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Jüdische Weisheit
 
 

Unbeirrbar für Ausgleich und Verständigung in Nahost:
Dr. Reiner Bernstein wird 70 Jahre alt

Von Roland Kaufhold

Wer sich hierzulande über eine längere Zeit mit der Geschichte Israels sowie dem Nahostkonflikt beschäftigt hat, auch zu diesbezüglichen öffentlichen Diskussionsveranstaltungen geht, hat ihn vermutlich bereits schon einmal erlebt – Dr. Reiner Bernstein. Im Februar diesen Jahres wird der in München lebende Historiker, der sich sein gesamtes Leben lang in streitbarer, jedoch stets fachkundiger Weise mit dem Nahostkonflikt auseinandergesetzt hat, 70 Jahre alt.

Reiner Bernstein hatte zahlreiche wissenschaftliche und politische Funktionen inne – für seine politisch entschiedenen Positionen bezahlte er einen hohen Preis – und blieb sich selbst, seinen politischen Überzeugungen treu.

1939 geboren studierte er an der freien Universität in Berlin Geschichte, Politikwissenschaft und Publizistik. Er schloss es mit einer Studie über den "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" ab, war 1969 - 1970 Redakteur beim Saarländischen Rundfunk und von 1971 – 1977 Leiter des Bonner Büros der "Deutsch-Israelischen Gesellschaft" (DIG). 1977 kam es aufgrund gravierender politischer Differenzen, die sich auf die Frage der Legitimität einer Kritik an Israel fokussierten, innerhalb der DIG zu einem politischen Bruch, infolge dessen er seine politische und berufliche Position als Generalsekretär der DIG verlor.

Auf der Website des – daraufhin gegründeten - "Deutsch-israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen Osten" (DIAK), wird diese Entwicklung folgendermaßen beschrieben: "Innerhalb der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) gab es wiederholt Diskussionen um die Frage, ob und wieweit eine deutsch-israelische Freundschaftsgesellschaft sich auch kritisch zur Politik israelischer Regierungen äußern kann. Daraus entstand im Frühjahr 1977 ein Konflikt innerhalb der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und zwischen der DIG und der israelischen Botschaft. Das Präsidium der DIG veröffentlichte schließlich eine Erklärung , in der es u.a. hieß, die israelische Politik könne nicht Gegenstand der kritischen Auseinandersetzung der DIG sein. Die unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der DIG ließen sich nicht überbrücken. Auf der Jahreshauptversammlung im Frühjahr 1977 kam es zum Bruch, als beschlossen wurde, dass es Kritik an der israelischen Regierung nicht geben darf."

Infolge dieser Spaltung gründete Reiner Bernstein u.a. gemeinsam mit Prof. Rolf Rendtorf und Ulrich Kusche den "Deutsch-israelischen Arbeitskreis für Frieden im Nahen Osten" (DIAK) und blieb über sehr viele Jahre hinweg dessen wohl aktivster und profiliertester Vertreter.

Dr. Bernstein leitete von 1981 – 1986 das Düsseldorfer Büro der Evangelischen Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in NRW und war von 1986 – 2002, bis zu seiner altersbedingten Pensionierung und seinem endgültigen Umzug nach München, Studienleiter in der Kölner Melanchthon - Akademie. Dort lernte ich ihn kennen, arbeitete gut vier Jahre lang mit großer Freude und innerer Befriedigung in seinem Kölner Israel- bzw. Nahostarbeitskreis mit. Bei seinem Abschied wurde mir bewusst: Eine für mich bedeutsame, anregungsreiche Lebensphase in einer kleinen Gruppe "Gleichgesinnter" war für mich endgültig vorbei.

In all diesen Jahren legte Reiner Bernstein immer wieder Studien zur Geschichte Israels und zum Nahostkonflikt vor – in zahlreichen Zeitschriften, in Rundfunksendungen und in Buchform. So stellte er ein Beiheft der Bundeszentrale für politische Bildung zur Geschichte Israels zusammen, 1995 gab er (gemeinsam mit J. Böhme) den Band "Ein nationalbewusster Jude muss Linker sein" (Bd. 24 der Schriftenreihe des DIAK) heraus, 1998 den DIAK-Band "Geschichte des Staates Israel: Teil 2. Von der Gründung 1948 bis heute". Im Jahr 2000 legte er mit "Der verborgene Frieden. Politik und Religion im Nahen Osten" seine umfangreichste und tiefgründigste Studie vor. In den letzten Jahren gilt Reiner Bernstein als Vertreter der israelisch-palästinensischen "Genfer Initiative" in Deutschland. Diese wegweisende Friedensinitiative wurde Ende 2003 in Genf von Yossi Beilin und Abed Rabbo der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt; deren umfangreiche deutschsprachige Website wird von Judith und Reiner Bernstein betrieben.

Vor drei Jahren veröffentlichte Bernstein das Buch "Von Gaza nach Genf. Die Genfer Friedensinitiative von Israelis und Palästinensern" (2006), über welches der frühere Botschafter Deutschlands in Israel, Niels Hansen, eine geradezu hymnische Besprechung vorlegt hat.

Vor einigen Jahren fiel mir der 1979 erschienene Sammelband "Fremd im eigenen Land. Juden in der Bundesrepublik" in die Hände, in welchem zahlreiche in Deutschland lebende Juden ihre zutiefst ambivalente Beziehung zu diesem Land in z. T. sehr persönlicher Weise reflektierten, hierunter P. Finkelgruen, R.Giordano, M. Labbe und A. Silbermann, O. K.Flechtheim, L. Fleischmann, G. Kreisler sowie P. Parnass – übrigens ein Band, dessen Lektüre noch heute lohnt. Auch Reiner Bernstein war hierin mit dem Beitrag "Mein Name regt die Phantasie meiner Umwelt an" vertreten. Am Ende seines Beitrages resümiert der seinerzeit 42-jährige, mit einer gewissen, realitätsangemessenen Prise von Schwermut, dass sich der allergrößte Teil seiner ehemaligen Wegbegleiter von einer Beschäftigung mit dem Nahostkonflikt abgewendet und sich heute weit angenehmere Tätigkeiten und Beschäftigungsfelder gesucht hätten... Eine in der Diktion nahezu identische Formulierung wählte er auch 2002 bei seinem Abschiedsvortrag vor der Kölner Melanchthon - Akademie.

28 Jahre später hat sich hieran nichts geändert. Reiner Bernstein ist sich treu geblieben: Unbeirrbar für eine Verständigung in Nahost, für eine Unterstützung der israelischen Friedensbewegung – trotz aller Rückschläge.

>> www.reiner-bernstein.de

hagalil 01-02-2009


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