Geschichte Mutterhaus Neuss

Geschichte Mutterhaus Neuss

Das Neusser Alexianer-Kloster besteht seit über 500 Jahren. Die besondere Verbindung mit der Stadt Neuss hat die Geschichte des Klosters über viele Jahrhunderte geprägt.

Nach dem Ende der Pest im 17. Jahrhundert bestimmte vor allem die Pflege der psychisch Kranken die Entwicklung von Kloster und Konvent. Als zukunftsweisend zeigt sich aus heutiger Sicht die Gründung der Filiale in Berlin-Weißensee Ende des 19. Jahrhunderts, weil in deren langfristiger Folge heute viele neue Einrichtungen zu den Alexianern gehören. 2008 schlossen sich die Neusser und Aachener Alexianer zu einer Provinz zusammen, seither sind die Alexianer in Deutschland wieder in nur noch einer Provinz vereint.

Eine Ordensgemeinschaft entsteht

Die Anfänge der Alexianer-Brüdergemeinschaft in Neuss liegen ebenso im Dunkel der Geschichte wie die der Aachener Brüder. Zwar bestand bereits 1301 ein Konvent der Begarden in der Neusser Oberstraße, doch erst für das Jahr 1451 gibt es gesicherte Zeugnisse über eine Gemeinschaft von „freiwilligen armen Brüdern“. Sie lebten in einem Haus in der Neusser Brückstraße. Um 1483 kamen Brüder aus dem Alexianer-Kloster in Köln nach Neuss, um die „armen Brüder“ bei der Pflege der Kranken zu unterstützen. Anlass war wohl der Ausbruch der Pest. Der sogenannten „Kölner Gründungstheorie“ zufolge markiert dieses Ereignis den offiziellen Beginn der Geschichte der Alexianer in Neuss. Denn vermutlich brachten die Kölner Brüder nicht nur Arbeitskraft und Frömmigkeit mit, sondern auch ihre Ordensregel. Auf dem Generalkapitel in Lüttich 1468 hatten die Alexianer die Regel des heiligen Augustinus angenommen. 1472 hatten sie von Papst Sixtus IV. die Privilegien eines Ordens erhalten. Durch den Zuzug der Kölner erhielten auch die Neusser Brüder die Anerkennung zuerst der Kirche und dann der Stadt. Als sichtbares Zeichen errichteten die Brüder 1504 eine dem heiligen Alexius geweihte Kapelle.

Urkundlich gesichert besteht das Neusser Alexianer-Kloster seit 1490. In diesem Jahr schließt der Generalobere Peter van Broeselt einen Vertrag mit dem Stadtrat. Darin überträgt die Stadt den Brüdern das Haus in der Brückstraße zur Nutzung. Zugleich sichert der Vertrag die Brüder und ihren Einsatz rechtlich ab. Im Gegenzug erhält die Stadt freilich das Aufsichtsrecht über die Ordensgemeinschaft – mit weitreichenden Folgen. Denn im 15. Jahrhundert gibt es eine Vielzahl von Orden in Neuss. Ordensleute sind damals aber von der Steuer befreit. Darum wird die Zahl der Brüder im Neusser Konvent vertraglich auf acht begrenzt. Nur wenn ein Bruder stirbt, kann unter Beteiligung der Stadt ein neuer Bruder aufgenommen werden Tatsächlich sind es in den folgenden Jahrhunderten selten mehr als sieben. Aufgrund dieser Besonderheit unterhalten die Neusser Alexianer bis in die Neuzeit kein Noviziat. 

Wechselfälle der Geschichte

Zweimal wird das Kloster zerstört: im Truchsessischen Krieg 1586 und durch den Stadtbrand 1655. Stets folgt der Wiederaufbau. Zusammen mit dem Aachener und Kölner Kloster bildet der Neusser Konvent die Provinz Overland. Als Spannungen 1717 zur Trennung der Neusser und Aachener vom Kölner Kloster führen, erhält die Neusser Gemeinschaft den Status einer eigenständigen Kongregation. Sie steht nun unter bischöflicher Rechtsprechung. Wie die Aachener Alexianer widmen sich die Neusser Brüder nach dem Ende der Pest im 17. Jahrhundert vor allem der Pflege der psychisch Kranken. Ursprünglich dient das Gebäude an der Brückstraße nur als Unterkunft der Brüder. Um die große Zahl an Kranken aufnehmen zu können, wird der Gebäudekomplex 1754 und 1834 erweitert. 

