Die Gesichter von Bélmez

Lesezeit: ca. 37 Minuten

Eine historische Rekonstruktion zu den Untersuchungen eines vermeintlich starken RSPK-Falles


Zu Beginn der 1970er Jahre machte das kleine spanische bergdörfchen Bélmez von sich reden, als sich dort, auf dem Zementfußboden eines Hauses, Abbildungen menschlicher Gesichter abzeichnen – angeblich aus dem Nichts. Wie die “Gesichter von Bélmez” entstanden und warum sie selbst dann wieder auftauchten, als der Boden entfernt und erneuert wurde. Schnell wurde Bélmez zum Ziel zahlreicher Schaulustiger, aber auch ergebnisoffen Interessierter Parapsychologen und Skeptiker. In seinem GreWi-Gastbeitrag erinnert der Psychologe Gerhard Mayer vom Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V. in Freiburg (IPGG) an die “Gesichter von Bélmez”, beleuchtet die angewandten Untersuchungsmethoden, Interpretationen, soziopsychologischen Wechselwirkungen und die Rolle der Medien.

– Der folgende Artikel erschien erstmals in der “Zeitschrift für Anomalistik” (ZfA), Band 18 (2018), Nr. 1+2

von Gerhard Mayer [1]

Zusammenfassung – Die sogenannten Gesichter von Bélmez zogen Anfang der 1970er Jahre beträchtliche Aufmerksamkeit sowohl in den öffentlichen Medien als auch in der internationalen parapsychologischen Community auf sich. 1971 erschienen auf dem Küchenboden eines Hauses in dem spanischen Ort Bélmez de la Moraleda Verfärbungen, die als Gesichter interpretiert wurden und von denen viele annahmen, dass sie paranormalen Urspungs seien. Mehrere Untersuchergruppen und Einzeluntersucher versuchten das Rätsel dieser Gesichter zu lösen. Aufgrund einer breiten internationalen Presseberichterstattung besuchten viele Touristen den Ort. In der Folge kam es zu staatlichen Repressionen, gefälschten Geständnissen und fragwürdigen ‚Aufklärungen‘. Hans Bender (1907–1991) führte gemeinsam mit seinem spanischen Kollegen Germán de Argumosa (1921–2007) erste gründliche Untersuchungen durch. Er besuchte zwischen 1972 und 1973 dreimal den Ort, um einen Eindruck aus erster Hand zu gewinnen und Interviews zu führen. In den Zwischenphasen ließ er sich von Argumosa informieren und gab methodische Ratschläge. Für sein intensives Engagement gab es verschiedene Gründe. Zum einen hoffte er auf einen zwingenden Beweis für ein paranormales Geschehen, zum anderen war eine sechsteilige Fernsehserie mit dem Titel Psi geplant, für die man spannendes Filmmaterial benötigte. Die Ergebnisse eines zu diesem Zweck durchgeführten Experiments entsprachen allerdings nicht den Erwartungen. Dieser Artikel soll einen Eindruck von Benders Zugang zur Untersuchung von Spontanfällen geben. Außerdem soll das ziemlich komplexe Zusammenspiel von der Öffentlichkeit, der sozialen Rolle der Skeptiker sowie der Massenmedien auf der Suche nach einer ‚guten Story‘ im Zusammenhang mit einem (möglichen) Spukfall (RSPK) beleuchtet werden. Weit davon entfernt, gelöst zu sein, bietet der Bélmez-Fall alle Zutaten eines typischen RSPK-Falles wie auch die typischen Reaktionen der wissenschaftlichen Kollegen, Skeptiker und der Öffentlichkeit.

Schlüsselbegriffe: EVP – Gesichter von Bélmez – Massenmedien – RSPK – Skeptiker – Tonbandstimmen

Hans Benders Interesse an Spukuntersuchungen

Der Parapsychologe Dr. Hans Bender

Der Gründer des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP), Prof. Hans Bender (1907–1991, s. Abb.l.), zeigte immer ein großes Interesse an der Untersuchung von Spukfällen (RSPK-Fällen),[2] besonders wenn starke und relativ eindeutige Phänomene auftraten und auch Elemente zum Vorschein kamen, die nicht unbedingt typisch für Spukfälle sind. In dieser Hinsicht war er ein unvoreingenommener Forscher, der nicht nur nach Bestätigung von etablierten und liebgewonnenen Modellen und Theorien suchte, sondern auch neue Einsichten im Bereich der paranormalen Phänomene gewinnen wollte. Seit Ende der 1960er Jahre war die Popularität der parapsychologischen Forschung in Deutschland stark angestiegen, und die Untersuchung des aufsehenerregenden Spukfalls in einer Rosenheimer Anwaltskanzlei (Bender, 1970) (Anm. GreWi: Eine Kurzdokumentation über den Fall Rosenheim finden Sie HIER) hatte ihm eine öffentliche Reputation als Experten für Parapsychologie verschafft. Zu jener Zeit war er sehr optimistisch hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der parapsychologischen Forschung und ihrer Anerkennung sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei den wissenschaftlichen Kollegen. Im Jahr 1967 gelang ihm die akademische Institutionalisierung der parapsychologischen Forschung, indem er die „Abteilung für Grenzgebiete der Psychologie” am Psychologischen Institut der Universität Freiburg einrichten konnte (Lux, 2016). Mit seiner prominenten Position versuchte er, das Fernsehen und die anderen Massenmedien zu nutzen, um für die Parapsychologie zu werben und damit auch den unablässig aktiven Skeptikern entgegen zu treten.

Dieser Beitrag soll am Beispiel der so genannten Gesichter von Bélmez einen Eindruck vermitteln, wie Hans Bender die Untersuchung eines RSPK-Falles (Recurrent Spontaneous Psychokinesis; Anm. GreWi: = sog. “Spukfälle”, bei denen “unerklärte” physikalische Vorfälle z. B. Klopfgeräusche zumeist in Gegenwart eines “Spukauslösers”, einer sog. Fokusperson auftreten) anging, wobei seine Motivation und sein methodisches Vorgehen, aber auch die Tücken einer Untersuchung im Ausland deutlich zutage treten. Obwohl es sich um einen sehr bekannten Fall handelt, gibt es nur eine vergleichsweise kleine Zahl an Veröffentlichungen dazu – größtenteils in spanischer Sprache – und nur wenige davon sind wissenschaftliche Arbeiten.[3] Die eher problematische Rolle der Massenmedien und der öffentlichen Rezeption bei einem akuten vermeintlichen Spukfall kommt an diesem Fall besonders zum Vorschein. Außerdem wird der Wert von Archivrecherchen verdeutlicht, denn die meiste verfügbare Literatur bezieht sich auf Berichte mit fehlenden oder unzulänglichen Quellenangaben, die ohne eingehende Prüfung übernommen und perpetuiert wurden.

Die Gesichter von Bélmez: Phänomenologie, situative Bedingungen und erste Untersuchungen

Der August 1971 brachte einen Einschnitt in das wohl eher beschauliche Leben in der kleinen andalusischen Stadt Bélmez de la Moraleda. In einem Haus in der Calle Real traten Phänomene vermeintlich paranormalen Ursprungs auf. Auf dem Zementfußboden der Küche erschienen Verfärbungen, die als Gesichter interpretiert wurden. Dieses Geschehen wurde in einem engen Zusammenhang mit der physischen Anwesenheit der damals 52 Jahre alten María Gómez Cámara gesehen, die in diesem Haus wohnte.

Maria Gomez Pereira Copyright: Archiv des IGPP

Dem ersten Bild auf dem Küchenboden maß María zunächst noch nicht viel Bedeutung bei. Zu jenem Zeitpunkt fühlte sie sich ein wenig krank. Sie schrieb ihre Wahrnehmung dem leicht fiebrigen Zustand zu. Ihr Sohn entfernte das ‚Gesicht‘[4] einige Tage später und füllte das entstandene Loch mit frischem Zement. Am 8. September jedoch ‚materialisierte‘ sich ein neues Gesicht an derselben Stelle. Der Bürgermeister von Bélmez hörte davon und verhinderte eine erneute Zerstörung. Am 2. November wurde das Gesicht aus dem Boden herausgeschnitten und hinter Glas an der Wand des Raumes angebracht. Einen Monat später, am 2. Dezember 1971, wurden Grabungen in der Küche vorgenommen. In 2,80 Metern Tiefe fand man menschliche Knochen, allerdings ohne Schädel. Die Grube wurde wieder gefüllt und mit Zement bedeckt. Die Überführung der menschlichen Gebeine an einen anderen Ort verhinderte jedoch nicht das Erscheinen weiterer Gesichter.[5] Die „Gesichter von Bélmez“ wurden durch eine zumeist sensationsheischende Berichterstattung in den Massenmedien schnell weithin bekannt.[6] Im Laufe des ersten Jahres entstand etwa ein neues Gesicht pro Monat.[7] Die Gesichter formierten sich dabei in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, manchmal direkt vor den Augen von Zeugen, und manchmal verschwanden sie auch wieder oder veränderten ihr Aussehen (siehe Abb. 4–8; Ramiro de Pano, 2015: 127–136).[8]

Abb. 2: Das zweite Gesicht. Copyright: Archiv des IGPP

Die ersten Untersuchungen wurden durch die Polizei gemacht – María sprach von der „wissenschaftlichen Polizei aus Madrid“, die das Haus acht Tage lang mit ihren technischen Geräten belagerten, die Gesichter untersuchten und Zementproben zur Analyse entnahmen.[9] Außerdem soll angeblich eine Gruppe namens „Agrupación Estudios Eridani“ Untersuchungen durchgeführt haben, angeführt von dem Skeptiker Jose Luis Jordán.[10] Unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung interessierte sich die Guardia Civil für die weitere Entwicklung des Falls. J. Ortiz, ein pensionierter Mitarbeiter dieser Polizeieinheit, lebte zu jener Zeit gegenüber dem Haus der Pereira-Cámara-Familie, wodurch die Guardia Civil stellvertretend sozusagen immer anwesend war. Ortiz sagte in einem Interview, dass sie fast täglich das Haus besuchten und jeden Untersuchungsschritt durch die Wissenschaftler mitverfolgten (Carballal, 2007).[11] Der spanische Parapsychologe Germán de Argumosa (1921–2007)[12] erkundigte sich bei dem Zivilgouverneur von Jaén zum Stand der offiziellen Untersuchungen, weil er sich einen Eindruck aus erster Hand erhoffte. Er hatte durch Zeitungsartikel von dem Fall erfahren und etwa sechs Monate lang vergeblich auf die Veröffentlichung eines Berichts des offiziellen Untersuchungskomittees gewartet. Der Gouverneur bestätigte, dass bislang keinerlei betrügerische Manipulation oder konventionelle Erklärung gefunden werden konnte (Carballal, 2007; Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 504; Ramiro de Pano, 2015: 123–125). Argumosa schlug daraufhin vor, die „teleplastias“ (Teleplastiken), wie er die ‚Bilder‘ bezeichnete, aus einer parapsychologischen Perspektive heraus zu untersuchen. Er erhielt die Genehmigung mit der Anweisung, danach einen Untersuchungsbericht zu verfassen (Ramiro de Pano, 2015).[13] Zur selben Zeit wurde auch eine von der Zeitung Pueblo zusammengestellte Untersuchergruppe in das Dorf geschickt.[14] Die Berichte des Boulevardblatts führten zu einer allgemeinen überbordenden Medienberichterstattung, was wiederum zu einem Strom von Touristen führte, die das „Haus der Gesichter“ besuchen wollten.

