen aus der Alt- und Mittelsteinzeit sehr ähnlich. Neu waren Beile und Äxte, die durch Sägen und Schleifen geschärft und zur Schäftung durchbohrt wurden. Ebenfalls neu war das Auftreten gebrannter Tongefäße. In den meisten Regionen traten diese meist zur Bevorratung gebrauchten Gefäße mit oder unmittelbar nach der Entwicklung des Ackerbaus auf, in Japan dagegen aber schon weit vorher.

Mit der beginnenden Sesshaftigkeit entwickelte sich auch der Hausbau weiter. Im Gebiet der Alpen baute man Hütten auf meterhohen Stützen (Pfahlbauten) an den Ufergebieten der Seen – eine Bauweise, die den periodischen Überflutungen der Seeufer angepasst war. Um die Dörfer baute man hohe Zäune (Palisaden) zum Schutz vor Tieren oder Feinden. Auch im Seengebiet des Jangtsekiang und an seinem Delta wurde auf diese Weise gebaut.

In Çatalhöyük wurden meist rechteckige Häuser aus Lehmziegeln und einem Holzgerippe gebaut. Für eine sesshafte Kultur war Grundbesitz und dessen Verteidigung von großer Bedeutung; Oasenstädte wie Jericho wurden von meterhohen Mauern umgeben.

Die Entwicklung der Landwirtschaft und die daraus resultierende Verbesserung der Versorgungslage führte zu einem Anstieg der Bevölkerungszahl. Gleichzeitig spezialisierten sich Teile der Gruppe auf bestimmte Tätigkeiten. Es bildete sich eine geistige und politische Führungsschicht (Priester, Stammesoberhäupter, Fürsten).

Metalle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Jungsteinzeit wurde auch die Metallbearbeitung entwickelt. Sie beschränkte sich aber auf gediegen (elementar) vorkommende Metalle wie Gold, Silber und Kupfer. Die ältesten Kupferfunde stammen aus Kleinasien und dem Iran und sind über 9000 Jahre alt. Aufgrund der Metallverarbeitung wird der letzte Abschnitt der Jungsteinzeit regional begrenzt als Kupfersteinzeit bezeichnet.

Archäologische Kulturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb der Jungsteinzeit lassen sich (deutlicher als in der Altsteinzeit) archäologisch „typische“ Kulturen erkennen, die jeweils nach mehrhundertjähriger Dauer einander ablösten oder in eine neue Phase eintraten. Die archäologischen Funde und Fundsituationen weisen innerhalb von zeitlich und regional bestimmbaren Regionen Ähnlichkeiten auf und deuten die Grenzen der einheitlichen Kulturräume an.

Während die Menschen der Levante nach neuesten Erkenntnissen bereits vor 13.000 Jahren Ackerbau betrieben, schließt Mitteleuropa etwa 5000 (La-Hoguette-Kultur beziehungsweise Linearbandkeramik) bis 9000 Jahre später auf. Entlang den Mittelmeerküsten wird Südeuropa und Südwesteuropa von der Kultur mit Abdruckkeramik (fachsprachlich italienisch Impresso, französisch Cardial genannt) neolithisch. Die Trichterbecherkultur erreichte Südschweden und das Skagerrak.

Wichtige archäologische Stätten der Mittel- und Endphase der Jungsteinzeit (vor 6500 bis 4800 Jahren) und Nachfolger der Tempel auf dem Göbekli Tepe (Anatolien vor 11.000 Jahren) sind die Megalithanlagen und Menhire in Carnac (Frankreich), in Skara Brae (Schottland), die Tempel auf Malta sowie Newgrange und Knowth in Irland. In das 8. Jahrtausend v. Chr. werden im historischen Chusistan die Fundstellen Tschogha Misch und Tschogha Bonut datiert.

