15.05.2013

Otto Fricke (FDP): Länder und Gemeinden nehmen mehr Steuern ein als der Bund – Stimmt

Die Bundesländer wollen deutlich mehr Finanzmittel für die Aufgaben, die sie im Rahmen der Föderalismusreform übernommen haben. Otto Fricke (FDP) weist darauf hin, dass die Länder zusammen mit den Gemeinden ohnehin mehr Steuern einnehmen als der Bund. Das #ZDFcheck-Fazit: Stimmt.

Zitat:

Das parasitäre Verhalten der Länder ist unanständig, auch weil die Länder und ihre Kommunen zusammen deutlich mehr Steuern einnehmen als der Bund.

Bisherige Rechercheergebnisse:

So funktioniert's

Was checken wir genau?

Wir überprüfen, ob der Bund weniger Steuern einnimmt als Länder und Gemeinden zusammen.

Erster Schritt: Wie hoch waren die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahr 2012?

Die Hinweise unserer Nutzer waren gleich Treffer ins Schwarze. Das Bundesfinanzministerium weist in seinem Monatsbericht vom 31. Januar 2013 die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden für das zurückliegende Jahr aus. Anzumerken ist dabei, dass der Bund Steuern für die EU mit erhebt (z. B. Zölle und Anteile an der Mehrwertsteuer), die aber wieder an den EU-Haushalt abgeführt werden.

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Die Tabelle weist die Zahlen für den Bund und die Länder nach Bundesergänzungszuweisungen und für die Gemeinden als Gemeindeanteil an Einkommenssteuer, Abgeltungssteuer und Steuern vom Umsatz aus. Betrachtet man die Situation in Deutschland, so nahmen Länder und Gemeinden im Jahr 2013 zusammen 317,4 Milliarden Euro Steuern ein. Das sind mehr als die Steuerreinahmen des Bundes, die sich im gleichen Zeitraum auf 256,3 Milliarden Euro belaufen.

Eine genaue Aufschlüsselung nach Bundesländern bietet das Statistische Bundesamt an.

Im Bericht des Bundesfinanzministeriums vom 31. Januar 2013 heißt es weiter:

„Im Kalenderjahr 2012 konnten alle Ebenen deutlich bessere Ergebnisse erzielen als im Vergleichsjahr 2011. Dies gilt auch für den Anteil der Gemeinden an den Gemeinschaftssteuern. Die höheren EU-Abführungen, die – nicht zuletzt aufgrund von hohen Nachzahlungen für vergangene Jahre  zum Anstieg der EU-Eigenmittel um 7,6 Prozent beitrugen, reduzierten das Ergebnis der Steuereinnahmen des Bundes, sodass dieser mit 3,4 Prozent die niedrigste Zuwachsrate verzeichnet.“

Nimmt man Otto Fricke beim Wort, dann stimmt seine Aussage. Länder und Gemeinden haben tatsächlich mehr Steuern eingenommen. Ob man den Unterschied als „deutlich mehr“ einschätzen kann, darüber lässt sich streiten.

 

Zweiter Schritt: Wie lauten die aktuellen Steuerschätzungen für Bund, Länder und Gemeinden?

Im Mai hat der Arbeitskreis Steuerschätzung des Bundesfinanzministeriums seine Schätzung für 2013 und die Folgejahre vorgelegt. Die Zahlen belegen, dass sich auch für die kommenden Jahre an dem grundsätzlichen Verhältnis nichts ändern wird. Für 2013 rechnen die Steuerschätzer mit Einnahmen von 258,7 Milliarden Euro für den Bund, von 241,9 Milliarden Euro für die Länder und von 83,9 Milliarden Euro für die Gemeinden.

Bis zum Jahr 2017 rechnen die Steuerschätzer auf allen Ebenen mit weiter steigenden Einnahmen. Die steuerliche „Übermacht“ von Ländern und Gemeinden gegenüber dem Bund bleibt dabei bestehen.

Otto Fricke stimmt mit seiner Einschätzung also auch für die kommenden Jahre mit den Berechnungen der Steuerschätzer überein. Und darauf weist er uns auch ganz eifrig via Twitter hin:

 

Das #ZDFcheck-Fazit

Die Zahlen zu den Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden geben Otto Fricke Recht. Sie werden vom Statistischen Bundesamt und dem Bundesfinanzministerium bestätigt. Deshalb das Fazit: Stimmt.