Abb. 3: Das zweite Gesicht an der Wand angebracht. Copyright: Archiv des IGPP

Abb. 4-8: Veränderungen des zweiten gesichts auf einer Serie von Fotografien, die im Zeitraum zwischen September 1972 und April 1973 aufgenommen wurden. Coyright/Quelle: Archiv: Argumosa; siehe auch Ramiro de Pano, 2015

Am 25. Februar veröffentlichte Pueblo einen Artikel mit der Schlagzeile „Se acabó el misterio“ [Das Rätsel ist gelöst]. Darin wurde eine chemische Formel beschrieben, die Silberchlorid, Silber und Chlor enthielt und unter dem Einfluss von UV-Licht entsprechende Gesichter auf dem Zementboden entstehen lassen kann. Diese Substanz wurde als des Rätsels Lösung angeboten, obwohl keinerlei Spuren von Silber in den Materialproben entdeckt worden waren (Ramiro de Pano, 2015).[15] Diese vermeintliche Lösung des Falls wurde jedoch schnell von der internationalen Presse übernommen.[16] Wie sich später herausstellte, war der Artikel auf Druck der Regierung veröffentlicht worden, die mit dieser Maßnahme dem durch die Gesichter hervorgerufenen öffentlichen Aufruhr ein Ende setzen wollte (Jiménez & Fernández, 2005: 184–186).[17] Das führte allerdings weder zu einem Ende der Erscheinungen, noch wurden die Untersuchungen aufgegeben. Die Formation der Gesichter, deren Auftreten und Zustand lange als abhängig von Marías Gesundheitszustand angesehen wurden, hielt bis zu ihrem Tod im Jahr 2004 an und traten sogar noch danach auf.[18]

Abb. 9-11: Viertes Gesicht, ein weiteres Geicht und mehrere kleine Gesichter. Copyright/Quelle: Archiv des IGPP

Abb. 12: Argumosa führt ein Interview mit Maria Gomez Pereira. Aufnahme aus dem Jahr 1972. Copyright/Quelle: Archiv Argumosa

Benders Engagement

Als Bender im Frühjahr 1972 zum ersten Mal von den Gesichtern von Bélmez erfuhr, war er sehr fasziniert. Er nahm Kontakt zu Argumosa auf und bat ihn, die Phänomene vor Ort zu dokumentieren. Argumosa kam der Bitte nach und besuchte das Dorf mehrere Male. Zusätzlich zur Dokumentation führte er dort auch Experimente durch und versuchte hauptsächlich, „parafonías“, d. h. paranormale Stimmen (sog. electric voice phenomena – EVPs), auf Tonband aufzunehmen (Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 319–364; Alvarado, 1983).[19] Über diese Experimente berichtete er häufig und detailliert in seiner Korrespondenz mit Bender (IGPP-Archiv, E/23-370). Er besuchte schließlich Bender am IGPP im April 1972.

In der Folge kooperierten die beiden Forscher für mehrere Jahre. Bender gab methodische Ratschläge zur Optimierung der Vorgehensweise, mit dem Ziel, sichere Beweise für einen (erhofften) paranormalen Ursprung der Gesichter zu erhalten. Er überwachte die ersten Untersuchungsschritte von Deutschland aus. Bender reiste im Mai und Oktober 1972 sowie im September 1973 nach Spanien, um Vorortuntersuchungen durchzuführen.

Es gibt einige Gründe, die diesen großen Aufwand plausibel machen: In Benders Sicht konnte sich ein solcher Spontanfall – zumindest in seiner Anfangsphase – als sehr wertvoll für die Parapsychologie erweisen.[20] Die spezifische Art der Phänomene spielte dabei eine wichtige Rolle: Sie waren nämlich nicht flüchtig, sondern schienen den Charakter von sogenannten permanenten paranormalen Objekten (PPOs) zu haben (Beloff, 1990: 191–202; Tort, 1991; Tort & Ruíz-Noguez, 1993). Bender spekulierte auf unwiderlegbare Beweise für ein paranormales Geschehen, bei dem Betrug ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus konzeptualisierte das Südwestfunk-Fernsehen (SWF) im Jahr 1973 in enger Zusammenarbeit mit Bender eine 6-teilige Serie unter dem Titel Psi, mit der paranormale Phänomene vorgestellt werden sollten. Der verantwortliche Redakteur hoffte, mit Benders Hilfe aufregende audiovisuelle paranormale Phänomene dokumentieren zu können. Dementsprechend fanden Teile der Vorortuntersuchungen vor laufender Kamera statt. Es sollten möglichst spektakuläre Aufnahmen von der Replikation eines erfolgreichen Experiments gemacht werden, das ungefähr ein Jahr zuvor durchgeführt worden war. Ich werde darauf zurückkommen.

Hypothesen, Hauptthemen und Ergebnisse der Untersuchungen

Von Beginn an wurden verschiedene Hypothesen zu den Phänomenen diskutiert:

Die religiöse Hypothese: Sie geht davon aus, dass es sich um ein (religiöses) Wunder handelt. Diese Theorie wurde von der lokalen Bevölkerung während der ersten Monate bevorzugt vertreten, jedoch niemals offiziell durch die Kirche gestützt.

Konventionelle Hypothesen: Danach handelt es sich bei den Gesichtern um Zufallsmuster, die auf natürliche Weise bei den gegebenen Umweltbedingungen (Feuchtigkeit usw.) auf Zementböden entstehen. Sie werden durch das wahrnehmungspsychologische Phänomen der Pareidolie, also der biologisch angelegten Neigung zur Gesichtserkennung in Mustern, als Gesichter wahrgenommen; oder aber es handelt sich um betrügerische Manipulation von vorhandenen Fleckenformationen auf dem Zementboden bzw. um die Produktion der kompletten Gesichter durch Menschenhand.

Die paranormale Hypothese: Sie beinhaltet eine psychodynamische RSPK-Interpretation der Phänomene. Danach handelt es sich um eine besondere Art von psychokinetischen Phänomenen, bei deren Entstehung María als Fokusperson eine besondere Rolle spielt.

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Spiritualistische Hypothesen: Gemäß diesen Hypothesen ist María ein Medium und die Gesichter sind das Resultat des Wirkens jenseitiger Entitäten (z. B. von Seelen Verstorbener). Vertreter dieser Hypothese sehen in den Ergebnissen von Argumosas Tonbandstimmenexperimenten eine mehr oder weniger starke Bestätigung. Alonso (2014: 30–38) unterscheidet zwischen einer klassischen und neuen spiritualistischen Theorie. Während sich die Erstgenannte auf die Tatsache beruft, dass bei den Grabungen in der Küche menschliche Überreste gefunden worden waren und vermutet wird, dass das Haus auf einem alten Friedhof errichtet wurde,[21] behauptet die zweite, die Ursache für die Gesichter sei in unschuldigen Opfern zu finden, die während des Bürgerkriegs in den Jahren 1936/37 getötet worden waren (Jiménez & Fernández, 2005).

Im Folgenden werde ich eine Chronologie der Untersuchungsschritte sowie der begleitenden Umstände und Ereignisse skizzieren. Sie basiert weitgehend auf Archivmaterialien des IGPP, schließt aber auch andere Quellen (wissenschaftliche Aufsätze, Monografien, Zeitungsartikel usw.) mit ein, die allerdings manchmal widersprüchliche Informationen liefern.

