RTL “Supertalent”: Quote mit lahmen Obama-“Schwarzfahrer”-Witzen

Auch noch Jahre nach seiner Wahl veranlasst die Tatsache, dass Barack Obama und seine Familie nicht über vollständige Pigmentschwäche verfügen, deutsche Medien zu rassistisch konnotierten “Witzen”, die selbstverständlich “gar nicht rassistisch gemeint” sind.

Zusendung von Herrn S. [Name der Red. bekannt] an RTL “Supertalent”

Sehr geehrte Damen und Herren,

In der Sendung vom 30.10.2010 trat bei Ihnen der Kandidat Tobias Bertigo auf. Während des etwa 2-minütigen Films, in welchem sie diesen Mann vorstellten, erzählte dieser von seinem “harten Durchgreifen gegenüber Schwarzfahrern”. Das von der Regie hier nachträglich ein Bild von Barack und Michelle Obama eingefügt wurde, empört mich zutiefst.

Das Wort “Schwarzfahren” an sich sollte eigentlich nicht zulässig sein. Dieses Substantiv führt automatisch die Assoziation schwarz = böse fort, was allein schon einer Gleichstellung schwarzer Menschen im Wege steht. Wenn sie diesen kolonialen und rassistischen Zusammenhang dann aber ganz bewusst zur Belustigung ihrer Zuschauer verwenden, geht das eindeutig zu weit.

Aufgrund dieses offenen Rassismus im Fernsehen fordere ich eine schriftliche Entschuldigung und Stellungnahme von Ihnen. Bitte beachten sie, dass dieser Briefwechsel von mir öffentlich geführt wird. Mein Schreiben sowie Ihre Antwort werde ich zu Zwecken der Dokumentation und Aufklärung veröffentlichen,

Mit freundlichen Grüßen,

Malik Sanogo

Antwort von RTL, die impliziert, dass

– die Deutungshoheit darüber, was rassistisch und schmerzvoll ist und was nicht, nicht bei den Empfänger_innen von Rassismus liegt, sondern bei denen, die ihn ausüben
– und ganz besonders bei den Leuten von RTL
– der Zuschauer doof war und etwas nicht richtig verstanden hat (“Hintergrund erläutern”)
– der Zuschauer lust hat, seine Telefonnummer ihm unbekannten Menschen bei einem TV Sender zu geben
– ihm ein Gefallen getan wird (“bereit erklärt”), wenn er eine RTL-Person am Telefon hat, die nicht weiß, was rassistische Darstellungstraditionen sind
die angemessene Reaktion auf öffentliche Rassismen ein “persönliches Gespräch” ist (das zudem als Belehrung angekündigt wird):
*

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihr interesse an RTL. Auch kritische Zuschriften sind uns immer willkommen. Wir können Ihnen bereits hier versichern, dass der Beitrag und die Einblendung der Familie Obama keinerlei rassistischen Hintergrund hatte. Unsere zuständige Redakteurin für die Sendung hat sich jedoch bereit erklärt, über die fragliche Szene mit Ihnen zu sprechen und bittet daher um Ihre Telefonnummer und eine Uhrzeit, zu der man Sie gut erreichen kann. Unsere Redakteurin wird Sie dann anrufen und Ihnen den Hintergrund erläutern.
Wenn Sie so freundlich sein wollen, uns Ihre Nummer zu nennen, werden Sie so rasch wie möglich zurückgerufen.
Mit freundlichen Grüßen aus Köln
Robert Fey
RTL Zuschauerservice

Kontakt zum RTL Zuschauerservice: http://www.rtl.de/kontakt
(Zuschriften müssen weder lang noch differenziert sein, um ihren Zweck zu erreichen: zeigen, dass man sehr wohl beobachtet, was da produziert wird, und dass man nicht einverstanden ist.)

**

Chronik danebener rassistischer Medien-“Witze” mit Obama-“Anlass” in Auszügen:

Radio Fantasy Augsburg
AZ München: rassistischer Totalausfall

10 replies
  1. marco
    marco says:

    Wir sind ja auch mal wieder viel zu empfindlich,da sitzt doch Bruce in der Jury.Da kann das ja schon mal garnicht rassistisch sein.(ironie) Aber immerhin wird angeboten die hintergründe zu erklären damit wir auch verstehen warum wir nicht verstehen das ,das lustig und nicht rassitisch ist.Ach mensch wenn wir die “weißen” nicht hätten ,wir würden nix wissen und schon garnicht wann wir uns angepisst fühlen sollten.

  2. Sinan A.
    Sinan A. says:

    Was in England oder Frankreich normal ist, Rassismus beim Namen zu nennen, ist in Deutschland völlig unüblich. Schon auf das Wort reagiert der Biodeutsche irritiert und verständnislos. Sowas weist er grundsätzlich weit von sich.

    Vorwürfe dieser Art wiegelt der Deutsche rhetorisch locker ab. Darin hat er Übung, und sprachlich fühlt er sich sicher. Deshalb möchte RTL auch unbedingt telefonieren.

  3. Malik Sanogo
    Malik Sanogo says:

    In Anbetracht dessen, dass Bruce in der Jury sitzt, bin ich von ihm auch sehr enttäuscht, dass er so etwas zulässt. Der Mann war Soldat, litt unter Depressionen und hat doch sein ganzes Leben lang gekämpft und dann lässt er sich (bestimmt des Geldes wegen) von RTL kleinhalten. Ich bin mir sicher, dass Herr Darnell das ganze auch NICHT lustig findet, aber einfach seinen Mund nicht aufkriegt…

  4. Tom
    Tom says:

    Mein Schreiben an Die Redaktion von das Supertalent:

    Ihre Sendung vom 30.10.2010

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    In ihrer Sendung “Das Supertalent” vom 30.10.2010 haben sie beim Thema “Schwarzfahren” Familie Obama eingeblendet.
    Diese Einblendung war völlig fehlplatziert und eindeutig rassistisch.
    Ich bin enttäuscht so etwas im Jahre 2010 auf ihrem Sender sehen zu müssen und fordere sie auf rassistische Witze zu unterlassen und sich hierfür öffentlich zu entschuldigen.
    Stecken sie diese Kritik nicht in die Schublade – ” Satire darf das” – oder – “unnötig aufgeregt…”

    Es gibt unzählige Möglichkeiten sich zu dem Thema Rassismus zu informieren, sie müssen es nur wollen.

    Auch sie haben eine journalistische Verantwortung.

    Kommen sie dieser nach.

    Ich grüße Sie

  5. Alessandra Fehn
    Alessandra Fehn says:

    Es ist wohl tatsächlich so, dass es einige unserer Mitmenschen unglaublig komisch finden sich vor einem Milionenpublikum schwarz anzumalen, und in Stöckelschuhen von links nach rechts zu stolpern (so gesehen bei “Supertalent”, leider bin auch ich an diesem Abend auf RTL hängengeblieben). Viel schlimmer jedoch finde ich, dass man sie in ihrem Tun noch bekräftigt indem man ihnen Talent nachsagt und sie in dieser Show auch noch weiterkommen lässt. Dass der Obama-“Witz” als absolut NICHT rassistisch abgetan wird, war zu erwarten. Weiße Deutsche entschuldigen alles damit, dass es ja nur ein Witz sein sollte. Diese Sendung wird von Folge zu Folge geschmackloser…das Schlimmste an der ganzen Sache jedoch ist, dass es von der Mehrheit unserer Bevölkerung mit einem belustigtem Lächeln hingenommen und weiterhin konsumiert wird!

  6. Malik Sanogo
    Malik Sanogo says:

    Ich habe den Mail-Wechsel mit RTL jetzt abgeschlossen:

    ______________________________

    Hallo (Anmerkung: Wozu Höflichkeit?) Herr Sanogo,

    nochmals vielen Dank für Ihre kritische Rückmeldung zu unserer Sendung “Das Supertalent”.
    Wir entschuldigen uns hiermit, falls Sie sich durch unsere Sendung in irgeneiner Weise beleidigt fühlen. Die Einblendung des Fotos war in keinster Weise rassistisch, sondern als Gag zu verstehen, dass selbst die Präsidenten-Familie Obama Bahn fährt und ohne Ticket von dem Kandidaten in seiner Funktion als Schaffner erwischt werden könnte (Anmerkung: Schlechteste Ausrede, die ich je gehört habe). Über Humor und Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten (Anmerkung: Natürlich…), daher möchten wir von einem Telefonat Abstand nehmen und es bei dieser Entschuldigung, die Sie hoffentlich annehmen werden (Anmerkung: Nein, danke), belassen.
    Mit freundlichen Grüßen aus Köln

    ______________________________

    Sehr geehrter Herr Fey,

    Abschließend möchte ich Ihnen einen freundlichen Hinweis erteilen. Sollten sie das nächste Mal das Bedürfnis haben, Ihre Zuschauer damit zu amüsieren, dass auch berühmte Personen ohne Ticket fahren könnten, blenden sie doch eine der folgenden Personen ein:

    Dieter Bohlen
    George Bush
    Aiman Abdallah

    Desweiteren habe ich noch eine Buchempfehlung für Sie und ihre Kollegen:

    http://www.amazon.de/Deutschland-Schwarz-Weiss-allt%C3%A4gliche-Rassismus/dp/3442155754/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1289159150&sr=8-1

    Mit freundlichen Grüßen,
    Malik Sanogo

  7. Dihia
    Dihia says:

    Mir hat RTL diese Antwort geschickt:

    vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Interesse an unserer Show “Das Supertalent”.

    Auch kritische Zuschriften sind uns immer willkommen. Wir können Ihnen versichern, dass der Beitrag und die Einblendung der Familie Obama keinerlei rassistischen Hintergrund hatte.

    Auf unserer Zuschauerhomepage veröffentlichen wir alle verfügbaren Informationen zu unserer Show “Das Supertalent” – hier der Link:

    http://www.rtl.de/cms/mein-rtl/zuschauerservicefaq.html#supertalent

    Mit freundlichen Grüßen aus Köln

    Pia Krug
    Redakteurin
    RTL Zuschauerservice

    Soviel dazu wer wann und wie darüber entscheidet was rassistisch ist….

  8. Dihia
    Dihia says:

    Ich habe grad auf mein 2. Mail noch diese Antwort bekommen:
    Hallo Frau *******, (man bemerke auch hier die fehlende Höflichkeit)

    vielen Dank für Ihre erneute E-Mail.

    Wir entschuldigen uns hiermit ausdrücklich, falls Sie sich durch unsere Sendung in irgeneiner Weise beleidigt fühlen. Die Einblendung des Fotos war in keinster Weise rassistisch, sondern als Gag zu verstehen, dass selbst die Präsidenten-Familie Obama Bahn fährt und ohne Ticket von dem Kandidaten in seiner Funktion als Schaffner erwischt werden könnte. (achso, ich dumme Nuss verstehe den RTL Humor nicht!Mein Fehler…)

    Mit freundlichen Grüßen aus Köln

    Robert Fey
    Redakteur
    Zuschauerservice

    ________________________________________
    Sehr geehrter Herr Fey,

    vielen Dank für Ihre Mail. Ich habe große Schwierigkeit Ihre Darstellung als Gag zu verstehen. Warum brauchen Sie dafür die Obamas?
    Sie bedienen und untermauern die Assoziation schwarz=böse ERST recht, indem Sie Familie Obama einblenden!
    Wo sehen Sie da Humor? Mir wird dabei eher übel!
    Viel mehr setzen Sie eine weitere Barriere für eine gleichberechtigtes Miteinander! Woran liegt das? Gewollt? Schon mal drüber nachgedacht? Fragen über Fragen….
    Besonders Sie (RTL) haben einen großen Einfluss und sollten sich darum Bemühungen, in Ihren Sendungen eben keine rassistischen, sexistischen oder homophoben Äußerungen oder Nachrichten zu vermitteln!
    Das sollte zum einen zu Ihrem persönlichen Anspruch als Redakteur gehören, zum anderen geht Rassismus Sie und uns alle etwas an!
    Sie sehen….mir ist Ihr Verhalten nach wie vor nicht klar.
    Ich weiß aber auch, dass meine Mail höchstwahrscheinlich nicht ganz für voll genommen wird – dies schließe ich aus Ihren Antworten an mich und die anderen, die sich beschwert haben!
    Natürlich kann ich Ihnen nicht vorschreiben, ob Sie nun Teil des Problems oder Teil der Lösung sein möchte (beruflich und privat).

    Ich belasse es nun also dabei und verabschiede mich mit einem Literaturtip und einem Weblink!

    http://www.deutschland-schwarzweiss.de/index.html
    Das Buch zur Website: Noah Sow “Deutschland Schwarz Weiss, der alltägliche Rassismus
    http://www.migazin.de/

    Bitte beachten sie, dass dieser Briefwechsel von mir nach wie vor öffentlich geführt wird.
    Mein Schreiben sowie Ihre Antwort werde ich zu Zwecken der Dokumentation und Aufklärung veröffentlichen,

    Mit freundlichem Gruß

  9. Stefanie S.
    Stefanie S. says:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in der Sendung vom 30.10.2010 haben Sie im Zusammenhang mit “Schwarzfahrern” ein Bild von Barack und Michelle Obama in einem Zug eingeblendet. Über diesen offenen Rassismus im Fernsehen bin ich sehr empört und fordere Sie auf, sich öffentlich dafür zu entschuldigen sowie auf weitere rassistische Witze zu verzichten.
    Bitte beachten Sie, dass dieser Briefwechsel von mir öffentlich geführt wird. Mein Schreiben sowie Ihre Antwort werde ich zu Zwecken der Dokumentation und Aufklärung veröffentlichen,

    Mit freundlichen Grüßen,
    Stefanie Schmid

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