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Mondfinsternisse erfolgreich fotografieren

Mondfinsternisse gehören aufgrund ihres Farbenspiels zu den eindrucksvollsten Naturereignissen überhaupt. Häufig liegen mehrere Jahre zwischen zwei gut beobachtbaren Finsternissen. Mondfinsternisse sind seltene Ereignisse, Fotografien haben somit neben ihrer Ästhetik einen großen Erinnerungswert. Mondfinsternisse lassen sich bereits mit ruhender Kamera gut fotografieren, jede Ausrüstung und Brennweite liefert auf ihre Weise beeindruckende Ergebnisse.

Allgemeines zur Mondfinsternisfotografie

Die Fotografie von Mondfinsternissen bedarf keiner Spezialausrüstung − bereits mit handelsüblichen Digitalkameras lässt sich das Ereignis eindrücklich festhalten. Es ist auch nicht notwendig ein Teleskop zu besitzen, obwohl die Nachführung der Kamera dem Lauf der Gestirne die mögliche Belichtungszeit und Brennweite deutlich verlängert. Es wird generell die Verwendung eines Kabel-, Fern- oder Selbstauslösers empfohlen, um Verwackelungen beim Auslösen zu vermeiden.

Die im Folgenden angegebenen Belichtungszeiten sind als Richtwerte zu verstehen, da die tatsächlich benötigte Belichtungszeit neben dem persönlichen Geschmack des Beobachters auch vom Zustand der Atmosphäre, der Höhe des Mondes über dem Horizont und der Resthelligkeit des Mondes im Kernschatten abhängt. Es empfiehlt sich generell die Anfertigung von Belichtungsreihen aus verschiedenen Belichtungszeiten.

Um das Bildrauschen zu reduzieren, kann man kurz hintereinander mehrere Aufnahmen anfertigen und diese mit einer Spezialsoftware wie Registax addieren und mitteln. Das Rauschen wird bei diesem Prozess drastisch reduziert, da es eine statistische Erscheinung ist.

Maximale Belichtungszeiten

Die Angaben zu den maximalen Belichtungszeiten, um die scheinbare tägliche Bewegung des Mondes zu unterdrücken, beziehen sich auf das Kleinbildformat 24 x 36 mm, auch Vollformat genannt. Digitale Spiegelreflexkameras, die mit Vollformatsensoren ausgerüstet sind, verfügen über das gleiche Format. Dieses Format hat sich jahrzehntelang als ein Standard etabliert, auf den alle Digitalkameras mit kleineren Sensoren, beispielsweise APS-C, umgerechnet werden.

Crop-Faktor
Der Umrechnungsfaktor ist der sog. Crop-Faktor. Er gibt den scheinbaren Verlängerungsfaktor der Brennweite an, der durch den kleineren Bildsensor gegenüber dem Vollformat entsteht: Der erfasste Bildwinkel wird verkleinert und somit entsteht der Effekt einer längeren Brennweite. Der Crop-Faktor hängt vom Kamerasensor ab und ist im Handbuch der Kamera nachzulesen. Bei digitalen Spiegelreflexkameras beträgt er meistens 1,5 oder 1,6.

Die Umrechnungsformel für die maximal mögliche Belichtungszeit, um die scheinbare tägliche Bewegung des Mondes am Himmel zu unterdrücken, lautet:

Äquivalentbrennweite = Crop-Faktor * Nominalbrennweite des Objektivs

Max. Belichtungszeit = Nominalbrennweite / Äquivalentbrennweite * max. Belichtungszeit mit analogen Systemen.

Max. Belichtungszeit = max. Belichtungszeit mit Vollformat / Crop-Faktor.

Bei einem 50mm Objektiv und einem Crop-Faktor von 1,6 ergibt sich beispielsweise:

Belichtungszeit = (50mm / 80mm) * 10s = 6,25s

Die angegebenen Abbildungsgrössen des Mondes sind seine Originalgrößen auf dem Kamerasensor bei gegebener Brennweite. Sie errechnet sich nach der Formel:

"Brennweite / 109".

Halbschattenfinsternis und Partielle Phase

Partielle Mondfinsternis
Partielle Phase der Mondfinsternis vom 28. September 2015. Belichtungszeit: 1/200 Sekunde, ISO 400, 300mm-Teleobjektiv, f/5,6. Die kernschattenfernen Bereiche sind noch überbelichtet, ansonsten wären die Mondregionen nahe dem Kernschatten nicht erkennbar..