  • Obwohl einige Untersuchungen der Vorkommnisse stattfanden, bevor parapsychologische Forscher die Szene betraten, erschienen keine Berichte dazu. César Tort und Luis Ruíz-Noguez, die einen Aufsatz zu den Gesichtern von Bélmez im Journal of the Society for Psychical Research veröffentlichten, befragten den Skeptiker Jordán in dieser Angelegenheit. Dieser hatte 1971 eine Untersuchungskommission angeblich im Auftrag des Spanischen Innenministeriums geleitet. Sie bekamen als Antwort, dass der Untersuchungsbericht durch einen Bürokraten des Franco-Regimes verloren gegangen sein könnte („might have been lost by a bureaucrat of the Francoism“; Tort & Ruíz-Noguez, 1993).[22] Argumosa erzählte Bender von einer Untersuchung durch ein Geheimkommittee der Sicherheitspolizei zur Aufdeckung von betrügerischen Machenschaften. Er sei durch einen Justizsekretär über diese Operation informiert worden und schrieb, dass das absolute Stillschweigen bezüglich der erlangten Befunde wie auch die Order, alle Untersuchungsaktivitäten einzustellen, für sich selbst sprächen. Es könne nur bedeuten, dass keine Spuren von Betrug entdeckt worden seien.[23]
  • Argumosa führte selbst Experimente im „Haus der Gesichter“ durch. Er war überzeugt, dass er sowohl EVPs aufgenommen als auch einige ektoplasmische Phänomene fotografiert habe (Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 324; Ramiro de Pano, 2015). Diese Befunde begünstigten die Bildung spiritualistischer Hypothesen in der Öffentlichkeit, obwohl Argumosa selbst eine eigene, alternative Theorie vertrat: die Hypothese einer bewussten Transzendenz [hipótesis del consciente transcendente].[24] Für ihn also stützten die Befunde die Hypothese, dass es sich bei den Gesichtern um authentische paranormale Phänomene handelt, aber nicht, dass sie von Geistern von Verstorbenen verursacht seien (ebd.: 332, passim). Die während der Experimente anwesenden Reporter jedoch starteten eine Artikelserie unter der reißerischen Überschrift „Las caras hablan“ [Die Gesichter sprechen].
  • Vom Februar 1972 an wurden die Massenmedien zunehmend feindselig gegenüber dem Bélmez-Fall und dessen parapsychologischer (oder spiritualistischer) Interpretation. Bender sprach von einer Inquisition, „eine(r) Verbündung von Geistlichkeit und Regierung (…) (D)er Feldzug gegen Bélmez, der am 1. März 1972 in der Presse ausgelöst wurde, war eine Inquisition in dem Bündnis von Altar und Thron, nicht wahr, gegen … beruhte auf vollkommen falschen Behauptungen, falschen Unterstellungen von Geständnissen und so weiter“.[25]
  • Trotz starken Gegenwinds von der Presse und der öffentlichen Meinung setzte Argumosa seine Besuche in Bélmez fort. Im April 1972 war er Zeuge, wie ein Gesicht sich innerhalb von etwa zehn Minuten bildete. Zwei Reporter, Rafael Alcalá von der Zeitung Jaén und Pedro Sagrario von der Zeitung Patria, sowie einige Dorfbewohner waren ebenfalls als Zeugen anwesend.[26]
  • Im Mai 1972 reiste Bender nach Bélmez und interviewte betroffene Personen. Außerdem hielt er einen Vortrag über Parapsychologie in Madrid, in dem er auch auf den Bélmez-Fall einging. Dabei verglich er die Phänomene mit der Gedankenfotografie von Ted Serios (Eisenbud, 1975; Grünfelder, 2016), wobei er die Rolle der als Medium fungierenden Fokusperson betonte. Bender schätzte die Phänomene klar als paranormal ein, wies aber eine übernatürliche, d. h. spiritualistische Erklärung zurück.[27]

Abb. 13: Bender führt Interviews in Bélmez im Jahr 1972. Copyright/Quelle: Archiv des IGPP

  • Bender schlug vor, den Küchenboden mit einer transparenten Plastikplane zu bedecken und deren Ränder an den Wänden mit Lack zu versiegeln. Dies wurde am 10. Juni 1972 durch Argumosa bewerkstelligt.[28] Nach wenigen Stunden war ein neues Gesicht unter der Plastikabdeckung entstanden. Am darauffolgenden Tag besuchten zwei Lehrerinnen aus dem Dorf sowie eine weitere Person von den lokalen öffentlichen Behörden das Haus und entdeckten ein neu entstandenes Gesicht. Als jedoch der örtliche Fotograf zwei Tage später zur Dokumentation dort erschien, war es wieder verschwunden. Am 16. Juni musste dann die Plastikabdeckung entfernt werden, da es zu massiver Kondenswasserbildung gekommen war. Die Versiegelung war unversehrt, als die Plane entfernt wurde.[29]
  • Bender besuchte Bélmez erneut im Oktober 1972. Dieses Mal wurde der Boden mit einer transparenten Plexiglasscheibe abgedeckt und an den Wänden versiegelt. Außerdem brachte Bender geheime Markierungen an, die ein vorzeitiges Entfernen aufdecken würden.[30] An einigen Stellen wurde auch Plastilin aufgetragen, um zu prüfen, ob auf anderen Materialoberflächen ebenfalls Gesichter erscheinen würden. Sein Plan, eine Spezialvideokamera zu installieren, mit der die Entstehung von Gesichtern in Zeitrafferaufnahmen direkt gefilmt werden könnte, wie auch eine permanente Videoüberwachung des Raumes mit einer weiteren Kamera, konnte aufgrund technischer und ökonomischer Gründe nicht realisiert werden.[31] Einen Monat später hatte sich erneut eine große Menge Wasser zwischen dem Boden und der Abdeckplatte angesammelt. Das Experiment musste deshalb vorzeitig abgebrochen werden. Dies geschah hauptsächlich aus hygienischen Gründen, aber auch, weil der nasse Boden für die dort lebende Familie unzumutbar geworden war.[32] Bender wurde gefragt, ob er bei der Entfernung der Platte anwesend sein wolle.[33] Dies war ihm nicht möglich. Per Brief gab Bender genaue Instruktionen, wie mit der Situation umgegangen werden solle, damit eine beweiskräftige Dokumentation erlangt werden könne.[34] Am 2. Dezember wurde die Abdeckplatte in Anwesenheit von
    Argumosa, dem Bürgermeister von Bélmez und weiteren Zeugen, aber vor der Ankunft des beglaubigenden Notars entfernt – letzteres entgegen Benders Anweisungen.[35] Der Raum wurde danach verschlossen und wieder versiegelt, damit der Boden trocknen konnte. Bei der erneuten Inspektion am darauffolgenden Tag waren wieder dieselben Personen anwesend. Man entdeckte neu erschienene Gesichter, die fotografiert wurden. Alle diese Aktionen und die vorgefundenen Veränderungen in den Quadranten, mit denen der Boden markiert war, wurden protokolliert. Die anwesenden Zeugen unterzeichneten das Dokument.[36] Jedoch stellte sich später heraus, dass der Film unbelichtet geblieben oder der Entwickler schlecht gewesen war. So blieb der sichere Beweis aus. Das experimentum crucis war gescheitert.[37]

Abb. 14: Der Küchenboden wurde mit einer Plexiglasscheibe bedeckt und versiegelt. Copyright/Quelle: Archiv IGPP

  • Gegen Ende 1972 änderte sich die öffentliche Meinung wieder zugunsten der anomalistischen Hypothese, noch bevor die vielbeachtete parapsychologische Konferenz am 16. und 17. Juni 1973 in Barcelona stattgefunden hatte.[38] Benders Einbeziehung in den Fall wie auch sein Vortrag in Madrid mögen dabei eine wichtige Rolle gespielt haben, weil er als prominenter internationaler Experte angesehen wurde.[39] Argumosa selbst gab ein Seminar zum Thema Parapsychologie an der Universidad Autónoma de Madrid (UAM). Benders Übersetzerin sprach von „paranormalen Wellen (, die) immer höher schlagen“ in dem Land.[40]
  • Am 10. und 11. März 1973 machte eine Gruppe von etwa 150 Studenten der Universidad Autónoma de Madrid in Begleitung von Argumosa und José de Solas, einem Professor der Philosophie, eine Exkursion nach Bélmez, um parapsychologische Experimente (EVP-Aufnahmen) vor Ort durchzuführen. Dabei wurden etwa 30 Personen Zeugen, wie drei Gesichter vor ihren Augen auf dem Boden erschienen. Die Gesichter wurden fotografiert. Sie verschwanden allerdings nach wenigen Stunden wieder (Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 326–327, 329, 383 [Endnote 79]).[41]
  • Argumosa schlug dem Bürgermeister von Bélmez vor, für die Familie Pereira einen neuen Küchenraum zu bauen, um parapsychologische Experimente in der ursprünglichen Küche leichter durchführen zu können, ohne das Alltagsleben der Pereiras allzu sehr zu stören. Er würde die Hälfte der Kosten übernehmen.[42] Der Vorschlag wurde dann während der ersten Monate des Jahres 1973 realisiert.[43] Bender allerdings war nicht sehr überzeugt vom Sinn dieser Maßnahme. Er schrieb in einem Brief an seine Übersetzerin Renate Göhler: „Es wäre wahrlich besser, ein solches Experiment (er bezieht sich auf das gescheiterte experimentum crucis; G. M.) einmal exakt durchzuführen, als neue Zimmer zu bauen, was eventuell die ‚okkulte‘ Atmosphäre des Hauses stören könnte.“[44] Auch in der neu gebauten Küche erschienen Gesichter.[45]

Abb. 15: Bender interview Maria Gómez im September 1973. Zwischen den beiden befindet sich die Österreichische Gräfin Maria Grundermann von Falkenberg, die als Übersetzerin fungierte. Copright/Quelle: Archiv IGPP

  • Während seines dritten Besuchs in Bélmez im September 1973 versuchte Bender, eine weitere Replikation des Experiments zu dokumentieren, wobei dieses Mal auf die problematische Abdeckung des Bodens verzichtet wurde. Bender wurde, wie schon erwähnt, von einem deutschen Fernsehteam begleitet. Es war beabsichtigt, Interviews mit den Studenten sowie den beiden Reportern, die die ‚Materialisation‘ von Gesichtern beobachtet hatten, vor der Kamera durchzuführen.[46] Am wichtigsten war allerdings, dass sie sich spektakuläre Filmaufnahmen während des Öffnens des versiegelten Raums und die Verifizierung von neu erschienenen Gesichtern unter den kontrollierten Bedingungen erhofften. Fotografien von einzelnen markierten Quadranten des Fußbodens waren angefertigt und der Raum am 23. Juli versiegelt worden – alles dokumentiert von einem anwesenden Notar.[47] Die Resultate entsprachen jedoch nicht den Erwartungen. Einige Veränderungen in den schon bestehenden Gesichtern konnten zwar beim Vergleich mit den Fotografien, die vor der Versiegelung des Raums gemacht worden waren, entdeckt werden, und ein kleines Gesicht scheint auch verschwunden zu sein. Jedoch war die Qualität dieser Fotografien zu schlecht, um daraus zuverlässige Schlüsse hinsichtlich der Beweislage zu ziehen.[48]
  • Bender war von der paranormalen Qualität der Phänomene überzeugt, sah sich jedoch gezwungen, zu konstatieren: „Technical obstacles prevented reaching intended highest level of documentary evidence.“[49] (“Technische Hindernisse verhinderten das beabsichtigte höchste Niveau dokumentarischer Beweise.”)
  • Zwar war dies tatsächlich Benders letzter Besuch in Bélmez, doch hatte er sich überlegt, 1974 ein weiteres Experiment unter noch besser kontrollierten Bedingungen durchzuführen, etwa während der Zeit des dritten Jahrestags des ersten Erscheinens der Gesichter.[50] Allerdings wurde dieses Experiment, das die Installation einer Zeitrafferkamera mit einschließen sollte, nicht realisiert (mögliche Erklärungen werde ich im Abschnitt „Abschließende Überlegungen“ diskutieren).
  • Mit dem Jesuiten Padre Quevedo, der in Brasilien aufwuchs und zu jener Zeit in Spanien lebte, trat ein ‚Debunker‘[51] auf den Plan, dessen scharfe öffentliche Attacken gegen Argumosa, aber auch gegen Bender gerichtet waren.[52] Die Kontroverse erreichte ihren Höhepunkt im Dezember 1974 und Januar 1975 mit Zeitungsberichten und Radiosendungen. Quevedo hatte Benders Äußerung, wonach das intendierte höchste Level dokumentarischer Evidenz durch technische Hindernisse nicht erreicht werden konnte,[53] funktionalisiert, wohl in dem Sinn, dass Bender nicht von der Echtheit der Phänomene überzeugt sei. Bender sandte Argumosa als ‚Schützenhilfe‘ für ein neues öffentliches Aufeinandertreffen mit Quevedo ein Telegramm, in dem er seine Einschätzung der Phänomene als paranormal bestätigte (siehe Fußnote 49). Dieses Telegramm solle Quevedo unbedingt vor Beginn der Veranstaltung gezeigt werden. Die öffentliche Diskussion über Benders Telegramm zeigte jedoch nicht das gewünschte Resultat, da Quevedo die Äußerungen in einer eigenwilligen Art interpretierte.[54]

Abb. 16: Fernsehteam des Südwestfunk vor dem “Haus der Gesichter” im Jahr 1973. Copyright/Quelle: Archiv des IGPP

Fake News und die Fortschreibung von falschen Fakten

Fake News sind keine neue Erfindung der letzten Jahre, sondern spielten schon in den 1970er Jahren eine wichtige Rolle bei Themen, die eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit genossen. Wie schon erwähnt, gab es einen Versuch, den durch die Medien erzeugten Aufruhr zum Bélmez-Fall zu beenden. Bender sprach von einem „Feldzug gegen Bélmez, der (…) in der Presse ausgelöst wurde (…) (und) auf vollkommen falschen Behauptungen, falschen Unterstellungen von Geständnissen“ beruhte.[55] Das Letztgenannte bezog sich auf ein angebliches Geständnis des Fotografen von Bélmez, er habe die Gesichter produziert. So war es in etlichen Zeitungen zu lesen.[56] Demgemäß würde es sich um Betrug bzw. Fälschungen handeln. Jener Fotograf allerdings versicherte Bender in einem Interview, dass er nie ein solches Geständnis abgegeben habe. Es handelte sich um eine reine Erfindung durch einen Journalisten.[57]

Manche Verfechter eines paranormalen Ursprungs der Gesichter behaupten, dass eine dem Franco-Regime unterstehende sogenannte „Operación Tridente“ (Operation Dreizack) eingerichtet worden sei, um eine öffentliche Diskussion der Phänomene zu unterdrücken (Fernández Bueno, 1999: 65–71; Fernández Bueno & Sentinella, 2004: 81–91; Jiménez & Fernández, 2005: 165–191). Die drei Spitzen des Dreizacks seien repräsentiert durch die (1) Kirche, (2) gefälschte Untersuchungsergebnisse durch skeptische Wissenschaftler und (3) Maßnahmen der Regierung. Einige Kritiker bezweifeln, dass es je eine solche „Operación Tridente“ gegeben habe, und sehen es als eine Verschwörungstheorie an (z. B. Alonso, 2014: 44). Solche Zweifel scheinen gerechtfertigt zu sein, wie man aus den Interviews von Carballal (2007) mit früheren Mitgliedern der Guardia Civil ersehen kann. Alle verneinten die Existenz einer solchen Operation. Allerdings besteht kein Zweifel daran, dass für eine gewisse Zeit behördlicher Druck auf verschiedene Personen und auf die Presse ausgeübt worden war.[58] So erhielt etwa der Bürgermeister von Bélmez am 26. Februar 1972 einen Brief vom Chef des Landratsamtes, Pablo Núñez Moto, in dem ihm jeglicher Kommentar zu den Gesichtern verboten wurde. Bei Zuwiderhandlung wurde ihm die Suspendierung angedroht (Carballal, 1992; Fernández Bueno, 1999: 69). Und der Sohn des Fotografen in Bélmez berichtete Bender in einem Interview, dass ihm gegen Ende Februar 1972 von Professor Serrano, Assistent am Lehrstuhl für Politische Wissenschaften in Madrid, nahegelegt worden sei, sich nicht mehr zum Fall zu äußern. Er sei sogar bedroht worden.[59] Das gefälschte Geständnis des Fotografen und auch die Anschuldigung seines Sohnes finden wir in etlichen späteren Publikationen.[60] Das gleiche gilt für die angebliche Aufklärung des Falles als Betrug mithilfe einer falschen chemischen Formel.[61]

Eine große Rolle für die nachfolgende öffentliche Rezeption dieses Falles spielte die Tatsache, dass die Presse fast von Beginn an in die Untersuchungen involviert war, indem sie eine eigene Untersuchungsgruppe einsetzte, der auch zwei Reporter angehörten. Sie arbeiteten mit Argumosa zusammen und mögen wirklich an einer unvoreingenommenen Prüfung der Phänomene interessiert gewesen sein. Aber ihr Hauptziel musste natürlich sein, eine gut zu verkaufende Story zu bekommen (Cuevas & Sánchez-Oro, 2011). Sie wurden Zeugen des spontanen Erscheinens eines Gesichts.[62] Aus der Perspektive eines unzulänglich informierten skeptischen Lesers, der seine Informationen nur aus Zeitungsartikeln bezieht, werden allerdings ihre Bezeugungen möglicherweise automatisch entwertet durch die Tatsache, dass sie von Reportern eines Boulevardblattes stammen.

Zeitschrift für Anomalistik (ZfA)
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Abschließende Überlegungen

Aus dem Vorangegangenen dürfte klar geworden sein, dass selbst eine gründliche und gut
kontrollierte Untersuchung von paranormalen Phänomenen unter anscheinend guten Vorbedingungen und bei hohem Ressourcenaufwand schief gehen oder zumindest sehr schwierig werden kann aufgrund von nicht kontrollierbaren äußeren Einflüssen und Interessenskonflikten. Zu viele Parteien waren involviert, die zu verschiedene Interessen verfolgten, was dann den Fall ‚verdarb‘ (Cuevas & Sánchez-Oro, 2011).[63] Da Bender sich nicht in der Lage sah, alle wichtigen Untersuchungen selbst vor Ort durchzuführen, scheiterte die von ihm gewünschte Form der Dokumentation. Er war der Ansicht, dass die Experimente nicht mit der nötigen Genauigkeit und Akribie durchgeführt worden waren. In einem Brief an seine Übersetzerin Göhler vom 19. März 1973 beklagt er sich: „Das Plastik-Platten-Experiment ist gründlich vermasselt worden. Kein Notar bei der Entfernung der Platte, nun noch keine Foto-Aufnahmen, weil der ‚Entwickler‘ nichts taugte.“[64]

Das Interesse der Öffentlichkeit war schon vor Beginn der gründlichen Untersuchung in hohem Maße geweckt. Das führte zu großen Besucherscharen und einer starken Berichterstattung in öffentlichen Medien – mit all den für eine wissenschaftliche Untersuchung zumeist negativen Begleiteffekten. Dennoch blieb Bender zunächst optimistisch. Das angebliche Betrugsbekenntnis durch den Fotografen konnte als gefälscht zurückgewiesen werden, und das Erscheinen der Gesichter blieb trotz des öffentlichen Rummels nicht aus. Dies ermutigte ihn, weitere Untersuchungen in Kooperation mit dem Südwestfunk-Fernsehteam durchzuführen, um mit dem Versuch eines wissenschaftlichen Beweises gleichzeitig noch attraktives und überzeugendes Filmmaterial zu gewinnen.

Das vom SWF-Team in Bélmez aufgenommene Filmmaterial wurde jedoch nicht ausgestrahlt, da die Fernsehserie vorzeitig abgebrochen wurde. Ursprünglich war dies nur als eine temporäre Unterbrechung nach der Ausstrahlung der dritten Folge geplant. Vielsagend ist eine Überschrift der Mittelbayerischen Zeitung vom 23. Januar 1975:

“Fragwürdige ‘Psi’-Serie der ARD ist vorerst beendet. Benders Spukgeister streikten vor der Kamera. Keine Beweise fürs Übersinnliche erbracht / Naturwissenschaftler kündigen Kampf gegen Aberglauben an.”

Zu seinem Scheitern, den schlagenden Beweis für ein paranormales Geschehen zu erlangen, kam hinzu, dass Bender starken Gegenwind von verschiedenen Seiten erhielt. Die Presse reagierte fast durchgängig kritisch auf die erste Folge der Serie, in der es um Tonbandstimmenexperimente ging, und die Zuschauer waren gespalten.[65] Zudem stand noch Benders Pensionierung an, die auch die Frage nach seiner Nachfolge an der Universität aufwarf. Es kostete ihn einige Energie, sie in seinem Sinne zu regeln, weshalb eine weitere Bemühung um die Fertigstellung der noch ausstehenden drei Folgen wohl unter den gegebenen Umständen zu überfordernd für ihn war. Das Scheitern dieser Fernsehdokumentationsserie dürfte den Ambitionen Benders, mit Hilfe der Massenmedien auf eine seriöse Art und Weise der Parapsychologie zum Durchbruch zu verhelfen, einen kräftigen Dämpfer versetzt haben.

Ein Hauptargument der Skeptiker gegen die paranormale Qualität der Gesichter von Bélmez bezieht sich auf die Tatsache, dass Bender nie eine formale Publikation zu seinen Untersuchungen veröffentlicht hatte, trotz seiner Ankündigungen in den Jahren 1972 und 1973.[66] Das ist zwar kein wissenschaftliches Argument, aber grundsätzlich schon in Betracht zu ziehen. Es wäre vergleichbar mit dem bekannten „File-Drawer“-Problem in der experimentellen Parapsychologie[67] und könnte ebenfalls, bezogen auf diesen Fall, auf die anscheinend nicht existierenden oder zumindest nicht veröffentlichten Berichte der Polizei und des ‚offiziellen Untersuchungskommittees‘ angewendet werden, die offenbar keine Indizien für Betrug entdecken konnten. Berücksichtigt man allerdings Benders persönliche Situation (Suche nach einem Universitätsnachfolger) sowie seine Enttäuschung bezüglich der Fernsehserie und darüber hinaus seine chronische Arbeitsüberlastung, kann man darin genügend plausible Gründe dafür sehen, dass der Fall nicht Gegenstand einer ausführlichen Publikation von Bender geworden war.[68] Die große Bedeutung, die er den ‚Gesichtern‘ beimaß, lässt sich aus der Unterstützung von MacKenzies im Jahr 1987 veröffentlichter Fallrekonstruktion ersehen (MacKenzie, 1987: 24–41).[69]

Ein weiterer wichtiger Punkt bestand in der Bedeutung, die Argumosa den EVP-Experimenten beimaß. Als die involvierten Reporter die Serie mit dem Titel „Las caras hablan“ [Die Gesichter sprechen] starteten, unterstützte dies klar eine spiritualistische Interpretation der Phänomene, was ein Dorn im Auge vieler Parapsychologen war, inklusive Argumosas selbst. Es brachte zudem heftige Reaktionen (beispielsweise seitens des oben erwähnten Padre Quevedo) und Missverständnisse hervor. Dementsprechend kritisierte Alonso (2014: 97ff) Argumosa unter anderem scharf dafür, dass er hauptsächlich an Tonbandstimmenaufnahmen interessiert sei, und zitierte Teile aus dem offiziellen Bericht Argumosas für den Zivilgouverneur von Jaén.[70] Jemand, der nur wenig von Zugängen und Theorien der parapsychologischen Forschung versteht, kann leicht die aus Argumosas Bericht angeführten Punkte missverstehen. Hier müssen jedoch wissenschaftspolitische Gesichtspunkte mit in Betracht gezogen werden: Argumosa wollte sich von Amateurforschern und Journalisten abgrenzen, indem er auf einen internationalen Kongress zur Tonbandstimmenforschung hinwies, der in Italien stattfinden sollte. Außerdem entspricht es seinem eigenen methodischen Zugang zur Untersuchung von RSPK-Fällen, die Phänomene als Teil eines umfassenderen Geschehens zu verstehen. Seine Methode beinhaltet drei Hauptschritte: (1) das Ausschließen von Betrug, (2) die Untersuchung der Phänomene mit konventionellen wissenschaftlichen Methoden (z. B. Materialanalysen) und (3) die Anwendung parapsychologischer Untersuchungsmethoden (Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 347ff). Der letztgenannte Punkt gründet auf der Vorstellung, dass an einem vermeintlichen Spukort eine ganze Reihe verschiedener paranormaler Phänomene in Erscheinung treten können und nicht etwa nur ein einzelner Typ. Wenn es also möglich ist, überzeugende EVPs an einem solchen Ort aufzunehmen, so kann dies als starkes Indiz dafür gewertet werden, dass andere Phänomene ebenfalls ‚echt‘, d. h. paranormalen Ursprungs sind. Bender selbst schloss solche Methoden als zusätzlichen Input nicht grundsätzlich aus. So fragte er etwa den berühmten holländischen Hellseher Gérard Croiset, mit dem er teilweise erfolgreich bei mehreren Untersuchungen und Experimenten zusammengearbeitet hatte, im Rahmen eines Besuches am 11. Juni 1972 um dessen Einschätzung. Croiset beschrieb detailliert das Innere des Hauses des Fotografen und mahnte zur Vorsicht, da in dem Fall gefälscht worden sei.[71] Bender allerdings maß dieser Warnung nicht übermäßig viel Bedeutung bei. In einem Brief an seine Übersetzerin Renate Göhler schrieb er: „Das kann reine Phantasie oder eine telepathische Anzapfung der gesteuerten Presseberichte sein und beeindruckt mich nicht sonderlich.“[72]

Wenn man Benders Hauptanliegen in Betracht zieht, unanfechtbare Beweise für ein paranormales Geschehen zu erlangen, so wäre es das Beste gewesen, die Experimente auf konventionelle Methoden (also ohne EVPs etc.) zu beschränken und sie so betrugssicher wie möglich zu gestalten. Als aber das öffentliche Interesse wuchs, gerieten die Dinge außer Kontrolle. Zusätzlich zu dem Interesse der Massenmedien betraten noch unterschiedlichste Arten von Forschern die Szene. Einige führten Experimente mit hypnotisierten Medien durch,[73] ein Mediziner akupunktierte die Gesichter,[74] und der Futurologe und Astrologieprofessor Rafael Lafuente machte „sensationelle“ Voraussagen.[75] Von 1996 an begann die spanische Amateuruntersuchergruppe Sociedad Española de Investigaciones Parapsicológicas (SEIP) mit Untersuchungen und Experimenten (Fernández Bueno & Sentinella, 2004: 137–149). 2002 starteten sie die sogenannte Operación Génesis, die sich unter anderem mit dem Einfluss der gesundheitlichen und geistigen Verfassung von María auf die Gesichtszüge der Gesichter befasste (Alonso, 2014: 136ff; Fernández Bueno & Sentinella, 2004: 151–176). Dies alles hatte natürlich Auswirkungen auf die öffentliche Meinung bezüglich des Falls und der Forscher, die sich seiner Untersuchung widmeten.

Ein drittes, häufig von Skeptikern (und nicht nur von ihnen) ins Feld geführtes Argument betrifft die finanzielle Seite. Wenn größere Mengen von Geld im Spiel sind, wird dies allein schon häufig als sicherer Hinweis auf Betrug angesehen. Solche Überlegungen sind durchaus gerechtfertigt, aber es handelt sich auch hier nicht um ein wissenschaftliches Argument. César Tort, einer der Autoren des vielleicht bisher informativsten wissenschaftlichen Aufsatzes zu dem Fall (Tort & Ruíz-Noguez, 1993), veröffentlichte später eine kurze Notiz im Skeptical Inquirer (Tort, 1995). Darin hat er seine vormalig neutrale Position zugunsten einer skeptischen aufgegeben („my former neutrality was a bit inattentive“). Allerdings führt er kein einziges wissenschaftliches Argument zur Rechtfertigung seiner Neubewertung des Falles an. Fast die Hälfte des Textes erwägt Geldangelegenheiten („may have been perpetrating a hoax for financial gain”),[76] und in den anderen Teilen führt er Argumente der Skeptiker an, die von Beginn der ersten Untersuchungen des Falls an bekannt waren („The photo I took of the face called La Pelona […] has all the signs of having been sketched by an inexperienced hand – even infantile, I would say. And the same can be said of the ten other faces I photographed“). Hier können wir eine eher typische Entwicklung sehen: Mit zunehmender zeitlicher Distanz zu den Ereignissen wird die Tendenz zu einer Wiederherstellung der orthodoxen Realitätsordnung (siehe Mayer & Schetsche, 2016) zunehmend stärker. Die Beurteilungen basieren oft auf Sekundärquellen, die passend zur eigenen Meinung und Weltsicht ausgewählt werden.[77] Um ein im JSPR-Aufsatz von Tort & Ruíz-Noguez angeführtes Beispiel zu geben: Der Präsident der Spanischen Gesellschaft für Parapsychologie, Ramos Perera, der die Betrugshypothese vertritt, äußerte in einem Telefoninterview mit den Autoren im Jahr 1992, „that the fraud was done ‚by a photographer who retouched the originals‘“ (1993: 166). Nun basiert diese Aussage aber offensichtlich auf „Fake News“, die von einem Journalisten erfunden wurden.[78] Wenn man also einen relativ unverzerrten Eindruck von einem historischen Fall gewinnen möchte, ist es notwendig, oder zumindest hilfreich, die in den Archiven zugänglichen Primärquellen einzusehen, die in diesem faszinierenden Fall glücklicherweise sehr reichhaltig und ergiebig sind. Damit kann so manches schiefe Bild gerade gerückt werden.

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Pilar Ramiro de Pano für ihre unschätzbare Hilfe. In großzügigster Weise stellte sie Dokumente und Fotografien zur Verfügung und gab wichtige und erhellende Informationen zum Fall, die mir sehr geholfen haben, die Situation im Spanien der frühen 1970er Jahre besser zu verstehen.

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Endnoten

[1]Dr. Gerhard Mayer ist Psychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V. in Freiburg i. Br.; verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift für Anomalistik, seit 2012 Geschäftsführer der Gesellschaft für Anomalistik e.V. E-Mail: mayer@anomalistik.de

http://dx.doi.org/10.23793/zfa.2018.104

[2]RSPK = Recurrent spontaneous Psychokinesis. Die Bezeichnung wurde unter Vermeidung von impliziten theoretischen Vorannahmen als ‚wertneutraler‘ Begriff von spukartigen Phänomenen eingeführt.

[3]Alonso J. J., 1976; Alonso J., 2014; Alvarado, 1983, 1985; Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 319–364 und 504–506; Bender, 1972, 1974; Fernández Bueno, 1999; Fernández Bueno & Sentinella, 2004; Carballal, 1992, 2007; Gebhardt, 2009; Gruber, 1983; Jiménez & Fernández, 2005; Jordán, 1982; MacKenzie, 1987: 23–41; Martinez Romero, 1978, 1987; Naegeli-Osjord, 1974; Nager, 1974; Ramiro de Pano, 2009: 151–153; Ramiro de Pano, 2015; Rogo, 1983; Schneider, 1976; Serrano, 1972; Sorel, 1980; Tort, 1991, 1995; Tort & Ruíz-Noguez, 1993. Diese Auflistung beansprucht keine Vollständigkeit. Manchmal ist es schwierig, klar zwischen wissenschaftlicher, populärwissenschaftlicher und unterhaltender Literatur zu unterscheiden.

