Kunst aber als Brotbelag

Bekanntlich bekomme ich immer am Mittwoch eine Biokiste mit Obst, Gemüse und Käse, nebst zwei Flaschen Milch. Am Donnerstagmorgen schwamm ich so vor mich hin im See und wie ich so schwamm wurde ich hungrig. Ha, dachte ich mir, ein Brot soll es sein, wenn Du zurückkommst und dann hängte ich Handtuch und Bademantel auf, wusch den Bikini aus und stapelte Obst, Käse und Brot auf dem Tisch. So bunt sind die Biokisten im Sommer, so vielfältig und so schwer ist es sich zu entscheiden, was man denn auf dem Brot haben mag. Erstmal also ein Butterbrot mit Salz und Schnittlauch dazu, aber dann lockte das bunte mich all zu sehr und wie ich also mit Messer, Brot und Käse, der Tomate und all den anderen Dingen, da so saß, da fiel mir Piet Mondrian ein und ich wäre ja nicht ein albernes Fräulein, das wohl in anderen Zeiten schrullig genannt worden wäre, hätte ich nicht den Finger erhoben und zu meiner alten Freundin Wildtaube auf dem Fensterbrett gesagt: KunstGeschichtealsBrotbelag it is meine Liebe. Die alte Freundin hat nachsichtig gegurrt, denn sie kennt mich ja schon viele Jahre. Das Schöne aber ist, es gibt so viele Menschen, die auch Lust haben ihr Brot mit Kunst zu belegen.

oder

So hat es angefangen, aber viel schöner ist das, was all die anderen machen mit ihren Broten.

Sehen Sie mal was die fabulöse Miss Megaphon macht:  

Und schon geht es mitten in die Romantik hinein mit Casper David Friedrich

Gefolgt von Jan Vermeer


Ich bin sehr verliebt!

Was wäre Kunst ohne Hunde?

Anselm Kiefers Galerist wundert sich sicher schon….

Das ist keine Wurst!

Aber das ist der Schrei:

Ohne Paul Klee geht es ja ohnehin nie!

Ich finde diese Salvador Dali Interpretation einfach großartig!

Und natürlich Vincent van Gogh:

Es gibt ja Ideen, die hätte man furchtbar gern selbstgehabt….

Dies ist nur eine kleine Auswahl,aber wenn Sei mögen dann sehen Sie sich auf Twitter um- dazu müssen Sie dort nicht Mitglied sein, man kann einfach #KunstGeschichteAlsBrotbelag eingeben und viele, viele Schätze entdecken.

Natürlich ist das ganze eine kleine Alberei, aber nur albern ist es dann doch nicht, weil es wie ich finde zeigt, dass das Internet nicht nur das passive Konsumieren ist, sondern viele unterschiedliche Menschen zum Mitmachen und Selbermachen inspiriert. e13Kiki hat dafür einmal den Begriff des #bingecreating erschaffen und ich glaube das trifft es sehr gut. Das Internet, das sind noch immer wir alle und es liegt an uns, ob wir uns inspirieren lassen und immer wieder das Staunen lernen.

Was ich sehr hoffe ist, dass die vielen bunten, belegten Brote zu Gesprächen und Diskussionen führen zum Entdecken neuer Künstler, zum Wälzen von Kunstkatalogen, was man legen könnte und vielleicht auch zu einem Ausstellungsbesuch, um sich weiter und wieder zu begeistern für all die große und kleine Kunst, die noch immer das größte Potential hat Menschen zusammenzubringen und dass das gerade passiert, das freut und rührt mich besonders.

Auch Das Nuf hat Lieblingsbrote mit Kunstbelag gesammelt.

Das Fräulein indes reist heute dem Tierarzt an die Ostsee nach und hat noch kein einziges Reisebrot geschmiert….

Woanders ist es auch schön

Die Geschichte der Dinge müsste immer so aufgeschrieben werden, wie hier an ein Brotmesser erinnert wird. Ich wiederhole mich, aber für Texte wie diese ist das Internet erfunden worden.

In Berlin regnet es leider nicht.

„Ich verstehe diesen Beuys nicht, er spricht so undeutlich“- Perlen aus dem Gästebuch des Lenbachhaus in München. Schöne Idee, so ein Museumsblog.

Eine Eule auf Wanderschaft. Man bekommt gleich Wanderlust. Via Frau Arboretum

Anne Olivier Bell. Was für eine Frau, was für ein Leben.

Ich habe es gelesen und wieder gelesen und dann noch einmal gelesen, aber aber wie das passieren kann in Bonn 2018, das begreife ich nicht.

Die Angst war der Kitt.

Pssst! Schamlose Eigenwerbung. Drüben auf Twitter gibt es Quatsch auf Brot. Da ist ein gewisses Fräulein ja niemals fern….#KunstGeschichteAlsBrotbelag

Der Tierarzt ist schon an der Ostsee und zählt Hundewägelchen, ich komme erst nach, aber das ist ja kein Grund sich nicht als Blogmusikbeauftragter zu beweisen. Diese Woche singt Ailbhe Reddy für Sie. Was soll ich sagen ein typischer Tierarzt Musik-Tipp eben….

Isidor Eisenstein

Viele Jahre habe ich nicht an Isidor Eisenstein gedacht. Aber vielleicht ist es auch anders, vielleicht versuche ich aber auch nur nicht ständig und ausschließlich an Isidor Eisenmann zu denken. Das ist ja manchmal ein- und dasselbe. Aber gestern Nachmittag in einem Café in Kreuzberg unter alten Bäumen zudem und in guter Gesellschaft,  ich traf die zauberhafte Juna und die nicht minder wunderbare Johanna da fiel Isidor mir doch wieder ein. Deutlicher als sonst und vielleicht sind auch die Zeiten so, dass einem öfter Dinge in den Sinn kommen, die man längst schon beiseite gelegt glaubte, eingemottet wie den schweren Wintermantel oder das Paar Bergestiefel, die immer in einer Kiste im Keller lagern, die man nie, aber wirklich nie auf Anhieb findet.

