21.05.2013

Jürgen Trittin (Grüne): 90 Prozent der Einkommen- steuerzahler werden entlastet – Stimmt fast

Die Grünen planen in ihrem Wahlprogramm deutliche Änderungen unter anderem bei der Einkommensteuer: Damit würden rund 90 Prozent der Steuerzahler entlastet, behauptet Jürgen Trittin immer wieder. Das #ZDFcheck-Fazit: Stimmt fast.

Zitat:

„Wir sorgen dafür, dass jeder und jede, der weniger als 60.000 Euro verdient, bei uns entlastet wird durch die Anhebung des Existenzminimums. Das führt dazu, dass rund 90 Prozent der Einkommensteuerzahler in Deutschland entlastet werden.“

Bisherige Rechercheergebnisse:

So funktioniert's

Was checken wir genau?

Wir prüfen, ob durch die Einkommensteuerpläne der Grünen 90 Prozent der Steuerzahler entlastet werden – nach Jürgen Trittins Aussage also alle Steuerzahler, die weniger als 60.000 Euro im Jahr verdienen.

Damit konzentriert sich dieser Check auf einen interessanten Teilausschnitt aus den steuerlichen Reformplänen der Grünen.  Er checkt nicht das Gesamtpaket, sondern hält sich eng an den oben zitierten Satz von Jürgen Trittin. Es handelt sich um einen „Schlüsselsatz“ grüner Wahlkampf-Rethorik. Viele grüne Spitzenleute verwenden ihn: Jürgen Trittin zum Beispiel im heute journal und im ZDF-Morgenmagazin, Renate Künast im Forum Politik von Phoenix und auf ihrer Seite und Katrin Göring-Eckardt in der Saarbrücker Zeitung.

Wie sehen die Einkommensteuerpläne der Grünen konkret aus?

Die genauen Pläne haben die Grünen in ihrem Bundestagswahlprogramm formuliert – und zwar in Kapitel D und Kapitel H. Dort hebt die Partei drei Punkte hervor, die sie verändern will:

1. Erhöhung des Spitzensteuersatzes

 „… soll der Spitzensteuersatz auf 45% bei 60.000 Euro zu versteuerndem Einkommen linear verlängert werden, um dann bei 80.000 Euro bei 49% zu liegen.“

 

 2. Anhebung des Grundfreibetrages

 „Das derzeitige Einkommensteuersystem ist ungerecht. Wir erhöhen deshalb den Grundfreibetrag auf 8.700 Euro.“

Auf unsere Nachfrage hin konkretisieren die Grünen die Angabe: „Wir wollen den Grundfreibetrag auf 8.712 Euro anheben.“

 

3. Abschmelzung bzw. Abschaffung des Ehegattensplittings / Einführung einer Individualbesteuerung

 „Das Ehegattensplitting wollen wir deshalb durch eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Existenzminimum ersetzen.

[…]

Wir wollen bestehende und neue Ehen dabei gleichbehandeln. Dies kann vor allem durch eine Deckelung des Splittingvorteils erreicht werden, der die Belastung aus der Reform des Ehegattensplittings am Anfang auf Haushalte mit einem Einkommen von zusammen mindestens 60.000 Euro und mehr begrenzen würde.

[…]

Wir halten es derzeit für realistisch, diesen Splittingdeckel schrittweise innerhalb von 10 Jahren abzubauen.“

 

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  • Einkommensteuerbelastung

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Momentan liegt der Grundfreibetrag bei 8.130 Euro (blaue Linie), die Grünen wollen ihn auf 8.712 Euro anheben (grüne Linie). Wird der Grundfreibetrag überschritten, greift der Eingangssteuersatz von derzeit 14 Prozent. Die Steuerabgaben steigen im Zuge der Steuerprogression – steigende prozentuale Belastung bei höherem Einkommen – an. Nach den aktuell geltenden Einkommensteuersätzen greift der Grenzsteuersatz von 42% für den ersten zusätzlich verdienten Euro ab 55.882 Euro bei Singles, bei Ehepaaren ab 105.764 Euro. Ab 250.731 Euro (bei Ehepaaren ab 501.642 Euro) wird aktuell der Spitzensteuersatz von 45% fällig. Die Grünen planen eine lineare Verlängerung des aktuellen Verlaufs auf 45 % bis etwa 60.000 Euro und eine weitere lineare Erhöhung auf den neuen Spitzensteuersatz von 49% bis 80.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen. Über 80.000 Euro bleibt der Steuersatz konstant bei 49% (grüne Linie). Auch hier verdoppeln sich die Beträge bei Ehepaaren.

Stimmt es, dass 90 Prozent der Einkommensteuerzahler weniger als 60.000 Euro im Jahr verdienen?

Wie wir fragt sich zum Beispiel auch unser #ZDFcheck-Helfer Joniboni, ob die Grundannahme der Trittin-These stimmt: Verdienen 90 Prozent der Einkommensteuerzahler weniger als 60.000 Euro im Jahr?

Die Grünen verwenden im Zusammenhang mit den Reformplänen unterschiedliche Begriffe. Mal reden sie von „Steuerzahlern“ (Trittin) mal von „Steuerpflichtigen“. Das ist ein Unterschied. Deshalb hier eine kurze Klärung der Begriffe. Wer gilt eigentlich als Einkommensteuerzahler? Nachfragen beim Bundesfinanzministerium und Statistischen Bundesamt ergeben – vereinfacht dargestellt – folgende Definitionen:

Einkommensteuerzahler: Diejenigen, die tatsächlich ans Finanzamt zahlen.

Einkommensteuerpflichtige: Einzelpersonen oder Ehepaare, die beim Finanzamt als steuerpflichtig erfasst werden, aber nach ihren persönlichen Verhältnissen nicht unbedingt Steuern zahlen müssen. Wichtig: Zusammen veranlagte Ehepartner werden hier als ein Steuerpflichtiger gezählt.

Zu versteuerndes Einkommen: Bezeichnet nicht mein gesamtes Bruttoeinkommen, sondern mein Brutto abzüglich Werbungskosten (z. B.  Fahrt zur Arbeit, doppelte Haushaltsführung, Bildungsreise etc.), Sonderausgaben (u. a. Altersvorsorge sowie Kranken- und Pflegeversicherung, Rechtschutzversicherung, Kinder) etc.  Das heißt, das „zu versteuernde Einkommen“ liegt deutlich unter dem, was man gemeinhin unter Bruttoeinkommen versteht.

Jetzt nehmen wir uns Trittins Aussage vor, dass 90 Prozent der Einkommensteuerzahler weniger als 60.000 Euro im Jahr verdienen. Zuvor fragen wir aber noch mal bei den Grünen an, von welchem Begriff ihr Modell ausgeht: Trittin habe mit seiner Aussage die Gruppe der Einkommensteuerpflichtigen gemeint, so die Pressestelle.  Insofern hat Trittin hier im Interview unscharf formuliert: Er spricht von Einkommensteuerzahlern und meint eigentlich Einkommensteuerpflichtige.

Wir lassen das Statistische Bundesamt für den #ZDFcheck beide Varianten durchrechnen:

Der ersten Rechnung liegen die Zahlen der „Einkommensteuerpflichtigen“ zugrunde, also der Gruppe, auf die sich die Rechnung der Grünen eigentlich bezieht: Im Jahr 2007 gab es 38,64 Millionen Steuerpflichtige. (Wichtig: Dabei gelten gemeinsam veranlagte Ehepaare als ein Steuerpflichtiger). Bei 35,44 Millionen von diesen Steuerpflichtigen lag der Gesamtbetrag der Einkünfte pro Jahr unter 60.000 Euro. Das sind 91,6 Prozent der Steuerpflichtigen – also rund 90 Prozent.

In der zweiten Rechnung beziehen wir uns auf die „Einkommensteuerzahler“, also die, die wirklich Steuern abführen (Steuerpflichtige mit positiver festzusetzender Einkommensteuer). Diese Gruppe nennt Trittin im Interview: Das sind diejenigen, die tatsächlich Steuern bezahlen – insgesamt 26,72 Millionen. (Auch hier gelten zusammen veranlagte Paare als ein Steuerzahler.) Davon haben 23,52 Millionen ein zu versteuerndes Einkommen unter 60.000 Euro im Jahr. Das sind 88 Prozent.

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  • Steuern_Chart1
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Nach beiden Rechenarten stimmt die Aussage Trittins wenn er von „rund 90 Prozent“ spricht. Das #ZDFcheck-Fazit für diese Zwischenfrage zeigt grün.

Werden Menschen mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 60.000 Euro nach den grünen Plänen entlastet?

In unserem zweiten Rechercheschritt kommen wir jetzt zur Schlüsselfrage: Zahlen Menschen mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 60.000 Euro nach den grünen Plänen tatsächlich weniger Einkommensteuer als vorher?

Unmittelbar nachdem die Grünen Ende April ihre Steuerpläne beschlossen hatten, haben einige Experten die Ent- und Belastungen für die Betroffenen berechnet. Einige Institute legten dabei das Bruttoeinkommen zu Grunde, andere gingen von dem zu versteuernden Einkommen (zvE) aus. Das zu versteuernde Einkommen ist immer niedriger als das Bruttoeinkommen, da hier z.B.  Werbungskosten und Sonderausgaben abgezogen werden.

Wichtiger aber ist: Bei allen Berechnungen macht es einen Unterschied, ob nur der sogenannte Grundtarif (Singles ohne Kinder) geprüft wird, oder ob zum Beispiel auch Ehegattensplitting und Kinderfreibeträge berücksichtigt werden. Die meisten der bisherigen Berechnungen beziehen sich auf den Grundtarif. Hier ein Überblick.

Was sagen die Institute?

Nach Berechnungen des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler für die FAZ müssten Arbeitnehmer und Selbstständige im Grundtarif erst bei einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von mehr als 62.000 Euro mit einer höheren Steuerlast rechnen – sollten die Pläne der Grünen verwirklicht werden.

Das Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) hat im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)  die Steuerpläne von SPD, Grünen, CDU/CSU und den Linken verglichen. Grundlage des Vergleichs war das zu versteuernde Einkommen (zvE) eines kinderlosen Singles (Grundtarif). Hier heißt es: „Die durchschnittliche Belastung der Steuerpflichtigen steigt ab einem zvE von 60.000 € deutlich.“

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung hat sich in seinem April-Report ebenfalls mit den Auswirkungen der Steuerpläne der verschiedenen Parteien befasst. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die grünen Einkommensteuererpläne im Grundtarif bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 59.200 Euro noch zu einer „leichten Entlastung“ führen, danach die Belastung aber langsam über das heutige Niveau ansteigt. Bezogen auf das Bruttoeinkommen setzt nach Angaben des IMK eine Mehrbelastung erst oberhalb eines Jahreseinkommens von 66.500 ein.