[4]Wenn von ‚Gesicht‘ oder ‚Gesichtern‘ die Rede ist, sind damit die als Gesichter interpretierten Verfärbungen gemeint. Auf die Verwendung von einfachen Anführungszeichen wird im Folgenden zu Gunsten des Schriftbildes verzichtet.

[5]Manuskript eines von Argumosa in Jaén/Spanien am 23. Juni 1972 gehaltenen Vortrags (fälschlicherweise auf 23. Mai 1972 datiert; IGPP-Archiv, E/23-370).

[6] Die Bestände des IGPP-Archivs enthalten einige Informationen zur Chronologie der Ereignisse. Vgl. die auf 8. Januar 1973 und März 1984 datierten Berichte wie auch die Tonbandtranskripte der Vorträge, die Gérman de Argumosa am IGPP sowie am 23. Juni 1972 in Jaén hielt (IGPP-Archiv, E/23-370). Einen kurzen, wenngleich skeptisch voreingenommenen Überblick über den Fall und die ausgelösten Kontroversen findet man auch auf den englischen Seiten der Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/B%C3%A9lmez_Faces). Die sechste Folge der deutschen Fernsehdokumentation Dimension Psi (2003) beinhaltet eine fünfminütige Darstellung des Falls mit neu aufgenommenem Filmmaterial und einigen historischen Fotografien aus Bélmez. Überblicksdarstellungen bieten auch Ramiro de Pano (2015) und Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 319–364 und 504–506).

[7] Brief von Göhler an Bender vom 4. September 1972 (IGPP-Archiv, E/23-371).

[8]Die Autorin zeigt in ihrem Aufsatz eine Reihe von Fotos der Gesichter, die zu verschiedenen Zeiten aufgenommen wurden und die Veränderungen sichtbar machen.

[9]Abschrift einer Tonbandaufnahme, datiert auf 8. November 1973 (IGPP-Archiv, E/23-370). Bender interviewte María während seines dritten Besuchs in Bélmez im September 1973. María fand es ein wenig merkwürdig, dass der Bürgermeister von Bélmez, der von Anfang an stark in den Fall involviert war, nicht während der Untersuchung auftauchte und in jener Zeitspanne im Dorf überhaupt nicht aufzufinden war. Sie hatte den Verdacht, dass der Grund dafür in einer Anordnung durch eine höhere Instanz zu finden sei. Kurz vor ihrem Tod erwähnte sie die „wissenschaftliche Polizei“ („policía cientifica“) noch einmal in einem Interview für eine deutsche Fernsehproduktion. Sie äußerte: „Bevor sie gingen, fragte ich, ob sie mir sagen könnten, was sie herausgefunden haben. Sie sagten mir: Das kann keiner herausfinden“ (Oliver Halmburger: Dimension Psi [2003], Folge 6 „Geister“, 00:28:48).

[10]Der Status dieser Gruppe konnte nicht hinreichend geklärt werden. Ramiro de Pano merkt an, dass es zum Fall keine offizielle Stellungnahme der Gruppe, sondern nur diejenige von Jordán selbst gibt (E-Mail vom 30. Juli 2017; siehe auch Fußnote 15). Fernández Bueno (1999: 68), Jiménez & Fernández (2005: 173–174) und Fernández Bueno & Sentinella (2004: 86) berichten (in identischem Wortlaut!) von Akten bzw. Unterlagen dieser Gruppe, unter denen sich auch ein Dokument vom 10. April 1972 befindet. In diesem ist von einer „sehr interessanten Exkursion“ die Rede, bei der die Gruppenmitglieder die Gelegenheit gehabt hätten, sich besser kennen zu lernen. Diese Unterlagen seien im Besitz von Jordán. Fernández Bueno (1999: 68) und Fernández Bueno & Sentinella (2004: 86) bestreiten, dass es eine offizielle Untersuchungsgruppe gab, die von Jordán angeführt wurde. Dementsprechend bleibt der ehemalige Präsident der Spanischen Gesellschaft für Parapsychologie Jordán („a kind of Spanish Martin Gardner“; Tort & Ruíz-Noguez, 1993: 165) eine eher obskure oder ‚okkulte‘ Person (Cuevas & Sánchez-Oro, 2011).

[11]Argumosa erklärte in einer Radiosendung („Turno de Noche“) am 17. Juni 1994: „Vom Bürgermeister bis zum letzten Beamten der Guardia Civil verlief eine ständige Kontrollkette und alle versicherten mir, dass kein Betrug vorlag“ (zitiert nach Ramiro de Pano, 2015: 123), und er gab außerdem zu bedenken, dass während des Franco-Regimes in den 1970er Jahren bei so vielen involvierten Beamten und staatlichen Autoritäten, wie dies bei den Gesichtern von Bélmez der Fall war, niemand einen Betrug riskiert hätte (Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 385–386, Endnote 84). Siehe auch Carballal (2007).

[12]Zur Person und Biografie von Argumosa siehe Ramiro de Pano (2009, 2015) und Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 399–566). Diese Arbeiten beinhalten Abschnitte zu den Untersuchungen der „Gesichter von Bélmez“.

[13]Dieser Bericht ist auf den 14. März 1972 datiert. Er ist in Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 319–326) publiziert; eine deutsche Übersetzung bietet Ramiro de Pano (2015). Es existiert auch eine deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1972, die einige geringfügige Unterschiede aufweist (IGPP-Archiv, E/23-370).

[14]„Pueblo investiga: LAS CARAS HABLAN“. Pueblo vom 14. Februar 1972. Siehe auch Fernández Bueno (1999: 44) und Cuevas & Sánchez-Oro (2011).

[15] Jordán (1982: 144) schreibt von einem unbekannten Anrufer, der den Chemiker der Untersuchungsgruppe „Pueblo“ über diese Lösung informiert habe. Er betont, dass der Anrufer, ein ihm persönlich bekanntes Mitglied der „Agrupación Estudios Eridani“, nur auf eine mögliche Methode zur Produktion solcher Bilder hingewiesen habe. Er habe aber keineswegs behauptet, dies sei zwangsläufig die Lösung des Falls. Merkwürdigerweise erwähnt Jordán in seinem Buch nicht, dass er selbst mit der Gruppe zu tun hatte, obwohl er während dieser Zeit ihr Präsident war (Jiménez & Fernández, 2005: 173). Zu den Materialanalysen der Gesichter von Bélmez allgemein siehe Alonso (1976), Tort & Ruíz-Noguez (1993) und Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 392–397, Endnoten 98 und 99). Ramiro de Pano (2015: 137–138) berichtet von einer letzten Analyse, die von Iker Jiménez Elizari angeregt und im Jahr 2014 für die Fernsehsendung „Cuarto Milenio“ von einem Team um J. J. Gracenea in der Abteilung für organische Chemie an der Universität Jaume I. durchgeführt worden war. Erneut konnten keine Anzeichen von Betrug entdeckt werden, also Spuren von chemischen Substanzen oder Techniken, die bei einem Herstellen solcher Formationen zu erwarten wären.

[16]Obwohl der Artikel in Pueblo erwähnt, dass die Formel auf Laborexperimenten beruht und deshalb nur eine plausible Lösung für das Herstellen der Gesichter anbietet, wurde dies von der internationalen Presse als mehr oder weniger sicherer Beweis dargestellt, dass es tatsächlich so gemacht worden sei. Die Süddeutsche Zeitung vom 3. März 1972 beispielsweise berichtet von Spuren fotografischer Salze, vor allem Silberchlorid und Silbernitrat, die gemäß dem Bericht in Pueblo im Zement des
Küchenbodens gefunden worden seien. Dies beruht offenkundig auf einer falschen Interpretation des spanischen Artikels, dem möglicherweise ein Übersetzungsfehler zugrunde liegt.

[17]Jiménez und Fernández interviewten Antonio Casado, der als Journalist von Pueblo für jenen Artikel verantwortlich war. Er erzählte ihnen von der Anordnung des Chefs der Zeitung, die Berichterstattung zu stoppen und die ‚Geschichte‘ zu beenden, da sie zu einem Problem der öffentlichen Ordnung geworden sei („se ha convertido en todo un problema de orden público“; Jiménez & Fernández, 2005: 185). Siehe auch den Brief von Argumosa an Bender vom 5. Februar 1973 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[18]Nach ihrem Tod erschienen weitere Gesichter, allerdings nun in ihrem Geburtshaus neben dem „Haus der Gesichter“ (Alonso, 2014; Gebhardt, 2009). Mehr noch als die früheren Erscheinungen wurden diese als Fälschungen angesehen, die zur Ankurbelung des Tourismus hergestellt wurden.

[19]Argumosa war sehr an der Arbeit von Konstantin Raudive und dem elektronischen Stimmenphänomen (EVPs) interessiert. Er traf den Stimmenforscher gemeinsam mit anderen parapsychologisch
orientierten Wissenschaftlern (H. Bender, A. Schneider, L. Schmidt) regelmäßig in Deutschland und der Schweiz (Ramiro de Pano, 2009). Am 10. November 1971 hielt Argumosa in Madrid einen Vortrag zu diesem Thema mit dem Titel „Extrañas voces de origen desconocido“ (Argumosa & Ramiro de Pano, 2014: 303–318; 491–504).

[20] Auf die Frage des Herausgebers der Zeitung Patria aus Granada antwortete Bender: „Nach meiner Einschätzung bestehen keine Zweifel daran, dass die Gesichter als paranormal angesehen werden müssen.“ Und auf die Frage, welcher Kategorie er das Phänomen zuschreiben würde, wenn er es mit anderen ihm bekannten Fällen vergleicht, äußerte er: „Ich messe ihm außerordentliche Bedeutung zu, denn teleplastische Phänomene sind sehr selten.“ (Beilage zum Vortragsmanuskript von Argumosa vom 23. Juni 1972: 21–22 [falsch datiert auf 23. Mai 1972; IGPP-Archiv, ibid.]).