Der wichtigste Skelett-Fund aus der Endphase der Jungsteinzeit in Europa ist der als Ötzi bekannte „Mann vom Tisenjoch“, der vor über 5000 Jahren gelebt hatte. Seine Leiche blieb als gefriergetrocknete Mumie im Eis des Similaungletschers erhalten. Er hatte typische Gerätschaften der Jungsteinzeit wie Pfeil und Bogen bei sich und trug bereits ein Kupferbeil.

Ägäis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ohne direkte Traditionslinien stehen die neolithischen Funde auf der Kykladeninsel Saliagos. Weder lassen sich Vorläufer (z. B. in Anatolien) noch direkte Nachfolger in der bronzezeitlichen Kykladenkultur nachweisen.

Donauraum (Danubischer Raum), Südosteuropa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im mittleren Donauraum setzte das Neolithikum mit der Starčevo-Kultur, in Griechenland mit der Sesklo-Kultur ein. Das Mittelneolithikum prägten auch die Alföld-Linearkeramik und die Bükker Kultur in Nordungarn und der Slowakei. Das Endneolithikum war in Serbien und im Banat durch die Vinča-Kultur, in Ungarn durch die Theiß-Kultur bestimmt. Am Übergang zum Mittelneolithikum bricht auf dem Balkan und im danubischen Raum die Kontinuität der Tell-Siedlungen ab.

Mitteleuropa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hier breitet sich das Neolithikum ab 5600/5500 v. Chr. vom Donauraum her mit der gut erforschten bandkeramischen Kultur nach Norden bis an die Lössgrenze aus. Sie reichte schließlich von Moldawien bis in das Pariser Becken. Parallel dürften sich in Enklaven, besonders aber an der Peripherie, mesolithische Jäger- und Sammler gehalten haben. Der Bandkeramik folgte im westlichen Verbreitungsgebiet (etwa heutiges Deutschland) die Rössener Kultur, im Osten die Stichbandkeramik, die Oberlauterbacher Gruppe und die Münchshöfener Kultur.

Siehe auch: Frühneolithikum, Mittelneolithikum, Jungneolithikum, Spätneolithikum, Endneolithikum

Nördliches Mitteleuropa und Nordeuropa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chronologie des Neolithikums im nördlichen Mitteleuropa und in Skandinavien nach C. J. Becker

Im Norden breitet sich das Neolithikum erst zwischen 4200 und 4000 v. Chr. mit der Trichterbecherkultur aus. Sie wird in ihrer Endphase im Osten von der Kugelamphoren-Kultur überlagert. Es folgen ab 2800 v. Chr. im Westen die Glockenbecherkultur, im Osten die Schnurkeramische Kultur. Mit ihnen endet das Neolithikum in diesem Bereich. Die Trichterbecherkultur entwickelte Stufen, die durch den Dänen C. J. Becker definiert, jedoch inzwischen wissenschaftlich differenziert wurde (siehe Grafik).

China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittelamerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Südamerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Afrika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Afrika steht die archäologische Erforschung der Jungsteinzeit noch am Anfang. Dadurch sind bis heute nur wenige detailliert beschriebene Komplexe bekannt, die die Bezeichnung archäologische Kultur verdienen; meist beschränken sich die Kenntnisse auf größere Regionen. Folgende Fundkomplexe entsprechen am ehesten den Kriterien der europäischen Jungsteinzeit, sind jedoch jünger:

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im neolithialisierenden Eurasien gehörte der Emmer zu den ältesten kultivierten Getreidearten.[11] Seinen Ursprung hatte er im Nahen Osten, er wurde dort seit mindestens 10.000 Jahren angebaut. Es folgten die Erbsen und Linsen. Vor mindestens 8000 bis 9000 Jahren, möglicherweise auch schon früher, begann die Domestikation von Hausziegen, die somit zu den ältesten wirtschaftlich genutzten Haustieren zählen. Später kamen der Olivenbaum und der Wein und andere Tiere und Pflanzen hinzu.[12]