Der Helligkeitsabfall während des Eintritts in den Halbschatten lässt sich dokumentieren, in dem man den Mond alle paar Minuten fotografiert. Bei gleicher Belichtungszeit nimmt die Helligkeit stetig ab. Mit fortschreitender Finsternis muss die Belichtungszeit verlängert werden, da kurz vor der Kernschattenphase dicht am Kernschattenrand nur noch wenige Prozent des Sonnenlichtes auf den Mond treffen und er entsprechend dunkel ist. Fotografisch ist dieser Effekt wesentlich extremer, als er bei der visuellen Beobachtung in Erscheinung tritt!

Soll die partielle Phase fotografiert werden ohne dass die im Kernschatten befindlichen Bereiche auf dem Bild sichtbar sind, muss die Belichtungszeit bei Blende 5,6 und ISO 400 um 1/250 bis 1/10 Sekunde betragen, damit die Bereiche des Mondes am Kernschattenrand deutlich abgebildet werden. Hier trifft man den optimalen Wert nur mit einer Belichtungsreihe.

Soll der Mond im Kernschatten deutlich abgebildet werden, gelten die gleichen Belichtungszeiten wie für die Totalität. Die unverfinsterten Bereiche werden dann jedoch überbelichtet, wie es beispielsweise im untenstehenden Foto sichtbar ist.

Partielle Mondfinsternis
Partielle Phase der Mondfinsternis vom 28. September 2015. Belichtungszeit: 0,8 Sekunden, ISO 800, 300mm-Teleobjektiv, f/5,6. Man erkennt bei Überbelichtung der unverfinsterten Mondbereiche deutlich den Farbverlauf und die Abdunkelung des Kernschattens in Richtung Zentrum.

Die Totalität

Während der Totalität erscheint der Mond tiefrot. Zum Kernschattenrand wechselt die Farbe nach orange bis gelb, unmittelbar am inneren Rand ist er bläulich. Die Helligkeit des Mondes im Kernschatten ist vom Zustand der Erdatmosphäre abhängig. Nach starken Vulkanausbrüchen fallen totale Mondfinsternisse zum Beispiel durchweg relativ dunkel aus. Bedenken Sie bitte die Helligkeitszunahme zum Kernschattenrand bei der Fotografie: Der Rand ist mitunter überbelichtet und weiss, wenn man kurz nach Beginn bzw. vor Ende der Totalität Aufnahmen macht. Auf Fotos kann man dann mitunter praktisch nicht zwischen einer totalen und hochgradig partiellen Finsternis unterscheiden.

Da der Mond im Kernschatten relativ dunkel ist, sind lichtstarke Optiken bei der Fotografie vorteilhaft. Zudem empfiehlt sich eine ISO-Empfindlichkeit von 400 bis 800. Aktuelle digitale Spiegelreflexkameras liefern im Gegensatz zu älteren Modellen auch bei ISO 1600 ansehnliche, rauscharme Ergebnisse.

Die benötigte Belichtungszeit hängt von der nicht vorhersagbaren Resthelligkeit des Mondes im Kernschatten und seiner Eindringtiefe, der sog. Grösse der Finsternis, ab. Sie liegt für ein Öffnungsverhältnis von f/10 und ISO 400 zwischen drei und zehn Sekunden.

Die Totalität liegt an der Grenze der Fokussierbarkeit mit Autofokus-Sensoren. Es sollte also ggf. vorher fokussiert und dann der Schalter am Objektiv auf manuelle Fokussierung umgestellt werden.

Mondfinsternisfotografie mit ruhender Kamera

Sicherlich die einfachste Art, eine Mondfinsternis fotografisch festzuhalten, ist die feste Montage der Kamera auf ein Stativ. Auf diese Weise lassen sich einige Sekunden Belichtungszeit erreichen, ohne dass das Bild verwackelt ist. Aber der Mond bewegt sich wie die Sterne amm Himmel von Osten nach Westen. Dadurch verschmiert bei längerer Belichtung die Aufnahme. Je grösser die gewählte Brennweite, desto kürzer muss die Belichtung sein, damit der Mond scharf abgebildet wird. Die maximal möglichen Belichtungszeiten, um die scheinbare tägliche Bewegung des Mondes zu unterdrücken, sind im Vollformat:

Maximal mögliche Belichtungszeiten für Stativaufnahmen.
28mm Brennweite:25s
50mm Brennweite:10s
100mm Brennweite:5s
300mm Brennweite:1,5s
500mm Brennweite:ca. 0,7s
500mm Brennweite:ca. 1s (bei großem Abstand
vom Himmelsäquator)

Diese Werte wurden experimentell ermittelt und haben keine mathematische Grundlage. Da die Helligkeit des Mondes während der Totalität und damit die benötigte Belichtungszeit schwer einzuschätzen sind, sollte man eine Belichtungsreihe anfertigen, die von kurzen bis zur maximal möglichen Belichtungszeit geht. Mit längeren Telebrennweiten ab etwa 200 bis 300 Millimeter ist es ratsam, Aufnahmen zu Beginn und am Ende der Totalität zu machen. Der Kernschatten ist zum Rand hin heller, so dass hier die Belichtungszeiten kürzer ausfallen können.

Objektive mit kurzen Brennweiten eignen sich sehr gut für Panoramaaufnahmen (siehe unten) sowie Aufnahmen des Mondes zusammen mit Gebäuden.

Weitwinkel-, Normal- und Portraitobjektive

Mit 28 mm Brennweite beträgt der Durchmesser des Mondes auf dem Sensor 0,25 Millimeter. Die partielle Phase ist erst deutlich erkennbar, wenn sie relativ weit fortgeschritten ist. Bei Serienaufnahmen lässt sich der gesamte Finsternisverlauf erfassen.

Bei 35 mm Brennweite erscheint der Mond geringfügig größer. Mit Serienaufnahmen ist die gesamte Finsternis noch erfassbar, die Kamera sollte hierbei so ausgerichtet sein, dass der Mond eine Bilddiagonale durchläuft.

Beispiel 50mm
Die Abbildung zeigt ein Foto der totalen Mondfinsternis vom 16. September 1997, aufgenommen mit 50 mm Brennweite und 10 Sekunden Belichtungszeit auf ISO 400 Film.

Mit einem 50 mm Objektiv hat der Mond auf dem Sensor knapp einen halben Millimeter Durchmesser. Die partielle Phase ist ab etwa 20-prozentiger Verfinsterung deutlich zu erkennen. Mit Serienaufnahmen sind etwa 80 Prozent des Finsternisverlaufes erfassbar. Während der Totalität erkennt man bereits eine Farbveränderung von orange nach gelb zum Kernschattenrand hin.

Bei 80 mm Brennweite hat der Mond auf dem Sensor 0,75 Millimeter Durchmesser. Die partielle Phase ist bereits bei geringfügiger Verfinsterung deutlich erkennbar. Während der Totalität sind die Mondmeere schon gut erkennbar. Im Falle von Serienaufnahmen lässt sich gut ein Drittel der gesamten Finsternis erfassen.

Mittlere und starke Teleobjektive

Mit 200 bis 300 Millimeter Brennweite erreicht der Vollmond einen Durchmesser von 1,8 bzw. 2,75 Millimetern. Der Größenunterschied zwischen Erdnähe (Perigäum) und Erdferne (Apogäum) des Mondes ist bereits deutlich erkennbar. Die Mondmeere sind bereits sehr gut erkennbar und differenziert, großflächige Albedostrukturen innerhalb der Hochländer bzw. Maria erscheinen mit 300 mm bereits aufgelöst, zum Beispiel Tycho und Copernicus. Bei der Totalität zeigt sich ein wunderschönes Farbenspiel von dunkelrot über orange bis gelb am Kernschattenrand.

Beispiel 300mm
Die Abbildung zeigt die Totalität Phase der Mondfinsternis vom 28. September 2015, aufgenommen mit einem 300 Millimeter Teleobjektiv und ISO 800 mit Blende 5,6. Die Belichtungszeit betrug 0,7 Sekunden.

Bei den meisten digitalen Spiegelreflexkameras erreicht man mit 300 Millimetern Brennweite die Grenze, an der man die scheinbare Bewegung des Mondes noch unterdrücken kann. Bei einem Crop-Faktor von 1,6 entspricht ein 300 mm Teleobjektiv einem 480 mm Objektiv mit einem Vollformatsensor.

Für 400 bis 500 Millimeter gilt im Wesentlichen die gleiche Beschreibung wie für 300 Millimeter, die Mondoberfläche ist jedoch besser aufgelöst, es zeigen sich feinere Albedostrukturen.
Der Monddurchmesser beträgt jetzt 3,6 bzw. 4,6 Millimeter. Diese Brennweiten sind die Obergrenzen für eine Fotografie mit ruhender Kamera, wenn man die scheinbare Bewegung des Mondes unterdrücken möchte. Die Lichtstärke sollte f/8 oder besser sein.

Fotos der Totalität legt man mit diesen Brennweiten zweckmässigerweise an den Beginn bzw. das Ende der Totalität, da der Kernschatten am Rand heller ist als zur Mitte hin.

Collagen

Collage einer Mondfinsternis
Collage des Verlaufs der totalen Mondfinsternis vom 28. September 2015. Aus sieben Einzelfotos wurde der Mond mit Photoshop ausgeschnitten und in die Collage eingefügt. Die pixelgenaue Ausrichtung erfolgte mittels Ebenentechnik und Hilfslinien.