Frank Hechtner, Professor für angewandte Steuerlehre, hat die Auswirkungen der grünen Steuerpläne für die Süddeutsche Zeitung anhand der damals bekannten, im Parteiprogramm aufgeführten Angaben auf Basis des Bruttoeinkommens durchgerechnet. Demnach müssten Singles erst mehr Einkommensteuer als bisher bezahlen, wenn ihr monatliches Bruttoeinkommen 5872 Euro übersteigt (bei 12 Gehältern: 70.464 pro Jahr).

Ein großer Expertenkreis kommt also zu dem Ergebnis, dass Jahreseinkommen bis zu etwa 60.000 Euro zumindest nicht stärker steuerlich belastet würden als dies heute der Fall ist – zumindest wenn man von einem Single ohne Kinder ausgeht.

Wir bitten die Grünen zu präzisieren

Da viele Angaben im grünen Parteiprogramm nicht sehr eindeutig sind, bitten wir die Grünen, ihre Steuerpläne zu konkretisieren. Nach Angaben der Pressestelle beträgt die Einkommensteuer im grünen Grundtarif für das zu versteuernde Einkommen

–           Bis 8.712 Euro: 0 Euro
–           Von 8.713 bis 13.469 Euro: (974,58  * a + 1470) * a
–           Von 13.470 bis 59.440 Euro: (228,74 * b + 2397) * b + 919
–           Von 59.441 bis 80.000 Euro: (97,28 * c + 4500) * c + 16.773
–           Von 80.001 Euro an: 0,49 * d – 12.764

a ist ein Zehntausendstel des 8.712 Euro übersteigenden Teils des auf volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommens.
b ist ein Zehntausendstel des 13.469 Euro übersteigenden Teils des auf volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommens.
c ist ein Zehntausendstel des 59.440 Euro übersteigenden Teils des auf volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommens.
d ist das auf einen vollen Euro-Betrag abgerundete zu versteuernde Einkommen.

 

Was sagt der Wikipedia-Experte?

Unser User Karolus1 hat auf Basis dieser Angaben die Steuerbelastungen für verschiedene zu versteuernde Jahreseinkommen durchgerechnet (ohne Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags). Karolus1 hat an fast allen Einträgen zum Thema Einkommensteuer in der Wikipedia maßgeblich mitgewirkt. Für einen Single ohne Kinder mit einem Einkommen von 60.000 Euro fallen nach seiner Rechnung 17.025 Euro Steuern an.

Der derzeit gültige Einkommensteuertarif für 2013 sieht für Einkommen von 52 882 Euro bis 250.730 Euro folgende Formel vor: 0,42 * x – 8.196. „x“ ist das auf einen vollen Euro-Betrag abgerundete zu versteuernde Einkommen. Bei 60.000 Euro sind das 17.004 Euro Einkommensteuer – und damit 21 Euro weniger als nach dem Steuermodell der Grünen. Weniger Steuern zahlen müsste man dem grünen Modell zufolge bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen unter ca. 59.300 Euro.  Im Einkommensteuerbereich von 13600 Euro bis 53500 Euro beträgt die Entlastung gleichmäßig 95 Euro.  

Wie sieht es 2014 aus?

Die grünen Steuerpläne können nicht vor 2014 verwirklicht werden. Dann allerdings wird nach einem von Bundestag und Bundesrat bereits gefassten Beschluss der Grundfreibetrag von derzeit 8.130 Euro auf 8.354 angehoben.

Wir bitten das Karl-Bräuer-Institut (Bund der Steuerzahler), die Be- und Entlastungen durch die Grünen Einkommensteuerpläne mit dem Einkommensteuertarif von 2014 für verschiedene zu versteuernde Jahreseinkommen durchzurechnen. Demzufolge ergibt sich bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro eine Entlastung um 11 Euro (Grundtarif inkl. Solidaritätszuschlag).

Zwischenfazit: Trittin hat bis dahin recht, das Zwischenergebnis zeigt grün – allerdings haben wir bisher nur den Grundtarif geprüft.

In einem weiteren Schritt muss nun geprüft werden, wie sich die geplante Abschmelzung bzw. Abschaffung des Ehegattensplittings und die Einführung einer Kindergrundsicherung auswirken.

Werden – auch wenn man das Ehegattensplitting mit berücksichtigt – nur Steuerzahler mit einem Einkommen von mehr als 60.000 Euro belastet?

Dieser Check-Abschnitt ist komplizierter. Was die Grünen hierzu planen, wurde oben beschrieben. Sie beschreiben zwei Phasen:

  • Phase 1: Die Vorteile aus dem Ehegattensplitting werden auf maximal 1.500 Euro begrenzt (die Grünen sprechen von einem „Splittingdeckel“).
  • Phase 2: Innerhalb von zehn Jahren soll dieser Splittingdeckel schrittweise abgebaut und durch eine Individualbesteuerung mit auf den Partner übertragbarem Existenzminimum ersetzt werden. Das Ehegattensplitting wäre damit komplett abgeschafft.

Um verstehen zu können, was das bedeutet hier ein grundsätzlicher Hinweis in Sachen Ehegattensplitting: Je größer der Unterschied zwischen den beiden Einkommen ist, umso mehr profitiert ein Paar vom Ehegattensplitting. Den größten Splittingvorteil haben also Paare mit nur einem Verdiener (Alleinverdienerpaare).

Und eine Einschränkung: Wie groß der Anteil der Steuerzahler ist, die von einer Deckelung bzw. Abschaffung des Ehegattensplittings betroffen wären, lässt sich nicht berechnen. Dazu fehlen ganz einfach die statistischen Daten. Außerdem sehen die grünen Steuerpläne neben dem Ehegattensplitting weitere Änderungen vor. Deshalb müssen am Ende nicht zwingend alle, die momentan vom Ehegattensplitting profitieren, nach Abschaffung schlechter gestellt werden.

Um das grüne Versprechen, es seien nur Steuerzahler mit einem Einkommen über 60.000 Euro betroffen, unter verschiedenen Bedingungen zu testen, bitten wir das Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, das (als arbeitgeberfreundlich geltende) Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) und unseren Wikipedia-Steuerexperten um aktuelle Rechnungen: Was passiert in der ersten Phase? Was geschieht nach 10 Jahren?

Bei dem weiteren Prüfverfahren arbeiten wir mit Fallbeispielen. Anders lässt sich das grüne Wahlversprechen nicht wirklich prüfen. Grundlage der Rechnungen ist bei allen Experten das zu versteuernde Jahreseinkommen (zvE). Wovon Jürgen Trittin in seinem Zitat ausgeht, ist nicht ganz klar und wurde auch unter unseren Usern kontrovers diskutiert. Als wir die Grünen bitten, ihre Pläne zu präzisieren, rechnet die Pressestelle mit dem Begriff „Bruttoeinkommen“. Auf dieser Basis lassen sich allerdings kaum objektive Aussagen treffen. Wie viel Einkommen am Ende versteuert werden muss, kann beim gleichen Bruttoeinkommen je nach persönlicher Situation ganz unterschiedlich aussehen.

Für den Vergleich von Be- und entlastungen liegen uns Beispielrechnungen für zu versteuernde Einkommen von 36.000, 54.000 und 60.000 Euro vor – wobei nicht alle Experten alle Fälle und Varianten durchgerechnet haben. Die Institute und der Wikipedia-Experte gehen von zum Teil unterschiedlichen Annahmen aus. Auf welcher Datenbasis wir unsere Schlüsse ziehen und welche Annahmen den Daten zugrunde liegen, machen wir in einer Übersichtstabelle transparent.

Ergebnisse:

Phase 1: Wenn der grüne Splittingdeckel wirkt (Splittingvorteil bei 1500 Euro gedeckelt ist):

  • Bei einem zvE von 36.000 Euro kommt es für Ehepaare zu Entlastungen – auch für  Alleinverdienerpaare (Rechnung Bund der Steuerzahler und Wikipedia-Experte)
  • Auch bei einem zvE von 54.000 Euro hätten Ehepaare – egal ob mit oder ohne Kinder – unter dem grünen Steuertarif mit Entlastungen bzw. mit nur sehr geringen Mehrbelastungen zu rechnen (Rechnung Bund der Steuerzahler, IW und Wikipedia-Experte).
  • Bei einem zvE von 60.000 Euro ist die Lage nicht ganz klar: Nach den Berechnungen des IW und des Wikipedia-Experten kommen dann Mehrbelastungen auf die Alleinverdiener-Paare zu, während Paare, bei denen einer der Partner mindestens zu 30 Prozent zum Einkommen beiträgt, noch entlastet werden. Der Bund der Steuerzahler hingegen sieht  Entlastungen sowohl für Alleinverdiener- als auch für Doppelverdienerpaare.

 

Phase 2: Wenn der Splittingdeckel nicht mehr wirkt – das Ehegattensplitting also komplett abgeschafft ist (Rechnungen des  Bundes der Steuerzahler und des IW):

  • Laut Bund der Steuerzahler (Karl-Bräuer-Institut) müssen Paare (mit 2 Kindern) dann schon ab einem zvE von 36.000 Euro mit einer Mehrbelastung rechnen. Besonders stark sind Alleinverdienerpaare betroffen.
  • Bei einem zvE von 54.000 Euro gilt das erst Recht – auch nach Berechnungen des IW.
  • Unklar ist die Lage in dem Fall eines Paares, bei dem einer mindestens zu 30 Prozent zum Einkommen beiträgt: Der Bund der Steuerzahler sieht hier sowohl bei einem zvE von 54.000 Euro als auch bei einem zvE von 60.000 Euro Belastungen, das IW rechnet in beiden Fällen mit Entlastungen.

 

Zusammenfassung:
Betrachtet man die verschiedenen Fallbeispiele gibt es zwar im Detail Abweichungen. Unter dem Strich bestätigen aber alle Experten zumindest den ersten Teil von Jürgen Trittins Aussage: Steuerzahler mit einem zvE unter 60.000 Euro werden durch die grünen Steuerpläne entlastet – auch wenn man die Pläne für das Ehegattensplitting berücksichtigt.

Nach 10 Jahren – so die Ergebnisse des Bräuer-Instituts und des IW – ändert sich das: Wenn das Ehegattensplitting ganz weg fällt, werden auch Steuerzahler zur Kasse gebeten, bei denen das zu versteuernde Einkommen unter 60.000 Euro liegt – vor allem Alleinverdienerhaushalte.  Entlastungen sind dann allenfalls für Doppelverdienerhaushalte drin. Dann stimmt also das Wahlversprechen der Grünen nicht mehr. 10 Jahre sind politisch eine Ewigkeit. Bis dahin wird mindestens zwei Mal gewählt. Deshalb fällt dieser kritische Aspekt für das Fazit nicht in gleichem Maße ins Gewicht. Diesem Teilschritt des Checks vergibt die Redaktion deshalb ein „Stimmt fast“.

