Eine Hochzeitstorte mit einem Regenbogen darauf und dem Schriftzug "Ehe für alle" wird angeschnitten (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Bild: dpa

Ein Jahr Ehe für alle - Hunderte homosexuelle Paare haben schon geheiratet

Jede vierte Ehe wurde im vergangenen Jahr in Berlin von einem gleichgeschlechtlichen Paar geschlossen. Bundesweit heirateten etwa gleich viele Lesben wie Schwule, allerdings gibt es regionale Unterschiede. Völlig gleichgestellt sind homosexuelle Ehen aber nach wie vor nicht.

Seit Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare vor knapp einem Jahr haben in Deutschland Tausende Schwule und Lesben geheiratet. Seit 1. Oktober 2017 gaben sich bundesweit mindestens 7.000 Männer- und Frauenpaare das Jawort, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den Standesämtern der Landeshauptstädte und weiteren großen Städten in Deutschland ergibt.

Auch in Berlin und Brandenburg gab es Hunderte Eheschließungen. Allein in den drei Berliner Bezirken Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf gab es mehr als 1.100 schwule oder lesbische Hochzeiten. Die Bundeshauptstadt dürfte damit auch Spitzenreiter bei der Nachfrage nach der Ehe für alle sein.

In Brandeburgs Landeshauptstadt Potsdam wurden insgesamt 85 Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern geschlossen. 61 davon hätten ihre bereits bestehende Lebenspartnerschaft bis Mitte September in eine Ehe umgewandelt, 24 Paare hätten sich zum ersten Mal das Jawort gegeben, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung. Dabei handelte es sich um 43 Männer- und 42 Frauenpaare.

Ähnlich viele lesbische wie schwule Ehen

Der Bundestag hatte im vergangenen Jahr beschlossen, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Sie konnten vorher eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen, die ihnen ähnliche, aber nicht die gleichen Rechte wie Ehepaaren gab. Was im Wesentlichen fehlte, war das gemeinsame Adoptionsrecht für ein fremdes Kind. Seit 1. Oktober 2017
ist die Ehe für alle inkraft. Bereits am ersten Tag - im vergangenen Jahr ein Sonntag, an dem einige Standesämter ausnahmsweise öffneten - heiraten sofort mehrere Paare.

In der Mehrheit wandelten schwule und lesbische Paare im vergangenen Jahr ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe um. In durchschnittlich zwei Drittel der Fälle war das der Fall. Geheiratet haben ähnlich viele Frauen- wie Männerpaare, wobei die Verteilung regional sehr unterschiedlich ist. In Berlin und Hamburg heirateten beispielsweise deutlich mehr Männer, in Dresden oder Bremen dagegen mehr Frauen.

Homosexuelle machten im vergangenen Jahr einen großen Anteil neuer Trauungen insgesamt aus. In Berlin heiratete den Angaben zufolge in jedem vierten Fall ein schwules oder lesbisches Paar. In den fünf größten bayerischen Städten wurde jede neunte Ehe von einem gleichgeschlechtlichen Paar geschlossen.

Ehe ist noch nicht vollkommen gleichgestellt

Über Paare, die gemeinsam ein Kind adoptiert haben, konnten die Behörden noch keine Auskunft geben. Nach Auskunft des Bundesfamilienministeriums erfasst die Adoptionsstatistik das Geschlecht der Annehmenden nicht. Ein Adoptionsverfahren von der Eignungsfeststellung bis zur tatsächlichen Annahme dauert außerdem in der Regel länger als ein Jahr. Es ist also unwahrscheinlich, dass es bereits abgeschlossene Fälle gemeinschaftlicher Adoption gibt. Die Adoption von Kindern des Partners, die sogenannte Stiefkindadoption, war schon in der eingetragenen Lebenspartnerschaft erlaubt.

Trotz dieser Weiterentwicklung gibt es nach wie vor Unterschiede oder Nachteile im Ehegesetz für Homosexuelle. Für Kritik sorgt insbesondere, dass Frauen in einer lesbischen Beziehung nicht von Anfang an als Elternteil gelten, wenn ihre Ehepartnerin ein Kind gebiert. Stattdessen ist eine langwierige Stiefkindadoption erforderlich. In heterosexuellen Ehen ist der Ehemann hingegen automatisch der Vater. Dies gilt selbst dann, wenn er das Kind nicht gezeugt hat. Verschiedene queere Verbände fordern deshalb, die Rechte von Kindern in Regenbogenfamilien weiter zu stärken.

Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg würdigte die Einführung dennoch als "Meilenstein der homosexuellen Emanzipation in Deutschland". Es sei "ein langer Weg von der Entkriminalisierung zur rechtlichen Gleichstellung" gewesen, sagte er.

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um einen Kommentar zu verfassen.

Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Bitte beachten Sie unsere Netiquette zum Kommentieren von Beiträgen sowie unsere Richtlinien zum Datenschutz.

4 Kommentare

  1. 3.

    Entweder gleiches Recht für alle oder aber wir kehren zu dem was vorher Recht war zurück. Es sieht nach Absicht aus. Damit die Politik etwas hat wovon sie ablenken kann. Handwerklich schlecht gemachte Gesetze! Abgeordnete die diese nicht überblicken können. Was uns als linke Politik verkauft wird, ist soviel, links wie das geschmolzene Wasser unter den Kufen eines Schlittens der einen Gletscher runter fährt.
    Lasst euch nicht verarschen weder von Funke Bertelsmann Springer und Consorten noch von den Grokos.

  2. 2.

    Wie im Text beschrieben: Frauen in einer lesbischen Beziehung gelten nicht von Anfang an als Elternteil, wenn ihre Ehepartnerin ein Kind gebiert. Stattdessen ist eine langwierige Stiefkindadoption erforderlich. In heterosexuellen Ehen ist der Ehemann hingegen automatisch der Vater. Dies gilt selbst dann, wenn er das Kind nicht gezeugt hat.

  3. 1.

    Text: " Für Kritik sorgt insbesondere, dass Frauen in einer lesbischen Beziehung nicht von Anfang an als Elternteil gelten, wenn ihre Ehepartnerin ein Kind gebiert.
    WIE geht denn das ?????

Das könnte Sie auch interessieren