Zweisprachigkeit im Saarland : Kramp-Karrenbauers Frankreich-Coup
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Frankophil: die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Bild: dpa
Binnen einer Generation soll Französisch im Saarland so gängig wie Deutsch sein. Davon erhofft sich Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer ein Alleinstellungsmerkmal für das strukturschwache Land - und wohl auch für sich selbst.
Nicht umsonst hat Angela Merkel ihre Parteifreundin Annegret Kramp-Karrenbauer im Sommer 2011 wegen ihrer auch emotionalen Nähe zum wichtigsten Nachbarland zur „Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit“ ernannt. Noch bis zum Ende diesen Jahres ist die saarländische Ministerpräsidentin damit auch für den französischen Erziehungsminister Vincent Paillon die zentrale Ansprechpartnerin in allen bildungspolitischen Fragen zwischen beiden Ländern.
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Die 51 Jahre alte CDU-Politikerin, die in Völklingen geboren wurde, spricht neben Englisch und Saarländer Platt „durchaus passabel“ Französisch, „aber leider nicht perfekt“, wie sie erzählt. „Mir fehlen eine ganze Reihe französischer Wörter. Deshalb ist bei offiziellen Anlässen ein Dolmetscher dabei, das ist sicherer.“
Französisch-Unterricht ein Mal pro Woche
Um ihre Französischkenntnisse für ihre Gespräche in Paris oder Bordeaux deutlich zu verbessern, nimmt die Politikwissenschaftlerin einmal in der Woche Einzelunterricht und liest französische Kriminalromane. „Aber in meiner Partei liegt die Latte hoch. Der CDU-Generalsekretär ist halber Franzose, mein Finanzminister ist zweisprachig aufgewachsen und mit einer Französin verheiratet.“ Ihre zahlreichen Treffen in Paris, aber auch in Berlin sollen zum 50. Jubiläum der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags das zuletzt nicht störungsfreie Verhältnis zwischen den beiden wichtigsten EU-Partner festigen.
Dazu gehören auch Absichtserklärungen wie die „deutsch-französische Qualitätscharta“ für bilinguale - also zweisprachige - Kindertagesstätten in beiden Ländern, das Kramp-Karrenbauer im Mai 2013 zusammen mit Peillon unterschrieben hat. Beide Länder wollen in den Grenzregionen - also auch im Elsass und Lothringen das Netz von deutsch-französischen Kitas deutlich ausbauen. Im Saarland sind es jetzt bis jetzt 180, in Frankreich rund 200 Einrichtungen, in denen schon Dreijährige mit beiden Sprachen aufwachsen.
Französisch-Kompetenz als Alleinstellungsmerkmal
Dieser Ansatz war auch Grundlage jener von Kramp-Karrenbauer zusammen mit dem Koalitionspartner SPD entwickelten „Frankreich-Strategie“ ihrer Landesregierung. Das frankophile und hochverschuldete Bundesland soll innerhalb einer Generation als „Alleinstellungsmerkmal“ gegenüber reicheren Bundesländern durch flächendeckenden Französischunterricht schon ab der ersten Grundschulklasse zweisprachig werden. „Die ,Generation Elysee', also die Saarländer, die im Jubiläumsjahr 2013 geboren sind und in 30 Jahren selbst Kinder bekommen, sollen für ihren Nachwuchs die Chance erhalten, beide Sprachen im Alltag- und Berufsleben zu beherrschen.“ So beschreibt Kramp-Karrenbauer ihre Vision, die sie den Saarländern nicht per Zwang und Verordnung, sondern im Bürgerdialog schmackhaft machen will. Alleinige Amtssprache bleibe natürlich Deutsch, und auch Englisch als für den Beruf unverzichtbare Weltsprache werde nicht darunter leiden, verspricht sie.
Kulinarisch schätzt Kramp-Karrenbauer die „Raffinesse“ der französischen Kochkunst, die sich gut mit deutsch geprägten deftigen saarländischen Gerichten vertrage. Ihr Lieblingschanson, natürlich von Edith Piaf, klingt programmatisch: „Je ne regrette rien.“ Wenig Verständnis bringt die Saarländerin für die Frankreich-Schelte auch mancher Parteifreunde im „Reich“ auf: „Alle, die Frankreich abschreiben, sind auf dem Holzweg.“