Typhus abdominalis und Paratyphus

Typhus abdominalis und Paratyphus treten heutzutage in Industrieländern selten auf. Sie verursachen eine akute Magen-Darm-Infektion mit Fieber und reduziertem Allgemeinzustand.

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Was ist Typhus abdominalis?

Typhus abdominalis und Paratyphus sind Darminfektionen, die von zwei Bakterientypen verursacht werden, Salmonella typhi und Salmonella paratyphi. Sie verursachen eine akute Magen-Darm-Infektion mit Fieber und reduziertem Allgemeinzustand. Die Krankheit ist weltweit verbreitet, aber in Deutschland gehen die meisten Fälle auf eine Infektion im Ausland zurück. Typhus abdominalis kommt in Indien, Pakistan, Südostasien und den Tropen Afrikas sehr häufig vor. Typhus abdominalis gilt als eine schwerere Erkrankung als Paratyphus, und unbehandelt liegt die Sterblichkeitsrate bei ca. 10 %.

Typhus abdominalis und Paratyphus treten in Industrieländern heute selten auf. In den Entwicklungsländern stellen diese Krankheiten jedoch weiterhin ein erhebliches gesundheitliches Problem dar. Weltweit erkranken jährlich ca. 16 Millionen Personen an Typhus abdominalis, von denen ca. 600.000 sterben, vor allem in Asien. Zusätzlich gibt es etwa fünf Millionen Fälle von Paratyphus.

Häufigkeit

In Deutschland konnte die Zahl der Typhus-Erkrankungen seit 1951 durch eine erhebliche Verbesserung der hygienischen Bedingungen stark vermindert werden.
Die bundesweite jähtliche Erkrankungshäufigkeit (Inzidenz) lag im Jahr 2014 bei 1 Erkrankung pro 1 Million Einwohner. 1951 betrug die Inzidenz noch 106 Erkrankungen pro 1 Million Einwohner .
Im Jahr 2014 wurden 58 Fälle von Typhus abdominalis gemeldert, davon 96 % importiert (am häufigsten Indien).
Auch die jährliche Krankheitshäufigkeit von Paratyphus ist in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland deutlich zurückgegangen. Die Zahl der gemeldeten Fälle betrug 26 im Jahr 2014, davon über 90 % importiert (am häufigsten aus Indien, Thailand, Kambodscha und Pakistan).
Damit lag die Inzidenz im Jahr 2014 bei unter 1 Erkrankungen pro 1 Million Einwohner im Vergleich zu einer Inzidenz von 103 Erkrankungen pro 1 Million im Jahr 1951.

Infektion

Das einzige Reservoir der Bakterien sind Menschen, und die Infektion geschieht von der Hand in den Mund, d. h. über Bakterien, die aus verschiedenen Quellen (Exkremente) auf Ihre Hände gelangen. Die meisten Patienten infizieren sich bei der Einnahme von Speisen und Getränken, die mit Salmonellen infiziert sind. Dies gilt insbesondere für Fleisch, das nicht ausreichend erhitzt wurde, Eier, rohe Salate und ungeschältes Gemüse, Erdbeeren o. Ä. An vielen Orten ist Trinkwasser aus Wasserhähnen mit Salmonellen infiziert.

Symptome

Salmonellen verursachen eine starke Entzündung der Magen-Darm-Schleimhaut. Die ersten Symptome erscheinen oft 7–14 Tage nach der Infektion (seltener zwischen 3 und 30 Tagen). Häufige Symptome sind Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung Kopfschmerzen, Husten und Halsschmerzen. Allmählich entwickeln sich hohes Fieber und kräftige, erbsenbreiartige Diarrhö. Der Stuhl kann blutig sein. Die meisten Patienten fühlen sich sehr erschöpft. Die Symptome sind bei Kindern oft weit weniger spezifisch als bei Erwachsenen.

Ohne Behandlung kann es zu schweren Darmblutungen kommen. Eines der Risiken ist eine lebensgefährliche Darmpunktion.

Präventive Maßnahmen

In erster Linie sollten Sie sicherstellen, dass Sie nur Fleisch essen, das bei der Zubereitung ausreichend erhitzt wurde. Eier sollten immer hartgekocht sein. Gemüse und Obst sollten immer geschält werden. Gute Handhygiene ist ebenfalls wichtig. In weiten Teilen der Welt sollten Sie kein Leitungswasser zu sich nehmen, sondern gekauftes Tafelwasser. An einigen Orten ist es schwierig, Tafelwasser zu bekommen. In solchen Fällen gibt es Methoden, um das Wasser selber zu reinigen.

