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Devil's Island – Die Teufelsinsel

Djöflaeyjan. IS 1996. R: Fridrik Thor Fridriksson. B: Einar Kárason. K: Ari Kristinsson. S: Steingrímur Karlsson, Skule Eriksen. M: Hilmar Örn Hilmarsson. P: Icelandic Film Corp., Peter Rommel Filmprod. u.a. D: Baltasar Kormákur, Gísli Halldórsson, Sigurveig Jónsdóttir, Sveinn Geirsson, Magnús Ólafsson u.a.
103 Min. Ventura ab 8.1.98
Von Mark Stöhr Manchen Leuten möchte man nur in die Fresse treten und sich dabei noch im Absatz drehen. Und manche Filme möchte man in ihrer Bewegung anhalten und ihren Volumepegel nullen, nur damit sie aufhören, einen immer wieder aus dem Schlaf zu reißen. Denn Devil´s Island ist langweiliges Erzählkino über und aus den Fünfzigern, doch für ein gemütliches Nickerchen sind die Figuren einfach zu krakeelig und ist die Synchronisation- mit einem verzopften Vorkriegsdeutsch irgendwo zwischen Königsberg, Danzig und Hermannsstadt- alptraumhaft trommel- und zwerchfellerschütternd. »The great balls of fire« und Konsorten, mit denen pomadisierte Spießer ihren ganz persönlichen Voodoo auf der Tanzfläche entdeckten und danach ihrem Vater den Stuhl unterm Hintern wegzogen, sind heute glücklicherweise nur noch unter Tanzsportlern verbreitet. Warum keinen Film machen über Rock`n Roll-Competitions in Reykjavik mit koksenden Reisebüroangestellten und Partnertausch auf der Toilette. Oder über eine US-Einfuhrblockade für isländisches Walfischfleisch mit Seeschlachten und Hubschrauberabschüssen? Man muß sich schon viel einfallen lassen, um sich im Verlauf von Devil's Island selbst zu unterhalten. Zum Trost bleibt einem dann noch die Möglichkeit, sich Stills für einen klasse Kalender zu ziehen. Weihnachten steht vor der Tür.

Fridrik Thor Fridriksson hat vor sieben Jahren einen wunderschönen Film gemacht. Children of Nature ließ sich Zeit für das stille, poetische Verweilen in langen Einstellungen, die den isländischen Alltag mit uralten Mythen zu einem magischen Realitäts- und Filmerlebnis verwoben. Keine Spur von diesem narrativen Terror und dieser vergagten Pointierung, die Devil`s Island beherrschen. Als sei die Moderne endgültig auf Island eingekehrt und hätte die letzten Kobolde vertrieben, in Gestalt der US-Soldaten, die im Camp Thule traditionelle Lebensentwürfe und Familienstrukturen der isländischen Bewohner in Unordnung bringen.

Vielleicht kann man Fridriksson zugute halten, daß er den »american way of life«, den seine zwischen dem Gestern und Morgen verirrten Figuren so anziehend oder abstoßend finden, für sich in einen »american way of making films« ummünzt: Schnurgerade Story, vorhersehbar bis in die letzte Wendung, auf Stöcke aufgespießte Menschenklone, nuancenreich wie Linoliumschnitte, und überall ist ein Lachsack versteckt, der einem das Lachen im Halse stecken läßt. Ganz selten geht Fridriksson vom Gaspedal herunter, dann, wenn die Musik sphärisch wird und ein Flugzeug über den rauchenden Vulkanen einfängt, wenn die Figuren (und ihre unsäglichen Synchronsprecher) endlich ihre Schnauze halten, uns anschauen und sich von uns anschauen lassen. Seltene, magische Momente. Das Flugzeug stürzt dann ab. War klar. 1970-01-01 01:00

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Dieser Text ist erstmals erschienen im Schnitt #09.
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