Diese schrittweisen Änderung der menschlichen Lebensweise aus den Jäger-und-Sammler-Kulturen hin zu Ackerbau und Viehzucht brachte nicht durchgängig eine vorteilhaftere Lebensweise. Mit dem Begriff des Sozialmetabolismus wird eine Organisationsform des stofflichen und energetischen Austausches von menschlichen Gemeinschaften mit ihrer Umwelt beschrieben, wobei aus der Perspektive des Begriffs nicht so die Betrachtung der sozialen Organisationsformen im Vordergrund stehen, sondern die des Stoffwechsels.[13] So zeichneten sich die Jäger-und-Sammler-Kulturen durch eine unkontrollierte Nutzung der Sonnenenergie und die der Agrargesellschaften durch eine kontrollierte Nutzung der Sonnenenergie aus.[14] Will man die Größenordnungen des sozialen Metabolismus abschätzen, ist dies für die Energieflüsse einfacher, als es für den Materialfluss möglich ist. Referenzwert ist beim Energiefluss das physiologische Minimum der basalen Stoffwechselrate, energetisch können hierfür 10 Megajoule in 24 Stunden (pro Tag) veranschlagt werden, was 3,5 Gigajoule pro Jahr entspräche. Stofflich werden, inklusive des Wasserverbrauchs, 3 kg angenommen, also etwa 1000 kg pro Jahr.

Energie in Gigajoule pro Jahr Material in Tonnen pro Jahr
basaler Metabolismus 3,5 1–2
Jäger und Sammler 10–20 (Faktor 3–5) 2–3
Agrargesellschaften 60–80 (Faktor 20) 4–5

[15]

Nach anfänglich starker Dynamik der sich ausbildenden neolithischen Siedlungen bildete sich dann um 3000 v. Chr. ein relativ stabiles globales Muster agrarischer Gesellschaften heraus. Aus der Beschreibung der Energie- und Stoffflüsse im Modell des Sozialmetabolismus sind zwar die Grundlagen für eine erhöhte Bevölkerungsdichte neolithischer Siedlungen und Kulturen ablesbar – aufgrund der verbesserten Nahrungssituation – nicht aber deren krisenhafte Entwicklungen. Das Spektrum der Erkrankungen änderte sich, so breiteten sich etwa die Tuberkulose, die Brucellose (Zoonosen u. a. m.) ebenso aus, wie spezifische Veränderungen am Bewegungsapparat durch einseitige und sich wiederholende körperliche Aktivitäten. Ferner traten „urbane Probleme“ wie die der Hygiene, Land- und Besitzverteilung und Sicherung, Vorratswirtschaft, Besitzsicherung, Wasserversorgung (Brunnen) usw. hinzu.

Der soziale Metabolismus von Jäger-und-Sammler-Kulturen fußte darauf, dass sie sich in bestehende Solarenergieströme einschalteten, ohne diese aber zu modifizieren oder gar kontrollieren zu wollen. Ihre Grundstrategie hatte eine Reihe von Mustern zur Folge die diese Kulturen auszeichneten. Meist sind diese menschlichen Gemeinschaften als egalitär-akephale Gruppen charakterisiert. Ein Ergebnis ihrer mobilen Lebensweise, denn der Zwang zur Mobilität erbrachte keinen evolutionären Vorteil für die Ausbildung komplexer sozialer Strukturen oder der Herstellung komplexer Artefakte.[16]