Vor vielen Jahren fragte ich meine Großmutter einmal: „Was macht einen Juden aus?“ Das war eine Frage, die mich umtrieb und die mich nie wieder losgelassen hat. Meine Großmutter verzog immer ein bisschen spöttisch die Mundwinkel, sah sie mich mit dem Shabbes-Leuchter und der Challah, lächelte und sagte: Wenn du meinst mein Kind, ja ich meinte und sie lächelte und nickte. Aber Schubert ist doch erlaubt am Shabat. Gefragt habe ich sie doch, alles habe ich sie gefragt und nie habe ich mich davon erholt, dass ich sie nicht mehr fragen kann oder anders, dass sie mir nicht antworte. Damals also vor vielen Jahren fragte ich sie: „Was macht einen Juden aus?“

„Lass mich dir von Isidor Eisenstein erzählen sagte sie. Isidor war ein Freund deines Urgroßvaters, meines Vaters. Arzt war Eisenstein und er hatte eine Ordination in der Kreisstadt, er war praktischer Arzt, aber er war auch Kardiologe und war einer der frühen Spezialisten für Herzkrankheiten, aber für uns alle war er nur Onkel Isi, ein lustiger Mann mit einem verschmitzten Lächeln und Karamellbonbons in der Jackentasche, wie alle meine Geschwister hat Onkel Isi auch mich auf die Welt geholt und wie mein Vater sagte, holte er nicht, sondern sang die Kinder auf die Welt, denn Onkel Isi war leidenschaftlicher Sänger. So war es kein Wunder, dass Onkel Isi und mein Vater oft zusammen musizierten. So lebte Isidor Eisenstein für viele Jahre, er hatte zwei Töchter und einen Sohn. Mein Urgroßvater hatte viele Mädchen und Isidor hoffte sein Sohn würde sich in eine Tochter seines besten Freundes verlieben.
Aber soweit ist es nicht gekommen. Stattdessen kam das Jahr 1933 und dann kam das Jahr 1935 und Isidor Eisenstein durfte nur mehr Arzt für Juden sein, aber nicht mehr für deutsche Patienten, aber Onkel Isi sagte meine Großmutter war ein Arzt, der nicht aufhören konnte sich um seine Patienten zu sorgen und so machte er weiterhin Hausbesuche nach Einbruch der Dunkelheit.
Ein Kind lag ihm besonders am Herzen- ein Bub mit angeborenem Herzfehler nämlich, auch dieses Kind hatte Onkel Isi auf die Welt geholt. Dann kam das 38er Jahr und eine Gruppe von Schlägern brach johlend auch in die Praxis von Onkel Isi ein, zerschlug die Medikamentenschränke, die Schläger waren Jugendliche, junge Männer 18 oder 19 Jahre alt, ein paar Familienväter, Gaffer. Sie zerschlugen erst die Praxis und dann forderten sie lautstark, dass Onkel Isi überhaupt gar kein Arzt mehr sein sollte, denn man wusste doch, dass jüdische Ärzte, deutschen Frauen die widerwärtigsten Dinge unter dem Vorwand einer Untersuchung antaten.
Als die Ordination kaputt geschlagen war, kam Onkel Isi selbst an die Reihe.
Die Männer schlugen ihm die Brille von der Nase, ließen ihn auf den Knien nach der Brille tasten, bevor sie seine Brille schließlich zertraten. Dann zogen sie Isidor wieder auf die Beine und alle jungen Männer kamen einmal in die Reihe, sie boxten Isi in den Bauch, traten ihm gegen die Knie, zwei Zähne schlug man ihm aus, die anderen durfte er noch behalten, einer aber tat sich besonders hervor unter den Schlägern, es war der Junge zu dem Onkel Isi drei oder viermal die Woche auf Hausbesuch ging seines kranken Herzens wegen. Der Junge brach Onkel Isi die Nase. Irgendwann hatten die goons genug und zogen ab, es gab auch noch andere jüdische Familien im Ort, die auch noch an die Reihe kamen.

Onkel Isi aber ging zurück nach Hause und ließ sich von seiner Frau so gut verarzten wie es ging. An jenem Tag gingen die Juden nicht auf die Straße und Onkel Isi lag auf einem Sofa und kühlte sich die gebrochene Nase. Aber am Abend als seine Frau, ihm eine Suppe brachte, da stand er auf, Onkel Isi mit der Lücke zwischen den Zähnen, dem blauen Auge, der zerschundenden Nase und der bleiernden Müdigkeit im Herzen, stand auf, zog sich an und als seine Frau sagte: „Aber Isi Du kannst doch jetzt nicht aus dem Haus gehen.“ Aber Onkel Isi, sagte meine Großmutter packte seine Tasche, tat die Medikamente hinein und dann ging Onkel Isi wie sie oft zu seinem Patienten, den er so viele Jahre behandelt hatte, den er wie so viele Kinder auf die Welt gesungen hatte und der ihm Vormittag die Nase brach. „Er hat ein krankes Herz“, sagte Onkel Isi und dann ging er und sah nach dem Jungen.

Damit endete meine Großmutter ihre Erzählung. Das war ihre Antwort auf meine Frage. Sie sagte nicht, ob sie das richtig fand oder falsch, oder verrückt oder ob Onkel Isi eine Ausnahme war. Meine Großmutter verweigerte eindeutige Antworten und das war ihre Antwort auf meine Frage: „Was macht einen Juden aus?“ Das war es, was sie mir antwortete.

Wir waren lange still an diesem Abend und als ich sie fragte, ob Onkel Isi, seine Frau, die beiden Töchter und der Sohn wohl und mehr musste ich nicht sagen, denn meine Großmutter schüttelte den Kopf. Nein, sagte sie, Keiner.