Das #ZDFcheck-Fazit

Auf dem Prüfstand stand eine der zentralen Wahlkampf-Thesen der Grünen: Das Versprechen einer steuerlichen Entlastung für die große Mehrheit der Einkommensteuerzahler und 100 Prozent jener, die weniger als 60.000 Euro jährlich zu versteuern haben. Der Check war komplex. Er setzte das grüne Zitat einem Belastungstest aus: Es wurde reduziert auf den Grundtarif durchgerechnet, bezogen auf Paare mit nur einem Einzelverdiener, Paare mit verschiedenen Einkommen, unter Anwendung des sogenannten Splittingdeckels sowie für die Zeit nach 10 Jahren, wenn das Ehegattensplitting nach den Plänen der Grünen ganz entfällt. Weder das Institut des Bundes der Steuerzahler, noch das Institut der deutschen Wirtschaft stehen im Verdacht, zugunsten der Grünen zu rechnen. Hinzu kam ein sehr engagierter Experte von Wikipedia.


Und auch wenn die Rechnungen im Detail durchaus differieren, so kam unter dem Strich doch heraus: Die grüne Rechnung stimmt - weitgehend. Erst wenn das Ehegattensplitting nach zehn Jahren wie geplant ganz wegfallen würde, müssten auch einige jener Steuerzahler mehr zahlen, denen die Grünen heute Entlastung versprechen. Zehn Jahre sind politisch eine Ewigkeit. Bis dahin wird mindestens zwei Mal gewählt. Deshalb hat die Redaktion diesen kritischen Aspekt nicht in gleichem Maße gewichtet.


Das Gesamtfazit lautet deshalb: „Stimmt fast“.


Dieser Check hat nicht das ganze grüne Steuerkonzept geprüft, sondern lediglich einen, allerdings wesentlichen Bestandteil auf seine rechnerische Richtigkeit. Über den Check hinaus sollte dieses Zitat in einem politischen Gesamtkontext betrachtet werden. Zehn Prozent der Steuerzahler werden durch die grünen Steuerpläne erheblich be- und nicht entlastet. Die Grünen verbinden mit Ihren Steuerplänen auch ein Gesellschaftsmodell. Dazu zwei kommentierende Einordnungen von ZDF-Online-Chef Eckart Gaddum und ZDF-Hauptstadtkorrespondent Lars Bohnsack.



Dieser #ZDFcheck wurde beendet. Die Redaktion hat ein Fazit gezogen. Vielen Dank an alle Helfer für die Hinweise und Beteiligung.

Insgesamt 66 Hinweise

  1. Ein herzliches Dankeschön an alle User für die Überlegungen und Hinweise. Ganz besonders möchten wir uns bei Karolus1 bedanken, der diesen Check von Anfang bis Ende begleitet hat und dem wir viele Berechnungen und Tabellen verdanken.
    Für alle, die es genau wissen wollen, hier noch die Links zu den Tabellen von Karolus1, die nicht in den Texten verlinkt sind:

    Tabelle Be-/Entlastungen grüner Tarif Alleinverdiener-Paare:
    http://zdfcheck.zdf.de/wp-content/uploads/2013/05/Grüne_Splitting_100_0.pdf

    Tabelle Be-/Entlastungen Grüner Tarif bei einem Einkommensverhältnis 70/30:
    http://zdfcheck.zdf.de/wp-content/uploads/2013/05/Grüne_Splitting_70_30.pdf

    Tabelle Splittingvorteil im grünen Tarif:
    http://zdfcheck.zdf.de/wp-content/uploads/2013/05/Splittingvorteil_beim_grünen_Tarif.pdf

  2. Die Grünen präzisieren auf Anfrage, wie das mit dem Splittingdeckel funktionieren soll:
    ———————-
    „…Im anderen Extremfall (Alleinverdiener) müssten Sie wie folgt vorgehen: Vom zu versteuernden Einkommen wird vom höher verdienenden Partner Einkommen auf den geringer verdienenden Partner übertragen. Die Einkommensübertragung findet solange und soweit statt bis der geringer verdienende Partner ein Einkommen nach Übertragung aufweist, welches dem Grundfreibetrag der Einkommensteuer (8.712 Euro) entspricht. Dies wäre die „Einkommenssteuer neu“. Weiterhin erfolgt eine Zusammenveranlagung nach dem bislang geltenden Recht, aber mit dem neuen grünen Einkommensteuertarif. Diese ergibt die „Einkommensteuer alt“.
    Der Unterschiedsbetrag zwischen Einkommensteuer neu und Einkommensteuer alt wird berechnet. Beträgt dieser Unterschiedsbetrag nicht mehr als 1.500 Euro ist die Einkommensteuer die Einkommensteuer alt. Beträgt dieser Unterschiedsbetrag mehr als 1.500 Euro ist die Einkommensteuer die Einkommensteuer neu abzüglich von 1.500 Euro….“
    ———————–
    Um die Auswirkung der grünen Steuerpläne auf Ehepaare mit Splitting zu untersuchen, habe ich mit diesen Angaben verschiedene Varianten von Aufteilungen zwischen den Ehepartnern untersucht. Hier mein Ergebnis:
    ——————————————————–
    Aufteilung 100/0: Entlastung bis zvE < 54.000 Euro/Jahr
    Aufteilung 80/20: Entlastung bis zvE < 64.000 Euro/Jahr
    Aufteilung 75/25: Entlastung bis zvE < 76.000 Euro/Jahr
    Aufteilung 70/30: Entlastung bis zvE < 100.000 Euro/Jahr
    Aufteilung 60/40: Entlastung bis zvE < 118.000 Euro/Jahr
    Aufteilung 50/50: Entlastung bis zvE < 118.000 Euro/Jahr
    ——————————————————–
    Die Höhe der Entlastung beträgt in fast allen Fällen einheitlich 190 Euro/Jahr ohne Soli bzw. 200,45 Euro/Jahr mit Soli. Da die Zahl 190 doppelt so hoch ist, wie die weiter unten von mir begründete Entlastung von 95 Euro bei der Grundtabelle, ist das Resultat stimmig.
    ————————-
    Jetzt wäre zu überlegen, wie sich das auf den Anteil der Ehepaare auswirkt, die entlastet werden. Ich betrachte die im Prüfschritt 1 vorgestellten Zahlen des Statitischen Bundesamtes:
    http://zdfcheck.zdf.de/wp-content/uploads/2013/05/Pflichtige_F%C3%A4lle_zvE.pdf
    Danach gibt es 10.365.593 Ehepaare die ein zvE unter 60.000 Euro/Jahr haben. Da die Grenze Zwischen Be-/Entlastung nach meinen vorstehenden Ergebnissen im Mittel deutlich über 60.000 Euro/Jahr liegen dürfte, erhöht sich damit die Zahl der Ehepaare, die entlastet werden. In der dreijährlichen Lohn-/Einkommensteuerstatistik 2007 gibt es 11.444.349 Steuerpflichtige nach Splittingtabelle mit einem zvE bis zu 75.000 Euro/Jahr.
    Leider gibt es keine wirklich belastbaren statistischen Daten zur Aufteilung der zvE zwischen den Ehepartnern. Man kann nur schätzen. Einen Hinweis gibt allenfalls die Untersuchung im DIW-Wochenbericht Nr. 12/2013. Danach gibt es 20% Alleinverdienerehen. Ich schätze daher, dass die Zahl der Ehepaare, die entlastet werden, etwas höher liegt als die oben genannten 10,36 Millionen.

    • Hallo Karolus1,

      Also wenn ich das jetzt richtig verstehe werden Ehepaare nach den Plänen der Grünen immernoch als eins besteuert?
      Also wenn jetzt ein Alleinverdienerpaar 58.000€ hat, dann werden 8.712€ auf die Frau die kein Einkommen hat angerechnet (und da Freibetrag ja steuerfrei) und der Restbetrag von 49.288 € wird dann wie bisher gesplittet, also für die Steuerberechnung dann 24.644€?
      Und dann nach 10 Jahren wird eine individuelle Besteuerung eingeführt? Also gelten meine Berechnungen in meinem Post vom 23.05.2013 | 13:43 Uhr, erst in Zehn Jahren?
      Also dann stimmt die Aussage von Trittin ja doch. Denn die Alleinverdienerpaare die mehr als 54.000€ zvE aber weniger als 60.000€ zvE haben, werden Statistisch nicht zu ermitteln sein und wohl auch nicht wirklich relevant viele sein um die 90% zu stürzen, also lass es ein Prozent aller Steurpflichtigen sein, mehr denke ich sind das auf keinen Fall, also ja als Fazit grünes Licht die Aussage stimmt!

  3. Wenn das Ehegattensplitting abgeschafft wird, zahlt ein Paar mir zwei Einkommen von je 40.000 Euro weniger Steuern als eines mit nur einem Einkommen von 80.000 Euro, obwohl doch beide Paare das gleiche Einkommen haben. Was ist daran gerecht oder richtig?
    Wenn die Aussage Trittins nur Anfangs stimmt, solange das Splitting besteht, sollte das Fazit „stimmt so nicht“ lauten.

    • @inmado
      Na ja, Trittens Aussage ist ja eigentlich, dass „90% der Steuerpflichtigen entlastet“ werden. Nur diese Aussage prüfen wir. Ob das gerecht ist oder nicht ist eine Frage, die in der politischen Auseinandersetzung zu diskutieren ist.

      Es kann durchaus sein, dass, obwohl Alleinverdienerehepaare ohne Kinder mehr belastet werden, diese Aussage zutrifft, weil andere Personengruppen wie Alleinerziehende oder Ehepaare mit Kindern entlastet werden. Es geht hier, wie gesagt, nur um die 90%-Aussage.

  4. Die Frage die jetzt noch zu beantworten ist, ist eigentlich klar: Wie groß ist der prozentuale Anteil derjenigen Einkommensteuerpflichtigen, die als gemeinsam veranlagte Ehepaare durch die Umgestaltung beim Splitting nach gegengerechneter Einführung eines übertragbaren Existenzminimums und einer Kindergrundsicherung in der Endabrechnung dann noch Einbußen haben?

    • @Slapsticker
      So sehe ich das auch. Allerdings muss in die Überlegungen zusätzlich mit einfließen, wie sich unterschiedliche Aufteilungen der Einkommen zwischen den Ehepartnern (60%/40%, 70%/30%, 80%/20%, usw.) auf die Höhe des Splittingvorteils auswirken. Da wird es so manche Überraschung geben. Noch komplizierter wird es, wenn man dann die Wirkung der Kinderfreibeträge bzw. Kindergeld (die berühmte Günstigerprüfung) mit einbezieht. Vielleicht sollte man im nächsten Prüfschritt erstmal die reine Splittingtabelle mit verschiedenen Aufteilungsverhältnissen checken, und zwar zunächst ohne Kinder.
      ———————
      In einem weiteren Prüfschritt könnten dann die Kinder mit einbezogen werden. Vielleicht als Lektüreempfehlung dazu:
      ———————————————————-
      http://de.wikipedia.org/wiki/Kinderfreibetrag
      und/oder
      http://de.wikipedia.org/wiki/Kindergeld_%28Deutschland%29
      ———————————————————-
      Dieses Thema ist ein Mammutprojekt! Will man hier wirklich transparent checken, dann wird es eben mehr Prüfschritte geben müssen.

