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Halfpipe für Anfänger

Elizabeth Marian Swaney aus Ungarn hat am Montag bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang im Halfpipe-Bewerb der Skifreestyler mit 31,4 Punkten den 24. und letzten Platz belegt. So scheint es in den olympischen Ergebnislisten auf. Dieses Resultat wäre normalerweise keine Meldung wert.

Im selben Bewerb verpasste die Österreicherin Elisabeth Gram mit 72,2 Zählern ganz knapp den Sprung ins Finale der besten zwölf. Die 21-jährige Tirolerin stürzte im zweiten Durchgang und erhielt dafür lediglich 20 Punkte, Swaney jedoch für ihren zweiten Versuch 31,4 Zähler. Der höhere Wert von zwei Läufen wird in die Wertung aufgenommen.

Nur nicht hinfallen

Warum das wichtig ist? Weil Swaney in ihrer Darbietung keinen einzigen Trick zeigte, außer bis zur Kante hinaufzufahren, dort vorsichtig zu wenden und wieder hinunterzufahren. Sie achtete lediglich darauf, nicht zu stürzen, was alleine schon mehr Punkte einbringt, als wenn man stürzt. Die 33-jährige Harvard-Absolventin, die aufgrund ihrer Großeltern für Ungarn an den Start geht, beherrscht auch keinen einzigen Trick. Ihr großes Ziel war die Teilnahme an Olympia.

Elizabeth Swaney

APA/AP/Kin Cheung

Viel höher kam Elizabeth Swaney bei ihren Läufen in der Halfpipe nicht hinaus

Mittels Crowdfunding ließ Swaney, die bereits mit 25 Jahren auch bei der kalifornischen Gouverneurswahl gegen Arnold Schwarzenegger kandidierte, sich ihr Abenteuer „Pyeongchang 2018“ finanzieren. Dass ihr am Ende 13,6 Punkte auf die Vorletzte, die Dänin Laila Friis-Salling, fehlten, störte Swaney dann doch. Zu gerne wäre sie im Finale gewesen.

„Ich bin wirklich enttäuscht, dass ich mich nicht für das Finale qualifiziert habe“, sagte sie. „Ich habe einige Jahre daran gearbeitet, so weit zu kommen. Ich wollte jedes Mal höher kommen und mich mehr drehen.“ Zu erkennen waren diese Bemühungen jedoch nicht.

Peinlich für Ungarn?

Was auch einen ungarischen TV-Sender empörte, der ein Video ihrer Vorstellung ins Netz stellte und durch die offensichtliche Amateurin auch den ungarischen Nationalstolz verletzt sah: „Ist es wirklich notwendig, dass eine Sportlerin mit solchen Kenntnissen Ungarn bei den Olympischen Spielen vertritt?“

Swaney, die auch schon für Venezuela bei Wintersportarten ins Rennen gegangen war, hatte sich jedoch völlig regelkonform für Olympia qualifiziert. Dafür genügen nämlich konstante Platzierungen unter den Top 30 im Weltcup. Das ist ihr gelungen. In China wurde sie sogar einmal 13. von 15 Starterinnen, während der Großteil ihrer Konkurrentinnen an anderen Bewerben wie den US-Meisterschaften teilnahm.

Sie kam immer in die Wertung, indem sie ausschließlich versuchte, nicht hinzufallen. Dieser Modus und die vergleichbar einfache Möglichkeit, sich zu qualifizieren, wirft kein gutes Licht auf die an sich spektakuläre Sportart. Auch fühlen sich wohl andere Athleten aus Sportarten mit strengen Qualifikationsmaßstäben um ihr olympisches Erlebnis gebracht.

Konkurrenz freut sich für Swaney

Während sich die Fans über ihr Auftreten eher amüsiert und verwundert zeigten, hatten Swaneys „Gegnerinnen“ viel Verständnis für die Amateurin. „Wenn sie Zeit und Mühen investiert hat, um hierher zu kommen, dann hat sie es genauso verdient, hier zu sein wie ich“, meinte Olympiasiegerin Cassie Sharpe aus Kanada, die in beiden Läufen die Höchstwertungen erhielt. Auch die zweitplatzierte Französin Marie Martinod freute sich über das Antreten von Swaney: „Ich bin da ganz offen. Deswegen ist Olympia doch so besonders.“

Elizabeth Swaney

APA/AP/Charlie Riedel

Swaney machte jedenfalls, was ihr möglich war

„Hoffe, ich kann andere damit inspirieren“

Swaney selbst betonte nochmals ihre Mission, auch wenn ihre Aussage wohl auf wenig Zustimmung in Ungarn stoßen könnte: „Es ist eine Ehre, bei Olympia dabei zu sein. Ich will allen zeigen, dass es nie zu spät ist, Freestyle zu betreiben, und will helfen, den Sport in Ungarn zu etablieren. Ich hoffe, ich kann damit andere inspirieren.“

Und offenbar hat sie nach dem Schnuppern olympischer Wettkampfluft noch lange nicht genug: „Es motiviert mich noch mehr, wenn mich die Leute und das, was ich mache, infrage stellen. Ich habe wirklich hart gearbeitet, um hier dabei zu sein, und es durften schließlich nur 24 Frauen an den Start gehen. Das nehme ich als Motivation mit.“

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