Märkisches Blau

In Brandenburg ist alles Blau. Der Himmel ist blau, aber das ist nur der Anfang. Warm ist der See. Sind das Blaualgen an meinem Zeh, frage ich den F.? Steht dir sagt der F. und lacht. Blau ist das dicke Polsterkissen auf dem ein riesiger Hund hechelt liegt. Das Polsterkissen liegt auf einem Motorboot. Das Motorboot knattert rasend schnell vorbei, die Lefzen des Hundes flattern auch. Ein Wauziwägelchen der Extraklasse denke ich. Eine blaue Wolke Benzin bleibt zurück. Blau ist der Einband von Andersens Märchen. Ich lese dem F. noch einmal die entsetzliche Geschichte von der kleinen Meerjungfrau vor. Blau sind die Heidelbeeren, die kaufe ich am Straßenrand. Da steht ein Mütterchen mit einem Klapptisch. Sie kommt aus Polen und am Abend holt der Sohn sie ab. Der arbeitet auf einer Baustelle in Fürstenwalde. So viel Staub sagt sie und legt zu den Blaubeeren noch zwei Handvoll Kirschen dazu. Die Kirschen sind nicht blau.
Aber die Augen des Mütterchens sind kornblumenblau. Fast will ich sie fragen, ob sie vielleicht doch einmal während der langen Stunden Hans Christian Andersen einen Mann mit weichen Zügen getroffen haben mag. Aber ich frage sie nicht.
Blau ist ein Schild an einem Zaun. Es kündigt einen Circus an. Weiße Pferde und ein trauriger Clown. Eigentlich lacht der Clown, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es wirklich einen fröhlichen Circusclown gibt. Es war mir immer die traurigste Profession, die ich mir vorstellen konnte, ich sehe weg. ALDI ist die einzige Kaufhalle, die es gibt, ALDI, ein blaues Schild, nur noch 200 Meter sagt ein zweites Schild. Das ist auch blau.
Wir essen Fisch am Abend. Vorn am Eingang ist ein Aquarium, die Schuppen der Fische schimmern grün, braun und blau. „Nein, sagt der Kellner, den ich frage, die Fische im Aquarium sind das Hobby von Cheffe, die rührt keiner an.“ Wir sitzen am Wasser und auch hier ist das Wasser dunkelblau, so als hätte ein Maler eine Palette aus tiefem Blau einfach in den See gekippt. So blau ist der See. Der Zander auf meinem Teller sieht müde aus. Ich decke seinen Kopf mit der Serviette ab. Der F. versucht nicht zu lachen und scheitert.
Zum Fisch gibt es Blumenkohl. Der Blumenkohl, aber auch die Karotten sind blau gefärbt, ein Blau das fast schon lila ist. „Hat sich auch Cheffe ausgedacht, ist aber janz natürlich die Farbe, können se unbesorgt sein. Cheffe weiß, was er tut. Der Blumenkohl schmeckt fad, so als sei auch der Geschmack unter dem Blau verschwunden. Auf der Terrasse sitzt außer uns niemand.
Drinnen im Gastraum sitzt eine Hochzeitsgesellschaft. Die Braut trägt ein schweres Kleid aus Tüll und überall Rüschen. Der Bräutigam heißt Ronnie und trägt Nadelstreifen. Auf seinem Hals trägt er einen Panther mit offenem Maul und Reißzähnen aus blauer Tinte. Ronnie und sein blauer Panther fühlen sich nicht wohl im Anzug. Ronnie zieht immer wieder an seiner Krawatte. Die Braut soll etwas sagen. Aber die Braut schwankt und das interessiert mich gleich sehr, denn wer weiß ob sie nicht doch Andersens Meerjungfrau ist und ein Schwanz aus blauen und grünen, glänzenden Schuppen sie nicht doch am gehen hindern. Ich habe noch nie geheiratet und so weiß ich nicht, ob eine Braut naturgebenermaßen wankt, aber Andersen habe ich wieder und wieder gelesen und geweint habe ich oft vor Wut über den blinden Prinzen und das traurige Ende der Meerjungfrau und so fürchte ich mich ein bisschen für die Braut, die nicht zum Mikrofon gelangt und Ronnie, Ronnie der braucht gerade ganz dringend eines Wernesgrüner und zieht sich schon wieder an der Krawatte. Aber die Braut ruft ihre Jungfern herbei, sie alle tragen blaue Kleider und auch ihre Kleider sind voller Rüschen, die Hauptbrautjungfer aber ist gerade eine Rauchen, die steht neben uns auf der Terrasse und schnipst Asche ins Gras. Blauer Rauch und dann schiebt sie die Braut ans Mikrofon, die Braut schimpft: Mensch jetzt musst du eine rauchen, wo ich hier mit die Scheiß-Schuhe kämpfe und der Ronnie ist och schon wieder beim sechsten Bier. Das Mikrofon quietscht. Aber Ronnie braucht dieses Bier, das sieht man ihm an.
Aber die Hauptbrautjungfrau ist eine Frau mit praktischem Verstand. Sie sagt zur Braut: Jetzt reiß dich zusammen, das Bier ist alles bezahlt, nachher kannste deinem Ronnie Bescheid stoßen, aber jetzt musste mal zu deine Gäste sprechen.
Die Braut gehalten von drei Jungfern ganz in Blau beugt sich ans Mikrofon. Sie sagt: Liebe Leute, dit Buffet ist jetzt eröffnet.
Dann gibt es eine Rückkopplung und was die Braut hätte noch sagen können, geht einem ohrenbetäubenden Quietschen unter.
Dann wird die Braut wieder auf ihren Platz geführt und bekommt einen quietschblauen Cocktail. Zwei Kurze für mich bitte, ruft die Hauptbrautjungfer und als die die zwei Schnäpse gekippt hat, sagt sie: Nicole, der Ronnie in dem Anzug, ganz wie der Bachelor!
Dann kann ich nichts mehr hören, denn DJ Jörg kommt in den Gastraum und verspricht Stimmung. Er kriegt auch einen blauen Cocktail. Die Braut sagt zur Kellnerin. „Keine Kurzen mehr für Ronnie.“
DJ Jörg sagt zur Braut: Wir lassen es so richtig krachen.
Die Braut nickt.
Ronnie kommt mit einem Herz aus brennenden Wunderkerzen wieder.
Die Braut weint.
„Schatz, ich liebe dich so sehr“, sagt Ronnie.
Wir gehen.
Auf dem Parkplatz wickeln die Freunde von Ronnie und Nicole den tiefergelegten, metallic-blauen Polo in Klopapier ein und binden Konservendosen an die Türen. Neben dem Polo stehen zwei Männer im Blaumann. Sie schimpfen auf die Politik und den Elfmeter für Frankreich.
Wir fahren zurück an den See. Der See ist blau und ich tauche tief, so tief es geht vom Steg hinunter in das Wasser, der See ist ein Tintenfass und am Himmel immer weiter märkisches Blau.

Kurze Notizen

Am Morgen geschwommen. Ereignislos, nichts gedacht, nichts gehofft, nichts verloren, nicht schnell und nicht langsam geschwommen, ausatmen, einatmen, immer zwischen 6 Uhr und 7 Uhr. Gehe ich aus dem Wasser, kommt das Rentnergrüppchen, als ich vor vielen Jahren anfing zu schwimmen, waren es noch Ehepaare, jetzt kommen die Witwen zum See. Nur zwei Männer sind dabei, eine Frau sagt: „ Der G. macht sich Hoffnungen.“ Dann verschwindet sich hinter die Bäume. Die verbliebenen Männer machen Rückenschwimmen. Ich fahre zurück nach Haus. Der Tierarzt schläft noch. Die Sonnenblumen machen müde Gesichter. Einen Teller Rosinen-Sonnenblumen-Kürbiskerne für die alte Freundin Wildtaube dazu. Auf der Straße trinken Bauarbeiter Kaffee und frühstücken Semmeln. Sie sprechen Polnisch und warten auf den Chef. Der Chef lässt auf sich warten.