    • @ Karolus1
      Ein zweifelsohne umfangreiches Projekt. Bedeutsam erscheint mir, dass man dazu wirklich gutes Datenmaterial braucht, um die unterschiedlichen Splittingverhältnisse und jeweils dazu gehörenden Gesamteinkommen und Kinderzahlen wirklich akkurat und repräsentativ erfassen zu können.

    • @Slapsticker
      Ja, aber wenn man sich dann noch die Frage stellt, wie das in 10 Jahren aussieht, wenn der Splittingvorteil schrittweise abgebaut und die Kindergrundsicherung im Gegenzug aufgebaut werden soll, wie es die Grünen planen, wird es natürlich vollends spekulativ.

      Die Grünen planen ja nach ihren offiziellen Aussagen die Einführung einer Kindergrundsicherung mit verfassungskonformer Überflüssigmachung des Kinderfreibetrages. Im aktuellen Recht findet hier eine so genannte Günstigerprüfung zwischen dem Steuervorteil aus dem Kinderfreibetrag und dem ausgezahlten Kindergeld statt.

      Ich verstehe es nun so, dass die Grünen das Kindergeld schrittweise so weit erhöhen wollen, dass es auf jeden Fall höher oder gleich hoch ist, wie der Steuervorteil aus dem Kinderfreibetrag. Das bedeutet, dass die Grünen das Kindergeld für das erste Kind von heute 2.208 Euro/Jahr schrittweise auf 3.434 Euro/Jahr erhöhen müssten. Jedenfalls zeigen das meine Berechnungen. Was folgt daraus?

      Z.v.Einkommen bis zu 75.000 hätten dadurch nach meiner Rechnung eine indirekte Entlastung. Jetzt wäre zu prüfen wie das mit Abbau des Splittingvorteiles korreliert. Bei 100%/0% Aufteilung und 75.000 zvE wäre im grünen Tarif der Vorteil aus Splitting 3.900 Euro, bei 70%/30% sind es 1.029 Euro und bei 60%/40% wären es nur noch 257 Euro. Das müsste dann noch im Detail untersucht werden – was aber naturgemäß bei Prognosen für die nächsten 10 Jahre schwierig ist. Jedenfalls – so vermute ich nun – wollen die Grünen wahrscheinlich das Kindergeld immer so erhöhen, dass damit der Splittingnachteil jeweils ausgeglichen wird. Dabei würden die Ehepaare mit Kindern natürlich profitieren, Alleinverdienerehepaare ohne Kinder aber nicht. Aber das nun zu berechnen, ist nicht gerade trivial. :-(

  5. Herr Trittin sagt, 90% der Deutschen würden POFITIEREN. Das ist falsch, denn in den grünen Steuerplänen gibt es auch eine Gruppe Menschen, die weder positiv noch negativ belastet werden (die knapp unter 60000). Ansonsten hat er aber Recht, belastet werden nur die Personen über 60000€ Einkommen.

    • Deine Aussage, dass diejenigen knapp unter einem Einkommen von 60.000 € nicht mehr entlastet werden, trifft aber nur auf das zu versteuernde Einkommen zu. Da die Grenze für das Bruttojahreseinkommen, ab dem eine Mehrbelastung anfängt, aber lt. IMK bei 66.500 € liegt, ist nicht ausgemacht, dass nicht doch die ESt-Pflichtigen „knapp unter 60000“ € JahresBRUTTO doch entlastet werden würden.

  6. Hallo zusammen,
    als nächstes soll das Ehegattensplitting geprüft werden. Als Lektüre zum Thema empfehle ich:
    ————————————————
    http://de.wikipedia.org/wiki/Ehegattensplitting
    ————————————————
    Für verfassungsrechtliche Fragen:
    ————————————————
    Die bislang letzte Entscheidung dazu stammt aus dem Jahr 1982 (BVerfGE 61, 319 C.I.4.a → Steuersplitting III). Zuvor gab es schon 2 andere wesentlich Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes.
    ————————————————-
    http://de.wikipedia.org/wiki/Steuersplitting_I
    http://de.wikipedia.org/wiki/Steuersplitting_II
    http://de.wikipedia.org/wiki/Steuersplitting_III
    —————————————————
    Das Gericht hat nicht ausgeschlossen, dass auch andere steuerliche Gestaltungen den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werden könnten, etwa ein Familiensplitting. Befürworter einer Einschränkung sprechen vor diesem Hintergrund von einem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (→ Status Positivus). Gegner halten jede steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung einer bestimmten eheinternen Einkommensverteilung für verfassungswidrig.
    Nach Einschätzung des DIW ist eine Einschränkung des erheblichen Splittingvorteils bei Ehepaaren mit hohen Einkommensunterschieden zu rechtfertigen, wenn das politische Leitbild die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Ehepartner in den Vordergrund stellt.

    • Also wäre die Kappung des Ehegattensplittings und die Kindergrundsicherung (Pauschaler Kinderfreibetrag) ja verfassungskonform und würde, je nach Höhe des Kinderfeibetrages, Ehen mit Kindern, Alleinerziehende und auch Paare mit Kindern entlasten und Kinderlose Ehepaare, vorwiegend mit einem Verdiener, belasten, also im Sinne des Urteils.
      Jetzt müssten wir nur noch wissen welchen Feeibetrag die Grünen einführen wollen und wie sie den zehnjährigen Übergang gestalten wollen, gibt es dazu irgendwelche Angaben?

  7. Unbeantwortet ist die Frage, welche Veranlagung zugrunde gelegt wird. Wenn die 60 T€ Grenze für alle Fälle, unabhängig ob Einzel- oder gemeinsame Veranlagung gemeint ist. Dann träfe es den Single mit mehr als 60 T€ und die Paare mit mehr als 60 T€, unabhängig im letzten Fall, ob es z.B. 10 T€ + 50 T€ oder 30 T€ + 30 T€ intern verteilt ist.
    Im zweiten Fall wäre das so ziehmlich jedes Paar mit einer guten Ausbildung und einigen (> 10 – 15) Jahren Berufserfahrung. Unsere Gesellschaft gehört qua steigendendem Single- und alleinerziehendem Elternanteil zwar nicht mehr zu den klassischen familienorganisierten, es träfe aber sicher den „Bauch des Mittelstands“ und nicht die „Reichen“, die für eine Umverteilung herangezogen gehören (siehe Aktuelles zum Thema Steuervermeidung; begünstigte Anteilseigner multinationaler Unternehmen, die sich fast komplett der Steruzahlung entziehen – „Apple-Fall“ u.v.w.).
    […]

  8. @checker2013 (23.05.2013 | 18:11 Uhr), zu deiner Frage:
    „Wieso vom zvE ausgehen? Wir müssen doch von dem ausgehen, was Trittin sagt. Und er bezieht sich aufs Bruttoeinkommen.“

    Wir müssen BEI DER BERECHNUNG des Steuerbetrages vom zvE ausgehen. Das machen auch alle Institute so, die das grüne Modell untersucht haben, weil es gar nicht anders geht. Der gesetzliche Einkommensteuertarif bezieht sich stets auf die Bemessungsgrundlage. Diese ist im Gesetz als „zu versteuerndes Einkommen“ (zvE) definiert. Die Berechnung erfolgt zwei mal: Erstens für den Vergleichstarif (Status Quo = 2013) und zweitens für den „grünen Grundtarif“, wie er von den Grünen definiert wird. Daraus ergibt sich als Differenz die absolute Mehr-/Minderbelastung in Euro pro Jahr (ohne Soli). Das habe ich für zvE von 8.000 bis 120.000 Euro durchgerechnet. Hier das Ergebnis:
    http://zdfcheck.zdf.de/wp-content/uploads/2013/05/Grundtabelle_Gr%C3%BCne_vs_Tarif2013.pdf

    Dein Einwand ist aber dennoch berechtigt, denn Trittin scheint vom Bruttoeinkommen zu sprechen, wie die Formulierung „… jeder und jede, der weniger als 60.000 Euro verdient,….“ offenbar nahelegt. Jetzt ist es aber leider so, dass der Zusammenhang zwischen Brutto und zvE nicht eindeutig ist (in der Mathematik nennen wir das eine „surjektive Abbildung“). Zu einem gegebenen zvE gehört nicht ein genau definiertes Brutto, sondern wir können nur sagen, es müsste MINDESTENS soundso hoch sein, wenn man die Mindestfreibeträge berücksichtigt. Oder, wenn man alle nur erdenklichen Freibeträge ansetzt, die theoretisch möglich wären, so erhalten wir das MAXIMALE Brutto, das zum gegebenen zvE gehört. Vgl. hierzu das Rechenschema:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_(Deutschland)#Rechenschema

    Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die verschiedenen Institute unterschiedliche Bruttogrenzen nennen. Streng genommen ist es unmöglich, eine OBJEKTIVE Grenze zwischen Be- und Entlastung beim Brutto zu definieren. Das sind im Grunde immer Einzelfallbeispiele.

    Die von mir ermittelte GRENZE BEIM ZVE(!) liegt bei 59.300 Euro. Übrigens nennt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung den zvE-Wert 59.200 Euro, bei dem die jährliche „Entlastung“ nach meiner Berechnung 4,– Euro beträgt. Jetzt müssen wir überlegen, wie hoch das dazu gehörende Brutto MINDESTENS ist (gilt allerdings nur für Arbeitnehmer, nicht jedoch für Selbstständige oder Gewerbebetrieb) . Unter Berücksichtigung der Werbungskostenpauschale, der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge sowie dem Pauschbetrag für Sonderausgaben mit zusammen etwa MINDESTENS 8.500 Euro hätten wir also ein Brutto von MINDESTENS 67.700 Euro.

    • Wenn Trittin sagt, Entlastung bis 60.000 brutto. Welches (geschätzte) zvE wäre das dann? Das wäre dann doch der Punkt, von dem man ausgehen müsste… Die Grünen haben Beispielsfälle dazu ja online gestellt.

    • Hallo zusammen,

      wie wir bereits in unserem ersten Rechercheschritt geschrieben haben, verwenden die Grünen im Zusammenhang mit den Reformplänen unterschiedliche Begriffe. Mal reden sie von “Steuerzahlern” (Trittin) mal von “Steuerpflichtigen”. Wir haben bei den Grünen nachgefragt, von welchem Begriff ihr Modell ausgeht: Trittin habe mit seiner Aussage die Gruppe der Einkommensteuerpflichtigen gemeint, so die Pressestelle. Bei den Berechnungen seien die Grünen vom „zu versteuernden Einkommen“ ausgegangen. Insofern hat Trittin hier im Interview unscharf formuliert: Er spricht von Einkommensteuerzahlern und meint eigentlich Einkommensteuerpflichtige.

      Viele Grüße
      vom #ZDFcheck-Team

    • @Team. Bei welchen „Berechnungen“? Auf gruene.de beziehen sich die Beispiele doch alle aufs brutto… Und auch sonst heißt es dich überall brutto… Solltet ihr vielleicht mal klären….