Jenseits des reinen Faktenckecks fällt uns und unseren Nutzern auf, dass Otto Fricke ungewöhnlich hart formuliert. Er bezeichnet das Verhalten der Länder als „parasitär“ und „unanständig“.


Ein Parasit ist laut Biologie-Lexikon ein Organismus, der sich einseitig von anderen Lebewesen (Wirt) ernährt, sie schädigt, in der Regel aber nicht tötet. Ein Begriff also, der das Verhältnis von Bund und Ländern sehr negativ beschreibt. Diese Wortwahl erklärt sich nur aus dem politischen Zusammenhang. Dazu eine Einschätzung von ZDF-Hauptstadtkorrespondent Klaus Brodbeck.


 


Dieser #ZDFcheck wurde beendet. Die Redaktion hat ein Fazit gezogen. Vielen Dank an alle Helfer für die Hinweise und Beteiligung.

Insgesamt 25 Hinweise

  1. VORSCHLAG:

    Wie wäre es denn, wenn Sie den ZDFcheck folgendermaßen umstrukturierten.

    1. FAKTENCHECK
    a) Was prüfen wir genau?
    b) Erweist sich die Aussage von XY, dass Blablabla soundso sei, als richtig/falsch? (Kolbeninhalt: grün oder rot)

    2. Teil, der klar vom Faktencheck abgegrenzt ist:
    Vor welchem sachlichen Hintergrund / In welchem sachlichen Kontext muss man die Aussage sehen? In welchem größeren SACH-Zusammmenhang steht die Aussage? (Erläuerungen dazu – OHNE Bewertung)

    3. Teil, der nochmals eigens abgegrenzt ist:
    In welchem politischen Diskussionszusammenhang steht die Aussage? (auch hier: sachliche Darstellung – OHNE Bewertung)

    So hätte man den eigentlichen FAKTEN-Check (nur Teil 1) sauber und unmissverständlich vom Rest getrennt. Durch verschiedenfarbige Hinterlegung von Teil 1 und der Ergänzungsteile 2 und 3, hätte man auch optisch eine Trennlinie gezogen.

    Wie wär’s?

    • P.S.: Das würde erstens die Faktenchecker davor schützen, bei der erweiterten Auswertung, die sich vom Wortlaut einer Aussage entfernt und mit Interpretationen arbeitet, fragwürdige Faktenselektion zu betreiben, und es würde zweitens die Redakteure davor schützen, parteipolitisch Partei ergreifen zu müssen (s. Videos). Das abschließende Urteil läge so in jedem Fall bei den Usern selbst. Die hätten dann die Wahl, ob sie die Politikeraussage nur nach Wahrheitsgehalt ihres Wortlautes beurteilen, wozu der Faktencheck (= Teil 1) daist, oder ob sie bei ihrer Beurteilung der Politiker-Aussage auch die weiteren Sachzusammenhänge einbeziehen wollen oder ob sie gar mutmaßliche politische Intentionen zu einer abschließenden Bewertung heranziehen wollen.

    • Hallo Slapsticker,

      wir sehen auch die Schwierigkeit, zwischen sachlichen und politischen Aussagen zu unterscheiden und diskutieren intensiv darüber. Wir haben uns für diese Lösung entschieden: Wir checken die Aussagen in nachvollziehbaren Schritten. Dann ziehen wir das Fazit. Darunter, also nach abgeschlossenem Check, liefern unsere Hauptstadtkorrespondenten eine politische Einschätzung.

      Viele Grüße,
      das ZDFcheck-Team

    • Richtig. Die Erläuterung des politischen/sachlichen Zusammenhanges kommt durch das Endergebnis mit der Bewertung zu kurz.
      Politischer Hintergrund der Aussage parasitär/unanständig ist es, die Forderung der Bundesländer nach einem höheren Anteil an den Steuereinnamen des Bundes abzuwehren.
      Sachlicher Hintergrund sind die Verhandlungen zum Fiskalpakt. Hier müsste aufgeschlüsselt werden welche zusätzlichen Aufgaben die Länder übernommen haben und ob die Kompensation durch den Bund dafür ausreicht.http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/zustimmung-zum-fiskalpakt-laender-wollen-bund-milliarden-abtrotzen-12182926.html