Ich arbeite und irgendwann wacht der Tierarzt auf. Tee. Wenigstens das geht, man wird bescheiden mit der Zeit. Der Tierarzt packt das luggage holdall, er fährt schon vor an die Ostsee, aber erst einmal, fahren wir in die kleine deutsche Stadt. Aufklärungssprechstunde, diesmal bin ich am letzten Freitag des Monats nicht da.

Im Radio spielt Angela Hewitt Bachs Goldberg Variationen .

Die S-Bahn ist voll. Stickig ist die Luft, die S-Bahn ist ein Aquarium für Menschen. Ein Mann schreit in ein Telefon, eine Frau feilt sich die Nägel, sie hat lauter Lockenwickler im Haar, bin Brautjungfer nuschelt sie, dann feilt sie weiter, ein Mann hat zwei große Taschen mit Leergut vor sich, er zählt die Flaschenarten auf: 2x Sternbhurger dit hilft nicht viel, dreimal Cola schon besser dit, denn sone Ökoflaschen, dit muss ich mir erst ma beschauen, und denn ne ganze Ladung Cola-Mix, damit lässt es sich doch arbeiten. Johgurt-Gläser auch noch, jetzt saufen die schon den Joghurt, dann hat der Flaschensammler seine Inspektion beendet und atmet durch. Die Brautjungfer schreit in ein Telefon: Nur Assis in der S-Bahn, dann fegt sie sich Nagelstaub und Nagelhautfitzel von der Jeans, die fallen in eine Hundefell. Der Hund heißt Janosch. „Janosch, pfui“, sagt seine Besitzerin und zieht den Hund zur Seite. Janosch gähnt, die Frau mit den Lockenwicklern im Haar stößt gegen die Beutel mit den Flaschen. „Ey hab mal Respekt“ ruft der Mann. Dit is alles mit der Hand gesammelt. Die Frau stürmt aus der Bahn. Eine ältere Dame schreibt unbeirrt einen langen Einkaufszettel.

Im Zug müssen wir stehen. Der Tierarzt ist müde. Ich halte den Tierarzt fest.

Am Bahnhof winkt die liebe C.

Die liebe C. macht den Schatten leichter, heller, irgendwann hören meine Arme wieder auf zu zittern. Bestimmt.

Der Tierarzt schläft.

Schwesterchen demonstriert in London. Das kleine Täubchen auf dem Rücken. Bitte pass auf euch, sage ich. Meine Schwester hat in den letzten Wochen der Schwangerschaft Nacht für Nacht über die Kinder in Amerika gelesen, die über Nacht keine Mutter und keinen Vater mehr hatten.
Man muss aufpassen, das sagst du sagt meine Schwester am Telefon. Sie hat Recht.

Aufklärungssprechstunde.

Ich bin müde.

Auf die Fragen, auf die es ankommt, habe ich keine Antwort.

Die liebe C. macht Pflaumenkompott. Ich mache Buchteln. Ich muss lachen. Weißt Du noch, sage ich zu ihr, was meine Großmutter immer sagte: „Im Sommer sagte der Harry Heine, der nebenbei auch Gedichte schrieb, im Sommer soll ein jeder Jude zum Shabbat keine Challah sondern Buchteln essen-mit Vanillesauce.“

Die liebe C. lacht.

Es ist dieselbe Küche in der sie und ich Pflaumenkompott und Buchteln machten.

Wenn ich mich umdrehe, denke ich noch immer, sie kommt gleich zurück. Aber sie kommt nicht mehr zurück. Das ist nur noch diese entsetzliche Lücke.

Die Buchteln gehen vor sich hin.

Die liebe C. erzählt mir Praxisgeschichten.

Schwesterchen ruft an. Das kleine Täubchen hat geschlafen, so viele Menschen, meine Schwester mit einem Papierschild in der Hand. Eine hilflose Geste, sagt sie und ich wünschte, ich könnte sie zu mir durch das Telefon ziehen.

Wir sitzen am Tisch.

Wir singen. Immer die gleichen Lieder zum Shabbat.

Der Tierarzt lächelt.

So schöne Lieder.

Dann klingelt es.

Ich kann mich an keinen Shabbat erinnern, an dem es einmal nicht klingelt.

„Für Dich oder für mich?“, fragt die liebe C.

An der Tür steht ein Mann mit einem Kind. Das Kind schreit nicht. Das ist nie ein gutes Zeichen. Das Kind hat ein blutiges Küchentuch auf dem Kopf. Herr A. ist Flüchtling, sein Sohn ist 2 Jahre alt, seine Frau ist auf dem Grund des Mittelmeers begraben. Herr A. sagt: „Ein großes Stück Schmerz.“ Der Kleine finde ich heraus, ist aus dem Tripp-Trapp herausgeklettert und rutschte ab. So ein großes Stück Schmerz.
Wir nehmen das Auto. Herr A. hat eine schwarze Reisetasche dabei. Das ist sein Fluchtkoffer. Er sagt: „Alle Papiere.“
Das Kind ist ganz still. Die liebe C. singt für das Kind.
Im Krankenhaus dann ganz schnell.
Fünf Stiche.
Das Kind ist ganz tapfer.
Der Vater hält das Kind.
Die liebe C. hält den Hasen des Kindes.
Ich organisiere ein Bett für Vater und Kind.
Keine Gehirnerschütterung übersetze ich.
Medizindeutsch noch schwer, sagt er, aber Ärzte Top.
Ich nicke.
Eine Nacht zur Beobachtung sage ich.
Brauchen Sie etwas?
„Alles dabei“, sagt Herr A. und umarmt mich und die liebe C.
Ich spreche mit der Ärztin.
„Alles ok“ sagt sie.
Das Kind liegt im Arm des Vaters als ich noch einmal vorbeisehe.
Zweimal Eis aus der Cafeteria.
Das Kind strahlt.
Herr A. lächelt.
„Eis hilft immer“ sage ich.
Das Kind winkt.
Auf dem Nachtschränkchen steht ein Bild. Auf dem Bild lächelt eine Frau mit einem Kind im Arm.
Sie ist schön die Frau, schön sind die Frau und ihr ih Kind.
Ihr Mann dreht sich zu dem Bild um er sagt: „Mein Herz, unser Sohn.“
Ich mache die Tür ganz vorsichtig und leise hinter mir zu.
Ich laufe nach Haus.