    • Hallo checker2013,
      das stimmt – die Beispiele auf gruene.de (http://www.gruene.de/themen/wirtschaft-arbeit/das-steuerkonzept-der-gruenen-mit-rechenbeispielen.html) beziehen sich auf das Bruttojahreseinkommen. Der Ausdruck „Berechnungen“ war etwas missverständlich formuliert. Auf das zu versteuernde Einkommen bezieht sich der „Grüne Steuertarif“, den wir in Schritt 3 erläutern (aus dem sich die Steuerbetragsfunktion ablesen lässt).
      Viele Grüße,
      das #ZDFcheck-Team

    • @checker2013

      Ich habe mir das Interview nochmals von Anfang her angesehen. Kurz vor dem von uns zu untersuchenden Satz sagt Trittin etwas von „weniger als 2500 Euro zu versteuerndem Einkommen“. Bitte hör dir’s noch mal an. Aus dem Gesamtzusammenhang heraus lässt das doch eher darauf schließen, dass er tatsächlich das zvE gemeint hat. Wie ich oben zu erläutern versucht hatte, kann nur das zvE eine objektive Grenze zwischen dem Bereich der Entlastung und dem Bereich der Belastung markieren. Auch das spricht dafür, dass er das zvE gemeint haben muss.

      Die Berechnungsbeispiele auf gruene.de sind, wie ich auch schon sagte, Einzelfallbeispiele.

      Deine Frage von oben möchte ich gerne auch noch beantworten: Zu einem Brutto von 60.000 Euro gehört ein zvE von HÖCHSTENS ca. 51.800 Euro.

  9. Laut Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler soll sich eine Mehrbelastung für Steuerzahler bereits ab einem Bruttojahreseinkommen von 62.000 Euro ergeben. http://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2013/tid-31014/450-000-arbeitsplaetze-in-gefahr-dihk-chef-gruene-steuerplaene-sind-ein-jobkiller-studien-belegen-die-erhebliche-belastung-von-familien-_aid_980669.html

    • Das ist ja haarsträubend, dieser Artikel auf Focus.de ist offensichtlich fehlerhaft. Das liegt aber nicht am Bräuer-Institut, sondern am Focus selbst. Das Bräuer-Institut hat mit dem „zu versteuernden Jahreseinkommen“ gerechnet und das Ergebnis ist einschließlich Solidaritätszuschlag. Die linke Spalte mit den zvE-Werten ist in 2000-Euro-Schritten dargestellt. Der Übergangsbereich ist damit sehr grob. Die Grenze liegt also irgendwo zwischen 60.000 und 62.000 Euro. Ob sie den genauen Tarif schon hatten, ist unklar. Von der groben Richtung her scheint es aber einigermaßen zu stimmen.

      Den eigentlichen Fehler leistet sich aber der Focus mit der Tabellenunterschrift. Zitat: „Das Steuermodell der Grünen führt ab 62 000 Euro Jahresbrutto zu höheren Belastungen.“ Ende des Zitats. Oben in der Tabelle steht „Zu versteuerndes Jahreseinkommen“ und unten steht „Jahresbrutto“. So werden Gerüchte in die Welt gesetzt.

    • Also das mit der Tabelle des BdSt hat mir keine Ruhe gelassen. Deshalb habe ich mich am Wochenende nochmal hingesetzt und alles in Ruhe überprüft.

      Ergebnis:
      Ich habe für alle zvE im Interval von 13 470 bis 53 500 eine Entastung von 95 Euro (ohne Soli) berechnet, die im gesamten Intervall konstant ist. Mit Soli (ohne Kinder) wären es 95 * 1,055 = 100,22 €, jedoch unter Berücksichtigung der in § 3 SolZG genannten Freigrenzen.
      Der BdSt hat (mit Soli) in diesem Intervall Werte zwischen 116 bis 153 berechnet. Da müsste geklärt werden, wie die das rechnen.

      Meine 95 Euro (ohne Soli) begründe ich wie folgt:

      Es gilt:
      Grüne von 13.470 bis 59.440 Euro: StB(Grüne) = (228,74 * b + 2397) * b + 919
      T2013 von 13 470 bis 52 881 Euro: StB(T2013) = (228,74 • z + 2397) • z + 1014
      mit
      b = (zvE – 13469)/10000
      z = (zvE – 13469)/10000
      ——————
      also ist b = z
      ——————
      Wenn man die Differenz berechnet, so gilt

      Diff = StB(Grüne) – StB(T2013)
      Diff = (228,74 * z + 2397) * z + 919 – (228,74 • z + 2397) • z + 1014

      Wie man leicht sieht, ist der Term in Klammern jeweils gleich und hebt sich auf.
      So erechnet sich die Differenz
      ————————-
      Diff = 919 – 1014 = -95
      ————————-
      mit dem Definitionsbereich für zvE von 13 470 bis 52 881 Euro.

      So steht es in meiner Tabelle und ich betrachte das als Beweis, dass meine Zahlen richtig sind. Wer kann meine Berechnungen widerlegen?
      http://zdfcheck.zdf.de/wp-content/uploads/2013/05/Grundtabelle_Gr%C3%BCne_vs_Tarif2013.pdf

    • Einige mathematisch interessierte User haben sicher bereits gemerkt, dass oben die eckige Klammer gefehlt hat. Am Ergebnis ändert es natürlich nichts:
      ————————
      Diff = (228,74 * z + 2397) * z + 919 – [(228,74 • z + 2397) • z + 1014]
      Diff = (228,74 * z + 2397) * z + 919 – (228,74 • z + 2397) • z – 1014
      —————————————–
      Diff = 919 – 1014 = -95
      —————————————–

  10. Laut dem gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung ergibt sich eine steuerliche Mehrbelastung erst ab einem Bruttojahreseinkommen von über 66.500 Euro. http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/rot-gruene-steuerplaene-plaene-der-linken-fuehren-zu-gravierenden-aufkommensverlusten/8137890-2.html

    • Das ist halt auch wieder so ein schwammiger Brutto-Grenzdefinitionsversuch. Es kommt jedoch immer auf die individuelle Situation des Steuerpflichtigen an. Nur mit dem „zu versteuernden Jahreseinkommen“ ist eine objektive Grenze definierbar.

  11. Gibt’s wirklich keine aktuelleren Daten als solche von 2007? Hans Kurz hat doch zumindest auf Daten des Statistischen Bundesamtes von 2008 hingewiesen. Was ist mit SOEP-Samples jüngeren Datums?

    • Dazu muss man wissen, das es 2 verschiedene Varianten von ESt-Statistiken gibt: Einerseits die jährlich erscheinende Geschäftsstatistik (neueste ist von 2008) und andererseits die dreijährliche Bundesstatistik (neueste ist von 2007). Die 3-jährliche Lohn- und Einkommensteuerstatistik ist eine 100%-Erhebung, die alle Steuerpflichtigen enthält. Die jährliche Einkommensteuerstatistik enthält nur die veranlagten Steuerpflichtigen.

      So sind in der 1-jährlichen Statistik 2007 insgesamt 26.327.063 Steuerpflichtige erfasst, während in der zeitlich dazu passenden 3-jährlichen Statistik 2007 insgesamt 38.365.668 Steuerpflichtige. Das ist natürlich wesentlich aussagekräftiger. Außerdem gibt nur in der 3-Jährlichen sehr detailierte Tabellen über Verteilung der Einkünfte bzw. Zu versteuernden Einkommen. Genau das brauchen wir hier zum Thema.

      Der Link bietet eine Auswahl:
      https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/FinanzenSteuern/Steuern/LohnEinkommensteuer/Einkommensteuerstatistik.html

    • @ Karolus1

      Das Prinzip ‚Je genauer, desto besser!‘ kann ich im Prinzip nachvollziehen. Das hat allerdings des Nachteil, dass die Daten dann schon reichlich angejahrt sind und die aktuellen Einkommensverhältnisse nicht widerspiegeln. Die Frage ist, ob man nicht angesichts dieses Konflikts von Aktualität und Genauigkeit einen Zweitcheck mit Sample-Daten vornehmen sollte, um zeitlich näher dran zu sein. So präzise bekommt man das mit hochgerechneten Stichpropendaten natürlich nicht hin, aber ungefähre Abschätzungen anhand jüngerer repräsentativer Daten wären m. E. auch nicht verkehrt – als Ergänzung zum Bisherigen.

  12. Trittins Aussage suggeriert einen Bezug auf individuelle Einkommen von 60.000 Euro. Richtig ist jedoch, dass durch den Angriff auf das Ehegattensplitting bereits Ehepartner mit einem Einkommen von 30.000 Euro pro Jahr mehr belastet werden. Ihre Nachfrage bei den Grünen hat das bestätigt. Abschnitt D des Wahlprogramms 2013 der Grünen formuliert zudem die Deckelung des Splittingvorteils stufenweise abzubauen. Somit werden alle Ehepaare, über die Steuerprogression, stufenweise stärker belastet. Erst mit Einführung der Individualbesteuerung, die Grünen nennen im Wahlprogramm eine Frist von 10 Jahren, wäre die Mehrbelastung für Ehepaare aus der gemeinsamen Veranlagung ohne Ehegattensplitting ausgeglichen. Gemäß einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1951 wäre die Mehrbelastung für verheiratete Paare bis zur Einführung der Individualbesteuerung zudem verfassungswidrig.

    • Ihre Behauptung, dass bereits Ehepartner mit einem Einkommen von 30.000 Euro pro Jahr mehr belastet würden, ist definitiv falsch. Vielmehr ist es so, dass in Westdeutschland lebende Ehepaare mit zwei Kindern erst ab einem monatlichen Bruttolohn von 5151 Euro mehr Steuern zahlen müssten (Quelle: s. faktenchecker).

  13. Die Aussage, dass alle mit weniger als 60.000€ entlastet werden, stimmt im Hinblick auf die laut RWI-Studie 30% Geringverdiener nicht. Da auch die oberen 10% nicht entlastet werden, gibt es nur für 60% der von ihm gemeinten Einkommensteuerpflichtigen tatsächlich eine Entlastung.

    • Diese Behauptung ist falsch. Denn auch Einkommensbezieher im dritten Dezil werden bereits etwas entlastet. Einfach mal reinzoomen. Dass Menschen, die ohnehin keinerlei ESt zahlen, durch Veränderungen im ESt-Tarif nicht entlastet werden können, ist banal und nicht weiter erwähnenswert. Fest steht allerdings auch, dass zumindest Bezieher von ergänzenden Sozialleistungen durch die deutliche Anhebung der ALG-II-Sätze, wie sie im Programm der Grünen verankert ist, mehr Geld in der Tasche haben würden. Durch diese Anhebung würde sogar die Zahl der Hilfeberechtigten ein Stück weit steigen, da ja diejenigen, die bisher knapp über der Schwelle lagen, dann bezugsberechtigt wären. Insofern vergrößerte sich der Kreis der Personen, die finanziell besser dastehen würden. Des Weiteren würde eine Einführung des gesetzlichen Mindeslohns von 8,50 €, wie ihn das Grünen-Programm als Ausgangswert vorsieht, einerseits den Kreis der ALG-II-Benötigenden verkleinern, andererseits jedoch auch diese Gruppe finanziell besserstellen. Kurzum: Auch unterhalb des dritten Dezils hätten viele Menschen finanziell ein besseres Auskommen.