  2. Liebes ZDFcheck-Team,
    ich kann natürlich nicht für die anderen Foristen, die sich kritisch geäußert haben, schreiben, aber vielleicht wäre eine teaminterne Diskussion über das Einhalten selbst formulierter Standards, die ja z. B. von Bluescreen_o_D aus gegebenem Anlass hier zitiert wurden, nicht verkehrt. Alles andere wären m. E. kosmetische Korrekturen. MfG

  3. Der größte Witz ist ja, dass die Redakteure ihren eigenen Prüfaufträgen zuwiderhandeln. Dabei schreiben sie doch unter „Was checken wir genau?“, wie der Prüfauftrag lautet, wobei diese Frage und deren Antwort interessanterweise beim Wiesehügel-Check fehlt, aber das nur am Rande. Gemessen am selbst formulierten Prüfauftrag „Wir überprüfen, ob der Bund weniger Steuern einnimmt als Länder und Gemeinden zusammen.“ (s. o.) kann man jedenfalls den Tatsachenbehauptungsteil in Frickes Äußerung klar als verifiziert ansehen und ein Häkchen dranmachen. Bei von der Leyen, wo der Prüfauftrag unmissverständlich lautete „Wir prüfen, ob sich die Unterschiede zwischen den höchsten und niedrigsten Einkommen in den vergangenen drei Jahren (2012-2010) verkleinert haben.“, kann man ebenfalls ihre Behauptung ohne Wenn und Aber als widerlegt betrachten und den Daumen senken. Im Fall Wiesehügel behilft man sich mit einer Bypass-Konstruktion, die sich am Wortlaut seiner Aussage vorbeischlängelt. Seriös geht anders!

    • Hallo Hans Kurz und Slapsticker, vielen Dank für Ihre Beiträge. Die Aussage von Herrn Fricke enthält einen klar überprüfbaren Teil (Höhe der Steuereinnahmen) und darüber hinaus eine Wertung (“unanständig” und “parasitär”). Darauf haben ja auch Memoire und andere hingewiesen. Wir nehmen alle diese Anmerkungen gerne zum Anlass, in unserem Fazit der Frage nachzugehen, warum Herr Fricke hier so deftig formuliert. Viele Grüße, ZDF check-Team

  4. „Das parasitäre Verhalten der Länder ist unanständig“

    Wie will man das objektiv bewerten, vor allem da es ja der Kern der Aussage ist.

    Unter FAQ ist zu lesen, „Im #ZDFcheck werden keine Aussagen überprüft, die nicht objektiv nachprüfbar sind….“ Dies ist jedoch bei diesem Zitat teilweise der Fall, oder wie will ich nachprüfen ob es parasitär ist und wenn, ob es unanständig ist?

    Wenn nur die leicht prüfbare Aussage gewertet wird und nicht die Schlussfolgerung die der oder die Person daraus zieht, stellt sich die Frage nach dem Sinn einer Analyse.
    Die Frage nach der Steuer-Aufkommensverteilung ist ungefähr so schwer zu beantworten wie die Frage nach der Höhe des Spitzensteuersatzes.

    Insofern ist dieses Zitat nicht zu bewerten!

    lg

    • Sehe ich genauso! Der sog. ‚Fakten‘-Check hat sich längst von seinem eigenen Anspruch entfernt. Da wäre eine Revision dringend angeraten. Entweder weicht man das Konzept noch weiter auf, was dann aber nix mehr mit einem FAKTEN-Check zu tun hat, oder man verpflichtet sich endlich zur Einhaltung der selbstgesetzten Regeln. Ich würde Letzteres begrüßen. LG

    • Hallo Bluescreen_o_D und Slapsticker,
      ich kann mich nur anschließen, auch wenn ich mit meiner Meinung nicht hinter den Berg halte, aber ein FAKTEN Check kann eben nicht Meinungen machen, sondern lediglich Fakten checken, aber wir können hier auch gerne ein Politisches Forum machen, dann also immer frei raus mit den Meinungen, das hat dann allerdings mit einem Faktencheck nichts mehr zu tun. Wobei wir als Nutzer sollten können und dürfen unsere Meinungen ruhig äußern und vertreten, aber hauptsächlich sollte hier keine Diskussion über Meinungen entstehen, das wäre die falsche Richtung für einen Faktencheck.
      Also wie könnte jetzt ein neutrales Fakten Orientiertes Fazit zu dieser Aussage aussehen? Irgendwelche Vorschläge?

