Landesparteitag in Klipphausen Sachsens AfD-Basis blockt Debatte über Höcke ab
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Das Verhältnis zwischen Vorstand und Basis der AfD Sachsen gleicht zunehmend einem Tauziehen. So lehnten die Delegierten des Landesparteitags eine kritische Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Auftritt des Thüringer AfD-Rechtsaußen Höcke in Dresden ab. Andererseits verwehrten sie Pegida-Sympathisanten eine Debatte über die Aufhebung des Abgrenzungsbeschlusses zu der Bewegung. Deren Ex-Fronftfrau Festerling saß mit im Saal. Diesen musste ein Journalist wegen angeblicher Hetzartikel verlassen.
Die sächsische AfD-Führung ist mit ihrem Abgrenzungskurs zum Thüringer Fraktionschef Björn Höcke bei der eigenen Basis gescheitert. Die Mehrheit der rund 320 Delegierten des Landesparteitags in Klipphausen lehnte am Sonnabend einen Antrag des Vorstands ab, sich kritisch mit der Rede Höckes vor zwei Wochen in Dresden auseinanderzusetzen.
Das "Problem Höcke"
Generalsekretär Uwe Wurlitzer wollte in der Debatte die negativen Auswirkungen von Höckes Äußerungen für die Partei thematisieren. Dass Höcke in Sachsen Anhänger hat, haben die Begeisterungsstürme bei seinem Auftritt in Dresden gezeigt. Im Landesvorstand um AfD-Chefin Frauke Petry wird das mit Sorge gesehen. Generalsekretär Uwe Wurlitzer hatte im Vorfeld des Parteitags erklärt, in Klipphausen müsse deutlich werden, dass Höcke mit seiner Forderung nach einer 180-Grad-Wende im Umgang mit der deutschen Vergangenheit und dem Holocaust der Partei geschadet habe. Und er sah Klärungsbedarf:
Wir haben schon das eine oder andere Problem, weil die Mitglieder teilweise nicht verstanden haben, was da gesagt wurde.
Deshalb sähen viele Höcke auch als Opfer. "Die schieben vieles auf die Falschdarstellung der Medien. Das ist zum Teil so. Aber zum überwiegenden Teil haben wir uns hier selber ein Ei gelegt", meint der 42-jährige Leipziger.
Das "Problem Maier"
Auch Parteichefin Petry hatte sich in einem Brief an die Mitglieder deutlich von den Positionen Höckes abgegrenzt. Seine Geschichtsbetrachtung und die Verächtlichmachung des Parlamentarismus und seiner Vertreter sei ein Irrweg, der der Partei schade. Doch zumindest Teile der sächsischen AfD sympathisieren mit Höckes Ansichten. Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden, war ein Vorredner von Höcke bei der Veranstaltung der AfD-Jugend in Dresden. Weil er dabei den "Schuldkult" der Deutschen für "endgültig beendet" erklärt und sich über "Mischvölker" ausgelassen hatte, die geschaffen würden, um "die nationalen Identitäten auszulöschen", wird gegen ihn wegen Volksverhetzung ermittelt. Von der Dresdner AfD zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl gekürt, will Maier am Wochenende auch auf die Landesliste gewählt werden. Für die Parteiführung um Petry wäre das ein schwerer Schlag.
Das "Problem Pegida"
Auch der von der sächsischen AfD-Spitze gewünschte Abstand zu Pegida und deren Partner-, aber auch Konkurrenzenzbewegungen in Sachen Ausländer- und Islamfeindlichkeit spaltet offenbar die Parteibasis im Freistaat. So war in Klipphausen die frühere Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling anwesend, die inzwischen zu den Wortführern der Bewegung "Festung Europa" gehört. Andererseits lehnten die Delegierten einen Antrag des Kreisverbands Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ab, die Aufhebung des Abgrenzungsbeschlusses zu Pegida auf die Tagesordnung zu setzen.
Der Kreisverband – und Wahlkreis Petrys - hatte in der Vorwoche den erklärten Islam-Gegner Michael Stürzenberger eingeladen. "Wir haben im Raum Dresden - das betrifft Meißen, SOE (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) und Teile von Bautzen - das Problem, dass die sehr, sehr Pegida-lastig sind", räumt Generalsekretär Wurlitzer ein. Stürzenberger ist Dauerredner bei Pegida. Wie deren Chef Lutz Bachmann, bejubelte auch er Höckes Ausführungen und das einstweilige Scheitern des von Petry betriebenen Versuchs, den Thüringer aus der AfD auszuschließen. Die in den vergangenen Monaten deutlich gewachsene Anbiederung der Pegida-Führung an die AfD sieht Wurlitzer nüchtern: "Ich glaube, die wollen einfach irgendwelche Posten haben. Die scheren sich überhaupt nicht um Inhalte."
Das "Problem Bundestagswahl"
Da es bei der AfD Sachsen an diesem Wochenende auch um personelle Weichenstellungen für die anstehende Bundestagswahl geht, widmete sich Petry in ihrer Eröffnungsrede auch den Erfolgsaussichten ihrer Partei. Dabei warnte sie eindringlich vor zu hohen Erwartungen. Man lasse sich von den aktuellen guten Umfrageergebnissen mit 15 bis 16 Prozent Stimmanteil nicht kirre machen, betonte Petry. Obwohl die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel der AfD eine Steilvorlage nach der anderen liefere, sei das Potenzial nach oben begrenzt. Als Ziel gab Petry aus, stärkste Oppositionspartei zu werden. Bei der Bundestagswahl 2021 werde die AfD dann hoffentlich mehrheitsfähig sein. Um ein gutes Abschneiden in diesem Herbst zu sichern, will die sächsische AfD 600.000 Euro für den Wahlkampf ausgeben, 530.000 Euro mehr als 2013. Davon sollen unter anderem 60.000 Plakate, ein Bus und ein Heißluftballon finanziert werden.
Das "Problem Presse"
Ein Redakteur der "Sächsischen Zeitung" wurde vom Parteitag in Klipphausen ausgeschlossen. Nachdem per Mehrheitsbeschluss zunächst alle Medienvertreter bleiben durften, wurde dem Journalisten die Akkreditierung entzogen. Ein Delegierter hatte behauptet, der Mann habe "Hetzartikel" verfasst und damit schon "Existenzen zerstört". Der Journalist musste den Saal in Begleitung von Ordnern verlassen, zahlreiche Parteitagsbesucher begleiteten den Rauswurf mit Beifall. AfD-Landesvize Thomas Hartung hatte sich zuvor gegen den Ausschluss des Zeitungsredakteurs ausgeprochen. Die "Sächsische Zeitung" verwahrte sich gegen die Anschuldigungen und protestierte gegen die Behinderung ihrer Berichterstattung. Auch die Landespressekonferenz erhob Einspruch gegen den Ausschluss des Journalisten.
Über dieses Thema berichtet MDR SACHSEN auch im Radio und Fernsehen
MDR 1 RADIO SACHSEN | 28.01.2017 | Nachrichten | ab 08:00 Uhr
MDR SACHSENSPIEGEL | 28.01.2017 | 19:00 Uhr
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30.01.2017 16:52 Günter 93
30.01.2017 16:47 Ralf112 92
30.01.2017 16:19 Wieland der Schmied [0741] 91
30.01.2017 09:54 Joachim Dierks 90
30.01.2017 07:51 Kajoo 89
29.01.2017 20:58 keine-ahnung 88
29.01.2017 20:51 laberkopf 87
29.01.2017 19:25 I. Maier 86
29.01.2017 18:47 Ralf112 85
29.01.2017 18:31 Gerd Schulz 84