Tanz-Klagen gegen Fortnite: Stand der Dinge und Vergleich mit deutschem Recht

Victoria Scholz

Sind Tänze und Choreographien rechtlich geschützt? Mit dieser Frage beschäftigen sich derzeit Anwälte in den USA, um herauszufinden, ob die Klagen gegen Epic Games und ihr populäres Spiel Fortnite gerechtfertigt sind. Auch wir haben uns damit beschäftigt und einen Anwalt dazu befragt.

Konkret geht es darum, dass Fortnite bestimmte Emotes besitzt, die berühmten Choreographien nachempfunden sind. Ein Tanz ist besser bekannt als der Carlton-Tanz. Der heißt so, weil die Serienfigur Carlton aus „Der Prinz von Bel-Air“ für diesen Tanz bekannt war.

Über die Jahre haben diese Tanzschritte einen gewissen Kultstatus erreicht, weshalb einige Videospielentwickler ihn aufgriffen und in ihre Spiele packten. Auch Fortnite tat das und wird jetzt als eins von zwei Spielen vom Cartlon-Darsteller Alfonso Ribeiro höchstpersönlich dafür verklagt. Doch das ist nicht die erste ihrer Art – mittlerweile klagen drei Personen gegen Epic Games.

Das sind die Fakten und der Ursprung der Tanz-Klagen

Diese Klagewelle fand ihren Ursprung mit dem Rapper 2 Milly, der zuerst eine Rechteverletzung sah und klagte. In seinem Video zum Lied Milly Rock schwingt er kurz die Arme. Der Rapper vermutet, dass Epic Games diese Choreographie kopiert und als Fortnite-Tanz ins Spiel gebracht hat.

Danach reichte der Schauspieler Alfonso Ribeiro Klage ein, um seinen Tanz aus „Der Prinz von Bel-Air“ zu schützen. Neben Epic Games klagt der Mann hinter der Serienfigur „Carlton“ auch gegen Take-Two Interactive und Visual Concepts, die die NBA 2K-Reihe entwickeln. Auch sie verwendeten den Tanz in ihrem Videospiel. Damit sind sie aber längst nicht die einzigen: Auch Uncharted 4 oder League of Legends nutzen den „Carlton-Tanz“ in ihren Games, wie das folgende YouTube vom Kanal OmniDeath beweist:

Die neuste Rechtsverletzung kommt vom US-amerikanischen YouTube „The Backpack Kid“. Da er noch minderjährig ist, reichte seine Mutter gemeinsam mit dem Management die Klage gegen Epic Games ein. Russell Horning, wie der Influencer mit bürgerlichem Namen heißt, ist der vermeintliche Erfinder vom Tanz „Floss“, der – nebenbei gesagt – laut Spezialisten Schuld an Knieproblemen von Menschen sei.

Im Interview mit dem Magazin TMZ erklärt der YouTuber, dass er „sich nicht um das Geld kümmere, sondern eher um seinen Geburtstag, der morgen stattfindet, sorgt“. Außerdem wären seine Mutter und sein Management der Meinung, dass Fortnite einen Vorteil aus ihm ziehe. Seine Mutter kümmere sich um sein Geld. Das gesamte Interview siehst du auf dem YouTube-Kanal von TMZ. Man beachte auch das Fortnite-Poster hinten rechts an der Wand.

Mittlerweile ist bekannt, dass Rapper 2 Milly und Influencer The Backpad Kid neben dem Carlton-Darsteller ebenfalls einen Rechtsstreit mit den NBA 2K-Machern angestrebt haben.

Zuerst öffentliche Beschwerden, dann Klagen gegen Tänze in Fortnite

Jetzt mag sich der geneigte Leser vermutlich fragen, woher diese Klagen auf einmal kommen. Bereits in den Monaten davor gab es immer wieder Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und in eben dieser kenntlich machten, dass sie es ungerecht finden, dass Fortnite Tänze von ihnen klauen.

