Polizei wendet Gewalt gegen Kinder an, Gericht und Jugendamt isolieren sie von der Mutter

(E N G L I S H:
First Police brutalizes Children, later Court and Youth Welfare Office
isolate them from their mother >>>>http://thevoiceforum.org/node/927
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via http://thevoiceforum.org/

siehe auch: “Brutaler Polizeieinsatz gegen nigerianische Flüchtlingskinder in Treuen
Polizei schiebt Kinder in Handschellen aus dem Kinderheim ins Flüchtlingslager ab”

Pressemitteilung, 17.09.2008

The VOICE Refugee Forum protestiert gegen den schikanösen Umgang der
Behörden mit nigerianischer Familie in Vogtlandkreis –


Posseck/Markneukirchen

(…)

“Sie zerstören meine Kinder, sie helfen ihnen nicht. Wenn wir uns dagegen
wehren, machen sie uns noch mehr Schwierigkeiten. Es gibt kein
Menschenrecht.” (Claudia Omoroghomwan)

Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen wendet sich
gemeinsam mit The VOICE Refugee Forum entschieden gegen den Umgang der
Ausländerbehörde und des Jugendamts des Vogtlandkreises mit Familie
Omoroghomwan/Oronsaye (Posseck / Markneukirchen).

In Solidarität mit Claudia Omoroghomwan protestieren wir insbesondere
gegen die erzwungene Trennung der drei Mädchen Sophia (14), Sandra (13)
und Sonia (9) Omoroghomwan von ihrer Adoptivmutter Claudia Omoroghomwan
und deren jüngster Tochter, Dammiana Oronsaye, ihren beiden wichtigsten
Bezugspersonen.

Die Karawane und The VOICE Refugee Forum fordern das Jugendamt und die
Ausländerbehörde des Vogtlandkreises dazu auf, der Familie unverzüglich
Gerechtigkeit zukommen zu lassen.
Wir verlangen die sofortige Wiedervereinigung der Familie und die
Gewährleistung des Umzugs in eine zentrale und private Wohnung, die groß
genug ist für fünf Personen, wo sich die Familie die dringend benötigten
sozialen und kirchlichen Kontakte aufbauen kann und unter Bedingungen
leben kann, unter denen sich Mutter und Kinder gesund entwickeln können.
In Solidarität mit allen Bewohnern fordern wir die Ausländerbehörde des
Vogtlandkreises zur Schließung des Isolationslagers Posseck auf.

Während wir ein Ende des skandalösen Umgangs mit Flüchtlingskindern im
Allgemeinen fordern, verlangen wir die vollständige Umsetzung der
UN-Kinderrechtskonvention und die Rücknahme des diskriminierenden
Vorbehalts.

Es ist das Recht einer jeder Person menschenwürdig zu leben und in ihrer
Autonomie respektiert zu werden. Dies gilt insbesondere für Kinder.

Die Öffentlichkeit und die Presse rufen wir dazu auf, sich unseren
Forderungen anzuschließen und sich bei der Ausländerbehörde und dem
Jugendamt des Vogtlandkreises für die Belange der Familie
Omoroghomwan/Oronsaye einzusetzen. Schreiben Sie Faxe und Emails, führen
Sie Telefonate, protestieren Sie gegen das Verhalten der Behörden und
machen Sie dieses öffentlich. Bitte treten Sie auch mit Claudia
Omoroghomwan selbst in Kontakt und drücken Sie Ihre Solidarität aus.

The VOICE Refugee Forum

* * * * * *
Hintergrund

Die Mädchen Sophia (14), Sandra (13) und Sonia (9) Omoroghomwan waren
ihrer Adoptivmutter Frau Claudia Omoroghomwan 2004 bzw. 2006 nach
Deutschland gefolgt. Ihr, der Schwester des Vaters, war nach dem Unfalltod
der leiblichen Eltern die Sorge über die Kinder ihres Bruders übertragen
worden. Schon zu Lebzeiten der Eltern wohnten die Kinder teilweise bei
ihr. Die Mädchen betrachten sie als ihre Mutter. Sie ist die nächste
Bezugsperson und die Person, der sie vertrauen.

Mehrere Jahre lebten sie gemeinsam mit ihr und Claudias jüngster Tochter,
Dammiana Oronsaye, in dem Lager Posseck (Vogtlandkreis/Sachsen) in
räumlicher Abgeschiedenheit, sozialer Isolation und gesellschaftlicher
Vereinsamung. Die Kinder hatten in dem abgeschieden im Wald lebenden Heim
keinen Kontakt zu anderen Kindern, ein Schulbesuch war lange Zeit gar
nicht und später nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich. Eine
regelmäßige und verlässliche medizinische Versorgung für Frau
Omoroghomwan, die schwanger ist und darüber hinaus unter chronischen
Rückenproblemen leidet, ist im Heim nicht gegeben. Frau Omoroghomwan
machte sich aufgrund der Lebensumstände große Sorgen um die psychische
Gesundheit, die emotionale Entwicklung und um die Zukunft ihrer Kinder.
Wegen dieser Situation hatte sie sich schon im Jahr 2007 an das Jugendamt
gewandt mit der Antwort, dass nichts getan werden könne. Ihre Gesuche an
die Ausländerbehörde nach Umverteilung in einen anderen Landkreis oder in
eine Privatwohnung wurden jedoch systematisch negativ beantwortet.

