Selbstverständnis

 

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Warum die Kommunikations- und Medienwissenschaft Werbeforschung braucht: Ziele der Ad-hoc-Gruppe Werbekommunikation [der FG Werbekommunikation] der DGPuK

Der demokratische Status quo einer Gesellschaft bemisst sich unter anderem daran, wie und unter welchen Bedingungen in dieser Gesellschaft Medienangebote produziert und distribuiert und mit welchen Wirkungen sie dann rezipiert und genutzt werden. Die Kommunikations- und Medienwissenschaft trägt diesem herausragenden gesellschaftlichen Stellenwert der Medien seit vielen Jahrzehnten Rechnung. Sie hat in theoretischer wie methodischer Hinsicht ihre Analysekompetenz immer wieder unter Beweis gestellt und hat so ihren festen Platz im Gefüge der akademischen Forschung gefunden. Vor diesem Hintergrund erhebt sie den weit reichenden Geltungsanspruch, die Wissenschaft der Mediengesellschaft zu sein.
Bei allen Unterschieden, die ein inzwischen so ausdifferenziertes und so viele unterschiedliche Perspektiven integrierendes Fach wie die Kommunikations- und Medienwissenschaft auszeichnen, verbindet die meisten Fachvertreter und Fachvertreterinnen in sehr grundlegender Weise die Erfahrung der Entgrenzung ihres Phänomenbereichs. Auf diese Entgrenzung reagiert die Kommunikations- und Medienwissenschaft mit einer voranschreitenden Binnendifferenzierung ihres Forschungs- und Vermittlungsangebots. Für eines dieser neuen Angebote steht die Ad-hoc-Gruppe Werbekommunikation, die sich seit dem 01.01.2011 unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) einen institutionellen Rahmen gegeben hat.
Werbung ist seit jeher ein integraler Bestandteil moderner Mediensysteme. Ihre Erforschung, diese Überzeugung treibt die Mitglieder der Ad-hoc-Gruppe an, sollte daher ein ebenso integraler Bestandteil jenes Fachs sein, das sich stolz – und vielleicht auch ein wenig zu recht – die Wissenschaft der Mediengesellschaft nennt. Die Omnipräsenz und der Einfluss der Werbung in modernen Mediensystemen stehen im krassen Missverhältnis zu der Repräsentanz der Werbeforschung im Rahmen der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Dies zu ändern, ist ein wichtiges Ziel der Ad-hoc-Gruppe Werbekommunikation.
Werbeforschung mag dabei für manche „Optimierungsforschung“ sein, sie ist dies aber gewiss nicht für alle Mitglieder der Ad-hoc-Gruppe. Werbeforschung mag für andere Persuasions- und Werbewirkungsforschung sein, sie ist aber auch dies nicht ausschließlich für alle Mitglieder der Ad-hoc-Gruppe. Werbung kann computervermittelte Kommunikation sein; sie kann internationale und interkulturelle Kommunikation sein; sie kann Einfluss nehmen auf journalistische Medienangebote; sie kann Fragen der Kommunikations- und Medienethik aufwerfen, in den Fokus der Medienkritik ebenso geraten wie in den der Kommunikations- und Medienpolitik. Sie stellt eine Vielzahl von Herausforderungen an die Methodenentwicklung und kann zum Gegenstand medienökonomischer, -soziologischer, -linguistischer oder -pädagogischer Reflexion werden; Werbung stellt auf Märkten Öffentlichkeit für Organisationen her, erregt Aufmerksamkeit und erzeugt Aufregung; sie setzt massiv auf den Einsatz visueller Kommunikation und ist ein kaum zu übersehender Bestandteil unserer Alltagskultur. Werbung wirkt, wird rezipiert und genutzt – kurz: Werbung kann in den engeren Fokus aller Fachgruppen der DGPuK geraten. Und nicht obwohl, sondern eben weil dies so ist, braucht die Werbeforschung der Kommunikations- und Medienwissenschaft einen eigenen institutionellen Ort, von dem aus sich die fachbezogene Einheit all dieser differenten Zugänge beobachten lässt.
Für die kommenden drei Jahre, in denen sich die Ad-hoc-Gruppe Werbekommunikation gemäß den Regularien der DGPuK zunächst einmal bewähren muss, bevor sie eine eigenständige Fachgruppe werden darf, haben wir uns viel vorgenommen: Wir wollen wissenschaftlich Forschende, Studierende und Praktiker zusammenbringen, die Interesse an Werbekommunikation, ihren Anwendungen und ihrer Erforschung haben, um sich systematisch über den Untersuchungsgegenstand „Werbekommunikation“ auszutauschen. Wir wollen Werbeforschung im Gesamtzusammenhang der Kommunikations- und Medienforschung positionieren und sichtbar machen. Wir wollen das Feld systematisieren und die werbebezogene Theorieentwicklung durch qualitativ hochwertige Forschung fördern. Wir wollen im größeren Kontext der internationalen Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie im engeren Kontext der nach wie vor stark durch das Marketing und die angewandte Psychologie dominierten Werbeforschungsverbände weiter Institutionalisierungsarbeit leisten. Wir wollen Publikationsplattformen schaffen und dabei den kommunikations- und medienwissenschaftlichen Nachwuchs fördern.
Die Ad-hoc-Gruppe Werbekommunikation soll ein Forum sein für werbebezogene Forschung und Evaluation; sie soll der Ort sein, an dem Forschungsdesiderata artikuliert und bearbeitet werden, sie soll Impulse geben für zukünftige Forschung und helfen, eine Forschungsagenda zu entwickeln. Sie soll Werbeforschung im Fach zu dem machen, wozu die Werbung gesellschaftlich längst geworden ist: zu einem selbstverständlichen Bestandteil unseres Alltags.

 

Für die Ad-hoc Gruppe Werbekommunikation,
Daniela Schlütz und Guido Zurstiege

(Fassung: 06.06.2011)