Ein Wimpel mit dem Parteilogo der Alternative für Deutschland (AfD) steht am 28.01.2017 auf dem AfD-Landesparteitag in Klipphausen (Sachsen) auf einem Tisch.
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Landesparteitag in Klipphausen Sachsens AfD-Basis blockt Debatte über Höcke ab

Das Verhältnis zwischen Vorstand und Basis der AfD Sachsen gleicht zunehmend einem Tauziehen. So lehnten die Delegierten des Landesparteitags eine kritische Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Auftritt des Thüringer AfD-Rechtsaußen Höcke in Dresden ab. Andererseits verwehrten sie Pegida-Sympathisanten eine Debatte über die Aufhebung des Abgrenzungsbeschlusses zu der Bewegung. Deren Ex-Fronftfrau Festerling saß mit im Saal. Diesen musste ein Journalist wegen angeblicher Hetzartikel verlassen.

Ein Wimpel mit dem Parteilogo der Alternative für Deutschland (AfD) steht am 28.01.2017 auf dem AfD-Landesparteitag in Klipphausen (Sachsen) auf einem Tisch.
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Die sächsische AfD-Führung ist mit ihrem Abgrenzungskurs zum Thüringer Fraktionschef Björn Höcke bei der eigenen Basis gescheitert. Die Mehrheit der rund 320 Delegierten des Landesparteitags in Klipphausen lehnte am Sonnabend einen Antrag des Vorstands ab, sich kritisch mit der Rede Höckes vor zwei Wochen in Dresden auseinanderzusetzen.

Das "Problem Höcke"

Uwe Wurlitzer, Generalsekretär der Alternative für Deutschland (AfD) in Sachsen, und Frauke Petry, Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland, stehen am 28.01.2017 auf dem AfD-Landesparteitag in Klipphausen (Sachsen) nebeneinander.
Wurlitzer und Petry konnten mit ihrer Anti-Höcke-Linie die Delegierten nicht überzeugen. Bildrechte: dpa

Generalsekretär Uwe Wurlitzer wollte in der Debatte die negativen Auswirkungen von Höckes Äußerungen für die Partei thematisieren. Dass Höcke in Sachsen Anhänger hat, haben die Begeisterungsstürme bei seinem Auftritt in Dresden gezeigt. Im Landesvorstand um AfD-Chefin Frauke Petry wird das mit Sorge gesehen. Generalsekretär Uwe Wurlitzer hatte im Vorfeld des Parteitags erklärt, in Klipphausen müsse deutlich werden, dass Höcke mit seiner Forderung nach einer 180-Grad-Wende im Umgang mit der deutschen Vergangenheit und dem Holocaust der Partei geschadet habe. Und er sah Klärungsbedarf:

Wir haben schon das eine oder andere Problem, weil die Mitglieder teilweise nicht verstanden haben, was da gesagt wurde.

Uwe Wurlitzer, AfD-Generalsekretär

Deshalb sähen viele Höcke auch als Opfer. "Die schieben vieles auf die Falschdarstellung der Medien. Das ist zum Teil so. Aber zum überwiegenden Teil haben wir uns hier selber ein Ei gelegt", meint der 42-jährige Leipziger.

Das "Problem Maier"

Richter Jens Maier
Gegen den Dresdner Richter läuft auch ein Disziplinarverfahren. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auch Parteichefin Petry hatte sich in einem Brief an die Mitglieder deutlich von den Positionen Höckes abgegrenzt. Seine Geschichtsbetrachtung und die Verächtlichmachung des Parlamentarismus und seiner Vertreter sei ein Irrweg, der der Partei schade. Doch zumindest Teile der sächsischen AfD sympathisieren mit Höckes Ansichten. Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden, war ein Vorredner von Höcke bei der Veranstaltung der AfD-Jugend in Dresden. Weil er dabei den "Schuldkult" der Deutschen für "endgültig beendet" erklärt und sich über "Mischvölker" ausgelassen hatte, die geschaffen würden, um "die nationalen Identitäten auszulöschen", wird gegen ihn wegen Volksverhetzung ermittelt. Von der Dresdner AfD zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl gekürt, will Maier am Wochenende auch auf die Landesliste gewählt werden. Für die Parteiführung um Petry wäre das ein schwerer Schlag.

Das "Problem Pegida"

Die ehemalige Pegida-Aktivistin, jetzt "Festung Europa" (Fortress Europe), Tatjana Festerling, sitzt am 28.01.2017 auf dem AfD-Landesparteitag in Klipphausen (Sachsen) auf ihrem Platz.
Festerling beobachtete die Richtungsdebatten auf dem AfD-Parteitag. Bildrechte: dpa

Auch der von der sächsischen AfD-Spitze gewünschte Abstand zu Pegida und deren Partner-, aber auch Konkurrenzenzbewegungen in Sachen Ausländer- und Islamfeindlichkeit spaltet offenbar die Parteibasis im Freistaat. So war in Klipphausen die frühere Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling anwesend, die inzwischen zu den Wortführern der Bewegung "Festung Europa" gehört. Andererseits lehnten die Delegierten  einen Antrag des Kreisverbands Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ab, die Aufhebung des Abgrenzungsbeschlusses zu Pegida auf die Tagesordnung zu setzen.

