Chemnitzer Stolpersteine

Mühlfelder, Gerta

Weststraße 73 (Verlegung 2015)
Im Alter von fast 90 Jahren wurde die Rabbinerwitwe Gerta Dora Mühlfelder im Sommer 1943 in das Altersghetto Theresienstadt deportiert.

Sie wurde am 10. November 1853 in Memmelsdorf (Mainfranken) als der Tochter der Kaufmannleute Leopold und Johanna Lipmann geboren. Im Juli 1876 vermählte sich in Gotha mit dem Rabbiner Dr. Jacob Mühlfelder. Die Eheleute lebten zunächst in Göttingen, wo ihre drei Kinder zur Welt kamen: Therese, Leo und Amon. Im Januar 1884 zog die Familie nach Chemnitz. Die Israelitische Religionsgemeinde hatte sich bei der Wahl eines neuen Rabbiners für ihren Ehemann entschieden.

Dr. Jacob Mühlfelder trat krankheitshalber Ende Dezember 1906 mit Wirkung zum 1. April 1907 von seinem Amt zurück. Bereits am 16. Januar 1907 verstarb er in Chemnitz. Seine Familie wohnte weiterhin in der Stadt.
Gerta (gen. Jetti) Mühlfelder erhielt seit 1907 eine Pension von der Jüdischen Gemeinde und zog einige Jahre darauf in das Haus Weststraße 73. 1940 wurde die Witwe in das „Judenhaus“ Dresdner Straße 66 einquartiert. Noch 1942/43 musste die fast 90-jährige in das Jüdische Altersheim am Antonplatz 15 umziehen. In Gegenwart der Heimleiterin Marie Doernberger diktierte die erblindete Frau noch am 9. Juni 1943 einem Notar ihr Testament und setzte die Reichsvereinigung der Juden als Alleinerbin ihres Vermögens ein. Am 21. Juni 1943 wurde Gerda Mühlfelder in das Ghetto Theresienstadt deportiert. An ein Einleben in dem Ghetto war aber nicht mehr zu denken. Die Strapazen des Transportes waren für die Rabbinerwitwe eine zu große Belastung. Sie wurde bald in das Siechenzimmer des Gebäudes L 206 gebracht. Der behandelnde Arzt stellte eine Herzmuskelentartung fest. Laut Todesfallanzeige des Ältestenrates des Ghettos starb sie infolge ihrer Herzschwäche am frühen Morgen des 19. Juli 1943.

© Jürgen Nitsche
Siehe auch Juden in Chemnitz, Dresden 2002, S. 215-217.
Pate: Evangelisches Pfarramt St.-Nikolai-Thomas in Chemnitz
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