  5. Dieser Ausspruch ist nur die übliche Empörungsrhetorik eines Politikers.

  6. Mich irritiert, dass das Zitat von H. Fricke bei dem Faktenchek geteilt wird. Das „parasitäre Verhalten der Länder“, ist m.E. die Hauptaussage und wurde durch eine leicht nachprüfbare Nebenaussage „weil die Länder und Kommunen zusammen deutlich mehr Steuern einnehmen als der Bund“ lediglich untermauert.
    Meine Frage: Warum wird die Unterstellung „Das parasitäre Verhalten der Länder“ nicht unter die Lupe genommen?

    • Ein meiner Meinung nach berechtigter Einwand. Hier stellen sich dann die Fragen, was in dem Fall parasitär bedeutet und ob diese Bedeutung auf Länder und Kommunen anwendbar ist.
      Ein Parasit ist zuerst einmal ein Lebewesen, das sich von seinem Wirt ernährt und diesen dabei schädigt, in Einzelfällen sogar tötet.
      http://de.wikipedia.org/wiki/Parasitismus
      Diese Bedeutung passt offensichtlich nicht richtig, da Institutionen keine Lebewesen sind. Es wird also eher eine übertragene Bedeutung haben, z.B. „andere Personen, Firmen oder Institutionen ausnutzend oder [sich] an ihnen bereichernd, ohne eine Gegenleistung zu erbringen“ (Quelle: http://de.wiktionary.org/wiki/parasit%C3%A4r) oder „ein fauler Mensch, der andere für sich arbeiten lässt“ (Quelle: http://de.thefreedictionary.com/parasit%c3%a4r).
      Demzufolge müssten die Länder und Kommunen Leistungen beziehen, ohne dafür eine (ausreichende) Gegenleistung zu erbringen.

    • Hallo Memoire,
      na dann nehmen wir das Wort Parasitär mal unter die Lupe, das sagt Wikipedia u.a. zu Parasit:
      „Der auch als Wirt bezeichnete Organismus wird dabei vom Parasiten geschädigt, bleibt aber in der Regel am Leben. In seltenen Fällen kann der Parasitenbefall auch zum Tod des Wirtes führen, dann aber erst zu einem späteren Zeitpunkt.“
      Klar bleibt es eine Meinungsäußerung von Herrn Fricke und klar überspitzt er die Situation, aber das ist ganz normale Rethorik der Politik. Nun leben wir in einem Land indem jeder seine Meinung frei äußern darf und ich finde das Herr Fricke nicht ganz unrecht hat mit seiner Aussage, aber darüber können wir hier noch Wochenlang streiten und kämen wohl nicht zusammen, daher sollten wir diese Entscheidung getrost dem Wähler überlassen und uns an die Fakten halten und da hat Herr Fricke nunmal Recht!
      Quelle:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Parasit
      P.S. Aber wie ich auch schon sagte, wenn jetzt der Herr Fricke keine Antworten, wie er das parasitäre Verhalten ändern will folgen lässt, wird sein Satz eh in der Versenkung ungehört verschwinden, ein Schuss im Wind, mehr nicht!

    • Laut Definition muss der Parasit aber kleiner sein als der Wirt und das hat Herr Fricke ja wiederlegt….

      Aber wie ich oben geschrieben habe ist eine Analyse sinnbefreit.

      lg

    • Das Problem ist doch, dass man Meinungsäußerungen, die nichts weiter als Wertungen von Sachverhalten sind, nicht auf Faktizität checken kann. Nur Tatsachenbehauptungen lassen sich auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. XY behauptet: „Das Hemd ist blau.“ Da kann man dann nachgucken, ob’s tatsächlich so ist. YZ sagt: „Das Hemd hat eine fürchterliche Farbe.“ Was will man da überprüfen? Eine Umfrage zu machen, ob eine Mehrheit aus einer repräsentativ befragten Stichprobe der Bevölkerung das auch so sieht? Das ist doch erkennbar unsinnig. Genauso unsinnig ist es, wenn das Ergebnis des Faktenchecks bei von der Leyen, deren Tatsachenbehauptung gemessen an den statistischen Daten, nicht einmal richtig gewesen ist, und Wiesehügel, dessen Tatsachenbehauptung vor dem Hintergrund der objektiv messbaren Daten richtig ist (Umfragedaten natürlich ausgenommen), in der Abschlussbeurteilung (s. Färbung der virtuellen Flüssigkeit im Kolben) aufs Gleiche hinauslaufen, wobei nach Definition klar segmentierbare „Arbeitsverhältnisse“ mutwillig in subjektiv empfundene ‚Arbeitssituationen‘ umdefiniert wurden, um eine Negativbewertung rechtfertigen zu können.
      Korrekter wäre es, jede Politikeräußerung in einen Tatsachenbehauptungsteil und einen Meinungsbekundungsteil aufzusplitten. Erstgenannter lässt sich dann überprüfen. Den Meinungsbekundungsteil kann man hingegen nur insoweit auf Plausibililät ‚prüfen‘, indem man diesen mit verschiedenen Experteneinschätzungen verschiedener Couleur kontrastiert, auf Faktizität kann man ihn nicht prüfen, wie das bei der Meinungsbekundung „Das parasitäre Verhalten der Länder ist unanständig“ auch der Fall ist. Was soll man denn da an FAKTEN-Prüfung vornehmen?