Wasserspiegel

Sie sind vielleicht vierzehn, fünfzehn und sechszehn Jahre alt und die Sommerferien haben gerade erst begonnen. Sie rauchen Zigaretten und wollen dabei. Sie husten. Ihr Husten klingt nach der ersten Zigarette. Musik scheppert aus einem Telefon, aber keiner tanzt. Sie halten Hände und eine Hand hält immer auch ein Telefon. Sie stehen dicht unter den Bäumen, denn es regnet. Ich habe eine Jute-statt-Plastiktasche und ein Handtuch. Sie ziehen sich Hoodies über, ich ziehe mich aus.

Sie sehen mir zu. „Ugh, voll der Perv, es regnet doch, voll krass da wird man doch voll nass im Wasser.“

Ich lächle und dann tauche ich ins Wasser. Kühler ist das Wasser, nach einer Nacht und einem halben Tag voller Regen, ein dichter Mantel aus schwerem Kattun ist der See. Blätter von weiter her und dünne Äste schwimmen mit mir vom Ufer davon. Der See trägt ihre Stimmen vom Ufer zu mir. Der ganze Sommer liegt noch vor ihnen. Sie suchen nach Abenteuern. Einer von ihnen sagt: „Samstags geht es los Florida.“ Er sagt es mit der Stimme all jener, die wissen, das ihr Platz in der Welt ein sicherer ist. Drei Wochen Florida. Es ist still für einen Moment, denn das Abenteuer, das Florida heißt, lässt sich nur schwer überbieten. Aber sie probieren es trotzdem. Klettern mit Freunden und einem großen Bruder. Voll krass ey. Es ist die Rede von einem Abenteuerpark, von Martial Arts Training mit einem Superstar, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Nur Timo muss für zwei Wochen zu Oma. Alle lachen. Ob Timo lacht, weiß ich nicht.

Aber das nächste Abenteuer ist eine Party bei Diana. Die hat einen beheizten Pool und sturmfrei. Wir müssen noch Becks organisieren. Hoffentlich gibt es Korn-Cola. Die Pools in Florida sind alle beheizt.Das ist das letzte was ich höre, dann bin ich zu weit vom Ufer entfernt. Leise fällt der Regen, der Regen kommt nicht vom Meer, denke ich, zu weich ist der Regen, er hat nichts von der Schärfe des Atlantiks, vielleicht kommt der Regen aus einem Dorf in Niedersachsen. Ein Dorf mit einem alten Bauernhaus in der Mitte und einer umgekippten Milchkanne im Fenster. Die Katze, die im Bauernhaus im Fenster liegt heißt Jessica und der Bürgermeister klopft immer gegen halb zwölf in der Nacht an das Fenster und küsst die schöne Bankerin, die in Hannover mit Millionen jongliert und dem Bürgermeister die freiwillige Feuerwehr finanziert. „Wirklich, sagt sie nachts am Fenster, müssen die Heimlichkeiten wirklich sein?“ Aber der Bürgermeister lacht: „Die Liebe ist ein Abenteuer“, sagt er, natürlich stolpert er im Dunkeln über die Milchkanne oder über die Katze Jessica, die Mäuse studiert, jedenfalls weiß es das ganze Dorf. Vor dem Haus blühen die Stockrosen, und die Bankerin klappt das Fenster. „Das gibt noch Regen“ sagt sie und natürlich ist der Bürgermeister so nass, dass er die Socken auswringen muss, als er endlich zu Hause ist, so ein Regen ist das in dem ich schwimme. Landregen, warm und weich, dunkel dabei, so wie eine Tasse Earl Grey zum dritten Mal aufgebrüht, der Schlachtensee kann auch der Amazonas sein und wie ich so durch den Regen schwimme, schwimmt mit mir der Schwan und der Schwan und ich wir nicken zu. Der Schwan findet das Abenteuer im Schilf und ich sehe in die Bäume hinauf und wundere mich, dass keine Affen in den Baumkronen kreischen. Der Regen,der dichter und dichter fällt während ich schwimme, ist der Elephant  inCamille Saint-Saens Karneval der Tiere, denn der Regen, da bin ich mir ganz sicher, nimmt während langer Sommertage Unterricht bei einem  Kontrabassisten.

So fällt der Regen, läuft mir über das Gesicht, die Haare, bleibt in den Wimpern hängen, lächelt mir zu. Die letzten sieben Züge tauche ich tief, wenn es regnet, lacht glucksend der Nöck, dann verlässt er den Muschelthron, erhält Rapport von den Welsen, seinen treuen Spionen und lacht glucksend über das leichtsinnige Fräulein, die glaubt es schicke sich einmal nachzusehen, ob der Nöck wirklich noch immer auf dem Grund des Sees regiert. Er lacht, bis er Husten muss, wie die Jugendlichen am Ufer. Menschen und ihre Sehnsucht nach Gefahr und Abenteuer, sagt er sich und schon trifft mich eine Welle, die ich nicht habe kommen sehen. „Wir sehen uns Nöck“, rufe ich ihm zu, der Regen hat fast schon aufgehört.

Der Baum an dem die Jute-statt-Plastiktasche hängt, hat meine Sachen und das Handtuch trockengehalten. Das Ufer ist verwaist. Ich lege mir das Handtuch um den Hals und gehe zu meinem Fahrrad zurück. Die Jugendlichen vom Ufer stehen im Bushäuschen, sie klappern mit den Zähnen, mein Dad ist gleich da, ruft einer und dann zeigen sie mit dem Finger auf mich. „Ey, das ist ja der perv aus dem Wasser.“ Wie crazy muss man sein.W Und wirklich das riesige Auto, das über den Zebrastreifen brettert, lädt die Jugendlichen ein und schon fährt es weiter. Nur ein Mädchen bleibt zurück, ich lächle ihr zu und hoffe sie dreht sich noch einmal um und geht zum See herunter, denn die meisten Abenteuer beginnen immer dann, wenn man nicht damit rechnet oder wenn man in einem kleinen See am Berliner Stadtrand im Regen schwimmt und die Augen schließt.

Vegetable Subji -Curry nach einem Rezept meiner verehrten Frau Rajasthani

Der erste Satz, den Frau Rajasthani, deren drittes Kind ich bin, vor vielen Jahren zu mir sagte war:

„Are you Punjabi?“

Eh, no, sagte ich.

