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Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff ist tot. Er starb am Samstag, wie aus Universitätskreisen bekannt wurde. Schockenhoff wurde 67 Jahre alt.

Schockenhoff galt weit über seine Arbeit als Professor an der Uni Freiburg als streitbarer und kritischer Zeitgeist. Er war in vielen kirchlichen Gruppen und Zusammenhängen engagiert. Besonders bei Lebenswissenschaften und Bioethik war Schockenhoff ein gefragter Experte und veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Studien, bei denen er auf aktuelle gesellschaftliche und politische Themen einging.

Geboren in Stuttgart, studierte Eberhard Schockenhoff katholische Theologie in Tübingen und Rom, wo er auch zum Priester geweiht wurde. Seit 1994 war er Professor für Moraltheologie an der Universität Freiburg. Rufe an andere Universitäten hat er immer abgelehnt. Der Freiburger Moraltheologe verstarb am Samstag an den Folgen eines Unfalls.

Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff verstarb an den Folgen eines Unfalls (Foto: Imago, C. Hardt)
Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff verstarb an den Folgen eines Unfalls Imago C. Hardt

Pius-Bruderschaft als "rechtsradikalen Sumpf" bezeichnet

2001 wurde Schockenhoff vom Bundeskabinett in den nationalen Ethikrat berufen, dem er bis 2016 angehörte. Schockenhoff war eine Institution in der katholischen Kirche Deutschlands – oft durchaus eine unbequeme. So hat er sich mit der umstrittenen Pius-Bruderschaft angelegt, sie als "rechtsradikalen Sumpf" bezeichnet.

Kritiker der Kirche in ihrer Haltung zur Sexualität

Auch kritisierte er das Verhältnis der katholischen Kirche zu Homosexuellen oder warb dafür, dass Katholiken, die nach einer Scheidung wieder heiraten, nicht von der Kommunion ausgeschlossen werden.

Bischofskonferenz und ZdK würdigen verstorbenen Theologen

Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) haben den verstorbenen Theologen Eberhard Schockenhoff gewürdigt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hob am Sonntag Schockenhoffs "visionäre Kraft in seinem theologischen Forschen und Reden ebenso wie seine bemerkenswerte analytische Brillanz" hervor. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK),Thomas Sternberg, brachte "hohe Wertschätzung und tief empfundenen Dank" zum Ausdruck.

Schockenhoffs Moraltheologie "in Gegenwart verankert"

Bätzing betonte, Schockenhoff habe nie mit einem erhobenen Zeigefinger gelehrt oder in Verbotskategorien gedacht. Der Limburger Bischof bezeichnete Schockenhoffs wissenschaftliches Gesamtwerk "als eine menschendienliche Moraltheologie". Sternberg erklärte, Schockenhoff habe eine zeitgerechte Sexualmoral entwickelt, "die von den Menschen verstanden wurde". Schockenhoffs Denken sei in der Gegenwart verankert, aber nicht gegen die Traditionen der Kirche gerichtet gewesen.

Kretschmann würdigt visionäre Ideen

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat Eberhard Schockenhoff als einflussreichen Theologen gewürdigt. Dessen Stimme habe weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus Gehör gefunden. Schockenhoffs Beiträge zu kirchlichen und gesellschaftlichen Debatten seien von "visionären Ideen" geprägt gewesen. Als Beispiele nannte Kretschmann am Sonntag Schockenhoffs Beiträge zu einer Friedensethik, zu medizin-ethischen Fragen und zur katholischen Sexualmoral.

Zuletzt im Zusammenhang mit Corona geäußert

Man dürfe in der Corona-Debatte nicht den Fehler machen, Größen wie die Sterbe-Fallzahlen von Corona- oder Grippe-Toten gegeneinander zu verrechnen und so als Argument zu missbrauchen, sagte Schockenhoff in einem Gespräch mit MDR Kultur. Neu an der Corona-Lage sei die Hilflosigkeit, noch ohne wirksames Mittel in dieser Situation zu stehen. Schockenhoff plädierte dennoch für Lockerungen und zugleich dafür, Verständnis für die Politik zu zeigen. Die Vorstellung, man habe nur einen Schuss und der müsse sitzen, sei falsch. "Man muss hier mit 'Versuch und Irrtum', vorsichtig und sachgemäß vorangehen", stellte das ehemalige Mitglied im Deutschen Ethikrat klar.

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