[21]In Interviews berichtete die lokale Bevölkerung von Spukphänomenen in der näheren Umgebung dieses Hauses, die in eine Zeit lange vor dem ersten Erscheinen der Gesichter zurückreichen. Darüber hinaus wurden Dokumente in der Universität von Salamanca gefunden, die bekunden, dass im 17. Jahrhundert in dem nämlichen Haus oder in der unmittelbaren Nachbarschaft eine Familie von fünf Personen ermordet worden war (Transkript der Tonbandaufnahme des Vortrags, den Argumosa am 17. April 1972 am IGPP hielt [IGPP-Archiv, ibid.]. Siehe auch Martínez Romero, 1978).

[22] Siehe auch den Brief von Susanne (Susana) Polac an Bender vom 7. März 1972 (IGPP-Archiv, E/23-371). Es bleibt unklar, ob dieses ‚offizielle‘ Komitee tatsächlich von staatlicher Seite eingerichtet worden war. Siehe Fußnoten 10 und 15.

[23] Brief Argumosas an Bender vom 6. März 1973. Siehe auch das Gesprächsprotokoll eines Treffens der beiden in Freiburg am 13. April 1973 sowie das Transkript des Tonbandprotokolls zu den SWF-Dreharbeiten, datiert auf den 8. November 1973 (IGPP-Archiv E/23-370). María Gómez erwähnte den Besuch des Kommittees in der weiter oben genannten Filmdokumentation Psi (siehe Fußnote 9) und betont, dass sie selbst keinerlei konventionelle Erklärung für die Phänomene finden konnte.

[24]Argumosa & Ramiro de Pano (2014: passim). In früheren Jahren blieb Argumosa manchmal etwas unklar hinsichtlich seiner theoretischen Positionierung – vielleicht aus strategischen Gründen. Bei manchen Gelegenheiten zeigte er sich als ein Vertreter der psychodynamischen (animistischen)
Theorie, möglichweise um sich im Einklang mit Bender zu zeigen, aber bei anderen Gelegenheiten wies er auch spiritualistische Hypothesen nicht zurück. Der Präsident der Schweizer Parapsychologischen Gesellschaft, H. Naegeli-Osjord, besuchte Argumosa Ende 1973 und schrieb in einem Artikel: „[E]r neigt zu [sic!] spiritualistischen Deutung dieses spektakulären Phänomens.“ (Naegeli-Osjord, 1974). Dies allerdings mag primär auf Wunschdenken zurückzuführen sein. Argumosa blieb offen für verschiedene Modelle, wie es sich für einen Wissenschaftler gehören sollte, besonders in einem so unkonventionellen Forschungsfeld wie der Anomalistik.

[25]Wörtliches Transkript eines Telefongesprächs zwischen Bender und einem Vertreter von Padre
Quevedo vom 10. Januar 1975 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[26]Manuskript eines Vortrags, den Argumosa am 23. Juni 1972 in Jaén gehalten hat (IGPP-Archiv, ebd.). Siehe auch das Transkript eines Gesprächs von Bender mit Sagrario vom 21. oder 22. Mai 1972 in Bélmez (ebd.).

[27]Siehe Vortragsmanuskript in Spanisch und Deutsch (IGPP-Archiv, ebd.). Eine leicht veränderte und editierte Version wurde in drei Teilen in der Zeitschrift KARMA-7, No. 9–11, Juli, August, September 1973, publiziert.

[28]Brief von Argumosa an Bender vom 7. Juli 1972 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[29]Unterzeichnetes Protokoll (Kopie) vom 16. Juni 1972 (ebd.). Siehe auch Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 387–388) und Ramiro de Pano (2015).

[30]Siehe handschriftliche Notizen zu diesen Markierungen (IGPP-Archiv, E/23-371).

[31]Im Zusammenhang mit einem dritten Experiment bemerkte Bender ein Jahr später: „Es wird deutlich, daß der wirklich endgültige, schlagende Beweis geliefert werden könnte, wenn es gelingt, durch einen Zeitraffer eben die Veränderung in der Materie des Zements kontinuierlich sichtbar zu machen“ (Transkript des Tonbandprotokolls zu den SWF-Dreharbeiten, datiert auf den 8. November 1973 [IGPP-Archiv E/23-370]).

[32] Gesprächsprotokoll eines Treffens von Argumosa mit Bender in Freiburg am 13. April 1973 (IGPP-Archiv, ebd.).

[33]Memo zu einem Telefonanruf von Renate Göhler an das IGPP (undatiert, IGPP-Archiv, E/23-371).

[34]Brief Benders an Göhler vom 29. November 1972 (IGPP-Archiv, ebd.). Die Instruktionen betrafen den Umgang mit dem Wasser zwischen der Plexiglasscheibe und dem Boden, den versiegelten Passungen zu den applizierten Markierungen sowie die fotografische Dokumentation.

[35]Das Problem hatte darin bestanden, dass der Notar nicht in Bélmez wohnte und an dem Wochenende vom 2. und 3. Dezember nicht erreichbar war. Siehe die Briefe von Göhler an Bender vom 18. Dezember 1972 (IGPP-Archiv, ebd.) und von Argumosa an Bender vom 5. Februar 1973 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[36]Unterzeichnete Protokolle (Kopien), datiert vom 2. und 3. Dezember 1972 (IGPP-Archiv, ebd.). Siehe auch Ramito de Pano (2015).

[37]Siehe Gesprächsprotokoll eines Treffens von Argumosa mit Bender in Freiburg am 13. April 1973 sowie die Briefe von Argumosa vom 5. Februar 1973 und 6. März 1973 und das von den anwesenden Zeugen verfertigte und unterzeichnete Dokument (IGPP-Archiv, ebd.).

[38]Brief Göhlers an Bender vom 10. März 1973 (IGPP-Archiv, E/23-371). Göhler schrieb, es habe sich „ein Umschwung der öffentlichen Meinung um 180° vollzogen. Parapsychologie ist jetzt ganz ‚in‘, über Bélmez darf wieder gesprochen werden, im Radio kommen Sendungen über Paraps., etc. Ein geradezu paranormales Phänomen!“ Siehe auch den Brief von Argumosa an Bender vom 10. Juli 1973 sowie das Transkript des Tonbandprotokolls von Bender zu seinem Besuch in Bélmez vom 11.–13. September 1973 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[39]Brief Göhlers an Bender vom 15. Juni 1972 (IGPP-Archiv, E/23-371).

[40] Ebd.

[41]Fotografien der Exkursion finden sich in Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 327–328). Siehe auch das Gesprächsprotokoll des Treffens von Argumosa und Bender am 13. April 1973 in Freiburg (IGPP-Archiv, E/23-370) sowie Ramiro de Pano (2015).

[42] Brief Argumosas an Bender vom 5. Februar 1973 (IGPP-Archiv, ebd.).

[43] Brief Argumosas an Bender vom 6. März 1973 und 10. Juli 1973 (IGPP-Archiv, ebd.).

[44] Brief Benders an Göhler vom 19. März 1973 (IGPP-Archiv, E/23-371).

[45]Gesprächsprotokoll eines Treffens von Argumosa mit Bender in Freiburg am 13. April 1973 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[46] Transkript eines Telefongesprächs zwischen Bender und Argumosa vom 3. September 1973 (IGPP-Archiv, ebd.).

[47]Brief Argumosas an Bender vom 26. Juli 1973 in französischer Sprache (IGPP-Archiv, ebd.). Siehe auch Fernández Bueno (1999: 59–62), der außerdem ein Interview mit dem Notar Antonio Palacios Luque bietet. Eine deutsche Übersetzung der notariellen Niederschrift des Vorgangs findet sich in Ramiro de Pano (2015).

[48]Siehe Transkript des Tonbandprotokolls von Bender zu seinem Besuch in Bélmez vom 11.–13. September 1973 (IGPP-Archiv, E/23-370). In seinem „Brief zum Jahreswechsel“ schrieb Bender (1974: 20): „In Bélmez haben leichte Veränderungen der Gesichtskonfigurationen während einer notariell kontrollierten Versiegelung des Schauplatzes dazu beigetragen, den paranormalen Ursprung zu sichern.“

[49]Transkript eines Telegramms von Bender an Argumosa vom 10. Januar 1975 in englischer Sprache (IGPP-Archiv, ebd.).

[50]Transkript eines Telefongesprächs zwischen Bender und Argumosa vom 30. April 1974 (datiert vom 2. Mai 1974; IGPP-Archiv, ebd.).

[51]‚Debunker‘ ist eigentlich nicht der richtige Begriff, da Quevedo (= Óscar Gonzáles-Quevedo, 1930 geboren) durchaus an paranormalen Phänomenen interessiert war. Er hat 1970 in São Paulo das Centro Latino-Americano de Parapsichologia (CLAP) gegründet, das noch heute unter dem Namen Instituto Padre Quevedo de Parapsicologia existiert (http://institutopadrequevedo.com.br/, Zugriff: 9. Mai 2018) und Beratung für Personen mit außergewöhnlichen Erfahrungen sowie Kurse zu parapsychologischen Themen für Ärzte, Psychologen, Erzieher usw. anbietet. Eines der Ziele besteht darin, die Ängste der Menschen vor paranormalen Phänomenen zu nehmen und ein psychodynamisches Erklärungsmodell bereitzustellen, das den in Brasilien weit verbreiteten spiritistischen Vorstellungen entgegengesetzt werden kann. Die Kritik Quevedos ist demnach allgemein gegen den Spiritualismus/Spiritismus (z. B. gegen den Kardechianismus in Brasilien) und im Fall der Gesichter von Bélmez gegen eine bei Argumosa vermutete spiritistische Interpretation der Phänomene gerichtet.

[52]Quevedo entschuldigte sich später in einem Brief vom 17. Januar 1975 bei Bender, dass seine Äußerungen unglücklich gewählt und schließlich „oeffentlich verdreht“ worden seien (IGPP-Archiv, ebd.).

[53]Transkript des Telefongesprächs zwischen Bender und einem Stellvertreter von Quevedo, Dr. Hopidga, das am 10. Januar 1975 stattfand, sowie das Telegramm Benders an Argumosa vom selben Tag (IGPP-Archiv, ebd.).