    • Die Entlastung im dritten Dezil ist marginal und daher nicht weiter erwähnenswert, die triviale Feststellung, dass Menschen unter dem Existenzminimum nicht entlastet werden, schon. Dieser Check dreht sich nämlich nicht um das Wunschkonzert der Grünen, sondern nur um die Entlastung durch Veränderungen im ESt-Tarif, speziell die Anhebung des Existenzminimums (s. Zitat).

    • @ Markus Kraus
      Zunächst besteht also Übereinstimmung darin, dass Einkommensbezieher im dritten Dezil, wenn auch nur geringfügig, entlastet werden. Des Weiteren hatte ich ja nachgewiesen, dass Menschen nahe dem bisherigen Existenzminimum finanziell besser gestellt werden, was eine keineswegs triviale Feststellung ist. Menschen unterhalb des Existenzminimums können deshalb nicht entlastet werden, weil es gesetzlich gar kein Unterhalb des Existenzminimums gibt, da jeder Betroffene Anspruch auf Leistungen in Höhe des Existenzminimums hat. Diejenigen, die von ihrem gesetzlichen Anspruch keinen Gebrauch machen, fallen ohnehin aus der Statistik. Diejenigen, die als ESt-Pflichtige erfasst werden, haben – sofern ihr Erwerbseinkommen unterhalb des Existenzminimums liegen – einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen, die sich infolge der Pläne der Grünen erhöhen. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Eine Einkommensteuerentlastung von bisherigen Nicht-ESt-Zahlern wäre mit Mitteln des ESt-Tarifs allenfalls durch eine sog. negative Einkommensteuer möglich. Diese ist jedoch auch nix anderes als eine staatliche Unterstützungsleistung. Ob man nun den ESt-Tarif um eine solche negative ESt ergänzt, sodass das faktische Einkommen dadurch jeweils auf das Niveau des Existenzminimums angehoben wird, oder die Sozialleistungen – wie im Modell der Grünen – erhöht, ist letztlich ziemlich gleichgültig. Denn in jedem Fall läuft es darauf hinaus, dass unterm Strich die Haushaltseinkommen aufs Existenzminimum gebracht werden. Denn auch jene Einkommen, die nach Zuschuss qua negativer ESt noch unterhalb des Existenzminimums liegen würden, müssten ja weiterhin zusätzlich bis dahin aufgestockt werden. Dies dürfte in vielen Fällen allein schon haushaltsbedingt der Fall sein, damit neben den Erwerbseinkommensbeziehern auch die etwaigen Partner und ggf. Kinder aufs Existenzminimum kommen. Durch eine nESt wäre also nichts gewonnen. Da – s. der Wiesehügel-Check – der ZDFCheck ohnehin nicht den exakten Wortlaut auf Korrektheit prüft, sondern Aussagen etwas weiträumiger überprüft und ein Stück weit interpretiert und kontextualisiert, sollte die Handhabung diesbezüglich auch einheitlich sein.

    • @Slapsticker
      Wer von seinem Anspruch auf staatliche Leistungen keinen Gebrauch macht aber einer einkommensteuerpflichtigen Arbeit nachgeht, fällt eben nicht aus der Statistik heraus. Ansonsten müssten Sie die staatlichen Leistungen in die Statistik mit einbeziehen, die nur auf Antrag ausgezahlt werden, was in der vorliegenden nicht gemacht wird.
      Beim Existenzminimum reden wir aneinander vorbei, weil ich mich auf das bestehende beziehe, Sie sich auf das von den Grünen geplante.
      Im dritten Dezil wird durch den Kinderfreibetrag und das Ehegattensplitting kaum jemand entlastet, weshalb ich weiterhin von annähernd 30% Geringverdienern ausgehen kann, die nicht entlastet werden.
      Mit einer nESt, die Grundlage des liberalen Bürgergeldes ist und mittlerweile auch von den Grünen angedacht wird, würden übrigens die von Ihnen betonten staatlichen Leistungen automatisch statt auf Antrag ausgezahlt werden und Ihre Argumentation unterstützen. Bislang ist sie jedoch fehlerhaft.

  14. RWI hat das auch untersucht. Ergebnis: Entlastung für 90 Prozent.
    „Absolute Entlastungen gegenüber dem Status quo ergeben sich … beim B‘90/Grünen‐Tarif aufgrund der Anhebung des Grundfreibetrages
    für die Steuerzahler bis einschließlich zum neunten Dezil“
    S. 29 und Schaubild S. 30
    http://www.insm.de/insm/dms/insm/text/presse/pressemeldungen/2013/rwi-wahlanalyse-einkommensteuer/RWI-Projektbericht%20Einkommensteuer%20Wahlanalyse.pdf

    • Da weder die INSM noch das RWI im Ruch stehen, grünenfreundlich oder auch nur -nah zu sein, erscheint mir die Quelle trotz fragwürdiger Auftraggeber u. dgl. doch ein Beleg für Trittins Behauptung.

      P.S.: Topp-Recherche! Danke dafür.

    • EINSPRUCH,
      diese Studie lässt die Auswirkungen der Veränderungen durch das Ehegattensplitting heraus und kann somit nicht als Beweis der Aussage von Trittin gesehen werden, da die Abschaffung oder Kappung des Ehegattensplitting ein wichtiger Bestandteil des Steuermodells der Grünen ist.
      In der Studie selbst heißt es dazu:
      *Zitat anfang (Aus Seite 4 unten)*
      „Änderungen des Ehegattensplittings bewirken eine deutliche Veränderung der Bemessungsgrundlage und damit
      letztlich eine deutliche Veränderung der Steuerbelastungen.“

      „… und verzichten auf eine Einbeziehung von quantitativen Effekten des Ehegattensplittings.“
      *Zitat ende*
      Varianten zur Einschränkung des Splittings auf Wikipedia:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Ehegattensplitting#Varianten_zur_Einschr.C3.A4nkung_des_Splittings
      P.S.
      Aber wenn es nicht zur Kappung/Abschaffung des Ehegattensplittings kommt, dann trifft die Aussage von Trittin voll zu. Aber bei einer Abschaffung/Kappung des Ehegattensplittings würden vor allem die Ehen mehr belastet, die nur einen Verdiener haben, keine Ahnung wieviele das sind, aber man kann definitv festhalten das die Mehrheit der Einkommensteuerzahler durch die Pläne der Grünen entlastet werden und wenige belastet, vor allem die Einkommensstarken mit einem zvE über 60.000 € würden belastet. Also man kann eigentlich der Aussage von Trittin grünes Licht geben, denn die Auswirkungen des Ehegattensplittings würde wohl nur Alleinverdienende Ehemänner und deren Frauen treffen, also aus Sicht der Grünen die Menschen die überholt sind, aber wie gesagt, ich weiß nicht wieviele Paare in Deutschland so leben, das nur einer Geld verdient, das sind wohl nicht mehr als 40%.
      Aber streng genommen kann die Aussage von Trittin, wegen der Auswirkungen des Ehegattensplittings, nicht bewiesen werden, so wie es bisher zumindest scheint.
      Beispielrechnung mit einem zvE von 58.000,00 Euro eines Ehepaares bei dem nur einer verdient.
      Momentanes Modell:
      Das zvE wird halbiert und beträgt somit 29.000,00 Euro und fällt somit in Tarifzone 3 es gilt also folgende Formel:
      [(228,74 * z + 2 397) * z + 1 014] * 2 =
      z = 29.000-13.469/10.000= 1,5531
      [(228,74 * 1,5531 + 2397) * 1,5531 + 1.014] * 2 = gerundet 10.577 Euro
      Also zahlt nach aktueller Regelung ein Ehepaar mit nur einem Verdiener und einem gemeinsamem zvE von 58.000 €, eine Steruschuld von 10.577 €
      Nach der Regleung der Grünen könnte das dann so aussehen.
      zvE 58.000 € Ein Verdiener, der kann bis zum Höchstbetrag einen Teil des zvE auf seine Frau anrechnen, nehmen wir mal 10.000€ als Höchstbetrag, dann würden beide individuell bestuert, also Ehemann so
      zvE 48.000 € wäre also Tarifzone 3, es gilt also folgende Formel:
      (228,74 * b + 2397) * b + 919
      b = 48.000 – 13469 / 10.000 = 3,4531
      (228,74 * 3,4531 + 2397) * 3,4531 + 919 = gerundet 11.823 €
      Und jetzt noch die Ehefrau
      zvE 10.000 €
      Also würde Tarifzone 2 gelten, folgende Formel:
      (974,58 * a + 1470) * a
      a = 10.000 – 8.712 / 10.000 = 0,1288
      (974,58 * 0,1288 + 1470) * 0,1288 = gerundet 225 €
      Also müsste dieses Ehepaar, nach Plänen der Grünen eine Stuerschuld von 11.823 + 225 = 12.048 € zahlen also 1471 € (12.048-10.577) mehr als momentan.
      Bleibt also die Frage wieviele Ehen mit nur einem Verdiener mit einem zvE von unter 60.00 € gibt es, gibt es da irgenwelche Statistiken???

    • @ Hans Kurz

      Folgt man der Rechnung Hechtners, ist dies für die meisten Splittingprofiteure wahrscheinlich kein Problem. Trotz Änderungen beim Splitting würde aufgrund des „übertragbare[n] Existenzminimum[s]“ und des Aufbaus einer sog. „Kindergrundsicherung“ das Gros vermutlich nicht schlechter gestellt. Um die wahrscheinlich eher kleine Anzahl derer, die nach diesen Änderungen unterm Strich Einbußen dennoch erlitten, anteilig ermessen zu können, bräuchte man in jedem Fall entsprechende sozioökonomisch demografische Daten. Dann ließe sich abschätzen, ob durch diese die Marke von ca. 90 % deutlich nach unten abgesenkt würde. Solange wir aber nicht über solche Daten verfügen, lässt sich auch nicht beurteilen, ob Trittins Behauptung dadurch unzutreffend würde.

    • @ Slapsticker, 23.05.2013 | 18:57 Uhr
      Sie schreiben:
      *Zitat anfang*
      Solange wir aber nicht über solche Daten verfügen, lässt sich auch nicht beurteilen, ob Trittins Behauptung dadurch unzutreffend würde.
      *zitat ende*
      Was dann allerdings umgekehrt genauso zutrifft, also solange wir nicht über solche Daten verfügen, können wir auch nicht beweisen das die Aussage von Trittin zutrifft.
      Es wäre also sehr interessant wie denn nun diese Kindergrundsicherung genau aussehen soll, da könnte das ZDF ja mal bei den Grünen nachhorchen. Des weiteren denke ich nicht das es eine Statistik gibt die Ehen mit nur einem Verdiener aufzeigt, also von daher wird hier eine genaue Mathematische Überprüfung nicht möglich sein, so das wir zur Zeit nur schätzen können. Also ja die Aussage von Trittin trifft, unter Vorbehalt der Änderungen beim Ehegattensplitting, zu. Aber hierzu wären spezifischere Angaben der Grünen nötig.
      Wobei dann auch interessant ist, wielange diese Kindergrundsicherung greift, solange wie es die Kinder gibt, also bis zum Tode der Eltern oder eines Kindes oder nur solange bis die Kinder aus dem Haus sind?
      Also konkret gefragt, wie hoch wäre der Kinderfreibetrag, der zur Kindergrundischerung dienen würde, bei den Plänen der Grünen?