  7. Der Bund will 2014 einen ausgeglichenen Haushalt zustande bringen. Dafür sollten die Zuschüsse an die Bundesländer 2014 entfallen.
    Die Länder wollen jedoch höhere Zuschüsse als bisher.
    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/zustimmung-zum-fiskalpakt-laender-wollen-bund-milliarden-abtrotzen-12182926.html
    Also die übliche plakative Rhetorik .

  8. Gemeinden sind Teil eines Landes und die Länder Teil des Bundes. Ein parasitäres Verhalten kann es aber nur zwischen unterschiedlichen Organismen geben („para“ altgriechisch für „neben“ vs. „Bund“, Aggregation der Bündnispartner). Ähnlich unsinnig wäre es der Milz ein parasitäres Verhalten gegenüber der Person vorzuwerfen, dessen Organ/Bestandteil sie ist.

    Nebenbei bemerkt: Steuern werden von den Finanzämter der Gemeinden eingenommen. Je nach Steuerart werden festgelegte Prozentsätze an Land und Bund weitergegeben (als eine Art von Mitgliedsbeitrag). Der Bund wiederum gibt das Geld für mehr oder weniger gemeinschaftliche Zwecke aus. Für den Schienenverkehr beispielsweise gibt es Mischfinanzierungen an denen sich wiederum Bund, Land und Gemeinden beteiligen. Würde der Bund den Hauptteil der Steuern bekommen und sich gleichzeitig im gleichen Maß höher an Mischfinanzierungen beteiligen, würde sich nichts ändern.

  9. Auch hier erfordert der Fakencheck keinen weiteren Prüfschritt. Denn die einzig nachprüfbare Tatsachenbehauptung, dass „die Länder und ihre Kommunen zusammen deutlich mehr Steuern einnehmen als der Bund“, hat sich als faktisch korrekt erwiesen. Frickes Wertung („Das parasitäre Verhalten der Länder ist unanständig“) mag man für unsinnig halten, aber es ist ja auch nicht mehr als eine bloße Meinungsbekundung, die als solche mit dem Faktum des Einnahmenverhältnisses von Bund und anderen Gebietskörperschaften nix zu tun hat. Daher noch einmal mein Appell: Bleibt bei den Fakten!

  10. Als Fazit der Kommentare und Zahlen bleibt festzuhalten, dass die Einnahmeverteilung und die Ausgabenverteilung insgesamt nicht zusammenpassen, da über den Verschiebebahnhof Gemeinschaftliche Steuern eine zweckgebundene Mittelverteilung passiert und damit keine eigenständige Hoheit über die Ausgabenverteilung besteht. Im übrigen sind erhobene Steuern im Verhältnis zum Bürger an keinen bestimmten Ausgabezweck gebunden. Damit können die Länder und Gemeinden unmittelbar nur über die von ihnen selbst erhobenen Steuern verfügen.