Doch soll es – unterschiedliche Hypothesen werden hierzu angeboten – nicht der generelle oder spezielle Mangel gewesen sein der zur Neolithischen Revolution und den jungsteinzeitlichen Kulturen führte, sondern der relative Überfluss im Gebiet des fruchtbaren Halbmonds. Der relative Überfluss etwa an Wildgräsern, jagbaren Tieren soll die Basis der zur Viehhaltung und Erntewirtschaft führenden Siedlungen geführt haben. Der Ackerbau oder auch schon die Vorstufen in Form der Erntewirtschaft sind nicht das Resultat einer sich verschärfenden Ressourcenverknappung, sondern der relative Überfluss machte erst eine Domestikation von Tieren möglich. Wildtiere waren nur domestizierbar, wenn sie in ausreichender Zahl vorhanden sind, denn ansonsten würden die gefangenen Tiere augenblicklich verzehrt werden. Um also Tiere wie Ziegen, Schafe zu domestizieren, muss man größere Gruppen dieser Tiere kontrollieren und nicht nur Einzeltiere. Das aber ist nur möglich, wenn man nicht am Rande des Hungertodes lebte, wenn genügend Überschuss vorhanden war, um sich nicht vom direkten Erfolg der erntewirtschaftlichen und tierzähmenden Handlungen abhängig zu machen.[17] Im Sinne des Sozialmetabolismus führte die Viehhaltung und Erntewirtschaft zu einer Zunahme der Energie– und Stoffflüsse, die die speziellen Strategien der kontrollierten Nutzung von Solarenergieströmen weiter evolutionieren ließen. Hierbei bediente sich das menschliche Kollektiv vor allem biologischer Energiekonvertoren (Ackerbaupflanzen wie den Emmer und Tieren wie den Ziegen), die über den Verlauf der Generationen zu den jeweiligen Zwecken genetisch modifiziert wurden und deren Lebensräume aktiv umgestaltet worden sind. Ferner übertrug man diese Strategie auf weitere zusätzliche dazu geeignete Pflanzen- und Tierarten. Diese Strategien nötigten den menschlichen Kulturen aber auch Änderungen in ihrer Sozialstruktur ab. Aus den weitgehend egalitär-akephalen Gruppen der Jäger-und-Sammler-Kulturen wurden über tribale Gemeinschaften und Häuptlingstümer immer zahlenstärkere menschliche Gemeinschaften mit komplexen tributären Organisationsstrukturen.

Die durch die in Eurasien in den Gebieten des Fruchtbaren Halbmonds aufgrund der äußeren Bedingungen einsetzende Sesshaftwerdung brachten sukzessive Änderungen in der Sozialstruktur der menschlichen Gemeinschaften.[18] Zwar nahm im Total die Gesamtmenge der zur Verfügung stehenden Nahrung zu (Physiologischer Brennwert), doch waren die annualen Nahrungsmittelproduktionen starken saisonalen Schwankungen ausgesetzt. Mit in der Folge zum Teil erheblichen Populationsschwankungen und Sterblichkeitsraten.[19] Gleichzeitig konnten aber aufgrund der phasenweise verbesserten Nahrungsversorgung die Bevölkerungszahlen der menschlichen Ansiedlungen steigen. Höhere Bevölkerungszahlen ermöglichten eine horizontale Differenzierung der jungzeitlichen Gemeinschaften. Die wachsende horizontale Differenzierung ist direkt an die Bevölkerungszahlen gekoppelt, denn eine Spezialisierung setzt eine gewisse Zahl von beteiligten Menschen voraus. Eine größere Spezialisierung vergrößerte die Produktivität der jungsteinzeitlichen Kulturen, das wiederum verbesserte deren Versorgung, erhöhte den Sozialmetabolismus, den Stoff– und Energiefluss, also letztlich die Strategien der kontrollierten Nutzung von Solarenergieströmen. Dadurch konnte prinzipiell wiederum die Bevölkerung weiter wachsen, unter dem Vorbehalt, dass die frühen jungzeitlichen Kulturen von einer stärkeren Instabilität betroffen waren. Der Prozess der horizontalen Differenzierung wurde begleitet von einem Prozess der vertikalen Differenzierung, dem Herausbilden einer herrschenden Elite, etwa der Häuptlinge oder Priesterkasten. Veränderungen im Bereich der Organisation von Arbeitsteilung, Herrschaft, Siedlungsbau, Regelung von Eigentum blieben nicht ohne Auswirkungen auf spirituell-religiösen Fragen.

