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Daimler-Manager spenden doch noch – an Parteifreunde von Donald Trump

| Lesedauer: 6 Minuten
Ressortleiter Wirtschaft, Finanzen, Immobilien
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Daimler unterstützt amerikanische Politiker mit Spenden

Deutsche Parteien gehen erstmal leer aus, so entschied der Daimler-Vorstand. Mit Spenden in die USA und an Parteifreunde von Donald Trump will der Autohersteller „Politiker unterstützen, die Daimlers Ideale teilen“.

Quelle: WELT/ Thomas Laeber

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Daimler streicht deutschen Parteien seine Geldzuwendungen. Im Ausland jedoch fließt auch 2019 weiter Geld: Die US-Spendenorganisation des Autokonzerns bleibt aktiv – „um Politiker zu unterstützen, die Daimlers Ideale teilen“.

„Spenden an politische Parteien verstehen wir als ein Element unserer gesellschaftlichen Verantwortung und als Beitrag zur Demokratie“: Das schrieb der Autokonzern Daimler in seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2018. Das mit der „Verantwortung“ gilt nun offenbar nicht mehr. Wie die „Bild am Sonntag“ zuerst berichtete, hat der Konzernvorstand beschlossen, dieses Jahr keine Parteispenden zu tätigen. Anders als in den Vorjahren gehen CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne 2019 leer aus.

Doch offenkundig gilt dieser Beschluss nicht überall auf der Welt. Denn in den USA ist der Konzern gerade erst dabei, ins Spendengeschäft einzusteigen – mithilfe eines sogenannten Political Action Committees (PAC). Dieses Spendenvehikel heißt bei dem Unternehmen offiziell Daimler North America Corporation US Employees PAC oder, etwas kürzer, DNAC PAC.

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„Es gibt keine Pläne, DNAC PAC aufzugeben“, teilt Daimler nun auf WELT-Anfrage mit. DNAC PAC werde auch „alle freiwilligen Beiträge akzeptieren, die es von dazu berechtigten Beschäftigten erhält“.

Daimlers PAC, erst vor drei Jahren mit 10.000 Dollar Startkapital ins Leben gerufen, passt nicht recht zu Daimlers sonstiger Spendenabstinenz. Das jedenfalls findet Sheila Krumholz, die Chefin des Center for Responsive Politics (CRP), einer überparteilichen, auf das Spendenwesen in den USA spezialisierten Forschungsinstitution in Washington. „Daimlers Entscheidung, dieses Jahr keine Parteien zu finanzieren, scheint inkonsistent zu sein mit ihrer Entscheidung, ein PAC zu schaffen“, erklärte Krumholz gegenüber WELT.

Daimlers Vehikel begünstigt zwei Republikaner

Das Daimler-PAC besteht nicht einfach nur weiter, es ist auch weiter aktiv, auch im laufenden Jahr – in zwei Fällen bisher nur in bescheidenem Umfang, aber immerhin. In beiden Fällen waren Politiker aus der Republikanischen Partei von Präsident Donald Trump die Begünstigten.

Für Daimler sind die USA – auch nach der Scheidung von Chrysler vor zehn Jahren – ein wichtiger Markt, das Unternehmen macht 41 Milliarden Euro Umsatz dort, jeder zwölfte Mitarbeiter arbeitet in den Vereinigten Staaten. Doch Daimler beschränkte sich in den USA lange Zeit auf klassisches Lobbying. 1,7 Millionen Dollar ließ man sich das vergangenes Jahr kosten, in den Vorjahren sah es ähnlich aus.

Daimler spendet in diesem Jahr kein Geld an Parteien

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Der Autokonzern Daimler hat alle Parteispenden für dieses Jahr gestrichen. Das Unternehmen will künftig zivilgesellschaftliche Projekte fördern. Damit löst Daimler eine heftige Diskussion aus.

Quelle: WELT / Kevin Knauer

Spenden für die Wahlkämpfe dagegen, die überließ man bei Daimler den Mitarbeitern vor Ort. Streng genommen dürfen ohnehin keine Unternehmen in den USA für politische Kandidaten spenden, sondern nur einzelne Bürger, und das auch nur, wenn sie die amerikanische Staatsangehörigkeit oder eine Greencard besitzen.

Über ein PAC können Unternehmen Spenden verteilen

Aber es gibt einen Weg, bestehende Regulierungslücken zu umgehen, und er wird oft und gerne beschritten. Man gründet ganz einfach ein PAC, treibt mit ihm Spenden hochrangiger US-Mitarbeiter ein und lässt dann den hauseigenen Cheflobbyisten oder ähnliche Leute entscheiden, wessen Wahlkampf mit dem eingesammelten Geld finanziert werden soll.

Was deutsche Großunternehmen in aller Regel rundheraus bestreiten, geben nicht wenige amerikanische Konzerne frank und frei zu: dass ihnen die PAC-Aktivitäten zuzurechnen sind. Diese Position vertritt auch CRP-Expertin Krumholz: „Unternehmen schaffen PACs, um Geld zu sammeln und an Kandidaten zu verteilen, die ihre Agenda unterstützen. Daher ist diese Aktivität dem Unternehmen zuzuschreiben, auch wenn das Geld von freiwilligen Spenden führender Mitarbeiter kommt und nicht aus der Firmenkasse.“

Eine ganze Reihe deutscher Konzerne versucht schon seit Längerem, US-Wahlen zumindest ein klein wenig über PAC-Spenden zu beeinflussen, darunter zum Beispiel die Allianz, Bayer und SAP. Dabei sind auch durchaus erkleckliche Beträge im Spiel, bei BASF waren es vor den Kongresswahlen im November vergangenen Jahres 1,01 Millionen Dollar, bei der Deutschen Telekom gar 1,18 Millionen Dollar.

