Burschenclub Usseln füllt altes Brauchtum mit neuem Leben

Die Freude im Ort was zu bewegen

Einmal im Jahr bauen die Burschen in Usseln ein Strohballen-Pärchen, um das jeweilige Königspaar zu ehren und auf das kommende Schützenfest aufmerksam zu machen.

Neujahrssingen, Wandern, den Maibaum aufstellen, oder Strohmänner bauen – die Aktivitäten des Burschenclubs Usseln 1612 (BCU) sind vielfältig.

Junggesellenvereine haben in der Region eine lange Tradition – allerdings sind heute nur noch wenige aktiv und so lebendig wie in Usseln.

Auch der BC in Usseln hat Zeiten mit Nachwuchssorgen hinter sich. „Viele Jugendliche können mit den alten Gebräuchen nichts mehr anfangen“, erklärte Oliver Emde, der bis vor zwei Jahren Vorsitzender des BCU war.

Gegründet wurde der Usselner Burschenclub in der Generation seines Vaters in den 60er-Jahren, weiß Emde. Alle unverheirateten Burschen des Ortes schlossen sich zusammen, um Geselligkeit zu pflegen und Feste zu besuchen. Brautpaaren wurde ein Ständchen gebracht und mit den Peitschen geknappt. „Leider,“ bedauerte Emde, „gibt es heute niemanden mehr, der das kann.“ In den 70ern kam der Junggesellenverein mangels Interesse ganz zum Erliegen, erlebte 1985 aber eine Renaissance. Anfang 2013 verkleinerten sie den Vorstand auf vier Mitglieder, weil sich nicht genügend Kandidaten für die vakanten Positionen fanden. Momentan hat der Verein mit seinen 52 Mitgliedern keine Nachwuchssorgen. „Es gibt Jahre mit wenig Neuaufnahmen, dann aber auch welche, wo wir auf einen Schlag 20 neue Jugendliche dazubekommen“, so Emde.

Ab 15 Jahren können alle „Burschen“ des Ortes Mitglied im Verein werden, aber auch aus den Nachbarorten dürfen Jugendliche mitmachen. Mit 18 Jahren erfolgt die Aufnahme als vollwertiges Mitglied, erklärte der jetzige Erste Vorsitzende des Vereins Andreas Stremmel. Wie es sich für eine Burschenschaft ziemt, gehört dazu ein Ritual: Innerhalb von zehn Sekunden muss der Kandidat drei Schnäpse trinken, als Beweis seiner Männlichkeit. Sobald einer heiratet, scheidet er aus der Burschenschaft aus. Dabei wird er selbstverständlich ebenso zünftig verabschiedet: Vor der Kirche oder dem Standesamt stehen die Burschen dann Spalier und das Brautpaar muss gemeinsam einen Holzstamm zersägen.

Es gibt zwei Veranstaltungshöhepunkte im heutigen Vereinsleben des Burschenclubs. Der eine davon ist das Aufstellen des Maibaumes. Vom Fällen und Schälen des Baumes über das Wickeln von Girlanden und Kränzen bis hin zum endgültigen Aufstellen führen die Burschen bei allen Arbeitsgängen Regie. Das Aufrichten erfolgt in kleinen Etappen, die jeweils feierlich gewürdigt werden. Zum Festprogramm gehören außerdem ein Säge- und ein Schätzwettbewerb. Dabei muss ein alter Maibaum zersägt werden, seine Dicke geschätzt, oder zum Beispiel das Gewicht eines Glases voller Sägespäne geraten werden.

Freundschaften fürs Leben schmieden

Das andere große Highlight ist der Bayerische Abend, welcher jedes Jahr Hunderte von Besuchern aus der näheren und weiteren Region anlockt. Auch hier sorgen entsprechende Spiele und Wettbewerbe für gute Stimmung. Der Burschenclub nimmt, seinen Statuten entsprechend, nur männliche Mitglieder auf – bei allen Feiern und Festen gehört das weibliche Geschlecht aber selbstverständlich dazu. Eine weitere Tradition ist zum Beispiel das Neujahrssingen: „Wir Burschen ziehen dann von Haus zu Haus und singen für die Bewohner von Usseln einen Neujahrsvers. Dafür bekommen wir Würste, Eier oder einen kleinen Obolus“, berichtete Emde. Außerdem bauen sie jährlich für das amtierende Schützenkönigspaar Strohmännchen auf, als Werbung für das Schützenfest im Juli. Zuvor bereits – in diesem Jahr am 21. Juni – richtet der Schützenverein für den BC ein Burschenschießen aus, bei dem sie ihren eigenen Schützenkönig küren. Zwei Tage davor steht die Fronleichnamswanderung an. Auch mehrtägige Fahrten werden unternommen. Regelmäßig trifft man sich zum Burschenstammtisch oder mit anderen Junggesellenvereinen, wie zum Beispiel den Willinger „Dunnerkuilen“. Mit „Höllenfeten“ – benannt nach dem Partyraum unter der Schützenhalle – generieren sie Gelder für das Vereinsleben oder gemeinnützige Zwecke. Tatkräftig unterstützen sie alle anderen Vereine und Einrichtungen, wie zum Beispiel den Kindergarten in Usseln und packen mit an, wann immer es im Ort etwas zu tun gibt.

Die Zahl 1612 im Vereinsnamen bezieht sich im Übrigen nicht auf das Gründungsjahr des Vereins, obwohl es Junggesellenbünde zu allen Zeiten und in fast allen Kulturen gab und gibt. Keiner weiß heute genau, was es mit der Zahl auf sich hat. Eine Geschichte besagt, es seien lediglich die Hausnummern von zwei der Gründungsmitglieder gewesen, erklärte Emde lachend.

Stremmel ist seit 13 Jahren im Burschenclub. Er wurde Mitglied, weil alle seine Freunde es waren. Heute sagt er: „Man findet hier Freunde für die Ewigkeit. Außerdem macht es Spaß, etwas für den Ort zu bewegen“. Auch Emde ist seit seinem 16. Lebensjahr dabei. Der Burschenclub sei eine feste Institution in Usseln, ist er überzeugt: „Er ist aus dem Ortsleben nicht mehr wegzudenken.“ (Von Kristin Sens)

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