Serienaufnahmen und Collagen, die den gesamten oder einen großen Teil der Mondfinsternis auf einem Bild dokumentieren, sind ein Leckerbissen für kurze Brennweiten und erregen erfahrungsgemäß viel Aufmerksamkeit.

Serienaufnahmen

Bei Serienaufnahmen ruht die Kamera während der Finsternis. Während der Mond das Gesichtsfeld des Objektivs durchwandert, fertigt man in regelmäßigen Abständen Belichtungen an. Die Einzelbilder werden dann mit Bildverarbeitungssoftware überlagert.

Da der Mond während der mehrere Stunden dauernden Finsternis eine große Strecke über den Himmel wandert, muss man den Mondlauf vor der Finsternis eine Weile beobachten und darf erst dann die Kamera entsprechend ausrichten. Die Angaben von Himmelsrichtung (Azimut) und Höhe über Horizont lässt sich beispielsweise auch bei CalSKY bestimmen.

Während der Finsternis fertigt man dann je nach Geschmack alle paar Minuten eine Aufnahme, besser eine Belichtungsreihe, an. Die Einzelbilder werden dann mit einer geeigneten Bildverarbeitungssoftware, zum Beispiel Photoshop, zu einem Einzelbild überlagert.

Collagen

Bei Collagen werden mit einer Bildbearbeitungssoftware Einzelaufnahmen auf einem Bild zusammen gestellt. Diese sind mit jeder beliebigen Brennweite möglich. Collagen ermöglichen eine eindrucksvolle Darstellung des Finsternisverlaufs. Auch Fotomontagen des Mondes mit separat aufgenommenen Vordergrundmotiven lassen sich auf diese Weise erstellen.

Mondfinsternisfotografie mit Nachführung

Totale Mondfinsternis
Totale Mondfinsternis. Erläuterungen siehe Text.

Ab etwa 500 Millimeter Brennweite ist eine Nachführung der Optik erforderlich. Bei hinreichend genauer Einnordung ist keine Nachführkontrolle nötig.

Mit Teleskopen kann man auch während der Totalität sehr feine Strukturen erfassen. Mit 1200 Millimetern Brennweite hat der Vollmond auf dem Sensor 11 Millimeter Durchmesser, bei 2000 Millimetern sind es 18,3 Millimeter.

Bei Verwendung hoher Vergrösserungen macht sich die Eigenbewegung des Mondes vor dem Sternhintergrund ab einer Belichtungszeit von etwa zehn Sekunden störend bemerkbar, feine Monddetails werden verschmiert. Es sollten also eine lichtstarke Optik und eine hohe ISO-Empfindlichkeit zum Einsatz kommen.

Die obige Abbildung zeigt eine nachgeführte Aufnahme der totalen Mondfinsternis vom 9. November 2003, aufgenommen mit einem 20 cm Schmidt-Cassegrain-Teleskop bei f/10. Die Belichtungszeit betrug drei Sekunden mit ISO 800 bei leicht dunstigem Himmel. Es war eine überdurchschnittlich helle Mondfinsternis. Man erkennt deutlich die Aufhellung des Kernschattenrandes. Trotz der herrschenden Totalität ist der Mondrand extrem hell.

Mondfinsternisfotografie mit Digicams

Mondfinsternisse sind grundsätzlich mit Digicams fotografierbar, jedoch muss man, insbesondere was das Bildrauschen angeht, in den allermeisten Fällen Qualitätsabstriche gegenüber Aufnahmen mit Spiegelreflexkameras machen.

Mondfinsternis mit Digicam
Digicam-Aufnahme der zweiten partiellen Phase der totalen Mondfinsternis vom 28. September 2015. Die Aufnahme entstand freihändig mit Vollautomatik (ISO 1600, Belichtungszeit 1/15 Sekunde) und Bildstabilisator. Man erkennt bereits deutlich die großen Albedostrukturen, aber auch das starke Rauschen dieser Kameras bei Nachtaufnahmen.

Eine geeignete Digicam hat einen abschaltbaren Blitz, manuell einstellbare Belichtungszeit, mindestens 100 Millimeter Brennweite umgerechnet auf das Vollformat und einen Selbstauslöser. Die Kamera sollte möglichst rauscharm arbeiten.

In der Dämmerung ist die Vollautomatik (ohne Blitz) sehr gut geeignet, der Mond wird vom AF-Sensor erfasst. Die Totalität ist für solche Digicams an der Grenze der Erfassbarkeit.

Auf Webcams wird nicht näher eingegangen, da sie ausser der Möglichkeit, Zeitrafferfilme zu erstellen, keinen Vorteil gegenüber herkömmlicher Fotografie bieten.

Alle Fotos dieses Artikels von Christian Leu, Berlin



04.08.2017 23:15 Uhr, Christian Leu