„Politiker, die Daimlers Interessen teilen“

Daimler war mit der Gründung eines PAC im März 2016 ein Nachzügler unter Deutschlands Top-Konzernen. Der Spendenausschuss, teilt Daimler gegenüber WELT mit, sei gegründet worden, „um Politiker zu unterstützen, die Daimlers Interessen und Ideale teilen, und um diesen Kandidaten die bestmöglichen Vorteile zu verschaffen in ihren Wahlkämpfen“. Konkret gehe es darum, „das Wachstum und die Stabilität einer starken Autoindustrie“ zu fördern und „Gesetzgebung, die wichtig ist für Daimler“ zu unterstützen.

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Man legt jedoch Wert darauf, dass der DNAC PAC nicht von Daimler selbst finanziert wird – was auch illegal wäre – und dass Daimler den Ausschuss nicht lenke. Dass es bei dem Spendenvehikel nicht um eine Eigeninitiative subalterner Mitarbeiter geht, ist allerdings auch offenkundig.

Der DNAC PAC hat seinen Sitz an der Pennsylvania Avenue Nummer 1717, das ist nur einen Steinwurf vom Weißen Haus entfernt. Als Schatzmeister fungiert dort Daimlers Washington-Lobbyist David Trebing. Und größter einzelner Geldgeber ist kein Geringerer als Dietmar Exler, der Mercedes-CEO in den USA.

Unterstützung für Republikaner Bill Johnson

Für die „Midterms“ 2018 gab der PAC zwar gerade einmal 4000 Dollar aus, am Ende des Wahlzyklus hatte man sogar mehr an liquiden Mitteln in der Kasse als vorher. Doch gemessen daran ist man jetzt, da Präsidentschafts- und Kongresswahlkampf 2020 erst ganz allmählich anlaufen und noch nicht viel Geld verschlingen, eher großzügig. Mitte Februar flossen 1000 Dollar an Bill Johnson, einen Republikaner aus Ohio, der um seinen Wiedereinzug ins Repräsentantenhaus kämpft.

Johnson hat keinen erkennbaren direkten Bezug zu Daimler – aber er ist Mitglied von Kongressgremien, die auch für den deutschen Autokonzern von Bedeutung sind. So ist er Mitglied in den Unterausschüssen für Energie sowie Umwelt und Klimaschutz. Dort kämpft er erklärtermaßen für die Interessen der in Ohio traditionell stark vertretenen Kohleindustrie.

UNITED STATES - OCTOBER 19: Rep. Bill Johnson, R-Ohio, stumps for Ohio Republican Senate candidate Josh Mandel, the current State Treasurer, as they make a stop on the "Noble County Commit to Mitt Early Vote Express Bus Tour Stop" at the courthouse in Caldwell. He is in a tight race with the current Democratic Senator Sherrod Brown. (Photo by Chris Maddaloni/CQ Roll Call)
Der Republikaner Bill Johnson aus Ohio gehört zu den Begünstigten des Daimler-PACs

Quelle: CQ-Roll Call Group/Getty Images

Vom Pariser Klimaabkommen dagegen hält Johnson nichts – den von seinem Parteifreund Donald Trump betriebenen Austritt aus dem Vertrag vor zwei Jahren hat er sogar ausdrücklich begrüßt. Auch sonst steht Johnson treu zum amtierenden Präsidenten. Nach einer Auswertung der amerikanischen Statistikwebsite Fivethirtyeight.com hat Johnson bisher bei mehr als 98 Prozent der Abstimmungen im Repräsentantenhaus im Sinne Trumps gestimmt.

Weitere 1500 Dollar spendete das Daimler-PAC Ende März an „Oorah!“, ein Spendenvehikel, das Todd Young betreibt. Young ist ein Senator, der in Washington den Bundesstaat Indiana vertritt. 2020 steht er noch gar nicht zur Wiederwahl an – aber der 46-Jährige gilt als aufstrebender Mann.

Eine Investition in die Zukunft

So sieht er sich wohl auch selbst, denn mit „Oorah!“ betreibt er ein sogenanntes Leadership PAC – eine spezielle Spendensammelstelle, über die Politiker Geld an andere Wahlkämpfer leiten, um sich so deren spätere Unterstützung zu sichern. Die Daimler-Spende ist so gesehen für Geber wie Empfänger eine Investition in die Zukunft.

Und nicht nur das. Schon heute bekleidet Young im Senat eine ganze Reihe von Posten, die auch aus Daimlers Sicht von Interesse sein dürften. So sitzt er dem für internationale Wirtschaftspolitik zuständigen Unterausschuss vor. Und er ist Mitglied des für Verkehrsfragen zuständigen Senatsausschusses.

Senator Todd Young, Republican of Indiana, speaks during a press conference following a Republican Caucus lunch on Capitol Hill in Washington, D.C. on March 12, 2019. Credit: Alex Edelman / CNP [ Rechtehinweis: picture alliance/dpa/CNP ]
Daimlers PAC unterstützt Senator Todd Young (Republikaner)

Quelle: picture alliance / Consolidated

Was in Stuttgart sicher auch gefällt: In Handelsfragen äußert sich der Politiker aus dem stark vom verarbeitenden Gewerbe geprägten Indiana regelmäßig weniger protektionistisch als Trump.

Zur innerparteilichen Opposition zählt Young dennoch nicht, im Gegenteil, der Mann ist aus Trump-Sicht ein eher sicherer Kantonist. Bisher waren Trump und Young bei 92 Prozent der relevanten Abstimmungen ein und derselben Meinung.

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