Jens Söring, seit 33 Jahren in Haft. Foto: Carlos Santos/AP/dpa
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Jens Söring kommt nach 33 Jahren US-Haft frei Spätes Happy End

Aus Liebe gestand Jens Söring einen Doppelmord, den er nicht begangen hatte. Er bekam zwei Mal Lebenslänglich. Nun ist er frei, dank einer Wahl. Ein Kommentar.

Es ist ein guter Ausgang, wenn auch kein gerechter. Jens Söring hat 33 Jahre in den USA im Gefängnis gesessen für einen Doppelmord, den er nicht begangen hat. Den er aber zwei Mal gestand. Alle Widerrufe halfen nichts. Freigesprochen wird der 53-Jährige auch jetzt nicht. Nicht einmal begnadigt. Wichtiger aber ist: Er kommt frei. Er darf die USA verlassen – und muss es auch, weil ein Einreiseverbot zu den Auflagen gehört –, und kann ein neues Leben anfangen.

Ein neues Leben in Deutschland - wie kann das gehen?

Ein neues Leben: Das klingt so leicht. Und ist es natürlich nicht. Wie soll das gehen? Söring wird das Deutschland, das er zuletzt Mitte der 1980er Jahre gesehen hat, nicht wiedererkennen. Doch wer mit Söring gesprochen und seine innere Stärke erlebt hat – seinen Willen, sich nicht abzufinden, seine Abgeklärtheit im Umgang mit dem eigenen Schicksal und den eigenen Fehlern, die dazu beigetragen haben –, der darf zumindest hoffen. Diesem Mann kann es gelingen, mit 53 Jahren in Deutschland wieder Fuß zu fassen unter ungewohnten Bedingungen.

Söring hat als 19-Jähriger falsche Geständnisse abgelegt. Er war verliebt in ein Mädchen, dessen Eltern 1985 ermordet wurden. Er behauptete, er habe die Tat als Einzeltäter begangen, um seine wohl tatbeteiligte Freundin Elizabeth Haysom vor der Todesstrafe zu retten. Er glaubte, als Diplomatensohn genieße er Immunität; sein Vater war damals deutscher Konsul in Detroit. Oder er werde mit einer geringen Jugendstrafe davonkommen. Auf Grund seiner zwei Geständnisse wurde er zu zwei Mal Lebenslänglich verurteilt. Unzählige Bemühungen um Wiederaufnahme, Begnadigung oder Überstellung nach Deutschland blieben erfolglos.

In Virginia haben die Demokraten nun alle Machtpositionen

Dass er doch noch frei kommt, nach einem drei Jahrzehnte währenden Ringen mit Politik, Justiz und Diplomatie, ist der jüngsten Wahl im US-Bundesstaat Virginia zu verdanken, wo Söring im Gefängnis sitzt. Wahlen haben Folgen. Das gilt für die Trump-Wahl, es gilt aber auch umgekehrt.

Die Demokraten haben nun die ganze Macht in Virginia: die Mehrheit in beiden Kammern des Regionalparlaments und den Gouverneursposten. Solange die Republikaner mitsprachen, galt die Devise: Bloß nicht weich im Kampf gegen das Verbrechen erscheinen. Einen angeblichen Doppelmörder begnadigen oder auf Bewährung frei lassen, der doch schon froh sein darf, der Todesstrafe entronnen zu sein, das wollten die wechselnden Gouverneure und Mitglieder der Bewährungs- und Begnadigungskommissionen nicht riskieren. Es half auch, dass Söring Menschen fand, die seinen Fall in der Öffentlichkeit hielten, 33 Jahre lang. Er schrieb Bücher im Knast. Es gab einen Dokumentarfilm über seinen Fall. Der Druck auf Virginia und die USA erlahmte nicht. Auch das führte zum einem späten Happy End.

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