Der US-amerikanische Rapper Chance the Rapper gehörte zu den ersten, der sich öffentlich darüber beschwerte. Er veröffentlichte eine Reihe von Tweets, in denen er darauf aufmerksam machte, dass es besser wäre, wenn das Geld, was Menschen für diese Tänze ausgeben, mit den Künstlern geteilt werden würde.

Die drei Kläger wollen aber keine Beteilung. Ihr Ziel ist es, dass die Tänze ganz aus Fortnite verschwinden – und bis sie nicht mehr im Spiel angeboten werden, Lizenzen dafür an die Schöpfer ausgezahlt wird. Zudem klagen die drei vermeintlich Geschädigten auf Schadenersatz.

Wie stehen die Chancen für einen Sieg?

Laut lifehacker.com ist im US-amerikanischen Gesetz verankert, dass kleinere Tänze wie beispielsweise YMCA nicht geschützt werden können. Im Interview mit Variety erklärt ein Anwalt, dass es besonders auf zwei Dinge ankommt, wenn man sich fragt, ob die drei Kläger erfolgreich sein können oder nicht:

  1. Der Tanz muss eine gewisse Originalität bzw. originale Elemente besitzen, besonders im Vergleich mit anderen erdachten und ausgeführten Tänzen in der Vergangenheit. Es muss sich also stark unterscheiden zu anderen Choreographien.
  2. Außerdem muss bewiesen werden, dass der Tanz bekannt ist und auch in irgendeiner Form auf Video existiert.

Konkret bedeutet das:

The Copyright Act specifically excludes ‘any idea, procedure, process, system, method of operation, concept principle, or discovery. In other words, an expression of an idea is copyrightable, but the idea is not.

Damit meint der Anwalt, dass die Idee nicht geschützt werden kann, dafür aber die Ausführung einer Idee. Wie genau das dann im Rechtsstreit mit Epic Games ausgelegt wird, ist die Frage.

Wie konnte Fortnite so groß werden? Wir verraten es dir:

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Die Entstehung von Fortnite: Vom düsteren Zombie-Spiel zum Battle-Royale-Hit.

Sind Tänze im deutschen Recht geschützt?

Die Frage, die uns in der Redaktion beschäftigte, war, wie dieser Rechtsstreit wohl in Deutschland ausgehen würde. Eine Anfrage bei Rechtsanwalt Christian Solmecke von Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke bestätigte uns, dass auch andere Menschen wissen wollen, was das deutsche Gesetz dazu sagt. Denn ein Zuschauer des YouTube-Kanals stellte diese Frage bereits und Solmecke beantwortete sie.

Das Urheberrecht in puncto Tänzen ist im Urheberrechtsgesetz geregelt. So ist hier die Definition von einem Tanz als „Ausdruck von Gefühlen und Gedankeninhalt mittels Körpersprache“. Damit eine Choreographie geschützt werden kann, muss nicht nur eine persönlich geistige Schöpfung vorliegen, sondern auch eine gewissen Individualität erkennbar sein. Das ist also etwa ähnlich zum US-amerikanischen Recht.

„Eine Choreografie als Ausdruck der Tanzkunst ist als Ganzes geschützt, wenn in dieser die individuellen Gedanken und Ideen des Choreografen zum Ausdruck kommen“,

so der Medienanwalt. Bei einzelnen Schrittfolgen sehe das schon wieder ganz anders aus. Ist eine klare Handschrift zu erkennen und liegt eine „Kombination aus Bewegung, Raum, Ausdruck und Kostümierung“ vor, so kann der Teil des Tanzes urheberrechtlich schutzfähig sein. Natürlich kommt es hier wieder auf den Einzelfall an.

Solmecke merkt außerdem an, dass es in der Praxis oft zu beobachten ist, dass bekannte Musiker Tänze von weniger bekannten Künstlern kopieren. Wer aber in Deutschland dagegen vorgehen möchte, muss unbedingt seine Urheberschaft beweisen können.

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