  15. Was ist schon vorhanden und was fehlt noch?
    Es gibt augenscheinlich – s. Karolus1 (btw: danke dafür) – eine präzise Rechenvorlage von B’90/Die Grünen zu ihrem Steuerkonzept. Damit ließe sich also im Prinzip die Steuerbelastung in Abhängigkeit vom ZU VERSTEUERNDEN EINKOMMEN berechnen, wobei die Änderungen aufgrund der Veränderungen beim Splitting u. dgl. noch nachzutragen wären. Des Weiteren liegen mind. zwei Modellrechnungen mit jeweils mehreren Beispielrechnungen vor: einmal von Prof. Dr. Frank Hechtner (s. SZ) und einmal vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (s. maybrit illner vom 9.5.2013). Zunächst könnte man nun also checken, ob Hechtner und iw zu denselben Ergebnissen gekommen sind und deren Rechungen überhaupt mit dem Grünen-Konzept eins zu eins übereinstimmen. Wenn beides der Fall ist, sind die Berechnungen wohl korrekt. Es fehlen dann aber noch möglichst aktuelle Daten des Sozio-oekonomischen Panels vom DIW zur Einkommensituation in Deutschland, um das Quantum derjenigen, die be- bzw. entlastet werden, akkurat abschätzen zu können. Das sollte machbar sein.

  16. Das angegebene Programm und Trittins Aussagen geben wenig konkretes her. Die genannten 500 Mrd. an neuen Schulden sind schwer überprüfbar, der Bund selber hat aber nur 117,9 Mrd. neue Schulden aufgenommen 2009-2012 (http://www.crp-infotec.de/01deu/finanzen/grafs_staat/bund_neuschulden.gif)
    Schwerer wiegen da verfassungswidrige Haushaltsplanungen (NRW) mit grüner Zustimmung, der Eingriff in kommunale Hoheitsrechte (Nideggen, Kreis Düren) und nicht gehaltene/haltbare Versprechen gerade im Bildungsbereich (Inklusion, Vertretungsunterricht…) unter der grünen Ministerin Löhrmann, die mich stark an jeglicher Glaubwürdigkeit zweifeln lassen.
    Der Grundfreibetrag wird ohnehin laufend angehoben, bei den (vorläufigen) grünen Plänen lediglich um 350€ stärker als in den bisherigen Planungen. (http://www.cecu.de/grundfreibetrag.html)
    Für Geringverdiener, die den bisherigen Grundfreibetrag gar nicht erreichen, ändert sich nichts, was die Aussage Trittins aber nicht widerlegt, da sie keine Einkommensteuer zahlen.

  17. Wenn man bei den Grünen anfragt, bekommt man folgende Antwort:
    Der Grundtarif der Grünen (ohne Kinder):
    – Bis 8.712 Euro: 0 Euro
    – Von 8.713 bis 13.469 Euro: (974,58 * a + 1470) * a
    – Von 13.470 bis 59.440 Euro: (228,74 * b + 2397) * b + 919
    – Von 59.441 bis 80.000 Euro: (97,28 * c + 4500) * c + 16.773
    – Von 80.001 Euro an: 0,49 * d – 12.764
    a ist ein Zehntausendstel des 8.712 Euro übersteigenden Teils des auf
    volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommens.
    b ist ein Zehntausendstel des 13.469 Euro übersteigenden Teils des auf
    volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommens.
    c ist ein Zehntausendstel des 59.440 Euro übersteigenden Teils des auf
    volle Euro abgerundeten zu versteuernden Einkommens.
    d ist das auf einen vollen Euro-Betrag abgerundete zu versteuernde
    Einkommen.

    • Hiermal, an willkürlichen Zahlen gerechnet, der Vergleich zur momentan gültigen Regelung und zur Regelung der Grünen:
      zu versteuerndes Jahreseinkommen: 90.000,-€
      Momentan gültige Regelung:
      0,42 * 90.000,00 – 8 196 = 29.604,00 Euro Steurschuld.
      Grünes Modell:
      0,49 * 90.000,00 – 12.764 = 31.336,00 Euro Steuerschuld, also 1.732,00 Euro mehr im Jahr, also pro Monat: 144,33 € mehr.
      Zu versteuerndes Jahreseinkommen 58.000,00 Euro:
      Momentan gültige Regelung:
      0,42 * 58.000 – 8 196 = 16.164 Euro Steuerschuld
      Grünes Modell:
      (228,74 * 4,4531 + 2397) * 4,4531 + 919 = 16.129,01768… gerundet auf vollen Betrag also 16.129,00 Euro Steuerschuld, also 35 Euro weniger im Jahr, also im Monat 2,92 Euro weniger.
      Also es stimmt; alle mit einem zu versteurndem Einkommen von unter 60.000,00 Euro werden entlastet, aber ob das auch 90% sind, weiß ich nicht. Und ob 35 Euro im Jahr überhaupt eine spürbare Entlastung darstellen, naja, aber Mathematisch bleibt es eine Entlastung, also ja es werden steuerlich nur die, die mehr als 60.000 Euro Einkommen zu versteuern haben, belastet.

    • @Hans Kurz, die 35 Euro weniger Steuer für zu versteuernde Jahreseinkommen von 58.000 Euro habe ich auch ausgerechnet. Interessant ist vielleicht noch, dass der Entlastungsbetrag zwischen 13.600 Euro und 53.500 Euro einheitlich für alle Einkommen 95 Euro pro Jahr beträgt. Zum Vergleich vielleicht: die Entlastung bei der Steueränderung von 2012 nach 2013 lag bei 24 Euro für die meisten Steuerzahler.

      http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuertarif#Deutschland

  18. Berechnung des individuellen Steuerbetrags laut Wikipedia:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_%28Deutschland%29#Berechnung_des_individuellen_Steuerbetrags

    Hier müsste man nur die Formeln an die Parameter der Grünen abändern, aber dafür bin ich mathematisch zu schwach, aber hier mal der Versuch die Parameter zu bestimmen, erstmal die aktuellen Parameter:
    1. bis 8 130 Euro (Grundfreibetrag): 0% Steuern
    2. von 8 131 Euro bis 13 469 Euro: linear Progressiv von 14% bis 23,97%
    3. von 13 470 Euro bis 52 881 Euro: linear Progressiv von 23,97% bis 42%
    4. von 52 882 Euro bis 250 730 Euro: 42%
    5. von 250 731 Euro an: 45%
    nach den Plänen der Grünen dann also:
    1. bis 8 700 Euro (Grundfreibetrag): 0% Steuern
    2. von 8 700 Euro bis 13 469 Euro: linear Progressiv von 14% bis 23,97%
    3. von 13 470 Euro bis 59 999 Euro: linear Progressiv von 23,97% bis 45%
    4. von 60 000 Euro bis 79 999 Euro: linear Progressiv von 45,01% bis 49%
    5. von 80 000 Euro an: 49%
    Gibt es jemanden der die Formeln aus Wikipedia auf die neuen Parameter der Grünen abändern kann?
    Ich scheitere dabei kläglich, habe ja auch nur Realschule absolviert *grins*
    Denn dann hätte man die Berechnungsgrundlagen für das neue Steuermodell der Grünen und müsste nicht mehr schätzen.
    Gesetzliche Grundlage §32a EStG:
    http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32a.html

    • P.S. Hier mal ein Link zu einer mathematischen Herleitung des Einkommensteuertarifs 2007, also ich versteh da nur Bahnhof, aber vielleicht hilft es ja jemanden die Formeln an die neuen Parameter anzupassen.
      http://www.jurathek.de/showdocument_print.php?session=0&ID=7739

    • Aufgrund der Steuerprogression und der für Privatpersonen nicht zugänglichen Daten und Möglichkeiten zur Berechnung des Steueraufkommen wegen der Absetzungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen ist eine Einschätzung nur Steuerexperten möglich. Selbst dabei handelt es sich nur um Schätzungen. Wie soll diese Aussage also seriös überprüft werden können?

  19. Das Problem ist, dass man zur Einschätzung der Behauptung verlässliche SOEP-Daten benötigt. Daher wäre es sinnvoll, das Ganze mal vom DIW im Hinblick auf das hiesige Einkommensgefüge durchrechnen zu lassen. Da ja nicht bloß Trittin, sondern auch z. B. Katrin Göring-Eckardt die 90%-Marke verwendet hat, sollte man davon ausgehen, dass die Grünen schon ihrerseits Berechnungen haben anstellen lassen. Man könnte also auch ganz simpel nachfragen, ob man diese bekommen kann. Diese Daten kann man dann ja mit solchen von unabhängiger Seite vergleichen. Zum Crowdsourcing ist die Behauptung jedenfalls nicht sonderlich gut geeignet, es sei denn, es klinkten sich noch Spezialisten ein, die über hinreichendes Datenmaterial und Know-how verfügen.

    Wichtig erscheint mir noch, dass man mit gesicherten Daten arbeitet. Da sich für 2013/14 noch nicht genau beziffern lässt, wie sich die unterschiedlichen Einkommen exakt entwickeln, sollte man – obwohl das etwas unbefriedigend ist – die 2012er Daten anstelle von spekulativen Prognosedaten dieses Jahres resp. des kommenden Jahres verwenden. Zudem wäre darauf zu achten, dass die Daten ‚mediankalibriert‘ sind und mindestens in Einkommensbezieherdezilen vorliegen. Eine Abwandlung dieser DIW-Darstellung http://polpix.sueddeutsche.com/bild/1.1549309.1355397225/860×860/studie-mittelschicht.jpg wäre denkbar.

  20. Heißt das also, dass Trittin sagt. dass, 90 % der Deutschen weniger als 60 000 € im Jahr verdienen?

    • https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/FinanzenSteuern/Steuern/LohnEinkommensteuer/Einkommensteuerstatistik2140711087004.pdf?__blob=publicationFile

      Siehe Tabelle 3 auf Seite 8

      Einkommensverteilung der Stuerpflichtigen 2008, demnach verdienten 2008 75,9% bis 50.000,- € Jahreseinkommen und 13,7% verdienten 50.000 bis 75.000,-€ Jahreseinkommen, so das sich mit dieser Statistik die 90% nicht beweisen lassen, da man keine Einteilung bis nur 60.000,-€ hat.
      Aber danach haben 2008 also 89,6% aller Steuerpflichtigen unter 75.000,-€ Jahreseinkommen gehabt.

