Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Thema Corona Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 1. Januar bis 30. April 2021 für Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit dem 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch aussteht

Insolvenzantragspflicht für geschädigte Unternehmen aussetzen Foto: Getty Images

I. Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 1. Januar bis 30. April 2021

Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) enthält Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie zur Beschränkung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken im Zusammenhang mit der Fortführung eines pandemiebedingt insolventen Unternehmens. Nachfolgend werden die Regelung und die Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 1. Januar 2021 bis zum 30. April 2021 erläutert.

Bitte beachten Sie, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung an dieser Stelle lediglich in allgemeiner Form erläutert werden können. Sie können eine rechtliche Beratung zum Vorliegen dieser Voraussetzungen in einem bestimmten Fall nicht ersetzen.

I. Allgemeines und Hintergründe

Mit der Insolvenzantragspflicht werden Unternehmensleiterinnen und Unternehmensleiter dazu angehalten, haftungsbeschränkte Unternehmen spätestens bei Eintritt der Insolvenzreife, d.h. einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, in ein Insolvenzverfahren zu führen, mit dem die Interessen der Gläubigerinnen und Gläubiger gewahrt werden.

Im Zuge der Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie hat der Staat eine Vielzahl von Hilfsprogrammen aufgelegt, mit denen die von der Pandemie betroffenen Unternehmen stabilisiert werden sollen. Damit Insolvenzverfahren vermieden werden können, die sich durch Inanspruchnahme der Hilfsangebote abwenden lassen, setzt das COVInsAG die Insolvenzantragspflicht unter den nachfolgend näher beschriebenen Voraussetzungen aus. Die Regelung beinhaltet eine behutsame Abwägungsentscheidung. Zum einen soll der Markt auch weiterhin von insolventen Unternehmen bereinigt werden und Gläubigerinnen und Gläubiger sollen vor einer Vertiefung der Insolvenz geschützt werden. Zugleich soll unter den außergewöhnlichen Bedingungen der gegenwärtigen Krise ein breitflächiges Abgleiten von Wirtschaftsteilnehmern in Insolvenzverfahren vermieden werden.

Die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurden im Laufe der COVID-19-Pandemie an die jeweilige Entwicklung angepasst.

II. Maßgebliche gesetzliche Regelungen für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 30. April 2021

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 1. Januar 2021 bis zum 30. April 2021 ist in § 1 Absatz 3 COVInsAG geregelt. § 1 Absatz 3 COVInsAG lautet wie folgt:

„Vom 1. Januar 2021 bis zum 30. April 2021 ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach Maßgabe des Absatzes 1 für die Geschäftsleiter solcher Schuldner ausgesetzt, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, gilt Satz 1 auch für Schuldner, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.“

§ 1 Absatz 1 COVInsAG, auf den § 1 Absatz 3 Satz 1 COVInsAG verweist, lautet in seinen relevanten Teilen wie folgt:

„Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“

III. Erläuterung der Voraussetzungen für die Aussetzung

1 Beantragung staatlicher Hilfeleistungen bzw. Antragsberechtigung, § 1 Absatz 3 Satz 1, 2 COVInsAG

Die finanziellen Hilfeleistungen im Rahmen der staatlichen Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie müssen grundsätzlich zwischen dem 1. November 2020 und dem 28. Februar 2021 beantragt worden sein (§ 1 Absatz 3 Satz 1 COVInsAG).

War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bis zum 28. Februar 2021 nicht möglich, kommt es darauf an, ob eine Antragsberechtigung nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms besteht (§ 1 Absatz 3 Satz 2 COVInsAG). Voraussetzung ist somit, dass das Schuldnerunternehmen in den Kreis der Berechtigten fällt, für den das Hilfsprogramm aufgelegt ist.

Die Beantragung der staatlichen Hilfeleistung bzw. die Antragsberechtigung ist von demjenigen (wie insbesondere dem betroffenen Geschäftsleiter oder der betroffenen Geschäftsleiterin) darzulegen und ggf. zu beweisen, der sich auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beruft.

2 Keine offensichtliche Aussichtslosigkeit der Erlangung der Hilfeleistung, § 1 Absatz 3 Satz 3 COVInsAG

Zudem darf die Erlangung der Hilfeleistung nicht offensichtlich aussichtslos sein (§ 1 Absatz 3 Satz 3 COVInsAG).

Die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Erlangung der Hilfeleistung ist durch denjenigen darzulegen und ggf. zu beweisen, der sich darauf beruft, dass die Insolvenzantragspflicht im konkreten Fall nicht ausgesetzt war.