[54]Brief Argumosas an Bender vom 24. Januar 1975 (IGPP-Archiv, ebd.). Bender sagte dem Stellvertreter von Quevedo in dem schon erwähnten Telefongespräch, dass Argumosa der Hauptuntersucher des Falles sei, er jedoch ebenfalls mehrere Male in Bélmez gewesen sei, um selbst Untersuchungen zu den Phänomenen sowie den beteiligten Personen anzustellen (Transkript des Telefongesprächs vom 10. Januar 1975; IGPP-Archiv, ebd.). In einer in Madrid gehaltenen Rede wie auch in einem Radiointerview behauptete Quevedo allerdings, dass Bender ihm telefonisch mitgeteilt habe, er habe keine Untersuchungen der Gesichter von Bélmez vorgenommen. Dementsprechend würden dessen Versicherungen, dass es sich um genuine paranormale Phänomene handle, ausschließlich auf Informationen basieren, die er von Argumosa bekommen habe (Telefongespräch zwischen Bender und Antonio
Carretero Hanefey [im Auftrag von Argumosa] vom 15. Januar 1975; IGPP-Archiv, ebd.).

[55] Siehe Fußnote 25.

[56] Brief Polacs an Bender vom 6. März 1972 (IGPP-Archiv E/23-371).

[57] Interview von Bender mit Miguel Rodríguez Montavez am 21. oder 22. Mai 1972 in Bélmez (IGPP-Archiv E/23-370).

[58]Ramiro de Pano erklärte dazu: „Unter einem autoritären oder diktatorischen System bedarf es keiner geschriebenen Anweisungen; Personen in offiziellen Ämtern wissen, was sie zu denken und zu tun haben, um nicht das Vertrauen ihrer Vorgesetzten zu verlieren. Ein Vorschlag, eine Geste der Missbilligung, eine verbale Restriktion, ein Telefonanruf, reicht schon“ (E-Mail vom 1. August 2017, Übersetzung durch G. M.).

[59]Interview von Bender mit Miguel Rodríguez Montavez am 21. oder 22. Mai 1972 in Bélmez (IGPP-Archiv E/23-370).

[60]Leider gilt das auch für die ansonsten in vielerlei Hinsicht gut informierte Darstellung von Cuevas & Sánchez-Oro (2011), die eine Fülle von interessanten Details bietet, der es aber wie bei vielen anderen Publikationen an einer gründlichen Prüfung der Quellen mangelt. Darüber hinaus liefern sie eine falsche Interpretation der Ergebnisse der Materialanalysen durch Alonso (1976). Alonso erkannte nur eine Übereinstimmung mit einer Schuhsohle, die sich in den noch nicht ausgehärteten Zement eingedrückt haben könnte; er zog daraus allerdings keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Frage des Betrugs. Cuevas und Sánchez-Oro schreiben jedoch: „Esta conclusión venía a confirmar, sin atisbo de duda, que al menos aquel rostro analizado era un fraude.“ (Cuevas & Sánchez-Oro, 2011: 19 [Diese Schlussfolgerung bestätigt zweifellos, dass zumindest das analysierte Gesicht gefälscht war. Übersetzung durch G. M.])

[61]Eine besonders bizarre Variante kann man in Joe Nickells Buch Looking for a miracle (1997) finden. Der skeptische Autor erwähnt den Fall nur in einigen wenigen Sätzen (warum?) auf Seite 39, wobei er offenbar ausschließlich auf eine einzige Quelle zurückgreift, nämlich Scott Rogos Buch Miracles (1983). Dieses Buch von Rogo enthält einige grundlegende Fehler, etwa dass Bender nur zweimal für Untersuchungen nach Spanien gereist sei und dass „the local press charged that Señora Pereira was perpetrating a hoax for financial gain“ (S. 128). Nach meiner Kenntnis wurde María Pereira selbst nie von der lokalen Presse des Betrugs bezichtigt. Dies wurde mir auch von Ramiro de Pano bestätigt, die über diesen Fall bestens informiert ist (E-Mail vom 8. August 2017). Rogo hat möglicherweise die Tatsache falsch interpretiert, dass María dafür kritisiert wurde, Eintritt von Touristen zu verlangen und Fotos von den Gesichtern zum Kauf anzubieten. Aber die Betrugsvorwürfe in der Presse betrafen allein den Sohn des Fotografen. Immerhin war Rogo zumindest einigermaßen an dem Fall interessiert. Er bat Bender in einem Brief vom 5. März 1973 um einen Untersuchungsbericht und Fotografien für seine Publikation (IGPP-Archiv E/23-371). Nickell hingegen übernahm nur diejenigen wenigen Sätze aus Rogos Buch, die zu seiner skeptischen Haltung passten, und stellte fest: „Insofar as one is able to judge from a single photograph – depicting the first visage materializing (es war natürlich das zweite; das erste wurde zerstört; G. M.) the face is indistinguishable from the work of a very amateurish artist” (1997: 39). Dies also ist die ganze Grundlage für sein skeptisches Urteil. Nichtsdestotrotz finden wir diese Referenz als Primärquelle im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu den Gesichtern von Bélmez (https://en.wikipedia.org/wiki/B%C3%A9lmez_Faces, Zugriff: 10. Mai 2018).

[62] Siehe Fußnote 26.

[63]Cuevas & Sánchez-Oro (2011: 24) kamen zum Schluss, den Untersucher Manuel Gómez Ruiz
zitierend, dass der Fall der Gesichter von Bélmez die große verpasste Gelegenheit der spanischen Parapsychologie sei.

[64] IGPP-Archiv, ebd.

[65] Brief Benders an den Fernsehredakteur Jörg Dattler vom 18. November 1974 (IGPP-Archiv, E/22-223).

[66]Siehe seinen „Rundbrief“ vom Dezember 1972 (IGPP-Archiv, 40/3, Rundschreiben, Rundbriefe [1968-1994]). In einem Brief an Scott Rogo vom 19. März 1973 antwortete Bender auf dessen Anfrage: „I have not yet made any written report on the Belméz [sic!] faces as the investigation is still going on. (…) Faces are said to have appeared under the plate, but the photographer spoilt the photos. Lack of exactness seems to be a characteristic trait of Spanish people. I will nevertheless publish a report in due course, in cooperation with German de Argumosa, the Spanish parapsychologist.“ (IGPP-Archiv, E/23-371). In einem Brief an einen Herrn Wilbertz vom 2. Mai 1973 kündigte er einen entsprechenden Artikel an, der Ende 1973 in der Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie publiziert werden sollte, allerdings nie erschienen ist (ebd.).

[67] Das ‚File-Drawer‘-Problem besteht darin, dass aus verschiedenen Gründen erfolgreich verlaufene, d. h. die Hypothesen bestätigende Experimente häufiger publiziert bzw. zur Publikation eingereicht werden als nicht erfolgreiche. Das führt zu einer Verzerrung des Gesamtbildes und macht sich vor allem in Metaanalysen bemerkbar.

[68]Im IGPP-Archiv können noch etliche interessante Berichte von Spukuntersuchungen durch Bender gefunden werden, die niemals als ausgearbeitete Artikel veröffentlicht wurden.

[69] Tort & Ruíz-Noguez (1993) kritisieren MacKenzies Untersuchung, weil er keinen Übersetzer während seines Besuchs in Bélmez in Anspruch genommen habe. Allerdings haben sie dabei nicht in Betracht gezogen, dass der Hauptteil von MacKenzies Arbeit aus der Auswertung von Archivmaterialien des IGPP, also der gesamten Korrespondenz zwischen Argumosa und Bender, von Telefonprotokollen und Untersuchungsberichten aus erster Hand bestand. Bender selbst war während seiner drei Untersuchungen in Spanien in Begleitung eines Übersetzers.

[70] Siehe Fußnote 13.

[71]Von Bender verfasstes Protokoll vom 20. Juni 1972 (IGPP-Archiv, E/23-370).

[72] Brief Benders an Göhler vom 2. Juli 1972 (IGPP-Archiv, E/23-371).

[73]Siehe Argumosa & Ramiro de Pano (2014: 343 und 397, Endnote 100) und Martínez Romero (1987). Im Jahr 2003 wurde ein weiteres Experiment dieser Art durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass das hypnotisierte Medium eine Verbindung zwischen Marías Träumen und denjenigen Familienmitgliedern herstellen konnte, die auf tragische Art während des Bürgerkriegs gestorben waren (Alonso, 2014: 37).

[74]Aktennotiz zu einem Gespräch zwischen Bender und dem spanischen Künstler Fernando Calderon am 2. Oktober 1975 (IGPP-Archiv, E/23-370, ohne Autorenangabe).

[75]Artikel in der Zeitung YA vom 16. Februar 1972: „Persiste el misterio de Bélmez de la Moraleda“ [Das Rätsel von Bélmez de la Moraleda besteht weiter] (Korrespondent: Medina Hornos). Siehe auch
Cuevas & Sánchez-Oro (2011).

[76] Siehe Alonso (2014: 44), der schreibt: „Praktisch von der ersten Minute an gab es ein Thema (…), das die beiden Theorien (die skeptische und die spiritistische – G. M.) grundlegend trennte: das Ökonomische“ (Übersetzung durch G. M.). Die Skeptiker betonen die Möglichkeit des finanziellen Gewinns für die Familie von María wie auch den Fotografen und die Dorfbevölkerung, während die ‚Believer‘ darauf hinweisen, dass María ihr Leben lang in bescheidenen Verhältnissen lebte und in relativer Armut starb. Allerdings nahm María tatsächlich während der ersten Monate nach dem ersten Erscheinen der Gesichter Eintrittsgeld von den Touristen und verkaufte Fotografien (Cuevas & Sánchez-Oro, 2011). Siehe auch Fußnote 61.

[77] Dieser Prozess wäre eine eigene Untersuchung wert.

[78] Transkript des Tonbandprotokolls zu den SWF-Dreharbeiten vom 11.–13. September 1973, datiert auf den 8. November 1973 (IGPP-Archiv E/23-370).

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