Jury hat entschieden

Zoo- und Tierparkchef Knieriem ist "Berliner des Jahres"

Andreas Knieriems neues Konzept und sein Engagement für die Pandas überzeugten die Jury der Berliner Morgenpost und von 104.6 RTL.

Andreas Knieriem, Direktor des Zoos und des Berliner Tierparks

Andreas Knieriem, Direktor des Zoos und des Berliner Tierparks

Foto: Reto Klar

Berlin. Zwei Wochen nach seinem Dienstantritt im April 2014 schreitet Andreas Knieriem sein neues Revier im Tierpark Berlin ab. Es ist ein sonniger Tag, alles deutet daraufhin, das es ein netter Spaziergang mit dem neuen Direktor von Zoo und Tierpark wird. Was allerdings folgt, ist ein Vernichtungsschlag. Egal, wo Knieriem hingeht, egal, wie er stehenbleibt, hat er nur Entsetzen, Spott, Verwunderung übrig. Die gekachelten Käfige im Raubtierhaus – kleine Butzen mit dem Charme einer Toilettenanlage, der Eingangsbereich – ein leerer asphaltierter Platz, der Gastronomiekiosk bei Sonnenschein geschlossen und die Spielplätze unattraktiv und öde. Am Ende seines Rundgangs verkündet er sein Fazit: „Es gibt kaum ein Feld, das nicht bearbeitet werden muss.“

Damit hat er gleich am nächsten Tag angefangen. Mehr Erlebnisse und Service für Besucher, mehr Platz und natürliche Lebensräume für Tiere und mehr Aufmerksamkeit für den Artenschutz – das waren die dringendsten Aufgaben. Dafür hat Knieriem als erstes einen Entwicklungsplan für Zoo und Tierpark aufgestellt, bei der Politik um die Finanzierung geworben, Fördergelder beantragt und sofort mit dem Umbau begonnen. 30 Millionen Euro stehen allein für den Tierpark in den nächsten drei Jahren bereit. Der Erfolg ist bereits messbar: Von 2014 bis 2016 sind die Besucherzahlen im Tierpark um 200.000 von 1,1 Millionen auf 1,3 Millionen pro Jahr gestiegen.

Der größte Coup ist Andreas Knieriem allerdings in diesem Jahr im Zoo mit dem Einzug der beiden Großen Pandas gelungen. Kamerateams aus aller Welt begrüßten die Tiere bei ihrer Ankunft aus China am Flughafen Schönefeld, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chinas Staatspräsident Xi Jinping eröffneten im Juli den neuen Panda-Garten im Zoo. Vier Jahre lang hatte der 52-Jährige auf diesen Moment hingearbeitet, zielstrebig, hartnäckig, mit viel Diplomatie. Er musste Rückschläge und Widerstände verkraften, Absagen in letzter Sekunde, Verzögerungen bei den Verhandlungen. Mit seiner freundlich-ruhigen, fast entspannten Art, hat er aber nie daran zweifeln lassen, dass die Pandas kommen. Sie kamen, auf den Tag genau, wie geplant. Der neue Chef hat Zoo und Tierpark wieder zu lebendigen und wichtigen Orten in Berlin gemacht. Aus diesem Grund hat sich die Jury der Berliner Morgenpost und 104,6 RTL entschieden, Andreas Knieriem zum Berliner des Jahres zu wählen.

Für seinen ersten öffentlichen Auftritt in Berlin im November 2013 hatte der angehende Zoo- und Tierparkdirektor das Flusspferdhaus im Zoo ausgewählt. Das war eigentlich ein bevorzugter Ort seines Vorgängers. Ex-Chef Bernhard Blaszkiewitz ist ein Freund der Dickhäuter, er mag Elefanten, Nashörner und besonders Flusspferde. Der Neue nun nutzte diesen Ort allerdings nicht, um mit seinem Vorgänger abzurechnen oder alte Vorwürfe aufzuwärmen. Knieriem nutzte den Ort, um an den Lieblingstieren seines Vorgängers zu demonstrieren, wie er mit Tieren umgeht. Immer wieder unterbrach er das Gespräch, wenn die Flusspferde hinter der Glaswand brüllten oder sich mit einem lauten Klatscher ins Wasser fallen ließen. Er gönnte ihnen die Aufmerksamkeit und „ihren Auftritt“. Respekt, aber eben auch Empathie – beides bringt Knieriem den Tieren entgegen.