Pegida-Anhänger schwenken auf einer Demonstration auf dem Theaterplatz in Dresden Fahnen
Pegida und AfD - ein schwieriges Verhältnis Bildrechte: MDR/Christian Essler

Der Kreisverband – und Wahlkreis Petrys - hatte in der Vorwoche den erklärten Islam-Gegner Michael Stürzenberger eingeladen. "Wir haben im Raum Dresden - das betrifft Meißen, SOE (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) und Teile von Bautzen - das Problem, dass die sehr, sehr Pegida-lastig sind", räumt Generalsekretär Wurlitzer ein. Stürzenberger ist Dauerredner bei Pegida. Wie deren Chef Lutz Bachmann, bejubelte auch er Höckes Ausführungen und das einstweilige Scheitern des von Petry betriebenen Versuchs, den Thüringer aus der AfD auszuschließen. Die in den vergangenen Monaten deutlich gewachsene Anbiederung der Pegida-Führung an die AfD sieht Wurlitzer nüchtern: "Ich glaube, die wollen einfach irgendwelche Posten haben. Die scheren sich überhaupt nicht um Inhalte."

Das "Problem Bundestagswahl"

Da es bei der AfD Sachsen an diesem Wochenende auch um personelle Weichenstellungen für die anstehende Bundestagswahl geht, widmete sich Petry in ihrer Eröffnungsrede auch den Erfolgsaussichten ihrer Partei. Dabei warnte sie eindringlich vor zu hohen Erwartungen. Man lasse sich von den aktuellen guten Umfrageergebnissen mit 15 bis 16 Prozent Stimmanteil nicht kirre machen, betonte Petry. Obwohl die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel der AfD eine Steilvorlage nach der anderen liefere, sei das Potenzial nach oben begrenzt. Als Ziel gab Petry aus, stärkste Oppositionspartei zu werden. Bei der Bundestagswahl 2021 werde die AfD dann hoffentlich mehrheitsfähig sein. Um ein gutes Abschneiden in diesem Herbst zu sichern, will die sächsische AfD 600.000 Euro für den Wahlkampf ausgeben, 530.000 Euro mehr als 2013. Davon sollen unter anderem 60.000 Plakate, ein Bus und ein Heißluftballon finanziert werden.

Das "Problem Presse"

Ein Redakteur der "Sächsischen Zeitung" wurde vom Parteitag in Klipphausen ausgeschlossen. Nachdem per Mehrheitsbeschluss zunächst alle Medienvertreter bleiben durften, wurde dem Journalisten die Akkreditierung entzogen. Ein Delegierter hatte behauptet, der Mann habe "Hetzartikel" verfasst und damit schon "Existenzen zerstört". Der Journalist musste den Saal in Begleitung von Ordnern verlassen, zahlreiche Parteitagsbesucher begleiteten den Rauswurf mit Beifall. AfD-Landesvize Thomas Hartung hatte sich zuvor gegen den Ausschluss des Zeitungsredakteurs ausgeprochen. Die "Sächsische Zeitung" verwahrte sich gegen die Anschuldigungen und protestierte gegen die Behinderung ihrer Berichterstattung. Auch die Landespressekonferenz erhob Einspruch gegen den Ausschluss des Journalisten.

Über dieses Thema berichtet MDR SACHSEN auch im Radio und Fernsehen MDR 1 RADIO SACHSEN | 28.01.2017 | Nachrichten | ab 08:00 Uhr
MDR SACHSENSPIEGEL | 28.01.2017 | 19:00 Uhr

Zuletzt aktualisiert: 28. Januar 2017, 21:50 Uhr

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93 Kommentare

30.01.2017 16:52 Günter 93

„Sachsens AfD-Basis blockt Debatte über Höcke ab“
Also ich finde das die AfD schon ein eigenartiges Demokratieverständnis hat.

30.01.2017 16:47 Ralf112 92

@89 Kajoo: "Das Ergebnis: In den Wahlkreisen (in BaWü), in denen Höcke als Wahlkämpfer auftrat, erzielte die AfD überdurchschnittliche Wahlergebnisse."

Gibt es Erkenntnisse, auf welcher Seite der Antisemitismus-Debatte sich die Vertreter dieser Wahlkreise befanden? Gehörten diese Vertreter mehrheitlich zu der Splittergruppe AfD-Meuthen oder zu den AfD-Antisemiten? Wäre doch mal interessant zu wissen!