  11. Ja die Länder und Gemeinden nehmen zusammen mehr ein als der Bund für sich alleine. Was daran aber ist Parasitär?
    Zu den Einnahmen muss man auch immer die Ausgaben sehen, dazu mal hier eine Statistik der Salden der Jahre 2011 und 2012:
    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen/Finanzierungssaldo.html;jsessionid=696F44981AE7BB96EB2C1B6D09B4C543.cae4
    Die Länder zusammen und der Bund machen viel Minus, die Gemeinden 2012 sogar einen Überschuss und die Sozialversicherung kann gute Rücklagen bilden.
    Baden Württemberg, Bayern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin machten demnach 2012 ein Plus. Darin enthalten sind schon die Hin und Her Verschiebungen des Länderfinanzausgleichs und des Soli.
    Was Herr Fricke wohl also mit Parasitär meint, scheint der Umstand zu sein, das viele Länder, trotz der vielen Einnahmen und Zuschüsse, immernoch nicht hinkommen und viele Länder alleine nicht Überlebensfähig sind.
    Also ja der Satz von Herrn Fricke stimmt und ich kann ihn nur unterstreichen, aber wie ändert man diese Situation jetzt?
    Hoffentlich hat Herr Fricke darauf auch Antworten, denn sonst verpufft sein richtiger Satz im Nirvana!
    Quellen:
    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/OeffentlicheFinanzen.html
    Einnahmen:
    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen/Einnahmen.html;jsessionid=696F44981AE7BB96EB2C1B6D09B4C543.cae4
    Ausgaben:
    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen/Ausgaben.html;jsessionid=696F44981AE7BB96EB2C1B6D09B4C543.cae4
    Salden:
    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen/Finanzierungssaldo.html;jsessionid=696F44981AE7BB96EB2C1B6D09B4C543.cae4

  12. Die Verteilung der Steuereinnahmen ist seit Jahren mit geringen Schwankungen konstant. Damit haben Länder und Gemeinden einen Anteil der Steuereinnahmen in Eigenverwaltung!!! von 11,5%. Der grösste Brocken sind mit über 70% gemeinschaftliche Steuern, die der Bund einnimmt und aufgabenspezifisch nach einem Schlüsselsystem verteilt.
    Beim Ausgabenanteil liegt der Bund 2011 mit 43% vorn, die Länder folgen mit 39%, die Gemeinden mit 14% und die EU mit 4%. Nominal geben Länder und Gemeinden mit zusammen 53% mehr aus als der Bund, allerdings sind darin Ausgaben enthalten, die vom Bund auf die Länder und Gemeinden abgewälzt wurden (überwiegend Sozialetat). Bis 2011 hat sich der Anteil der Bundesausgaben im Verhältnis zu dem Länder permanent erhöht. Quelle ist das BMI: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2012/10/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-3-steuereinnahmen-im-haushaltsjahr-2011.html

    Hier die Zahlen des BMI für 2011:

    Haushaltsjahr (in Mio. €)
    Änderung gegenüber Vorjahr
    2011 2010 Änderung gegenüber Vorjahr in Mio€ und %
    Gemeinschaftliche Steuern
    403.567 372.857 30.710 8,2%
    Bundessteuern
    99.134 93.426 5.708 6,1%
    Ländersteuern
    13.095 12.146 949 7,8%
    Gemeindesteuern
    52.984 47.780 5.204 10,9%
    Zölle
    4.571 4.378 193 4,4%
    Steuereinnahmen insgesamt
    573.351 530.587 42.764 8,1%

  13. Die Steuereinnahmen belaufen sich laut des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ des Bundesfinanzministeriums auf 256,3 Milliarden Euro.
    Die Länder nahmen zusammen 236,3 Milliareden ein, die Gemeinden nochmals 81,1 Milliarden. Das sind zusammen 317,4 Milliarden. 61,1 Mil. weniger als der Bund eingenommen hat.
    Die aktuelle Steuerschätzung (Mai 2013) prognostiziert einen leichten Anstieg in jedem Bereich für das Jahr 2013. Genaue Zahlen anbei.

    Demnach wäre die Aussage von Herrn Fricke im Grunde genommen richtig. Das Wort „deutlich“ müsste nur genauer definiert sein.

    Grüße
    Marc Dröfke

    Quelle: PM des Bundesfinanzministeriums zum 142sten Arbeitskreis „Steuerschätzung“ der vom vom 6. bis 8. Mai 2013 in Weimar stattgefunden hat.

    1. Zahlen:
    http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2013/05/2013-05-08-pm-steuerschaetzung-anlage1.pdf?__blob=publicationFile&v=3

    2. PM
    http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2013/05/2013-05-08-pm-steuerschaetzung.html

Otto Fricke (FDP): Länder und Gemeinden nehmen mehr Steuern ein als der Bund – Stimmt - Stimmt

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