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Glossar

Ethnopluralismus

Der Begriff Ethnopluralismus ist ein aus griechischen und lateinischen Wortteilen zusammengesetztes Kunstwort und lässt sich mit "Völkervielfalt" übersetzen. Als politischer Kampfbegriff der sogenannten Neuen Rechten wird er verwendet, um rassistische Forderungen zu verschleiern.

Der Ethnopluralismus teilt zwar die rechtsextreme Propaganda von der Ungleichwertigkeit der Menschen, begründet sie aber nicht vordergründig mit Rassetheorien , sondern mit unterschiedlichen kulturellen Identitäten. Grundlegende Annahme ist die Verschiedenartigkeit der Völker der Erde. Biologistische Argumentationsmuster, wie sie im Nationalsozialismus verwendet wurden, werden dabei aber bewusst vermieden. Hierdurch versuchen seine Vertreter, sich von rechtsextremistischen Auswüchsen nationalsozialistischer Prägung zu distanzieren.

Ethnopluralisten behaupten also nicht, dass die Menschen sich aufgrund ihrer Rasse unterscheiden. Vielmehr berufen sie sich auf kulturelle, regionale und geographische Einflussfaktoren, die Völker verschiedenartig prägen würden. Ergebnis sei eine Völkervielfalt, die es zu schützen gelte.

Der Ethnopluralismus übersteigert damit in einem ersten Schritt die Vielfalt der Kulturen und Völker. In einem zweiten Schritt geht der Ethnopluralismus davon aus, dass jeglicher Kontakt zwischen den Völkern negative Auswirkungen hat: Durch Migration sprozesse werde diese Völkervielfalt permanent bedroht. Es bestehe damit die Gefahr, dass Menschen entwurzelt und kulturelle Identitäten vernichtet würden. Positive Auswirkungen kann der Ethnopluralismus dem Kontakt zwischen den verschiedenen Ethnien nicht abgewinnen. In letzter Konsequenz fordert er also eine absolute Trennung der Völker.

Ein jeder habe nur in den "angestammten Territorien der Völker" bzw. "Ethnien" seinen festen Platz.Auch universelle Wertmaßstäbe, wie sie zum Beispiel in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind, werden im Ethnopluralismus nicht anerkannt. Jedes Volk, so die Prämisse, habe einen derart unterschiedlichen Hintergrund, dass es seine Wertmaßstäbe aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und Bedürfnisse entwickeln müsse. Das Individuum spielt im ethnopluralistischen Konzept keine Rolle. Ethnopluralismus negiert, dass Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft jeweils unterschiedliche Wertmaßstäbe, Denk- und Lebensweisen entwickeln können.

Entsprechend wird auch das republikanische Prinzip abgelehnt, nach dem ein Bekenntnis zu den Werten und Verfassungsprinzipien einer Nation ausreicht, um sich als ihr Staatsbürger zu qualifizieren. Stattdessen sind Ethnie / Volkszugehörigkeit und Kultur im Ethnopluralismus alles dominierende Faktoren.In der politischen Auseinandersetzung setzt der Ethnopluralismus gezielt Bedrohungsszenarien ein, um damit die Einrichtung ethnisch homogener Nationalstaaten und die Ausweisung alles "Fremden" zu rechtfertigen.

Dabei vermeiden seine Vertreter zwar Konzepte wie "Rasse" und "Blut", ersetzen sie im Grunde aber einfach durch das der Volkzugehörigkeit. Insofern ist Ethnopluralismus nur eine Verschleierung von Rassismus und dient genauso der Rechtfertigung von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit .

Geprägt wurde der Begriff des Ethnopluralismus durch den Kultursoziologen Henning Eichberg, der seit 1982 in Dänemark lebt und lehrt. In den 1970er Jahren zählte er zu einem der Protagonisten der Neuen Rechten, ist aber mittlerweile Mitglied in der eher linken Socialistisk Folkeparti.

Verfasst von Holger Kulick im Auftrag der Amadeu Antonio Stiftung für das Glossar der Bundeszentrale für politische Bildung im Dossier Rechtsextremismus 2010.
Überarbeitet, ergänzt und aktualisiert von Holger Kulick für das Glossar von BIKnetz - Präventionsnetz gegen Rechtsextremismus [Stand Januar 2013]