30.01.2017 16:19 Wieland der Schmied [0741] 91

@ 71 Wenn Hetzer gegen Hetzer hetzen...Zitat „…dass die Partei ständig von anderen den Dialog einfordert, aber noch nicht einmal innerparteilich dazu in der Lage ist“ > Wieso kommen Sie denn darauf, da wird lebendig und heiß diskutiert, wie es sich für eine demokratisch gesinnte Partei gehört, und Sie verurteilen das. Ist Ihnen denn das Gehabe der Blockflötenparteien lieber, die Diskussionen ohne vorher eingereicht Manuskripte nicht zulassen oder die wie bei der CDU zum Schluß mit stehenden Dauerklatschen ihrer Führerin huldigen, wie es das in der Ausdauer weder bei Honecker noch Pol Pot gab. In Klipphausen hat sich dagegen die freie Meinungsäußerung in Dikssion und bei der Abstimmung Bahn gebrochen, die mediale Hinrichtung für Höcke wurde abgewiesen und der Richter-Rebell als zweiter auf die Landesliste gewählt und sein Mut und seine Aufrichtigkeit belohnt. So geht Demokratie, was sonst!

30.01.2017 09:54 Joachim Dierks 90

@kajoo: ,,Höcke hat im Landtagswahlkampf in Baden-Würtemberg auch Wahlkampf gemacht. Das Ergebnis: In den Wahlkreisen, in denen Höcke als Wahlkämpfer auftrat, erzielte die AfD überdurchschnittliche Wahlergebnisse.''
-
Was mal wieder beweist, ewig Gestrige rechts-nationale Wirrköpfe gibt es auch im Westen!

30.01.2017 07:51 Kajoo 89

@Peter "Heute ein Treffen mit ca 100 Mitgliedern im Westen gehabt. Von diesen 100 werden noch genau Null da sein, wenn Höcke die Oberhand bekommen sollte. "
Wer garantiert uns, dass Sie ein Parteimitglied sind? Höcke hat im Landtagswahlkampf in Baden-Würtemberg auch Wahlkampf gemacht. Das Ergebnis: In den Wahlkreisen, in denen Höcke als Wahlkämpfer auftrat, erzielte die AfD überdurchschnittliche Wahlergebnisse.

29.01.2017 20:58 keine-ahnung 88

Ich habe mir das Geschwurbel von Höcke mal reingezogen ... viel Zeit für wenig Nützliches. Allerdings frage ich mich, was da strafrechtlich Relevantes gewesen sein soll. Na gut - ist Wahlkampf. Es muss aber durchaus mal in der Gesellschaft diskutiert werden, wie alltagsrelevant das ohne Zweifel notwendige Erinnern an den Holocoast ist - irgendwie steht sich da die Politik auf dem eigenen Fuss. In NRW können muslimische Studenten offen Front gegen "We remember" beziehen, ich muss den Sack von Leuten tragen, die ich nicht kenne und die zu 95% bereits Dünger geworden sind. Und - als Sympathisant, nicht als Mitglied - ... die AfD ist eine Partei "rechts" der Mitte, ohne wenn und aber. Das darf sie auch sein und sie darf auch rechte und ganz rechte Flügel haben.

29.01.2017 20:51 laberkopf 87

Wenn Herr Höcke um deutsche Kriegstote trauern will, dann soll er das doch einfach tun und uns damit in Ruhe lasse. Das ist doch wirklich nur noch Thema der Ewiggestrigen. Petrys Kritik ist absolut gerechtfertigt. Wen soll denn der konservative Wähler noch wählen? Die FDP als Protestpartei etwa, wenn die AFD die Mitte verliert?

29.01.2017 19:25 I. Maier 86

@ 80 ein ehemaliger DDR- und jetztiger Bundesbürger: Ja so ist es; zur Bundestagswahl kommt alles raus. Alle Umfrageinstitute haben falsch oder fehlerhaft gearbeitet; vielleicht sogar bewusst falsche Daten veröffentlicht haben, wie schon vom Politbüro des ZK der SED in der DDR. Man kann sich natürlich solche alternative Fakten schön reden und letztendlich daran glauben, nur wird dann eine Verschwörungstheorie daraus - Aluhut usw. Davon reden nicht einmal Vertreter des Führungspersonals der AfD. Damit hat sich allerdings auch jede Diskussionsgrundlage erledigt. Wenn ich jede Aussage nur damit zu entkräften versuche: Warte bis zur Bundestagswahl. Wie soll ich darauf reagieren. Ich kenne das Ergebnis nicht. Nur stelle ich auch keine Vermutungen an, z. B. absolute Mehrheit der CDU oder der Linken. Nur einige Anhänger der AfD sind so mutig. Wieso? Eine funtionierende Glaskugel? So eine kenne ich allerdings nicht!

29.01.2017 18:47 Ralf112 85

@84 Gerd Schulz: Hallo Herr Schulz, glauben Sie eigentlich nicht, dass Höcke ein Rechtsextremist ist oder ist es Ihnen egal?

29.01.2017 18:31 Gerd Schulz 84

Wir wollen keine Mainstream-Politiker mehr, wir wollen Aktion für Deutschland ! Wurlitzer tritt endlich ab ! Wir wollen Höcke !