3 Eignung der Hilfeleistung zur Beseitigung der Insolvenzreife, § 1 Absatz 3 Satz 3 COVInsAG

Weiter muss die erlangbare Hilfeleistung zur Beseitigung der Insolvenzreife ausreichen (§ 1 Absatz 3 Satz 3 COVInsAG). Dies bedeutet, durch sie muss eine bestehende Zahlungsunfähigkeit bzw. eine bestehende Überschuldung beseitigt werden können.

Die fehlende Eignung der erlangbaren Hilfeleistung zur Beseitigung der Insolvenzreife ist durch denjenigen darzulegen und ggf. zu beweisen, der sich darauf beruft, dass die Insolvenzantragspflicht im konkreten Fall nicht ausgesetzt war.

4 Insolvenzreife aufgrund der COVID-19-Pandemie, § 1 Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 1 Absatz 1 Satz 2 COVInsAG

Nach § 1 Absatz 3 Satz 1 COVInsAG „ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach Maßgabe des Absatzes 1“ ausgesetzt.

Aus dieser Bezugnahme auf § 1 Absatz 1 COVInsAG ergibt sich, dass die Insolvenzreife auf der COVID-19-Pandemie beruhen muss.

Nach § 1 Absatz 1 Satz 3 COVInsAG wird bei einer bestehenden Zahlungsfähigkeit zum 31. Dezember 2019 grundsätzlich vermutet, dass die spätere Insolvenzreife auf der COVID-19-Pandemie beruht. Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Zur Widerlegung der Vermutung muss derjenige, der geltend machen will, dass die Insolvenzantragspflicht im konkreten Fall nicht ausgesetzt war, darlegen und ggf. beweisen, dass die Pandemie für die Insolvenz nicht ursächlich war.

5 Aussichten auf Beseitigung einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit, § 1 Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 1 Absatz 1 Satz 2 COVInsAG

Aus der Bezugnahme auf § 1 Absatz 1 COVInsAG folgt außerdem, dass bei einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit Aussichten darauf bestehen müssen, diese zu beseitigen.

Diese Voraussetzung wird in der Regel erfüllt sein, wenn die erlangbare Hilfeleistung zur Beseitigung der Insolvenzreife geeignet ist, wie dies bereits § 1 Absatz 3 Satz 3 COVInsAG verlangt (siehe oben, Ziff. 3).

Darüber hinaus wird nach § 1 Absatz 1 Satz 3 COVInsAG bei einer bestehenden Zahlungsfähigkeit zum 31. Dezember 2019 grundsätzlich vermutet, dass Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Zur Widerlegung der Vermutung muss derjenige, der geltend machen will, dass die Insolvenzantragspflicht im konkreten Fall nicht ausgesetzt war, darlegen und ggf. beweisen, dass keine Aussichten bestanden, die bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

IV. Erfasste Insolvenzantragsgründe

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 1. Januar 2021 bis zum 30. April 2021 gilt für den Insolvenzantragsgrund der Zahlungsunfähigkeit und den der Überschuldung.

V. Zeitraum der Aussetzung

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ist vom 1. Januar bis zum 30. April 2021 ausgesetzt (§ 1 Absatz 3 Satz 1 COVInsAG). Dies jedoch nur, wenn und solange alle Aussetzungsvoraussetzungen vorliegen (die einzelnen Voraussetzungen werden oben unter Ziffer III. erläutert). Sobald während des Aussetzungszeitraums nicht mehr alle Aussetzungsvoraussetzungen gegeben sind, setzt die Insolvenzantragspflicht unmittelbar wieder ein (und nicht etwa erst zum 1. Mai 2021). Geschäftsleiterinnen und -leiter von Unternehmen, die aufgrund der Regelung des § 1 Absatz 3 COVInsAG nicht insolvenzantragspflichtig sind, müssen daher kontinuierlich prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Aussetzung weiterhin vorliegen.


II. Bisherige Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

1. Regelung bis zum 30. September 2020

Das im März 2020 verkündete Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sah zunächst eine Aussetzung der haftungsbewehrten und teilweise auch strafbewehrten Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 vor. Die Aussetzung galt nur für Fälle, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruhte. Zudem war bei einer Zahlungsunfähigkeit erforderlich, dass Aussichten auf deren Beseitigung bestehen. Antragspflichtige Unternehmen sollten die Gelegenheit erhalten, ein Insolvenzverfahren durch Inanspruchnahme staatlicher Hilfen, gegebenenfalls aber auch im Zuge von Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen, abzuwenden.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde durch weitere Regelungen zur Reduzierung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken der betroffenen Geschäftsleiter, Unternehmen und deren Gläubiger und Geschäftspartner flankiert. Zudem war die Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen, für drei Monate eingeschränkt.

2. Regelung vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2020

Nachfolgend wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Dezember 2020 verlängert, dies aber nur für Unternehmen, die überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind. Die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde – ebenso wie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 – durch Regelungen zur Reduzierung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken flankiert.



HinweisCookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Weitere Informationen dazu erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK