27. Juni 2019 / 06:15 Uhr

Holstein Kiel: Neuzugang Daniel Hanslik hat nie ein NLZ von innen gesehen

Holstein Kiel: Neuzugang Daniel Hanslik hat nie ein NLZ von innen gesehen

Marco Nehmer
Kieler Nachrichten
Daniel Hanslik im Interview.
Daniel Hanslik im Interview. © Pat Scheidemann
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Im Trainingslager zeigt der Torjäger sich anpassungsfähig

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„Fuß, Fuß, Kopf – Kopf, Fuß, Fuß!“ – am Mittwochmorgen, Tag vier im Trainingslager von Fußball-Zweitligist Holstein Kiel, herrscht einigermaßen Verwirrung. Die scheinbar simple Ansage von Co-Trainer Fabian Boll verfängt nicht bei jedem. Paarweise sollen sich die Profis den Ball hoch zuspielen. Und zwar in der vorgegebenen Abfolge. Ist es die Hitze, die den einen oder anderen Storch durcheinanderbringt? Ein bisschen Slapstick, viele Lacher. Doch bei einigen läuft es. Unter anderem bei Daniel Hanslik, der mit Emmanuel Iyoha ein Duo bildet. Flexibel im Kopf und in den Beinen, anpassungsfähig – Eigenschaften, die Neuzugang Hanslik auszeichnen. Den etwas anderen Profi von Holstein Kiel.

Denn die noch junge Karriere des 22-Jährigen, vom VfL Wolfsburg II zu den Störchen gestoßen, folgt so gar nicht den gängigen Wegen. Den Pfaden, die die meisten seiner Alterskollegen, die es in den Fußball geschafft haben, wie selbstverständlich beschritten haben. Jung, talentiert, entdeckt – und dann durch den Durchlauferhitzer Nachwuchsleistungszentrum in die große Fußballwelt ausgespuckt? Solche Karrieremodelle kennt Daniel Hanslik nur aus Erzählungen.

Videoclip mit Torjäger und Neuzugang Daniel Hanslik
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Emmanuel Iyoha lässt sich von Physio Sebastian Süß behandeln. Zur Galerie
Emmanuel Iyoha lässt sich von Physio Sebastian Süß behandeln. ©

Bis vor zwei Jahren war er, Stürmer, in der Vorsaison mit 21 Toren und elf Assists bei den Regionalliga-Wölfen der gefährlichste Mann, noch in der sportlichen Bedeutungslosigkeit unterwegs. Verbandsliga mit dem SVA Bad Hersfeld, Hessenliga mit dem SV Steinbach. Und jetzt: Zweite Bundesliga. „Es ist viel passiert“, sagt er. Und lacht. Hanslik ist freundlich, zugewandt, strahlt Herzlichkeit aus. Vor dem Tor ist er aber ein Killer.

Der Weg dahin? Lang und beschwerlich. „Bei mir ist es damals daran gescheitert, dass ich zu klein war. Ich wurde aus den Auswahlmannschaften aussortiert“, sagt Hanslik, der in der Jugend als Linksverteidiger begonnen hatte. „Ich bin dann aber sehr schnell gewachsen, bin auf dem Platz immer weiter nach vorne gewandert. Und dann hat es auch mit dem Toreschießen geklappt.“ So gut, dass irgendwann der VfL auf der Matte stand.

In Wolfsburg entwickelte er sich in kurzer Zeit zu einem Spieler mit Perspektive, durfte bei den Bundesliga-Profis mittrainieren. Als Bis-gerade-eben-noch-Amateur. „Das Spiel ist körperlicher, schneller, man hat viel weniger Zeit, man muss mit dem Kopf immer zwei Schritte weiter sein“, sagt Hanslik. Die Umstellung? Für ihn kein Thema. „Ich würde sagen, es ist eine meiner Stärken, mich gut anpassen zu können. Ich bin sehr lernwillig.“

Seine Bereitschaft, seine Neugier zeigt er auch in Brandenburg, wo diese in weiten Teilen neue Holstein-Mannschaft daran arbeitet, eine Einheit zu bilden – auf und neben dem Platz. „Die Integration fällt einem hier sehr leicht“, sagt Hanslik. „Alle Neuzugänge werden direkt eingebunden – egal, ob es Gespräche über Fußball, taktische Dinge oder private Themen sind, um sich kennenzulernen.“

Auch den neuen Trainer muss Hanslik erst kennenlernen. Bei seiner Unterschrift im März war noch gar nicht absehbar, dass Tim Walter gehen, André Schubert schließlich übernehmen würde. Ein Problem? Nein. „Beide Trainer sind Perfektionisten in ihrem Fach und haben ähnliche Ansichten im Offensivspiel“, sagt Hanslik. „Ich halte von unserem Trainer sehr viel, weil er jeden Spieler verbessern will – egal ob er 30 oder 18 ist.“

Oder 22, wie er, Daniel Hanslik, der etwas andere Profi. „Ich sehe es nicht als Nachteil, nicht in einem NLZ ausgebildet worden zu sein“, sagt er dann noch. Und hat eine Botschaft: „Ich möchte mit meinem Weg auch anderen zeigen, dass man es auf dem zweiten Bildungsweg zum Profi schaffen kann. Es ist möglich. Nicht jeder bekommt die Chance, aber man muss hart an sich arbeiten.“

Sein Weg erinnert an einen der ganz Großen. Miroslav Klose. Fußball in professionellen Strukturen kannte „Miro“ nicht, bis er Anfang 20 war. Heute ist er Weltmeister, WM-Rekordtorschütze. Und ganz nebenbei: Daniel Hansliks Vorbild.