Der Novembertag vor mehr als vier Jahren war auch der Tag, an dem der neue Chef verkündet: „Der Panda gehört zu Berlin“. Ein Jahre zuvor war Bao Bao gestorben, seitdem stand das Gehege im Zoo leer. So richtig ernst wollte das zu diesem Zeitpunkt noch keiner nehmen, bis die Pläne im Sommer 2015 immer konkreter wurden. Da liefen bereits die Vertragsverhandlungen mit den Chinesen, ein Jahr später begann der Bau des neuen Panda-Gartens im Zoo. In einer Rekordbauzeit von nur acht Monaten entstand das Gehege für die beiden schwarz-weißen Bären aus China. Noch Tage vor dem Einzug war die Anlage eine Baustelle. Am Tag der Eröffnung konnten sich die Pandabären aber in ihrem neuen chinesischen Bambusreich präsentieren. Jetzt ist der Zoo für den Giant Panda Award nominiert, unter anderem in den Kategorien „Schönstes Panda-Gehege“ und „Panda-Moment des Jahres“. Panda-Fans auf der ganzen Welt stimmen bis Ende Januar darüber ab, wer die Awards erhalten wird.

Für Andreas Knieriem, der zuvor den Münchner Zoo Hellabrunn leitete, muss der Gang durch den Tierpark in Friedrichsfelde ein Kulturschock gewesen sein. Die verschleppte Modernisierung war einer der Gründe, warum sein Vorgänger den Posten räumen musste. Doch Knieriem sah nicht nur die Defizite, sondern auch sofort das Potenzial. Mit 160 Hektar Fläche ist der Tierpark der größte Landschaftstiergarten Europas. Von soviel Platz für die Tiere hätte er in München nur Träumen können.

Das Konzept für einen Geo-Zoo, in dem die Tiere nach der Regionen ihrer Herkunft und nicht nach Gattung geordnet sind, war schnell erstellt. Bis 2030 soll der Tierpark umgebaut werden. Besucher werden dann eine Reise von Kontinent zu Kontinent machen und zum Beispiel mit der Erlebnisbahn durch Afrika fahren, indische Tiger durchs Dickicht streifen sehen oder Malaienbären auf Naturfelsen beobachten. Bereits zwei Jahre nach seinem Amtsantritt konnte Knieriem die neu entstandene Nordamerika-Landschaft als ersten Teil der geografischen Neuordnung im Tierpark präsentieren. Gleich hinter dem Eingang begrüßen Präriehunde und Baumstachler in einer wilden Felsenlandschaft die Besucher, gegenüber wurden Waldbisons und Nashornpelikane angesiedelt. Ergänzt wird der Kontinent von den Eisbären und den Braunbären.

Neu ist auch der öffentliche Umgang mit dem Artenschutz und der Vergangenheit – das sind Themen, die in Tierpark und Zoo nicht mehr in Archiven oder Aktenordnern schmoren. In einer Ausstellung im Antilopenhaus hat der Zoo seine NS-Vergangenheit aufgearbeitet, Artenschutz zum Anfassen gibt es seit kurzem in einer Schau im Tierpark.

Seit Andreas Knieriem im Amt ist, pflegt er generell eine ganz neue Transparenz. Die Berliner erfahren sofort, wenn ein Tier krank ist, in einen anderen Zoo umzieht oder Nachwuchs sich einstellt. Tierfreunde aus aller Welt haben beim Tod des kleinen Eisbären Fritz mitgetrauert und können sich jetzt über erneuten Eisbären-Nachwuchs freuen und hoffen, dass es diesmal gesund aufwächst. Im Frühjahr wird es bei den Pandabären spannend. Dann geht es um die Frage: Mögen sich die beiden, wird es ein kleines Pandabärchen geben? Eins ist gewiss: Andreas Knieriem wird kein Geheimnis daraus machen.

Die Begründung der Jury:

Entscheidung: Die Jury für den Berliner des Jahres hat sich für Andreas Knieriem entschieden, weil er in hohem Maße Kompetenz und eine positive Ausstrahlung verkörpert. Unter seiner Ägide werden Zoo und Tierpark zu zeitgemäßen Anlagen umgebaut, die den Besuchern viele Attraktionen und mehr Service bieten. Gleichzeitig achtet der Direktor darauf, den Lebensraum der Tiere weitgehend natürlich zu gestalten und legt Wert auf den Artenschutz.

Verdienste: Knieriem hat dafür gesorgt, dass im Zoo jetzt wieder ein Panda-Pärchen zu Hause ist. Dafür musste er jahrelang hartnäckig verhandeln und diplomatisches Geschick beweisen. Nun verfügt der Zoo über einen Publikumsmagneten mit internationaler Strahlkraft. Und der Panda-Garten ist so schön geworden, dass er für den weltweit beachteten „Giant Panda Award“ nominiert wurde. Noch wichtiger aber: Der sympathische Chef hat Zoo und Tierpark wieder zu lebendigen und wichtigen Orten der Stadt gemacht, auf die die Berliner stolz sind.

Mehr zum Thema:

Wer wird Berliner des Jahres? Das sind unsere Kandidaten

Artenschutz zum Anfassen: Neue Schau im Tierpark

Der Tierpark baut um und hofft auf Eisbären-Nachwuchs

Zwei Pandas völlig entspannt in Berlin