Schutzimpfung

Fast alle Patienten infizieren sich im Zusammenhang mit Auslandsreisen, und die meisten sind Migranten und ihre Kinder, die sich bei Besuchen in ihre Herkunftsländer infizieren – oft auf dem indischen Subkontinent. Es gibt eine wirksame Impfung gegen Typhus abdominalis, die entweder in Form von Kapseln oder durch Injektion verabreicht werden kann. Die Typhus-Impfung sollte Migranten und anderen Personen empfohlen werden, die sich in Gebieten aufhalten, in denen die Krankheit häufig auftritt. Die Wirksamkeit beider Impfstoffe beträgt etwa 70 %. Der Kapsel-Impfstoff bleibt bei anhaltendem Aufenthalt in einem endemischen Gebiet drei Jahre wirksam, aber eine neue Impfung wird schon nach einem Jahr empfohlen, wenn Sie sich nicht in Risikogebieten aufhalten. Der Impfstoff, der injiziert wird, wird als Einzeldosis verabreicht, und sein Schutz hält drei Jahre an.

Die Impfung sollte mindestens zwei Wochen vor der Abreise erfolgen, und die Patienten müssen die Kosten dafür selber übernehmen. Für Paratyphus gibt es keinen Impfstoff.

Der Impfstoff kann gute Trinkwasser- und Lebensmittelhygiene nicht ersetzen.

Behandlung

Um schwere gesundheitliche Probleme zu vermeiden, sollten Typhus-Patienten mit Antibiotika behandelt werden. Manchmal kann es notwendig sein, die Patienten zu hospitalisieren, vor allem Kinder. Die meisten Patienten werden mit Ciprofloxacin behandelt, meistens intravenös, aber es kann auch in Tablettenform verabreicht werden. Die Behandlungsdauer beträgt meist 10 Tage. Oft verschwindet das Fieber etwa drei Tage (2−5 Tage) ab Behandlungsbeginn.

Kontrolle und Follow-up

Kinder können zum Follow-up zu ihrer Hausärztin. Die erste Stuhlkontrolle sollte frühestens 2–3 Tage nach Symptomfreiheit oder nach abgeschlossener Antibiotikabehandlung durchgeführt werden. Andere Kontrolluntersuchungen sollten mit mindestens 48 Stunden Abstand durchgeführt werden. Wenn eine Kontrolluntersuchung positiv ist, sollten Sie nach einer Woche eine erneute Kontrolle durchführen. Wenn nachgewiesen wird, dass ein Kind über einen längeren Zeitraum (3–6 Monate) Träger ist, sollte eine neue Behandlung durchgeführt werden. Kindergartenkinder sollten zu Hause bleiben, bis sie symptomfrei sind und fünf negative Stuhluntersuchungen vorliegen. Für schulpflichtige Kinder reichen drei negative Untersuchungen aus. Personen, die zu einem infizierten Kind in engem Kontakt stehen und einem Beruf nachgehen, bei dem ein besonders Risiko besteht, andere zu infizieren, sollten nicht zur Arbeit erscheinen, bis drei negative Stuhluntersuchungen vorliegen, auch wenn sie symptomfrei sind.

Auch für Erwachsene sind Nachuntersuchungen wichtig. Einige Patienten, vor allem ältere Frauen mit Gallensteinen, können über einen langen Zeitraum oder lebenslang zu Dauerausscheidern werden. Mit einer Antibiotikabehandlung sollte es möglich sein, dies zu beheben. Wenn dies jedoch nicht gelingt, kann es notwendig sein, die Gallenblase zu entfernen. Bis der Trägerzustand behoben wurde, müssen Sie sehr gründliche Hygienemaßnahmen ausüben, um eine Infektion Ihres Umfeldes zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für Personen, die in der Lebensmittelindustrie und im Gesundheitswesen tätig sind.

Präventive Maßnahmen

Aufgrund des Schweregrades der Infektion ist es wichtig, dass Sie im Falle einer Infektion über das Infektionsrisiko, das Sie anderen gegenüber darstellen, informiert sind. Sie müssen gute persönliche Hygienemaßnahmen durchführen, um eine Infektion Ihres Umfeldes zu vermeiden.

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Autoren

  • Philipp Ollenschläger, Medizinjournalist, Köln

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Typhus und Paratyphus. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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