„Oh Bhagwan, look at all your hair, don’t be ashamed darling. I know a women who has seen worse eyebrows. But not many. She’ll sort you out.

Ich seufzte.

Der zweite Satz den Frau Rajsthani zu mir sagte war: Are you veg/ or non-veg?

„No pork“, sagte ich.

We will be great friends sagte Frau Rajasthani und beschloss sich nicht nur um meine Augenbrauen, sondern überhaupt um meine Zivilisiertheit zu bekümmern. Was kann man auch schon von einer dahergelaufenen Vierteleuropäerin erwarten? Nicht viel.

Wann immer ich aus der kleinen Slum-Klinik nach Hause kam, denn ich lebe in Delhi im Oberstock des Hauses der Rajasthanis zog sie mich in die Küche, um mir einen riesigen Becher Chai in die Hand zu drücken.

„Let’s have some fun“, sagte Frau Rajasthani, ich träumte von einer kühlen Brise oder hochgelegten Beinen, aber Frau Rajasthani war anderer Ansicht. Wer aussieht wie ein Punjabi muss kochen können, sagte sie und auch nach mehreren Europa-Besuchen glaubt sie nicht, dass das was in Deutschland oder England auf den Tisch kommt, es verdient mit dem Begriff Esskultur belegt zu werden.

You know Read On, with that of yours it will be actually quite hard to find a husband.

I know sagte ich, but my hair is just part of a much bigger problem.

Frau Rajasthani lachte.

Lesson No. 1: Don’t cook to impress your in-laws. Cook because you deserve to eat well.

Vegetable Subji Curry ist genau so ein Gericht, sagte Frau Rajasthani.

Es gelingt immer.
Du kannst das Gemüse nehmen, was da ist.
Es ist Lunchboxkompatibel.
Es macht dir ein warmes Herz.
Es macht Leuten ein warmes Herz, die kein Herz haben.
Du brauchst niemals länger als 30 Minuten.

Lesson No. 2: Don’t cook without good music.

Diesem unumstößlichen Grundsatz verdanke ich die einzige Filmkenntnis meines Lebens. Bekanntlich sehe ich nur Filme mit Isabelle Huppert und alle Bollywood-Filme von denen Frau Rajsthani findet, der zivilisierte Mensch müsste sie gesehen haben. Niemand dem an seinem Leben liegt, würde Frau Rajasthani widersprechen. Damals aber in der Küche, seufzte sie und sagte: Wir müssen ganz von Anfang beginnen.

Meine Bildungskarriere begann mit dem Lied: Mana Janab Ne Pukara Nahi aus der verwickelten Schmonzette Paying Guest um einen Anwalt in Zahlungsschwierigkeiten. Das Lied war das erste, was ich auswendig konnte und Frau Rajasthani sagte: “Oh there is hope for our Punjabi girl.” Dann drehte sie den Plattenspieler lauter und holte die Gewürzdose vom Regal.

Mich hieß sie eine große Zwiebel hacken und deutlicher singen.

Sie selbst stellte eine große Pfanne auf den Herd und gab einen sehr guten Schuss Ghee ( es geht ebenso gut neutrales Öl) hinein.

Es muss qualmen, bis die Nachbarn klopfen, sagte Frau Rajsthani und wirklich fünf Minuten später rief Aunty vom Balkon nebenher: Bei euch gibt es wohl Subji Curry?

„Siehst du“, sagte Frau Rajsthani.

Zwei Kardamom-Kapseln warf sie in die Pfanne: Peng. Eine rote Chili dazu und einen Teelöffel schwarze Sesam-Samen.

If it cackles, you do it right.

Dann die Zwiebeln hinterher, dazu vier Curryblätter, ein Lorbeerblatt, und eine grüne Chili ( ohne Kerne ) dazu. Das Ganze einmal gut umrühren und für eine Liedlänge in der sie getrost zu Ne Pukara Nahi tanzen können, vor sich hin zischen und krachen lassen. Dann sind die Zwiebeln braun.

Lesson No. 3: Use what you have

Sie brauchen für ein gutes Vegetable Sabji Curry keine gesonderten Einkäufe unternehmen, greifen sie in ihr Gemüsefach und nehmen was drin liegt. Es schmeckt immer.

Hier waren es heute:

Drei geviertelte Tomaten

Eine Handvoll grüner Bohnen

Ein mittelgroßer Brokkoli ( zerteilt )
Anderthalb verwitterte Mohrrüben.

Nehmen sie einfach, was sie haben.

Legen sie das Gemüse so ab, dass sie es nicht von der Tischkante wischen, wie ich….

Lesson No. 4 Garlic is a good friend.

Frau Rajasthani glaubt nicht an die Nützlichkeit großen Küchenzubehörs. Sie glaubt an den Chef über den man sich ärgert, den Ehemann, der schon wieder zu spät kommt, den Anruf der arglistigen Schwiegermutter und wenn all das nichts hilft, dann gibt es ja immer noch Narendra Modi der etwas so Unmögliches sagt wie etwa auch Horst Seehofer allenthalben.

Denken Sie also an etwas, was Ihnen den Ärger in die Arme treibt und zerdrücken sie eine große Knoblauchzehe und eine Ingwerwurzel, die halb so groß ist, wie ihr kleiner Finger. Wenn Sie Ingwer nicht mögen, lassen sie ihn weg.
Rühren sie die Tomaten unter den Zwiebelsud.

Rühren und singen sie weiter.

Drehen Sie den Herd auf kleine Flamme herunter.

Lesson No.5: It’s the spices, baby.

Frau Rajasthani liess mich schwören, dass ich niemals abgepacktes Garam Masala kaufen würde und ich lege ihnen Selbiges auch ans Herz. Die Gewürzmischungen sind meistens
Indische Küche ist nur einmal aufwendig nämlich dann, wenn man einen Gewürzhändler aufsucht und einmal das kauft was man immer braucht.

Da wären: Kreuzkümmel ( 1/ 2 Teelöffel )
Koriander (gemahlen) ( ½ Teelöffel )
Kurkuma ( gemahlen) (½ Teelöffel )
Chili ( gemahlen) ( 1 Teelöffel )

Zu der Tomaten-Zweibelsud Mischung geben und für fünf Minuten leise simmern lassen.

Lesson 6: Don’t waste food.

