Deutschland und Belgien haben ein gemeinsames Atomabkommen geschlossen, das für einen besseren Austausch in Fragen der nuklearen Sicherheit sorgen soll. Der von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Belgiens Innenminister Jan Jambon unterzeichnete bilaterale Vertrag soll den Informationsaustausch beider Länder verbessern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit, des Strahlenschutzes und der Sicherheit der Entsorgung regeln.
Dazu wird eine deutsch-belgische Atomkommission eingesetzt, die mindestens einmal im Jahr abwechselnd in einem der beiden Länder zusammenkommen soll. Die erste Sitzung ist nach Angaben von Hendricks bereits zu Jahresbeginn vorgesehen. Darüber hinaus seien gemeinsame Besuche in Atomkraftwerken in Belgien und Deutschland geplant, wie die Bundesumweltministerin sagte.
Anlass für die Verhandlungen zu dem Abkommen war die Wiederinbetriebnahme der umstrittenen grenznahen belgischen Meiler Doel 2 und Tihange 3. Der Reaktor zwei des nur etwa 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernten Atomkraftwerks Tihange war seit 2012 fast durchgehend abgeschaltet gewesen, nachdem Materialfehler in den Reaktordruckbehältern festgestellt worden waren. Der Betrieb von Tihange wird in Deutschland selbst von Regierungspolitikern kritisch gesehen.
Besonders umstritten sind die Reaktorblöcke 1 und 2. Tihange 1 ist
bereits 40 Jahre alt. Tihange 2 war wegen Haarrissen am Reaktorbehälter
lange abgeschaltet gewesen. Er wurde Mitte Dezember ungeachtet der
Proteste aus Deutschland wieder hochgefahren.
"Wir schaffen durch eine solche Kommission nicht mehr Sicherheit, aber wir kriegen einen regelmäßigen Informationsaustausch", sagte Hendricks. "Für die Sicherheit bleibt ganz allein die belgische Regierung verantwortlich."
"Die Bundesregierung hat eine wichtige Chance vertan, das Abkommen mit Leben zu erfüllen", sagte die Atomexpertin der Grünen-Fraktion, Sylvia Kotting-Uhl, den Zeitungen der FunkeMediengruppe. Besonders misslich sei, dass für die betroffenen Bürger vor Ort keine Mitsprache verankert worden sei. Außerdem müssten Deutschland und Belgien wesentliche Unterlagen zur Sicherheit von Atomkraftwerken systematisch austauschen, forderte Kotting-Uhl. Ein nur mündlicher Austausch reiche nicht aus und lasse relevante Defizite unerkannt.
Kommentare
Schade, dass es nicht möglich ist, mit Belgien eine Vereinbarung zur Abschaltung dieser alten Atomkraftwerke zu treffen.
Allerdings haben nicht nur die belgischen Reaktoren ein Altersproblem: Ein großer Teil der europäischen Reaktoren ist zwischen dreißig und vierzig Jahre alt. Das Sicherheitsrisiko dieser Reaktoren wächst mit jedem Jahr, um die ihre Laufzeit verlängert wird.
Warum kann man nicht einfach die indirekten Subventionen streichen, und den gesamten Schaden, ohne Deckelung, von den AKW-Betreibern versichern lassen?
Dann wird die Münchner Rück das Risko beurteilen.
Und die mögliche Schadenshöhe und -eintrittswarscheinlichkeit wird dann selbst dafür sorgen, dass solche Meiler vom Netz gehen.
"....Besonders misslich sei, dass für die betroffenen Bürger vor Ort keine Mitsprache verankert worden sei....."
Ich wage zu bezweifeln, das man ohne erneute Besetzung Belgiens die dortige Regierung davon überzeugen kann, daß Deutsche mal wieder in Belgien die Geschickte des Landes in den Händen halten dürfen.
Hätte Deutschland auf solch einem Mitspracherecht bestanden, hätte es gar keine Vertrag gegeben - so einfach ist Realpolitik.
Diese dünne Informationsaustauschvereinbarung ist ein wesentliches Ergebnis von fast 60 Jahren gemeinsamer Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften/ EU. Man weiss zwar nicht genau welche Informationen man wann bekommen wird, und welche nicht, aber es ist die Manifestation der 'Europäischen Werte und des Gemeinschaftsgeistes'. Das Thema war dem gefeierten EU-Abgeordneten aus Würselen bei Aachen in 20 Jahren wohl nicht der Mühe wert.
Was bringt es auszusteigen, wenn überall an der Grenze Atomkraftwerke stehen?
Nun auch wenn es manche Leute nicht wahrhaben wollen, es geht um einen fundamentalen Technologiewandel.
Wie gesagt, in Frankreich stehen von 65 Atomkraftwerken momentan 18 still, weil die entdeckten Probleme mit der Qualität des verbauten Stahls offensichtlich so schwerwiegend sind, dass das selbst den Franzosen zu heikel ist. Im Moment wird in Europa darum gestritten, wie lange die vorhandenen Atomkraftwerke weiter betrieben werden können, ohne das die nicht eines Tages (wortwörtlich) auseinander fallen. Welche Kosten deren Abbau / Entsorgung mit sich bringen wird, darüber gibt es momentan nur Prognosen - wenn Sie in Betracht ziehen, in Greifswald wird schon seit zwei Jahrzehnten demontiert und entsorgt, dann lässt dies erahnen, es wird im Zweifelsfall deutlich teurer als (bislang) erwartet.
Ja die Franzosen haben mit dem EPR - Reaktor etwas entwickelt, was selbst im Falle einer Havarie in Größenordnung von Fukushima das radioaktive Inventar sicher einschließen soll. Der Haken daran ist, sowohl bei dem Bau in Finnland, als auch bei dem in Frankreich sind bislang die Kosten deutlich aus dem Ruder gelaufen und ob dort jemals gewinnbringend Strom erzeugt werden wird bleibt offen.
Der Rest von Europa muss sich Gedanken machen, wie man im Post-Nuklearen Zeitalter (möglichst) klimaneutral Strom erzeugt und da arbeiten wir momentan dran. Schlicht ein Technologiewandel, wie ihn jede hochentwickelte Industrienation braucht, um sich auf die Dauer zu behaupten.