Neue Wege beschreiten

Das 19. Jahrhundert bringt für die Neusser Alexianer wichtige Veränderungen mit sich. Als indirekte Folge der Französischen Revolution übernimmt der Staat die Krankenpflege. Den Dienst der Brüder an Kranken und Sterbenden sieht man nun als bezahlte Arbeit an und blendet den religiösen Aspekt ihres Wirkens aus. Der Einsatz in der Krankenpflege lässt die Neusser Brüder zwar die Aufhebung kirchlicher Institutionen in der Säkularisation von 1803 überstehen. Doch den Bedürfnissen psychisch Kranker genügen die Gebäude an der Brückstraße längst nicht mehr. Unter der Führung des Generaloberen Alexius Böcker entschließen sich die Brüder daher, am heutigen Alexianerplatz einen Klosterneubau und ein Krankenhaus zu errichten (1868/69). Das alte Kloster geben die Brüder auf. Dieser Schritt ist in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur: Einmal endet die jahrhundertealte Verflechtung mit der Stadt Neuss. Der Passus im Vertrag, der die Zahl der Brüder auf acht begrenzt, findet keine Beachtung mehr. In der Folge wächst der Konvent stetig. Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs sind es 150 Brüder. Und durch den Bezug einer neuen, ausbaufähigen Krankenanstalt gewinnen die Alexianer Anschluss an die Modernisierung der Psychiatrie im Rheinland.

1888 erwirbt die Brüdergemeinschaft einen Bauernhof in Berlin-Weißensee und errichtet dort ein Kloster und ein Krankenhaus. Das Neusser Kloster wird dadurch zum Mutterhaus. Weitere Filialklöster entstehen in Düren (1904), Barmen-Rittershausen (1925) und Bonn-Endenich (1927). Brüder aus Neuss führen seit 1928 sogar das Hauswesen im Collegio Greco in Rom. 1951 müssen sie aus personellen Gründen Rom wieder verlassen.

Die Geschichte des Berliner Konvents ist von der besonderen Situation der Kirche in der DDR geprägt. Er besteht mit Unterbrechung bis 1997. Die Entscheidung für Berlin ist dennoch wegweisend: Denn nach der Wiedervereinigung können die Alexianer zusätzliche Einrichtungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR als Träger übernehmen.  

Die Alexianer vereinen sich

Die Bomben des Zweiten Weltkriegs zerstören alle Alexianer-Häuser in Deutschland bis auf das Kloster in Berlin-Weißensee. Der äußere Wiederaufbau kann die personellen Probleme freilich nicht lösen. Bis 1955 sinkt die Zahl der Brüder auf 60. Heute sind es noch sechs. Als Folge des Nachwuchsmangels werden sämtliche Filialklöster aufgelöst.

Die Zeit nach dem Krieg ist aber auch eine Epoche der Umstrukturierung und des Neuanfangs. 1968 schließen sich zunächst die Neusser und die Kölner Kongregationen zusammen. Zu diesem Zeitpunkt haben die Kölner Alexianer ihre Niederlassung in Köln-Lindenthal bereits zugunsten ihres Filialklosters in Siegburg aufgegeben. 1990 vereinigt sich die Neusser Kongregation mit der weltweiten Kongregation der Alexianerbrüder. Die Neusser Brüder gehören nun zur Neusser St.-Josef-Provinz. Neben der Aachener St.-Alexius-Provinz gibt es damit eine zweite regionale Untergliederung der Alexianer in Deutschland. 2008 schließlich fusionieren beide Provinzen zur neuen deutschen St. Alexius-Provinz. Alle deutschen Alexianer sind nun wieder vereint.