1g-Reichsstädte

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Kommunikationsraum Reichsstädte

 

Auch die Reichsstädte hatten an dem politischen Verdichtungsprozeß um 1500 teil. In Gestalt des „Städtetages“ entstand seit den 1470er Jahren eine kommunikative Plattform, die für die politische Positionierung der Kommunen ausschlaggebend war. Die Ausformung des Städtetags und der daraus resultierende dichte Austausch zwischen den Reichsstädten ist ein wesentlicher Grund, daß die weit überwiegende Mehrheit diese Gruppe von Reichsständen ihre Gemeinwesen entsprechend den „neuen“ theologischen Ideen umgestaltete.

Die folgende Auflistung (nach Schmidt, S. 404-406 (Steuerlasten der Reichsstädte in den Reichsmatrikeln, 1505 bis 1545/48) hebt die Reichsstädte, die altgläubig geblieben sind, fett hervor, stellt die Städte, in denen 1555 gleichermaßen die katholische wie evangelische Religionsausübung statt hatte, kursiv dar. Die Zahl in Klammern nach der einzelnen Kommune markiert ihren Rang in der Gruppe der Reichsstädte. Das „Ranking“ spiegelt die wirtschaftliche Leistungskraft der jeweiligen Kommune wider. Denn größtenteils entsprachen die finanziellen Lasten, welche die Kommunen entsprechend der Matrikelmoderation von 1545/48 zu tragen hatten, ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit. Daß die größeren Kommunen ihren Anteil an den Gesamtleistungen der Reichsstädte bei den aufzubringenden Reichssteuern zu Ungunsten der mittleren und kleineren Städte reduzierten, ändert nichts an diesem Sachverhalt.

Aachen (25), Aalen (59), Augsburg (2)

Basel (8), Besançon (25), Biberach (21), Bopfingen (66), Buchau a. F. (70), Buchhorn (Friedrichshafen) (68)

Cambrai (48), Colmar (34)

Dinkelsbühl (23), Donauwörth (40), Dortmund (25)

Esslingen (22)

Frankfurt (9), Friedberg (58)

Gelnhausen (50), Gengenbach/Ortenau (59), Giengen (59), Goslar (11)

Hagenau (30), Heilbronn (23)

Isny (53)

Kaiserberg/ Elsaß (50), Kaufbeuren (37), Kempten (40), Köln (3), Konstanz (20) (nach 1548 rekatholisiert; Verlust des reichsstädtischen Status)

Landau (48), Leutkirch (57), Lindau (28), Lübeck (4)

Memmingen (15), Metz (5), Mühlhausen (Thür.) (37), Mühlhausen (Elsaß) (32), Münster (Elsaß) (63)

Nordhausen (43), Nördlingen (19), Nürnberg (1)

Oberehenheim/Elsaß (53), Offenburg/Ortenau (43)

Pfullendorf (46)

Ravensburg (28), Regensburg (13), Reutlingen (31), Rosheim/Elsaß (66), Rothenburg (12), Rottweil/Oberschwaben (16)

Schlettstadt/ Elsaß (42), Schwäb. Gmünd (33), Schwäbisch Hall (10), Schweinfurt (34), Speyer (17), Straßburg (5)

Toul (50), Türkheim/ Elsaß (68)

Überlingen (14), Ulm (5)

Verdun (37)

Wangen (53), Weil der Stadt (59), Weißenburg (Nordgau) (47), Weissenburg (Elsaß) (45), Wetzlar (63), Wimpfen (53), Windsheim (34), Worms (17)

Zell am Harmersbach/Ortenau (65)

 

Auffällig ist, daß, mit Ausnahme Schwäbisch Gmünds und Weil der Stadts bei den katholischen und Dinkelsbühls bei den bikonfessionellen Reichsstädten, alle altgläubigen Städte in Regionen liegen, die „zu dem habsburgischen Einflußgebiet [gehörten], das durch die elsässischen und vorderösterreichischen Territorialgebiete markiert wurde.“ (Enderle, 226). Inwieweit die geographische Nähe Kölns und Aachens zu den habsburgischen Niederlanden mit ihrem Herrschaftszentrum Brüssel auf die konfessionelle Entwicklung dieser Städte Einfluß hatte und welcher Stellenwert der engen ökonomischen Verflechtung Kölns mit diesem Raum zuzuschreiben ist, ist bislang nicht systematisch untersucht. Politische und auch ökonomische Raumstrukturen determinierten die Konfessionsentscheidungen der städtischen Magistrate zwar nicht, aber sie präjudizierten sie.

 

Literatur:

Georg Schmidt, Der Städtetag in der Reichsverfassung. Eine Untersuchung zur korporativen Politik der freien und Reichsstädte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1984.

Wilfried Enderle, Ulm und die evangelischen Reichsstädte im Südwesten, in: Anton Schindling/Walter Ziegler (Hgg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung (...), Bd. 5: Der Südwesten, Münster 1993, 194-212 [mit weiterführenden Literaturhinweisen].

Ders., Rottweil und die katholischen Reichsstädte im Südwesten, in: ebd., 214-230 [mit weiterführenden Literaturhinweisen].

 

 

Haug-Moritz, Moisi 

 



Erstellt: 12.05.2006

Zuletzt geändert: 12.05.2006


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