Nach fünf Minuten alles Gemüse zu dem Gewürz-Tomaten-Zwiebelgemisch geben, 125 ml Wasser dazu, das Ganze aufkochen lassen, dann 100 ml Kokosmilch ( nach Belieben auch mehr ), einen guten Esslöffel mit Tamarindenpaste dazu gießen und das Gemüse bissfest kochen. Unterdessen- in der Büchse ist ja noch Kokosmilch übrig- Reis kochen, halb Wasser und den Rest der Kokosmilch verwenden und schon wird die verehrte Frau Rajasthani ihnen zunicken und ihnen beglaubigen, dass Sie sich auf dem besten Wege zurück in die Zivilisation befinden. Ich habe Frau Rajasthani noch niemals Lebensmittel wegwerfen sehen.

So einfach ist das mit dem Vegetable Subji und wärmer ums Herz ist einem nach einem großen Teller auch und überhaupt ist es nie falsch ein bisschen von der prickelnden Schärfe von Frau Rajasthani und ihren Rezepten mitzunehmen.

Ein Herz auf der Straße

Heute und gänzlich unverhofft habe ich ein Herz auf der Straße gefunden. Ein Herz mit Sprung. Eigentlich war ich mit dem Fahrrad ein bisschen zu schnell unterwegs um einfach so ein Herz zu finden. Fast alles lässt sich übersehen, warum nicht auch ein Herz? Aber dann sah ich es doch, verlor über meinem Erstaunen über ein Herz auf offener Straße prompt einen Schuh. Zurück also zum Schuh und dann endlich zum Herzen hin. Staubig war das Herz dort auf der Straße, ein bisschen geknickt, wie nach zu hohem Fall. „Guten Tag Herz“, sagte ich, darf ich nach ihrem Befinden fragen?“ Das Herz aber seufzte nur, ein herzzereißendes Seufzen war es, ein Herzensseufzer und damit war alles gesagt.
Die Sonne schien auf die Straße, aber um das Herz lag ein dunkler Schatten und mein Schatten war es nicht. Ich traf dieses Herz dort auf der Straße doch auch zum ersten Mal. Gegenüber im Rathaus stand eine Braut und vor ihr kniete ein Mann, der wohl ihr Bräutigam war. Fotos und dann Sekt. Das Herz auf der Straße wendet den Blick ab. „Ein anderes Herz“, sagt es zu mir, noch immer zu leise, um es gut verstehen zu können. Ein Bus quietscht, Autotüren klappen, ein Mädchen hat einen Gummiflamingo, eine Frau will Kirschen verkaufen, aber Herzkirschen sind es nicht. Ich setze mich auf den Bordstein, neben mir liegt das Herz im Rinnstein. Achtlos liegt es dort zwischen Zigarettenkippen, einer durchgetretenen Schuhsohle, Laub vom letzten Herbst und all dem Straußenstaub von Zehlendorf-Mitte.

„Der Schuh war mir gute Gesellschaft“, sagt das Herz. Keine ganz leichte Geschichte, die Geschichte des Schuhs. Ich nicke, das leuchtet mir ein, die Schuhsohle sieht angegriffen aus. „Den letzten holen die Mäuse“, sagt das Herz und erzählt von einer Ratte, die Nachts über den Rinnstein klettert und im Mondlicht Herzen jagt.
„Zum Glück war der Schuh mir treuer Ritter“, sagt das Herz ich nicke. Ein bisschen merkwürdig sehen die Passanten mich an. So als sei es etwas Ungewöhnliches sich im Gespräch mit einem Herzen zu befinden, das auf der Straße liegt. Ich fürchte das kommt doch häufiger vor als man es annimmt. Ein Mann raucht eine Zigarette und brüllt in ein Telefon: „Alles Arschgeigen. Das habe ich dir gleich gesagt.“
Es scheint als hätte auch er ein Problem mit dem Herzen. Das Herz auf dem Boden zuckt zusammen. Gute Erinnerung an Geigen hat es jedenfalls nicht. Ich überlege fieberhaft, wie man wohl ein Herz zu sich nach Hause einlädt und wie man ein Herz auf dem Bodne wohl mit dem Fahrrad sicher transportiert. „Ich bin nicht aus Zucker“, sagt das Herz zu meinen Zweifeln. Der Schuh hat mir den letzten Kleber geliehen, der noch an seiner Sohle pappte und in drei Nächten haben wir die vielen Teile wieder zusammengeklebt. „Oh“, sage ich und dann tollpatschig wie ich eben bin: „Sie sind ein gebrochenes Herz?“ Das Herz nickt indigniert und seufzt wieder, seufzt dieses schrecklich leere Seufzen, über das ich fast drübergefahren wäre. „Haben Sie eine Telefonnummer?“, frage ich das Herz, aber das Herz bleibt stumm. Dann höre ich zu fragen, denn das Herz auf der Straße, das Herz im Rinnstein es zittert wie Espenlaub.

An einem Stand habe ich Blaubeeren gekauft, auf die lege ich das Herz. Die Blaubeeren nicken verständig. Im Wald hat schon so mancher sein Herz vergraben und die Blaubeeren halten still. Vorsichtig und nicht ganz so rasant fahren das Herz und ich zurück in den Wald. Auf dem Fensterbrett in der Sonne liegt nun das Herz. Die Kirchturmuhr schlägt und die Lider der Sonne sind schon schwer. Meine alte Freundin die Wildtaube gurrt auf dem Fensterbrett. „Sie hat Durst“ sage ich zum Herz. „Ich weiß, sagt das Herz. Wir Herzen sind durstige Kinder. Immer wollen wir mehr, selbst wenn wir schon lange im Rinnstein einer staubigen Straße liegen. So ist das mit uns Herzen, wir sehen nichts voraus, wir ahnen nichts, wir sind nur Herzen. Wir sind Postkartenmotive, Bilderrahmenaufkleber, wir sind Gedichte und Disney-Filme, aber nicht einmal das ist uns genug, immer wollen wir, alles wollen wir ganz, niemals sind wir frei. Immer geben wir uns ganz und dann finden wir die passenden Teile nicht mehr oder der Kleber hält nicht, was er verspricht. Die alte Freundin Wildtaube nippt Wasser, ich schweige und das Herz, das Herz von der Straße schließt die Augen, seufzt und atmet schwer. Wie lange ein Herz wohl einfach so ohne Begleitung am leben bleibt?, frage ich mich, aber darauf kann es keine Antwort geben.
Aber wenn Sie ein Herz vermissen oder gerade heute am Nachmittag ihr Herz auf der Straße verloren haben, so melden Sie sich doch. Es liegt hier bei mir in der späten Sonne, im Schatten der Bäume, es wartet auf sie, es wartet auf sie ein pochendes Herz.

