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«Wir haben den Monteverdi Hai nur einmal verkauft»

Er war der Traum einer Generation, vor allem der männlichen: Der Monteverdi Hai 450 SS, ein ultraflaches Geschoss auf vier Rädern, war 1970 die Sensation für die Besucher am Genfer Automobilsalon: Dank einem bärenstarken amerikanischen Chrysler-Motor spurtete der Schweizer Sportwagen

Er war der Traum einer Generation, vor allem der männlichen: Der Monteverdi Hai 450 SS, ein ultraflaches Geschoss auf vier Rädern, war 1970 die Sensation für die Besucher am Genfer Automobilsalon: Dank einem bärenstarken amerikanischen Chrysler-Motor spurtete der Schweizer Sportwagen angeblich in weniger als 5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und sollte eine Spitze von 290 km/h erreichen – womit er sogar die italienischen Vollblut-Sportler wie Ferrari, Maserati und Lamborghini hinter sich gelassen hätte.

Der rote Hai ist jetzt wieder zu sehen – in der jüngsten Imagekampagne der Grossbank UBS. «Bis Peter Monteverdi eine exklusive Schweizer Automobilmarke gründen konnte, wollte er nicht ruhen», texteten die Werber. Wer war dieser Mann? Der Enkel italienischer Einwanderer aus Cremona erbte von seinem Vater früh eine Werkstatt in Binningen bei Basel. Er lernt Mechaniker und fährt nebenbei Rennen. Mit 22 Jahren wird er jüngster Generalimporteur von Ferrari. Seine Sportkarriere endet abrupt, als er mit einer Eigenkonstruktion 1961 gegen die Bäume knallt: Er bricht sich alle Rippen, das Becken, beide Beine und den Arm.

1965 entzieht ihm Ferrari wegen Meinungsdifferenzen die Vertretung. Monteverdi beschliesst, seine eigenen Wagen zu bauen. «Er war ein explosiver Mensch, der manchmal mit dem Kopf durch die Wand wollte», sagt Paul Berger, Monteverdis Partner und Erbe. «Er gab nicht auf, bis ein Projekt fertig war.» 1967 präsentierte Monteverdi das erste Modell: einen luxuriösen, mit Chrom verzierten Sportwagen, dessen Karosserie vom Turiner Pietro Frua stammte.

Paul Berger war für Verkauf und Administration zuständig, Monteverdi für Konstruktion und Produktion. Die Symbiose reichte über die Firma hinaus: «Wir hatten 39 Jahre lang eine Lebensgemeinschaft», sagt Berger. «Das war hie und da auch problematisch für gewisse Kunden. Und andere waren deswegen umso treuere Kunden.» Das Duo und ihre den Luxus zelebrierenden Wagen müssen im damaligen Basel wie eine Provokation gewirkt haben. «Wir haben in Basel leider nur wenige Autos verkauft», bestätigt Berger.

Der Paukenschlag folgt im Frühjahr 1970, als Monteverdi den Hai in Genf präsentiert. Der Mittelmotor-Wagen verblüfft die Öffentlichkeit, die Presse ist entzückt. «Tells Geschoss», lautet die Überschrift eines zeitgenössischen Testberichts. Man war sich gewiss, in der Schweiz die besten Autos zu bauen – genauso, wie man die UBS für die sicherste Bank der Welt hielt.

Die Realität ist nüchterner: Der voluminöse und schwere, aus Gusseisen bestehende Motor des Hai ragt weit zwischen die beiden Sitze hinein – man hat das Triebwerk sozusagen im Nacken. Der Wagen – obwohl nur 1,03 Meter hoch, besitzt dadurch einen relativ hohen Schwerpunkt. «Wedel- und rasche Spurwechselversuche bei hohen Geschwindigkeiten weiss der Hai nicht besonders zu schätzen, dies dürfte vor allem auf die Massenträgheit der rund 600 kg schweren Antriebseinheit zurückzuführen sein», schrieb die für ihre Testberichte bekannte «Automobil-Revue» am 12. November 1970. Statt der angekündigten rund 1300 kg wiegt er laut «AR» 1756 kg. Den Sprint auf 100 km/h schafft er in immer noch beeindruckenden 5,0 Sekunden und die Spitze wird bei 270 km/h gemessen. Allerdings genehmigt sich der Hai im Schnitt 26,2 Liter Benzin auf 100 Kilometer – auch das ein Spitzenwert. Der Raubfisch kostete 1971 mit 82 400 Fr. 25% mehr als ein Ferrari Daytona.

«Der Hai war ein verrücktes Auto», sagt Gerhard Mutterer, ehemaliger Monteverdi-Verkaufsleiter. «Wir hatten aber nicht die Gelegenheit, das Auto genügend auszuprobieren und zu prüfen.» Geplant war eine Kleinserie von 50 Exemplaren mit zwei Motorversionen. «Die Grundidee war sicher, den Hai zu verkaufen. Man hätte ihn aber weiterentwickeln müssen», sagt Mutterer. Das erste Modell sei sehr kurz geraten, «der zweite Hai mit verlängertem Radstand war schon besser», erklärt Mutterer: «Man konnte darin sitzen.» Weitere Schritte wären nötig gewesen, mitunter profane Dinge: «Man hätte den Motor von aussen zugänglich machen müssen», so Mutterer. «Am Ende diente der Hai nur für Ausstellungen, als Blickfang. Verkauft wurde nur ein Fahrzeug.» Dieses landete im süddeutschen Rotlicht-Milieu – und wurde später von einem US-Sammler gekauft. Der zweite Hai steht immer noch im Monteverdi-Museum in Binningen – ebenso wie zwei Repliken. Die Ölkrise von 1973 beendete die weitere Entwicklung schlagartig – Monteverdi widmete sich fortan dem Bau von Luxus-Geländewagen.

1977 stellte Monteverdi in kleiner Zahl die Limousine Sierra her. Der Name war Gold wert: Ford baute 1982 ebenfalls ein Modell namens Sierra, aber ohne die Markenrechte abzuklären. Ford musste sich darauf verpflichten, für jeden hergestellten Sierra einen Betrag zu zahlen, laut einem Ex-Mitarbeiter waren es 5 Fr. Da Ford von seinem Sierra 2,7 Mio. Stück herstellte, kam eine stattliche Summe zusammen.

Der erste Hai 450 SS erzielte am 23. Januar 2010 an einer Auktion in Paris 398 000 €. Monteverdi wäre darauf stolz gewesen. Er verstarb 1998 an einem Krebsleiden. Daniel Hug

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