Humberto Maturana definierte Kultur als ein Netz von Umgangsformen, die das Gefühls-Sprach-Handeln[20] bestimmen und einen Sprach-Konsens erzeugen der über die Generationen weitergegeben wird.[21] Das agrartechnologische Wissen, aber auch das der administrativen und spirituellen Ordnung wurde so von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Aber auch der Austausch zwischen den einzelnen menschlichen Siedlungen fand über dieses versprachlichte Netz der Umgangsformen seinen Weg.[22] Durch die Entwicklung von Pflanzenbau und Tierzucht kam der Idee der Fruchtbarkeit in der Vorstellung des Menschen eine noch größere Bedeutung zu. Analog zum Säen–Reifen–Ernten wurde die Abfolge Geburt–Leben–Tod in der Glaubenswelt bedeutend. Die Stellung der Frau als im frühen Ackerbau wesentliche Kraft stieg (matristische Kulturen),[23] analog der Rolle weiblicher Fruchtbarkeitsgottheiten in der Religion. Wie in den vorausgehenden steinzeitlichen Religionen, wurden Kräfte in der umgebenden Tierwelt vermutet. Menschen-, tier- oder mischgestaltige Chimären wurden Objekte der Verehrung.

Die vielfältige und abwechslungsreiche Formung und Ornamentierung von Töpferware (Keramik) lässt Archäologen einzelne Gefäße (und damit Fundplätze) einer bestimmten Kulturgruppe zuordnen. Als oft einziges verlässliches Indiz für eine Kulturstufe wird die Form oder Ornamentierung ihrer Keramik als typochronologische Leitform vielfach zur Bezeichnung für die Kultur selbst herangezogen, zum Beispiel Trichterbecherkultur, Glockenbecherkultur, Bandkeramische Kultur, Grübchenkeramische Kultur oder Schnurkeramik.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Portal: Ur- und Frühgeschichte – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Ur- und Frühgeschichte

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monographien

  • Hans-Jürgen Beier (Hrsg.): Studien zum Siedlungswesen im Jungneolithikum. Beiträge der Sitzung der AG Neolithikum, gehalten in Kempten/Allgäu 1995 In: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 10 Beier & Beran, Weißbach 1996
  • MediaCultura (Hrsg.): Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 3-8062-2090-5 (DVD-ROM).
  • Steven Mithen: After the Ice. A Global Human History, 20.000–5000 BC. Weidenfeld & Nicolson, London 2003, ISBN 0-297-64318-5.
  • Josef H. Reichholf: Warum die Menschen sesshaft wurden. 2. Aufl. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-10-062943-2.
  • Daniel Zohary, Maria Hopf: Domestication of Plants in the Old World. The Origin and Spread of Cultivated Plants in West Asia, Europe and the Nile Valley. 3. Aufl. Oxford University Press, Oxford 2000, ISBN 0-19-850357-1.