Kurze Notizen

Am Morgen im See geschwommen.

Weich ist der See, der See ist ein Mantel, ein Handtuch, vielleicht ein Seidentuch. Eines jener Tücher, die ich manchmal bei Hermes im Schaufenster bewundere. Außer Reichweite also. Aber der See ist da.

Vor dem See ist eine Wiese. Auf der Wiese sitzt ein Mann. Er hat einen Einkaufswagen bei sich. Im Einkaufswagen ist seine ganze Habe. Tüten und eine alte Reisetasche. An den Einkaufswagen sind lauter Schnüre gebunden, an den Schnüren hängen Schuhe und andere Beutel. An einer Schnur hängt eine Dose. Erasco. Erbseneintopf steht auf der Dose. Der Mann holt einen Einwegrasierer aus der Dose hervor und ein Stück Seife. Die Seife ist schon grau. Er läuft zum See hinunter, es ist noch früh. „Guten Morgen sagt er, nicht erschrecken. „Ich will mich nur etwas frisch machen.“ Ich schwimme, der Mann rasiert sich. Der See ist ein Spiegel, der See hält ganz still. Der Mann konzentriert sich. Der Rasierer stumpf und die Seife flockt. Aber der See ist da.

Ich kaufe ein. Brot und Käse und was man so braucht. Ich kaufe Seife, Rasierer, Rasiercreme und laufe zum See zurück. Der Mann it nicht zusehen. Ich lege Rasierer, Seife und Creme in die Büchse, die am Einkaufswagen hängt.

Ich trinke mit Milch mit Kaffee.

Der Tierarzt trinkt Tee.

Die alte Freundin Wildtaube frühstückt Rosinen. Ich habe den Teller mit dem kaputten Rand ausgetauscht. Der Tierarzt hatte Recht. Freunden stellt meine keinen angeschlagenen Dinge hin. Die alte Freundin Wildtaube gurrt. Der Tierarzt sagt: „Mädchen. Mädchen. Ach Mädchen.“

„Keine Rührung vor elf Uhr“, sage ich.

Der Tierarzt bekommt den gelben Eimer. Ich den blauen Eimer.

Wir pflücken Johannisbeeren und Stachelbeeren. Der Tierarzt schaukelt. Ich gieße die Beete.
Das Gras ist warm unter den Füßen, das Gras wispert, aber ich bin zu müde für die Geschichten aus dem Gras. Die graue Katze springt auf den Apfelbaum. Der schöne Nachbar hackt Holz. Oy!

Ich bringe einen Umschlag mit Besserungswünschen zur Post.

Der Tierarzt hängt Wäsche auf. Die Bettwäsche weht im Wind. Für einen Augenblick ist der Garten eine Straße in Neapel. Der Tierarzt schläft ein.

Ich lese in der Zeitung. Das Nachbarmädchen möchte einen Papierflieger haben. Wenn sie einen Papierflieger hat, will ihr Bruder auch einen und auf einmal ist die Zeitung keine Zeitung mehr, sondern die Kinder rennen mit den Papierfliegern durch den Garten und über die Straße und schon ist die Straße keine Straße mehr, sondern ein Dschungel oder die Arktis, die Kinder haben leuchtende Augen, die Kinder sind Piloten und Eisbärenforscher.

Wie gut, dass Wassereis im Gefrierschrank ist. So viel Abenteuer macht Durst.

Die lachenden Kinder wecken den Tierarzt auf.

Der Tierarzt kaut Nägel. Heute spielt England und der Tierarzt und seine englische Mutter sind kurz vor der Ohnmacht. Der Tierarzt hält ich alle zwei Minuten ein Kissen vor das Gesicht.

Ich höre Martha Argerich und Mischa Maisky zu.

Der Tierarzt nimmt das Kissen vom Kopf und wirklich England ist weiter.

Der Tierarzt tanzt.

Ich mache einen Krankenbesuch.

Es ist still im Zimmer.

Ich stelle ein Glas Johannisbeeren auf den Tisch.

Kann man den Sommer einfach so in ein Krankenzimmer tragen?

Zuhause werden die Schatten länger, jemand liest die Nachrichten vor, ich schneide Brot, grüner Tee auf dem Tisch, auf dem Balkon Sand aus dem See, die Wäsche ist trocken. Die Papierflieger lange schon gelandet, ich lese, der Tierarzt sieht Fußball. Irgendwo ist immer Fußball, denke ich und mehr denke ich nicht. Ich bin müde. So viele Jahre schon. It adds up sagt man und es ist wohl wahr.

Ich beziehe das Bett und lege mir eine Hand über die Augen. Vor dem Fenster singt die Kiefer ein Wiegenlied.

Woanders ist es auch schön

Madame Modeste ist in Klagenfurt dort wird gelesen und wer weiß schon, ob am Ende nicht doch nur die Worte bleiben gegen die Hässlichkeit der Welt. Aber Manches liest und hört man auch nur, um es so gleich wieder zu vergessen.

Mehr aus Klagenfurt gibt es bei Frau Diener deren Überschriften allein schon Legende sind und bei der verehrten Frau Kaltmamsell, nach deren abenteuerliche Radtour niemand mehr sagen kann, wer liest lebt nicht gefährlich. Von wegen.

Claude Lanzmann ist tot.

Vom Schwimmbad zu Fauré und die ganze Welt im großen Kleinen. Mögen diese Texte niemals enden. Auf den Blog gestoßen, hat mich wie so oft die wunderbare e13 Kiki.

In Deutschland gibt es keine unschuldigen Orte. Nirgendwo.

Auf der Flucht.

Ich war ja eine komplette Schulversagerin,aber mich trifft es sehr das 2018 noch immer solche Sätze in Zeugnissen stehen.

Feuerwerk. Lange über die Mädchen nachgedacht die USA, USA rufen.

Ich habe keine Meinung dazu, aber wer eine Meinung zu Sommerzeit hat, kann hier bis zum 16. August 2018 abstimmen.

Tierarzt, ich bitte um ein Lied. Der Tierarzt nickt. Ein Lied zur Wetterlage vielleicht. „Gern, Tierarzt gern.“ Dazu muss man wissen in Irland regnet es seit Tagen nicht und so und wer weiß schon vielleicht helfen Regenlieder doch früher oder später?