So sahen sich die drei älteren Mädchen gezwungen, durch die Flucht aus
Posseck selbst ihr Leben zu verändern. Die Entscheidung der drei größeren
Mädchen, auf eigene Initiative den Bedingungen im Heim zu entfliehen und
in ein Kinderheim umzuziehen, wurde aber mit Polizeigewalt beantwortet. Am
Freitag, dem 16.05. 08 wurden die drei Mädchen Sophia (14), Sandra (13)
und Sonja (8) Omoroghomwan von der Polizei in Handschellen und unter
Einsatz von physischer Gewalt aus dem AWO-Kinderheim in Treuen zurück in
das isolierte Flüchtlingslager in Posseck (Sachsen) abgeschoben.

Dieser Einsatz erfolgte auf Veranlassung des Jugendamts. Das Vorgehen
widerlegte deutlich, dass das Jugendamt, das zu diesem Zeitpunkt durch
Beschluss des Familiengerichts Plauen zum “Ergänzungspfleger” bestellt
war, im Sinne des Kindeswohles handelte. Die von Polizisten in Medien
angeführte Argumentation, man habe durch die Fesselungen die Kinder vor
sich selbst schützen müssen, ist mehr als zynisch, da man durch diese
gewaltsame “Rückführung” den Kindern ja gerade den Schutz, den sie vor den
kinderfeindlichen Lebensbedingungen in Posseck suchten, verweigerte.

Statt dass nunmehr bessere Bedingungen für die Familie geschaffen worden
wären, kam die rassistische und diskriminierende Haltung der Behörden nun
in einer erneuten Zwangsmaßnahme zum Vorschein: Der Mutter wurde
mittlerweile unter formalen Begründungen die Sorge über die drei älteren
Kinder völlig aberkannt, die Vormundschaft wurde per Gerichtsbeschluss vom
23. Juni 2008 auf das Jugendamt übertragen. Die Kinder leben seit Juni von
der Mutter getrennt im Kinder- und Jugendheim Sonnenschein in
Markneukirchen und werden der Mutter systematisch entzogen. Obwohl sie
anfangs das Leben in einem Kinderheim der sozialen Isolation in Posseck
vorzogen, leiden sie jetzt unter der gewaltsamen und systematischen
Isolierung von der Mutter. Besuche bei der Mutter werden den Kindern
verweigert. Sie können sie nicht sehen, wenn sie den Wunsch dazu
verspüren, da der Umgang der Kinder mit der Mutter durch das Jugendamt auf
einen überwachten Besuch pro Monat und ein wöchentliches Telefonat (auf
Deutsch!) reduziert wurde.

Frau Omoroghomwan ist wegen der Situation der Kinder äußerst besorgt,
unter anderem deshalb, weil den Kindern auch der Kontakt mit anderen
Freunden der Familie oder ihrem Anwalt nicht erlaubt wird. Ihr Wunsch, bei
ihrer Kirchengemeinde in Plauen Gottesdienste zu besuchen, wird nicht
respektiert, sie dürfen nicht einmal Anrufe von Mitgliedern der
Kirchengemeinde entgegennehmen. Frau Omoroghomwan berichtet, dass sie das
Heim nicht verlassen dürfen und das Taschengeld ihnen nicht ausgehändigt
wird. Jedes Mal, wenn sie die Mädchen besucht, weinen sie und bitten sie
um Hilfe.
Frau Omoroghomwan ist erstaunt über die Tatsache, dass sich die Behörden
jahrelang nicht für ihre familiäre Situation interessierten, dass ihr die
Kinder aber just zu dem Zeitpunkt entzogen werden, als sie eine
Privatwohnung beantragt hat und als die gewaltsame Polizeiaktion gegen die
Kinder öffentliche Aufmerksamkeit erregt hat.

Unsere Organisation protestiert gegen den missbräulichen Umgang mit dem
Argument des
“Kindeswohls”, der von behördlicher Seite instrumentalisiert wird und je
nach Situation und im Interesse der Bedürfnisse der Behörden ausgelegt
wird.

Wir protestieren ausdrücklich gegen den Umgang der Behörden des
Landkreises Vogtland mit der Familie Omoroghomwan/Oronsaye. Die jahrelange
Isolierung, die Kontrollen und Schikanen durch Heimleitung und Behörden,
die körperlichen und verbalen Übergriffe gegen die Kinder, die
Diskreditierung der Adoptivmutter, die Infragestellung ihrer Kompetenz und
der Versuch, die Kinder ihrem Einfluss zu entziehen und sie damit auch
ihrer afrikanischen Wurzeln und ihrer Identität zu berauben, sind Ausdruck
von Rassismus, behördlichem Machtmissbrauch und der Nichtbeachtung des
Wohls der Familie, ihrer Grundbedürfnisse und ihrer Menschenrechte.

Wir stehen in Solidarität zu Frau Omoroghomwan, die sich gegen dieses
Verhalten immer wieder zur Wehr gesetzt hat und den behördlichen Rassismus
öffentlich gemacht.

(…)

The VOICE Refugee Forum

Schillergäßchen 5, 07745 Jena,
Tel. 0176-24568988,
E-Mail: voice_mail@emdash.org,
Internet: http://www.thevoiceforum.org
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