Aufsätze

  • Christopher S. Troy u. a.: Genetic evidence for Near-Eastern origins of European cattle. In: Nature. Band 410, 2001, April, doi:10.1038/35074088, S. 1088–1091.
  • Lounès Chikhi u. a.: Y genetic data support the Neolithic demic diffusion model. In: PNAS. Band 99, 2002, S. 11008–11013.
  • Gordon Hillmann u. a.: New evidence of Lateglacial cereal cultivation at Abu Hureyra on the Euphrates. In: The Holocene. Band 11, Nr. 4, 2001, doi:10.1191/095968301678302823, S. 383–393.
  • Simcha Lev-Yadun, Avi Gopher, Shahal Abbo: The Cradle of Agriculture. In: Science. Band 288, Nr. 5471, 2000, doi:10.1126/science.288.5471.1602, S. 1602–1603.
  • Dolores R. Piperno u. a.: Processing of wild cereal grains in the Upper Palaeolithic revealed by starch grain analysis. In: Nature. Band 430, 2004, doi:10.1038/nature02734, S. 670–673.
  • Kevin O. Pope u. a.: Origin and Environmental Setting of Ancient Agriculture in the Lowlands of Mesoamerica. In: Science. Band 292, Nr. 5520, 2001, doi:10.1126/science.292.5520.1370, S. 1370–1373.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Neolithic – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Wiktionary: Jungsteinzeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. David W. Anthony(2007), The horse, the wheel, and language, ISBN 978-0-691-05887-0, Seite 126
  2. Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 3-8062-2072-7 (Ausstellungskatalog).
  3. Klaus Schmidt: Sie bauten die ersten Tempel. Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger. Beck, München 2006, ISBN 3-406-53500-3.
  4. John Lubbock: Prehistoric Times, as Illustrated by Ancient Remains and the Manners and Customs of Modern Savages. Williams and Norgate, London 1865 (deutsche Ausgabe: Die vorgeschichtliche Zeit erläutert durch die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden. Costenoble, Jena 1874, 2 Bände).
  5. Vere Gordon Childe: Der Mensch schafft sich selbst. Verlag der Kunst, Dresden 1959.
  6. Paläogenetische Forschungsergebnisse des Instituts für Anthropologie, Mainz. In: Deutschlandfunk, aus Forschung und Technik. 4. September 2009.
  7. In: Josef H. Reichholf: Warum die Menschen sesshaft wurden. 2. Aufl., S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-10-062943-2
  8. Reichholf 2008, S. 184 f.
  9. Reichholf, S. 272.
  10. Reichholf 2008, S. 262
  11. Simone Riehl: Der lange Weg zur Landwirtschaft. Spektrum der Wissenschaft, April 2014, S. 64–68
  12. Yuval Noah Harari: Eine kurze Geschichte der Menschheit. DVA, München 2013, ISBN 978-3-421-04595-9, S. 101 f.
  13. Mark Q. Sutton; E. N. Anderson: Introduction to Cultural Ecology. Rowman & Littlefield Pub., Lanham / New York / Toronto / Plymouth, UK 2010, ISBN 978-0-7591-1248-3, S. 84 f.
  14. Wolfram Siemann; Nils Freytag: Umweltgeschichte: Themen und Perspektiven. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49438-2, S. 42.
  15. I. G. Simmons: Changing the face of the earth. Blackwell, Oxford 1989, ISBN 0-631-14049-2, S. 197.
  16. Rolf Peter Sieferle: Lehren aus der Vergangenheit. Expertise für das WBGU-Hauptgutachten „Welt im Wandel: Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“ Berlin 2010, online.
  17. Josef Reichholf: Warum die Menschen sesshaft wurden. Das größte Rätsel unserer Geschichte. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-10-062943-4.
  18. Hans-Peter Uerpmann: Von Wildbeutern zu Ackerbauern – Die Neolithische Revolution der menschlichen Subsistenz. Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte — 16 (2007), S. 55–74 (Memento vom 19. September 2011 im Internet Archive).
  19. Stephen Shennan; Sean S. Downey; Adrian Timpson; Kevan Edinborough; Sue Colledge; Tim Kerig; Katie Manning; Mark G. Thomas: Regional population collapse followed initial agriculture booms in mid-Holocene Europe. Nature Communications (2013) 4:2486.
  20. Vgl. Handlungstheorie
  21. Humberto R. Maturana; Gerda Werden-Zöller: Liebe und Spiel. Die vergessenen Grundlagen des Menschseins. Matristische und patriarchale Lebensweisen. Auer-Verlag, 1993, ISBN 3-927809-18-7, S. 24.
  22. Vorlesung Holger Kuße. Institut für Slavistik /Slavische Sprachgeschichte und Sprachwissenschaft, TU Dresden SS 2008: Kulturwissenschaftliche Linguistik I. Einführung: Kultur – Sprachwissenschaft – Kulturwissenschaftliche Linguistik. S. 4–33, online.
  23. Humberto R. Maturana; Gerda Werden-Zöller: Liebe und Spiel. Die vergessenen Grundlagen des Menschseins. Matristische und patriarchale Lebensweisen. Auer-Verlag, 1993, ISBN 3-927809-18-7, S. 27.