    • @ Hans Kurz: Die Prozentbeträge kann man so einfach nicht zusammenrechnen, denn die 207.762 Steuerpflichtigen mit Negativeinkommen, die immerhin ein Prozent aller Steuerpflichtigen ausmachen, wurden gesondert ausgewiesen. Man müsste also mit den Absolutwerten rechnen. Des Weiteren ist nicht nur die Frage, wie sich die Einkommen innerhalb des 50.0000-75.000-€-Intervalls verteilen, sondern auch, wie sich die Einkommen weiter entwickelt haben. Die – zwar aktuelle und sehr akkurate – Statistik bezieht sich schließlich auf Daten von vor über vier Jahren. Die Finanzkrise hat z. B. erst im Nachgang der Lehman-Pleite im September 2008 so richtig zugeschlagen, was sich mit Sicherheit auch aufs Einkommensgefüge ausgewirkt hat. Hinzu kommt die generelle Entwicklung der Einkommen mit Volatilität sowohl bei den Einkommen als auch am Arbeitsmarkt. Daher bildet wahrscheinlich eine Hochrechnung anhand von SOEP-Stichproben-Daten aus dem Jahr 2012 die tatsächliche Einkommenssituation immer noch besser ab als die exakten Daten des Statistischen Bundesamtes von 2008. LG

    • @ Slapsticker
      ja korrekt. Also das 90% entlastet werden wird wohl nicht haltbar sein, allein durch den Wegfall des Ehegattensplittings werden auf viele Alleineheverdiener Mehrbelastungen zu kommen, selbst wenn sie dabei ein zvE von unter 60.000€ haben. Gibt es denn Statistiken, wieviele Menschen das Ehegattensplitting in Anspruch nehmen? Oder passiert das automatisch?
      Also mein persönliches Fazit generell zur Deutschen Einkommensteuer fällt weiterhin negativ aus, wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich das US Amerikanische System einführen, das ist meiner Meinung nach viel überschaubarer und berechenbarer. Aber ich habe ja (Mensch sei Dank) „nur“ meine Meinung zu sagen!
      Also um es kurz zu machen, ich bin raus aus dem Bus, meine Zeit ist zu Kostbar um sie dem Deutschen Steuerwahnsinn zu opfern! Aber ich wünsche allen Beteiligten und dem ZDF Team weiter gutes Gelingen und das Sie zu einem Fazit kommen. Also ich würde Merz wählen, aber der will nicht mehr, schade!

    • Wie weiter unten schon geschrieben, müssen wir vom „zu versteuernden Einkommen“ (zvE) ausgehen. Deshalb wäre aus meiner Sicht die dreijährliche Einkommensteuerstatistik (die neueste ist von 2007 als Vollerhebung, lt. destatis hat sich an der Verteilung nicht viel geändert) das geignete Mittel, um den Anteil der Steuerpflichtigen mit zvE < 60.000 Euro herauszufinden. Dort wäre die Tabelle 2.1 (Einzelpersonen) und 2.2 (Ehepaare) heranzuziehen, da wir vom zvE ausgehen müssen:
      https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/FinanzenSteuern/Steuern/LohnEinkommensteuer/LohnEinkommensteuer2140710079004.pdf?__blob=publicationFile
      Ich komme dabei zu folgendem Ergebnis:
      Es gibt 16.077.377 Einzelpersonen und 10.640.921 Ehepaare, die tatsächlich Steuern zahlen (2007).
      Davon hatten 15.000.153 Einzelpersonen und 9.981.719 Ehepaare ein zvE von maximal 52.152 Euro pro Person und Jahr.
      Das sind bei beiden Gruppen jeweils rund 93 %.
      Die Grenze von 60.000 Euro ist in diesen Tabellen nicht klar ersichtlich, aber das macht nichts, denn wenn man die dazu nimmt, sind es natürlich deutlich mehr als 93 %.
      Und das Brutto liegt stets deutlich höher als das zvE.

    • @Karolus1 Wieso vom zvE ausgehen? Wir müssen doch von dem ausgehen, was Trittin sagt. Und er bezieht sich aufs Bruttoeinkommen. s.o.

    • @ Karolus1

      Sehr gut nachvollziehbare und überzeugende Argumentation mit hervorragender statistischer Unterfütterung. Gleichwohl wären mir aktuellere Daten lieber, denn sonst bleibt die Faktenprüfung angreifbar. Zwar ist das SOEP eine Stichproben-Erhebung, aber dennoch m. E. auch ganz brauchbar. Daher sollte man entweder solche Daten jüngeren Datums zur Zweitprüfung heranziehen oder repräsentative Stichproben des Statistischen Bundesamtes, die aktueller sind. Sonst bleibt m. M. n. zu viel in der Schwebe. LG

    • @ Hans Kurz

      Ob der amerikanische Stufentarif besser ist, würde ich doch infrage stellen. Außerdem kann jeder mit Elster oder vergleichbaren Programmen, seinen individuellen Steuertarif problemlos ermitteln. Letztlich ist das US-System durch die stark divergierenden Steuern in den einzelnen Staaten der Föderation deutlich komplizierter. Aber auch da kann man sich mit entsprechender Software behelfen.

    • @ Slapsticker, 23.05.2013 | 19:41 Uhr
      das ist jetzt aber Ansichtssache und wir haben hier zwei verschiedene Meinungen.
      Aber Sie haben vergessen das ja sogar auch einige Counties Einkommensteuer erheben, Sie müssen als US Amerikaner also z.T. dreimal Einkommensteuer bezahlen, aber da Sie dann ja nur jeweils in einem County und Bundesstaat leben, ist es für den einzelnen nicht sehr kompliziert und Sie können die jeweiligen Eimommensteuern von Ihren Einkünften abziehen, Sie müssen aber als erstes die des Bundes zahlen, dann die des Bundestaates und dann die des Counties, insofern diese welche erheben, denn manche Staaten erheben keine Einkommensteuer. Also für den einzelnen Bürger ist es nicht kompliziert, er kann seine Steuern selbst ausrechnen und das sogar wenn diese angehoben oder gesenkt werden sollen, man braucht in den USA kein Abitur um seine Steuer zu errechnen, denn dort genügt der einfache Dreisatz den ja sogar Hauptschüler beherrschen, die es in den USA ja gar nicht gibt. Dort muss nicht erst ein Gesetz eine Formel vorgeben, das meine ich mit überschaubarer und berechenbarer.
      Aber wir driften ab und kommen in eine Systemdiskussion, die gehört nicht hier her. Ich bin sehr USA freundlich und schätze die Freiheit dort sehr und wünsche mir für Europa ähnlich viel Freiheit, aber da liegt noch viel Arbeit vor mir!

  21. Zwar meine ich, dass es für den Bürger interessanter wäre, wenn man das Konzept der Grünen (alle Steuervorstellungen, Ehegattensplitting und GKV-Beitragsbemessungsgrenze) als Ganzes auf Mehrbelastungen/Entlastungen checkt, aber mein hoffentlich sachdienlicher Hinweis zu dem Thema bezieht sich auf die Berechnungen des Steuerrechtsexperten Frank Hechtner, der zu folgendem Ergebnis kommt:
    „Bis zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5872 Euro müsse allerdings niemand mehr Steuern zahlen. Wer weniger verdiene, werde entlastet – am stärksten profitiere, wer ein Brutto von 5200 Euro hat – und zwar mit 13,36 Euro im Monat. Verdient ein Single 8000 Euro brutto, müsse er nach der Steuerreform der Grünen pro Monat zusätzlich 127,66 Euro bezahlen.“
    Quelle: http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1446204

    • Zumindest die Veränderung der GKV-Beitragsbemessungsgrenze lässt sich schlecht reinmodellieren, denn durch eine Anhebung der Versichertenpflichtgrenze ändert sich ja auch die Anzahl Pflichtversicherter zugunsten eines gewissen Zuwachses von Gutverdienenden mit tendenziell besserer Risiken in der GKV. Dies könnte jedoch im Ergebnis zu einer moderaten Senkung des GKV-Beitragssatzes führen, von der dann auch die Zwangswechsler betroffen wären. Der Malus von ehem. PK-Versicherten würde sich also dadurch ein Stück weit verringern. Was das Ganze zusätzlich verkompliziert, sind die sehr unterschiedlichen bisherigen Tarife der Zwangswechsler aus den PKVen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es für eine halbwegs akkurate Schätzung keine hinreichend genauen statistischen Daten gibt. Da kann man nämlich nicht einfach mal eben einen Durchschnitt bilden. Da also solche Schätzungen höchst kompliziert sind und sich bestimmte Effekte der Veränderung der Beitragsbemessungsgrenze schlicht nicht abschätzen lassen, ließe sich eine Einbindung derselben aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf eine seriöse Grundlage stellen. Daher sollte man dann doch bei den Änderungen der Einkommensteuer und deren steuerliche Ent- oder Belastungswirkungen bleiben.

    • Das Bruttoeinkommen ist zwar für Arbeitnehmer eine anschauliche Größe. Aber nur für diese, denn bei Selbstständigen und Gewerbebetrieb gibt es kein Brutto, sondern Einnahmen, somit Einnahmen minus Betriebsausgaben = Gewinneinkünfte. Bei Arbeitnehmern wären die Einkünfte = Brutto minus Werbungskosten. Zur Beantwortung der ZDFcheck-Frage ist das aber aus meiner Sicht untauglich und nicht gut vergleichbar.

      Der Dreh- und Angelpunkt ist das „zu versteuernde Einkommen“ (zvE). Alle gesetzlich festgelegten (Grenz)steuersätze beziehen sich darauf und auch die BERECHNUNG DER VERÄNDERUNG der Steuerbelastung kann nur mit dem zvE erfolgen. Das ist ja bekanntlich die eindeutige Bemessungsgrundlage. Der Zusammenhang zwischen zvE und Brutto ist leider nicht eindeutig. Es gibt mehrere verschiedene Bruttos, die zu ein und demselben zvE gehören. Berechnungsbeispiele mit Bruttowerten sind daher immer Einzelfallbeispiele. Analytisch bekommen wir damit kein Bein auf die Erde. Wir müssen vom zvE ausgehen.

      Deshalb wäre aus meiner Sicht die dreijährliche Einkommensteuerstatistik (die neueste ist von 2007 als Vollerhebung) das geignete Mittel, um den Anteil der Steuerpflichtigen mit zvE < 60.000 Euro herauszufinden. Dort wäre die Tabelle 2.1 (Einzelpersonen) und 2.2 (Ehepaare) heranzuziehen, da wir vom zvE ausgehen müssen:
      https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/FinanzenSteuern/Steuern/LohnEinkommensteuer/LohnEinkommensteuer2140710079004.pdf?__blob=publicationFile

  22. Durch die Anhebung des Grundfreibetrags für Alleinstehende von 8.130 EUR auf 8.700 EUR greift die Besteuerung des zu versteuernden Einkommens erst ab dem angehobenen Betrag. siehe § 32a EStG

Jürgen Trittin (Grüne): 90 Prozent der Einkommen- steuerzahler werden entlastet – Stimmt fast - Stimmt fast

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